Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/3772 21.01.2015 (Ausgegeben am 22.01.2015) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Henriette Quade (DIE LINKE) Nachfragen zur Beantwortung der Kleinen Anfrage (6/3481) Rechtsrockkonzert in Nienhagen (28. Juni 2014) Kleine Anfrage - KA 6/8613 Vorbemerkung des Fragestellenden: In der Antwort auf Frage 16 der o. g. Drucksache trifft die Landesregierung folgende Aussage: „Vom Veranstalter wurden zwölf Lieder der Musikgruppe „Gesta Bellica“ in italienischer Sprache eingereicht. Eine Überprüfung im polizeilichen Datensystem DAREX ergab, dass bisher keine Bewertung der Strafbarkeit vorgenommen worden war. In einer diesbezüglich mit der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg fernmündlich geführten Rücksprache bestätigte die Generalstaatsanwaltschaft, dass das Verstehen der Texte beziehungsweise des Aussagewertes von einem unbefangenen Durchschnittsbürger Voraussetzung für das Vorliegen einer Straftat ist. Da bei einem italienisch vorgetragenen Text davon ausgegangen werden kann, dass der unbefangene deutsche Durchschnittsbürger den Text nicht versteht, sei eine strafrechtliche Relevanz nicht gegeben.“ Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie definiert die Landesregierung einen „unbefangenen deutschen Durchschnittsbürger“? 2. Handelt es sich dabei um einen feststehenden Rechtsbegriff? Wenn ja, wie und an welcher Stelle ist dieser definiert? 2 3. Ist die Landesregierung der Auffassung, dass bei einem Skinheadkonzert dieser Größenordnung und Prägung damit zu rechnen sei, dass das Publikum mehrheitlich aus „unbefangenen deutschen Durchschnittsbürgern“ bestehen würde? Wie begründet die Landesregierung diese Auffassung? Die Fragen 1 bis 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Eine gesetzliche Definition des „unbefangenen deutschen Durchschnittsbürgers “ gibt es nicht. Mit dieser Formulierung sollte zum Ausdruck gebracht werden , dass die italienischsprachigen Texte nicht dem Tatbestand des § 130 StGB (Volksverhetzung) unterfallen, wenn sie vom Publikum nicht verstanden werden. Die Landesregierung antwortete weiterhin auf Frage 19: „Polizeiliche Sicherheitskontrollen im Bereich des Einlasses der genannten Veranstaltung erfolgten nicht“. 4. Warum erfolgten keine polizeilichen Sicherheitskontrollen und aus welchen Gründen befand sich auf dem Veranstaltungsgelände kein Polizeibeamter ? Wie erfolgte die optische Wahrnehmung der Geschehnisse auf dem Konzertgelände? Der Begriff der „polizeilichen Sicherheitskontrollen“ ist weder im Landesversammlungsgesetz noch im SOG LSA enthalten. Die Landesregierung geht davon aus, dass die Anfrage sich auf polizeiliche Maßnahmen zur Durchsuchung von Personen bezieht. Solche Maßnahmen sind z. B. dann zulässig, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Person Sachen, die sichergestellt werden dürfen, mit sich führt. Solche Tatsachen hatte die Polizei am Veranstaltungstag in keinem Fall angenommen. Konkrete Verdachtsgründe, dass Konzertbesucher derartige Gegenstände mit sich führen könnten, bestanden nach Angaben der Polizei nicht. Hinsichtlich der Einrichtung von Einlass- und Kontrollstellen waren einzelfallbezogene Beschränkungen im Bescheid des Landkreises Harz verfügt worden, so dass es vornehmlich die Aufgabe des Veranstalters war, für die Einrichtung von Einlass- und Kontrollstellen zu sorgen und diese zu überwachen. Auf den ersten Absatz der Antwort der Landesregierung auf die Fragen 6 bis 8 der Kleinen Anfrage LT-Drs. 6/3481 wird insoweit nochmals verwiesen. Die Anwesenheit von Polizeibeamten auf dem Konzertgelände war aus Sicht der Polizei nicht erforderlich. Die Überwachung der Musikdarbietungen erfolgte außerhalb des Konzertgeländes mittels eines mit spezieller Technik ausgerüsteten Fahrzeuges, das unmittelbar hinter der Bühne stand. Von dort aus war eine Kamera auf die Bühne gerichtet. Im Fahrzeug prüften drei sachverständige Kriminalbeamte die Musikdarbietungen auf strafbare Inhalte. Bei Feststellen entsprechender Verstöße wäre der Polizei das rückwärtige Betreten der Bühne und Ergreifen erforderlicher polizeilicher Maßnahmen möglich gewesen. Im Übrigen war (bedingt durch die Hanglage) die optische Wahrnehmung des Ge- 3 schehens auf dem Konzertgelände von einem oberhalb gelegenen Befehlsstand der Polizei aus gewährleistet. In der Antwort auf eine Kleine