Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/3847 26.02.2015 (Ausgegeben am 27.02.2015) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Daniel Sturm (CDU) Ölpreisbindung des Erdgaspreises Kleine Anfrage - KA 6/8641 Vorbemerkung des Fragestellenden: Seit 1997 sind Gaspreise insgesamt um etwa 70 % gestiegen, ursächlich war auch die Ölpreisbindung. Die Ölpreisbindung sieht die Koppelung des Preises für Erdgas an den Ölpreis vor. Die russischen Gaslieferungsverträge für Sachsen-Anhalt beinhalten diese Preisbindung. Der enorme Anstieg des Rohölpreises bescherte den Gaslieferanten ungeahnte Gewinne, da der Preisanstieg auf dem Rohölmarkt ungebremst an die Gasendverbraucher weiter gegeben wurde. Nun hat sich seit Mitte des Jahres 2014 der Rohölpreis fast halbiert, wohin gegen kaum Bewegung beim Gaspreis für den Endverbraucher erkennbar wird. Auch wenn Preisveränderungen auf dem Ölmarkt infolge der Preisbindung in der Regel erst mit zeitlicher Verzögerung Wirkung zeigen, müsste diese nun auch allmählich für den Verbraucher erkennbar werden. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft Frage 1: Wie beurteilt die Landesregierung die derzeitige Situation am Gaspreismarkt? Im Jahr 2014 ist der Importpreis für Erdgas um 15 Prozent, der Haushaltspreis und der Industriepreis für denselben Energieträger um 7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Etwa 70 Prozent der Endkundengaspreise setzen sich aus Netznutzungsentgelten und Steuern zusammen. Wenn die Gasimportpreise sinken, hat dies keinen Einfluss auf die anderen Preisbestandteile. Die Endkundengaspreise können also bei sinken- 2 den Gasimportpreisen nur zu einem deutlich geringeren Prozentsatz sinken als die Importpreise selbst. In den Endkundengaspreisen spiegeln sich auch Aufwendungen zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit wider. Insbesondere Investitionen in neue Gasnetze, in Erdgasspeicher und auch die Suche nach neuen Gasvorkommen können preissenkende Einflüsse kompensieren. Frage 2: Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung im Interesse der Endverbraucher , die Verpflichtungen der Gaslieferanten aus der Preisbindung bei fallenden Ölpreisen durchzusetzen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass immer wieder von den Gaslieferanten ins Feld geführt wird, die Preisbindung diene in besonderem Maße dem Verbraucherschutz? Es ist Aufgabe der Kartellbehörden auf Landes-, Bundes- und Europaebene, die Preisbildungsmechanismen auch der Energieversorgungsunternehmen im Hinblick auf die Durchsetzung des Kartellverbots, die Durchführung der Zusammenschlusskontrolle sowie im Rahmen der von ihnen auszuübenden Missbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen zu beobachten. Frage 3: Trifft es zu, dass sich Gaslieferanten (plötzlich) von der Ölpreisbindung gelöst haben? Wenn ja, • geschah das einseitig, • erfolgte das mit Zustimmung der Endverbraucher? Der Landesregierung liegen dazu keine Erkenntnisse vor. Zur Frage der Zulässigkeit der Ölpreisbindung wird auf die Antwort zur Frage 4 verwiesen. Frage 4: Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass das Kartell der Gaspreisbildung aufgrund der brancheninternen Vereinbarung einer Ölpreisbindung gegen europäisches und deutsches Kartellrecht und dass eine automatische Preiskopplung zudem gegen § 2 Abs. 1 Preisangaben- und Preisklauselgesetz (PaPkG) verstößt? Bei einem Kartell handelt es sich um Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen oder aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen , die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken (§ 1 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB). Verträge zwischen Vorlieferanten und den Weiterverteilern als ihren Unternehmenskunden fallen nicht unter den Kartellbegriff. Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass den Gaspreisbildungen Kartellvereinbarungen zugrunde liegen. § 1 Abs. 1 Preisgleitklauselgesetz (PrKG) enthält ein gesetzliches Verbot von Preisklauseln , bei denen der Preis durch den Preis von anderen Gütern bestimmt wird, die mit den vereinbarten Gütern nicht vergleichbar sind. Der BGH hat bislang die Frage, ob in ölpreisindexierten Preisgleitklauseln ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 PrKG vorliegt , ausdrücklich offen gelassen. Sollte bei ölpreisindexierten Preisgleitklauseln ein 3 Verstoß gegen das PrKG vorliegen, wären entsprechende Preisklauseln ohnehin erst zum Zeitpunkt eines rechtskräftig festgestellten Verstoßes gegen das PrKG unwirksam (§ 8 PrKG). Eine derartige rechtskräftige Feststellung liegt bisher nicht vor, so dass derartige Klauseln weiter wirksam sind. Frage 5: Falls die Landesregierung Bedenken gegen eine solche Bindung hat, wie will sie diese gegenüber den Gaslieferanten im Interesse der Endverbraucher durchsetzen? Die Landesregierung hat keine generellen Bedenken. Es kommt auf die jeweilige Ausgestaltung des Einzelfalls an.