Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/3864 04.03.2015 (Ausgegeben am 05.03.2015) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Olaf Meister (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Abgeordneter Sören Herbst (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Auskömmliche Finanzierung der kommunalen Flüchtlingsversorgung Kleine Anfrage - KA 6/8653 Vorbemerkung der Fragestellenden: Durch die kriegerischen Auseinandersetzungen, insbesondere in Syrien und dem Irak, flüchten vielen Menschen aus den Konfliktgebieten. Diese Flüchtlinge suchen auch in der Bundesrepublik Schutz vor Verfolgung. Das Land Sachsen-Anhalt steht 2015 vor der Aufgabe, 6.000 bis 8.000 neue Flüchtlinge aufzunehmen. 2014 wurden in der Zentrale Anlaufstelle für Asylbewerber (ZASt) in Halberstadt 6.618 Asylerstantragsteller /innen registriert. Die Aufnahme und Unterbringung von nicht dauerhaft aufenthaltsberechtigten Ausländerinnen und Ausländern obliegt nach § 1 Abs. 1 und 2 Aufnahmegesetz (AufnG) den Landkreisen und kreisfreien Städten (Aufnahmekommunen ) als Aufgabe des übertragenen Wirkungskreises. Diese sorgen für die Versorgung, Unterbringung und Integration. Die den Landkreisen und kreisfreien Städten entstehenden Kosten für die Aufnahme der ihnen nach § 1 Abs. 1 zugewiesenen Personen werden im Rahmen des Finanzausgleiches gedeckt. Daneben erstattet das Land den Landkreisen und kreisfreien Städten die notwendigen Personalkosten und personalbezogenen Sachkosten für die Beratung und Betreuung außerhalb von Gemeinschaftsunterkünften. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport 1. Wie hoch wird nach Kalkulation der Landesregierung die Anzahl der Asyl- bewerber/innen insgesamt, d. h. Asylbewerberbestand zuzüglich Neuzugänge und abzüglich Abgänge, in den Jahren 2015 und 2016 sein? Bitte den prognostizierten jährlichen Durchschnittswert angeben. Zum Stand 31.12.2014 hielten sich laut Ausländerzentralregister 4.781 Ausländerinnen und Ausländer mit Aufenthaltsgestattung in Sachsen-Anhalt auf. Nach derzeiti- 2 gem Stand wird davon ausgegangen, dass die Bestandzahlen sich in 2015 und 2016 mindestens auf diesem Niveau bewegen werden. Die aktuelle Prognose des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vom 18. Februar 2015 geht für das Jahr 2015 von einer bundesweiten Zahl von mindestens 250.000 Asylerstantragstellern aus. Im Januar 2015 wurden laut BAMF bundesweit bereits 21.679 Asylerstanträge gestellt. Ob diese hohen Zugangszahlen sich während des gesamten Jahres 2015 und in 2016 fortsetzen werden, ist derzeit noch nicht absehbar. 2. Im Jahr 2013 betrug der durchschnittliche Jahreskostensatz für die Versor- gung und Unterbringung eines Asylbewerbers in Sachsen-Anhalt rund 6.200 Euro. Teilt die Landesregierung die Ansicht, dass dieser durchschnittliche Kostensatz auch für die Jahre 2015 und 2016 anzusetzen ist? Wenn nein, warum nicht und wie hoch ist der durchschnittliche Kostensatz, den die Landesregierung in ihren Kalkulationen verwendet? Die den Landkreisen und kreisfreien Städten entstehenden Kosten für die Aufnahme der ihnen nach § 1 Abs. 1 des Aufnahmegesetzes (AufnG) zugewiesenen Personen werden nach § 2 Satz 1 AufnG im Rahmen des Finanzausgleiches gedeckt. Die Erstattung im Wege des Finanzausgleichsgesetzes (FAG) erfolgt nicht nach Jahreskostensätzen . 3. Wie hoch sind die im Doppelhaushalt 2015/2016 insgesamt eingeplanten Mittel für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz? Bitte für beide Jahre getrennt angeben. Die Finanzierung der Kommunen aus dem Aufnahmegesetz wie unter Nr. 2 ausgeführt erfolgt durch das Finanzausgleichsgesetz. Neben der nach § 4 FAG ausgereichten Auftragskostenpauschale (vgl. dazu unten die Beantwortung der Frage 4) werden zudem gem. § 4a FAG besondere Zuweisungen zur Milderung der finanziellen Mehrbelastung bei der Wahrnehmung von Aufgaben nach dem Aufnahmegesetz in Höhe von jeweils 23 Mio. Euro für die Haushaltsjahre 2015 und 2016, die den finanziellen Mehrbedarf aufgrund der steigenden Zugangszahlen von Asylbewerbern auffangen und abmildern sollen, gewährt. Darüber hinaus stehen im Doppelhaushalt 2015 / 2016 voraussichtlich zusätzlich jeweils 13,5 Mio. Euro als sonstige Zuweisungen zur Entlastung der Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern aus Bundesmitteln zur Verfügung (vgl. unten die Beantwortung der Frage 8). 