Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/3804 02.02.2015 Hinweis: Die Anlage ist in Word als Objekt beigefügt und öffnet durch Doppelklick im Netz den Acrobat Reader. Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 11.02.2015) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Sören Herbst (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Abgeordnete Prof. Dr. Claudia Dalbert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Umsetzung der Schulpflicht für nicht dauerhaft aufenthaltsberechtigte Ausländerinnen und Ausländer im Land Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 6/8611 Vorbemerkung des Fragestellenden: Nach § 36I SchulG LSA unterliegen alle in Sachsen-Anhalt wohnenden Kinder und Jugendliche der Schulpflicht. Das gilt auch für Kinder von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern, sobald sie gemäß § 1 Abs. 3 des Aufnahmegesetzes einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt zugewiesen worden sind. Für ausreisepflichtige ausländische Kinder und Jugendliche besteht die Schulpflicht bis zur Erfüllung ihrer Ausreisepflicht. Zur besonderen sprachlichen Förderung können durch die Schule im Einvernehmen mit dem Landesschulamt Fördergruppen und Förderklassen eingerichtet werden. Besteht territorial keine Möglichkeit zur Bildung einer Fördergruppe oder Förderklasse, sollte die Sprachförderung integrativ erfolgen (vgl. „Aufnahme von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen des Landes Sachsen-Anhalt“, RdErl. des MK vom 1. August 2012 - SVBl. LSA S. 226). 2 Antwort der Landesregierung erstellt vom Kultusministerium Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Kinder von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern sind in SachsenAnhalt zum Stichtag 1. Dezember 2014 schulpflichtig? Bitte Einzelaufstellung nach Landkreisen/kreisfreien Städten sowie Einrichtung. Zur Anzahl der Kinder von Asylsuchenden mit Schulpflicht liegt keine gesonderte Statistik vor. Aus dem Ausländerzentralregister (AZR) können lediglich Altersgruppen entnommen werden. Danach kann die Anzahl der sich in Sachsen-Anhalt aufhaltenden Ausländerinnen und Ausländer mit Aufenthaltsgestattung - d. h. von Menschen im laufenden Asylverfahren - im Alter von 6 bis 18 Jahren beziffert werden. Zum Stichtag 30. November 2014 stehen entsprechende statistische Angaben des AZR zur Verfügung, die eine Einzelaufstellung nach Landkreisen und kreisfreien Städten ermöglichen. Eine Einzelaufstellung nach Einrichtungen ist hingegen nicht vorhanden. Zum Stichtag 30. November 2014 hielten sich Ausländerinnen und Ausländer mit Aufenthaltsgestattung im Alter von 6 bis 18 Jahren wie folgt in den Landkreisen und kreisfreien Städten des Landes Sachsen-Anhalt auf: Landkreis / kreisfreie Stadt [Quelle: AZR] Anzahl Stand 30.11.2014 1. Altmarkkreis Salzwedel 49 2. Anhalt-Bitterfeld 41 3. Börde 39 4. Burgenlandkreis 60 5. Dessau-Roßlau 34 6. Halle (Saale) 73 7. Harz 63 (davon in der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber des Landes Sachsen-Anhalt in Halber -stadt: 60) 8. Jerichower Land 14 9. LHS Magdeburg 73 10. Mansfeld-Südharz 47 11. Saalekreis 65 12. Salzlandkreis 46 13. Stendal 54 14. Wittenberg 42 Insgesamt: 700 3 Frage 2: Wie viele Kinder des unter Frage 1 abgefragten Personenkreises besuchen auch tatsächlich eine Schule in Sachsen-Anhalt? Bitte Einzelaufstellung nach Landkreisen/kreisfreien Städten sowie Einrichtung. Dazu liegen keine gesonderten statistischen Erhebungen vor. Es wird auf die Antwort zur Frage 4 verwiesen. Frage 3: Wie erfolgen die Umsetzung und die Einhaltung der Schulpflicht von Flüchtlingskindern unabhängig von deren aufenthaltsrechtlichen Status konkret? Für die soziale Beratung und Betreuung insbesondere auch von Asylsuchenden werden Beratungsstellen der gesonderten Beratung und Betreuung in allen Landkreisen und kreisfreien Städten finanziert. Diese Beratungsstellen beraten Asylsuchende zu