Anfrage zu Honour&Pride (Drs. 6/2119) führte die Landesregierung mehrere Konzerte des Veranstalters Oliver Malina im selben Objekt in Nienhagen als Aktivitäten von Honour&Pride auf. In der Antwort auf Frage 20 der Drs. 6/3481 führt die Landesregierung aus: „Bei „Honour&Pride“ handelt es sich um einen rechtsextremistischen Personenzusammenschluss mit kameradschaftsähnlichen Strukturen, dessen Schwerpunkt auf der Organisation rechtsextremistischer Konzertveranstaltungen liegt. Die Gruppierung, die auch eine Sektion in Sachsen-Anhalt unterhält, ist nach hier vorliegenden Erkenntnissen bereits seit längerem nicht mehr in Erscheinung getreten. Dies vorangestellt liegen der Landesregierung Erkenntnisse , nach denen „Honour&Pride“ an der Vorbereitung bzw. der Durchführung der Veranstaltung beteiligt war, nicht vor.“ Die Eintrittskarten und am Veranstaltungsgelände angebrachten Plakate zum Konzert am 28. Juni 2014 enthielten mehrfach das Logo H&P, welches als Abkürzung und Symbol für Honour&Pride steht oder den Schriftzug Honour &Pride. Mehrere offenkundig als Ordner aktive Personen und der Veranstalter Oliver Malina selbst trugen T-Shirts mit dem Aufdruck Honour&Pride bzw. H&P. 5. Mit welcher Begründung wertet die Landesregierung die in der Drs. 6/2119 genannten Konzerte als Aktivitäten von Honour&Pride, das Konzert am 28. Juni 2014 jedoch nicht? Wie kommt die Landesregierung angesichts der am 28. Juni 2014 zur Schau getragenen Symbole von Honour&Pride zu der Auffassung, die Gruppierung Honour&Pride sei „seit längerem nicht mehr in Erscheinung getreten“? In der Antwort der Landesregierung auf die Frage 7 der Kleinen Anfrage „Honour & Pride (I)“ (Drs. 6/2119) waren entsprechend der Fragestellung sowohl Konzerte von Honour & Pride mitzuteilen als auch Konzerte, die unter maßgeblicher Beteiligung von Honour & Pride-Mitgliedern stattfanden. Die Landesregierung führte in ihrer Antwort fünf im selben Objekt in Nienhagen stattgefundene Musikveranstaltungen an, zu denen die ihr zum damaligen Zeitpunkt vorliegenden Erkenntnisse eine dahingehende Einordnung zuließen. Zu keiner dieser Musikveranstaltungen lagen Erkenntnisse hinsichtlich einer Beteiligung der „Organisation “ Honour & Pride im Rahmen der Veranstaltungsorganisation und - durchführung vor. Grund für die Aufnahme der Veranstaltungen war vielmehr die maßgebliche Beteiligung mindestens eines Angehörigen von Honour & Pride . Der Landesregierung ist bekannt, dass Symbole von Honour & Pride im Rahmen der in Rede stehenden Veranstaltung am 28. Juni 2014 verwendet wurden und diese Veranstaltung unter maßgeblicher Beteiligung mindestens eines Angehörigen von Honour & Pride stattfand. Gleichwohl hat die Landesregierung keine Kenntnis darüber, ob die „Organisation“ Honour & Pride die genannte Veranstaltung organisiert und durchgeführt hat. Das Verwenden von Honour & Pride-Symbolen kann zwar als Indiz für eine eventuelle Beteiligung dieser „Or- 4 ganisation“ angesehen werden, lässt jedoch keinen zwingenden dahingehenden Rückschluss zu. 6. Waren alle Personen, die dem Landkreis Harz als Ordner angegeben wur- den und die zur Erfüllung der Mindestordnerzahl laut Auflagenbescheid gezählt wurden, Angehörige des genannten Sicherheitsunternehmens? Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. 7. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Involvierung von Honour&Pride bzw. von diesem Zusammenschluss Angehörigen oder nahestehenden Personen in die Ordnertätigkeit in Nienhagen und/oder bei anderen Konzerten? Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung zu personellen Überschneidungen zwischen Ordnungsdiensten, die bei rechten , rechtsextremen und neonazistischen Konzerten zum Einsatz kommen und Honour&Pride? Über die Involvierung von Honour & Pride bzw. von diesem Zusammenschluss Angehörigen oder nahestehenden Personen in die Ordnertätigkeit in Nienhagen und/oder bei anderen Konzerten liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Private Wachschutz- und Sicherheitsunternehmen sind keine originären Beobachtungsobjekte der Verfassungsschutzbehörde. Auch erfolgt die Beobachtung von Angehörigen der rechtsextremistischen Szene nicht vorrangig unter dem Aspekt ihrer Beschäftigungsverhältnisse. Aus der Beobachtung rechtsextremistischer Bestrebungen wurden der Landesregierung keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung bekannt.