4. Wie hoch ist der Anteil der Auftragskostenpauschale nach § 4 FAG, der den Kommunen für die Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgabe nach dem Asylbewerberleistungsgesetz insgesamt zugewiesen wird? Bitte für die Jahre 2015 und 2016 getrennt ausweisen. Durch die Auftragskostenpauschale erfolgt eine anteilige Mitfinanzierung der Aufgaben nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in Höhe von etwa 25 Mio. Euro jährlich. 3 Mittels der Jahresrechnungsstatistik/Kassenstatistik kann keine separate Darstellung der Ausgaben für Asylbewerberleistungen vorgenommen werden. Grund dafür ist die doppische Systematik (mittlerweile haben alle Landkreise und kreisfreien Städte auf die Doppik umgestellt), weil dort kontenmäßig kein separater Ausweis der Asylbewerberleistungen mehr vorgenommen wird. Eine Schätzung auf der Basis früherer Daten führt zu dem Ergebnis, dass von der Auftragskostenpauschale nach § 4 FAG etwa 25 Mio. Euro auf Leistungen nach dem Aufnahmegesetz entfallen. 5. Teilt die Landesregierung die Einschätzung, dass die Veranschlagung der Haushaltsmittel bei Titel 613 06 in Kapitel 13 12 in Erwartung steigender Asylbewerberzugänge dem Konnexitätsprinzip widerspricht? Wenn nicht, bitte begründen. Die Einschätzung wird nicht geteilt. Es kann dahinstehen, inwieweit Art. 87 Abs. 3 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt bei Bundesgesetzen einschlägig ist, denn es handelt sich weder um eine neue Aufgabe noch um eine Aufgabenerweiterung . Es hat sich lediglich die Fallzahl erhöht. 6. Teilt die Landesregierung die Einschätzung, dass die bislang im Landes- haushalt eingeplanten Mittel für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz nur für eine Anzahl (im Jahresdurchschnitt) von 8.000 Asylbewerbern ausreichen werden? Wenn nicht, bitte begründen. Nach der Systematik des FAG wird stets eine auskömmliche Kostenerstattung der Aufnahmekommunen gewährleistet. Denn Mehrkosten im Asylbewerberleistungsbereich werden zeitversetzt über den erhöhten Finanzbedarf des FAG in künftigen Finanzausgleichsjahren erfasst. Dieser zeitversetzte Ausgleich wurde vom Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt bestätigt. Um vorab eine Milderung der finanziellen Mehrbelastung bei der Wahrnehmung von Aufgaben nach dem Aufnahmegesetz aufgrund steigender Zugangszahlen zu erreichen , gewährt das Land in den Haushaltsjahren 2015 und 2016 im Vorgriff auf den zeitversetzten Ausgleich zusätzliche Zahlungen im Wege besonderer Zuweisungen nach § 4a FAG. Für die Haushaltsjahre 2013 und 2014 erfolgten Zahlungen aus dem Ausgleichsstock nach § 17 Abs. 1 Satz 5 FAG a. F. 7. Welche Maßnahmen wird die Landesregierung ergreifen, um die den Kom- munen übertragene Aufgabe der Versorgung, Unterbringung und Integration vollständig auszufinanzieren? Es wird auf die Beantwortung der Frage 6 verwiesen. 8. Wie wird die Landesregierung die vom Bund zusätzlich zur Verfügung ge- stellten 30 Millionen Euro für die Unterbringung der Asylbewerber in den Jahren 2015 und 2016 verwenden? Wie hoch ist der Anteil, der für die Sanierung der ZASt verwendet wird und wie viel wird an die Kommunen weitergereicht ? Der Bund stellt den Ländern zur Entlastung bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern Finanzmittel zur Verfügung. Sachsen-Anhalt erhält in 2015 und 2016 voraussichtlich jeweils 13,5 Millionen Euro. Dieser Betrag ist zur Hälfte durch das 4 Land zu refinanzieren. Die Mittel werden vollständig zur Entlastung der Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylsuchenden verwendet, soweit ein entsprechender Bedarf der Aufnahmekommunen besteht. Für eine Sanierung der ZASt ist kein Anteil vorgesehen.