sämtlichen Belangen ihres Aufenthaltes, insofern auch zu Fragen der Schulpflicht. Die Stellenausstattung der Beratungsstellen kann durch Erhöhung der zur Verfügung stehenden Landesmittel ab 2015 in den meisten Aufnahmekommunen verdoppelt werden, so dass das Beratungsangebot zukünftig erheblich verbessert wird. Hervorzuheben ist, dass die gesonderte Beratung und Betreuung insbesondere auch für Personen im laufenden Asylverfahren zur Verfügung steht. Der Jugendmigrationsdienst, ein Beratungsangebot des Bundes für Jugendliche und Erwachsene bis 27 Jahre, kann hingegen nur von bleibeberechtigten Personen in Anspruch genommen werden. Weiterhin wird auf die Antwort zur Frage 7 verwiesen. Frage 4: Vor dem Hintergrund, dass eine schnellstmögliche Eingliederung in entsprechende Regelklassen der Schulen erfolgen soll: Inwiefern bestehen an Schulen spezielle Fördergruppen/-klassen zur Sprachförderung, die schulpflichtige nicht dauerhaft aufenthaltsberechtigte Ausländerinnen und Ausländer für die Teilnahme am regulären Unterricht vorbereiten sollen, zur Verfügung? Bitte Einzelaufstellung nach Landkreisen/kreisfreien Städten sowie Einrichtung. In der Statistik zur Unterrichtsversorgung (UVS) werden lediglich die Anzahl Ausländer -/Aussiedlerkinder erfasst, die weniger als 2 Jahre eine deutsche allgemein bildende Schule des Landes Sachsen-Anhalt besuchen und demzufolge Anspruch auf besondere Förderung zum Erlernen der deutschen Sprache haben. Die Gruppe der nicht dauerhaft aufenthaltsberechtigten Ausländerinnen und Ausländer wird in dieser Statistik der Schulaufsicht nicht gesondert erfasst. Insgesamt gibt es an den Schulen des Landes 181 Vorbereitungsgruppen und 11 Vorbereitungsklassen . In der Anlage ist die Verteilung der Ausländer-/Aussiedlerkinder auf Landkreise /kreisfreie Städte und Schulen zusammengestellt. 4 Frage 5: Werden schulpflichtige Kinder von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern in Sachsen-Anhalt auch in Förderschulen unterrichtet? Wenn ja, bitte Einzelaufstellung nach Landkreisen/kreisfreien Städten sowie Einrichtung. Sofern ein sonderpädagogischer Förderbedarf besteht, werden schulpflichtige nicht dauerhaft aufenthaltsberechtigte Ausländerinnen und Ausländer entweder an Förderschulen oder im gemeinsamen Unterricht beschult. Statistische Erhebungen gibt es zu diesem Sachverhalt nicht. Frage 6: Was unternimmt die Landesregierung, um eine inklusive Beschulung für schulpflichtige Kinder von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern in SachsenAnhalt zu ermöglichen? Die Entwicklung und das Vorhalten inklusiver Bildungsangebote schließt auch die Beschulung von Kindern von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern ein. Durch schulfachliche Beratung und Schaffung von Fortbildungsangeboten wird an der Qualifizierung der Lehrkräfte sowie an der Entwicklung einer Willkommenskultur in den Schulen gearbeitet. Frage 7: Wie unterstützt die Landesregierung Schulen, Kommunen und ggf. Integrationsvereine , um den Herausforderungen der stetig steigenden Anzahl von schulpflichtigen Flüchtlingskindern im Interesse aller Akteure gerecht zu werden ? Die Landesregierung fördert u. a. Integrationsstrukturen sowie lokale Integrationsprojekte und finanziert die soziale Beratung und Betreuung von Asylsuchenden. So organisierte sie u. a. am 23. Januar 15 eine Asyl- und Flüchtlingskonferenz, um sich mit allen an diesen Prozessen beteiligten Akteuren zu beraten und gemeinsam Strategien für die weitere Arbeit zu entwickeln. Die dort beratenen Hinweise und Empfehlungen werden jetzt innerhalb der Landesregierung geprüft. Nach der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Stärkung der kommunalen Integrationsarbeit im Land Sachsen-Anhalt werden in allen Landkreisen und kreisfreien Städten Koordinierungsstellen gefördert, denen die Organisation der kommunalen Integrationsarbeit zugeordnet ist. Die Koordinierungsstellen dienen insbesondere der Vernetzung und Steuerung der Integrationsangebote vor Ort mit dem Ziel einer effizienten Nutzung der vorhandenen Ressourcen und bedarfsgerechten Versorgung mit Integrationsleistungen. Die Koordinierungsstellen stehen hierfür als zentraler Ansprechpartner in der Kommune zur Verfügung. Über die Integrationsrichtlinie werden des Weiteren lokale Integrationsprojekte zur Verbesserung der Integration von Zuwanderern/Zuwanderinnen in die Aufnahmegesellschaft gefördert. Gefördert werden können insbesondere Projekte von Vereinen, die auf dem Gebiet der Integrationsarbeit tätig sind. Zwar können im Rahmen der Integrationsrichtlinie keine Projekte gefördert werden, die ausschließlich der schulischen Bildung dienen, förderfähig sind jedoch Projekte und Maßnahmen, die die In- 5 tegration ausländischer schulpflichtiger Kinder in unsere Gesellschaft unterstützen bzw. erleichtern. Ergänzend zur schulischen Förderung besteht die Möglichkeit, Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabe-Paket (BuT) auch für zugewanderte Kinder, unabhängig vom Aufenthaltsstatus, zu nutzen. Diese ergänzenden Leistungen der außerschulischen Lernförderung können insbesondere dann für die gezielte individuelle Sprachförderung von zugewanderten Kindern beantragt werden, wenn die Gefahr besteht, dass ein Kind, das in der Schule bereits sprachlich gefördert wird (Fördergruppe, Förderklasse ), das wesentliche Lernziel der Integration in die Regelklasse nicht erreicht. Um den über die BuT-Leistungen entscheidenden kommunalen Stellen mehr Entscheidungssicherheit zu geben und die möglichen Leistungsberechtigten und Migrationsberatungsdienste informieren zu können, wurde die Arbeitshilfe zur Erbringung von Bildungs- und Teilhabeleistungen in Sachsen-Anhalt zum 1. Januar 2015 entsprechend aktualisiert. Die schulische Integration von zugewanderten Kindern ist darüber hinaus ein Schwerpunkt des Landesintegrationsbeirats, der zu diesem Thema umfangreiche Handlungsempfehlungen erarbeitet hat und in seiner Arbeitsgruppe „Bildung“ einen Praxisaustausch zwischen Vertretern von Landesbehörden, Kommunen, Migrationsdiensten und Migrantenorganisationen zur Umsetzung der Bildungsintegration zugewanderter Kinder organisiert. Für die Jahre 2015/2016 ist im Rahmen der Förderung „lokaler Willkommenskultur für Flüchtlinge und Neuzugewanderte“ durch die Integrationsbeauftragte der Landesregierung eine verstärkte Unterstützung ehrenamtlichen Engagements bei der Bildungsintegration von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund (insbesondere Bildungslotsen) vorgesehen. Frage 8: Was unternimmt die Landesregierung, um den Bedarf an Lehrpersonal und Unterrichtsstunden zukünftig so zu planen, damit das Land sich an dem tatsächlichen Aufkommen schulpflichtiger Kinder Asylsuchender orientieren kann? Der derzeit gültige Erlass „Aufnahme von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund an allgemeinbildende und berufsbildende Schulen des Landes SachsenAnhalt “ aus dem Jahr 2012 und die den Erlass ergänzenden Hinweise regeln auch die Förderung der schulischen Entwicklung und insbesondere die Unterstützung des Erlernens der deutschen Sprache für schulpflichtige Kinder von Asylsuchenden. Inwiefern aufgrund der besonderen aktuellen Situation eine Modifizierung des Erlasses notwendig ist, wird derzeit geprüft. Im Rahmen von Fortbildungsmaßnahmen werden weitere Lehrkräfte für die Arbeit im Bereich „Deutsch als Zweitsprache“ (DaZ) qualifiziert. Sofern es im Rahmen von Ausschreibungen Bewerberinnen oder Bewerber gibt, die bereits über diese Qualifikation verfügen, werden diese nach Möglichkeit an Schulen eingesetzt, an denen viele Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund lernen. Die Einstellung zusätzlicher Lehrkräfte für das Fach Deutsch wird gegenwärtig geprüft . Damit verbunden werden soll in Zusammenarbeit mit dem LISA eine Qualifikation im Bereich „Deutsch als Fremdsprache“.