Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/3885 17.03.2015 Hinweis: Die Anlage ist als Objekt beigefügt und öffnet durch Doppelklick im Netz den Acrobat Reader. (Ausgegeben am 18.03.2015) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Hendrik Lange (DIE LINKE) Abschlüsse an Förderschulen für Lernbehinderte Kleine Anfrage - KA 6/8669 Antwort der Landesregierung erstellt vom Kultusministerium Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Die hier angeführten Schülerzahlen wurden den amtlichen Statistiken des Statistischen Landesamtes entnommen. Für das Schuljahr 2014/2015 liegt die Schuljahresanfangsstatistik des Statistischen Landesamtes noch nicht vor. Deshalb wurden für dieses Schuljahr Daten der Erhebung des Kultusministeriums zur Unterrichtsversorgung genutzt (Frage 1). Eine Aufschlüsselung nach Geschlecht ist auf dieser Datengrundlage allerdings nicht möglich . Zurzeit erheben das Statistische Landesamt und das Kultusministerium zu den Schülerinnen und Schülern noch Summendaten. Schullaufbahnen lassen sich auf der Grundlage dieser Daten nicht abbilden. Bei Betrachtung der zur Beantwortung der Fragen 1 und 2 berechneten Anteile ist dies zu berücksichtigen. Beispielsweise können folgende Umstände nicht berücksichtigt werden: Alternativ zur Bildung von Kooperationsklassen können Schülerinnen und Schüler des 9. Schuljahrganges der Förderschulen für Lernbehinderte auch in den gemeinsamen Unterricht von Sekundarschulen wechseln, um den Hauptschulabschluss zu erwerben. Deshalb müssen nicht in allen Landkreisen Kooperationsklassen geführt werden. 2 Die Schuljahresendstatistik des Statistischen Landesamtes unterscheidet die Schulabgängerinnen und Schulabgänger mit Hauptschulabschluss aus Sekundarschulen nicht danach, ob sie sonderpädagogischen Förderbedarf hatten oder nicht. Frage 1: Wie viele Schülerinnen und Schüler der Förderschulen für Lernbehinderte haben in den Schuljahren 2011/2012, 2012/2013 und 2013/2014 den 10. Schuljahrgang mit dem Ziel des Erwerbs eines Hauptschulabschlusses besucht? Wie viele besuchen ihn derzeit im Schuljahr 2014/2015? Bitte geben Sie die Zahlen absolut und als Vom-Hundert-Satz zur Zahl der Schülerinnen und Schüler an Förderschulen für Lernbehinderte an, die im jeweils vorangegangenen Schuljahr den 9. Schuljahrgang dieser Förderschulen besuchten. Gliedern Sie darüber hinaus die Zahlenangaben nach Geschlecht und nach Landkreisen bzw. kreisfreien Städten. Es wird auf die Vorbemerkungen und die Angaben in Anlage 1 verwiesen. Frage 2: Wie viele der Schülerinnen und Schüler der Förderschulen für Lernbehinderte, die in den genannten Schuljahren den 10. Schuljahrgang besuchten, erwarben erfolgreich den Hauptschulabschluss? Bitte geben Sie die Zahlen absolut und als Vom-Hundert-Satz zur Zahl der Schülerinnen und Schüler an, die im jeweiligen Schuljahr insgesamt diesen 10. Schuljahrgang besuchten. Gliedern Sie darüber hinaus die Zahlenangaben nach Geschlecht und nach Landkreisen bzw. kreisfreien Städten. Es wird auf die Vorbemerkungen und die Angaben in Anlage 2 verwiesen. Frage 3: Welche Gründe sieht die Landesregierung dafür, dass nicht mehr Schülerinnen und Schüler von Förderschulen für Lernbehinderte den 10. Schuljahrgang zum Erwerb des Hauptschulabschlusses besuchen? Wie schätzt sie die Entwicklung der vergangenen Jahre ein? Schülerinnen und Schüler mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf im Lernen werden nach individuellen Lernplänen, die unterhalb der curricularen Anforderungen liegen, unterrichtet. Das Lernen nach untercurricularen Lernplänen kann alle Unterrichtsfächer der Grund- oder Sekundarschule betreffen, deren Lehrpläne die Bezugsebene für die Unterrichtsangebote sind. Ein Förderbedarf im Förderschwerpunkt Lernen wird immer dann festgestellt, wenn die Schülerin oder der Schüler trotz Nachteilsausgleich und langfristigen Fördermaßnahmen den Lernanschluss zu seinen Mitschülerinnen und Mitschülern nicht herstellen kann und auch Jahrgangswiederholungen diesen Lernanschluss nicht herstellen können. In der Regel haben Schülerinnen und Schüler mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf im Lernen einen dauerhaften Lernentwicklungsrückstand von eineinhalb bis drei Jahren, der trotz Förderung bestehen bleibt. Betroffen von diesem Lernentwicklungsrückstand sind vor allem die Kernfächer Deutsch, Mathematik und Fremdsprache. Zugleich hat der Entwicklungsrückstand Auswirkungen auf andere Unterrichtsfächer, da die basalen und elementaren Kompetenzen den Schülerinnen und Schülern umfänglich Schwierigkeiten im Lernen bereiten. D. h., den regulären curricularen Anforderungen sind die Schülerinnen und Schüler in mehreren Kernfächern und mehreren versetzungs- 3 relevanten Fächern auf Dauer nicht gewachsen, so dass die Anforderungen in mehreren oder allen Unterrichtsfächern individuell angepasst werden müssen, um Lernentwicklungen zu fördern. Manchen Schülerinnen und Schülern gelingt es, über die untercurriculare Förderung Lernstrategien zu entwickeln, die es ihnen ermöglichen, wieder näher an die Bewältigung curricularer Anforderungen heranzukommen. Diesen Schülerinnen und Schülern wird mit dem freiwilligen 10. Schuljahrgang die Chance eröffnet, den einfachen Hauptschulabschluss zu erwerben. Festzustellen ist, dass es vor allem Schülerinnen und Schüler sind, die diese Chance auf einen Hauptschulabschluss nach intensiver individueller Förderung haben, die erst nach fünf oder sechs Schulbesuchsjahren an der Grund- oder Sekundarschule in die Förderschule wechseln oder nach Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs in den gemeinsamen Unterricht übertreten. Bei Schülerinnen und Schülern, bei denen der sonderpädagogische Förderbedarf im Lernen schon in frühen Schulbesuchsjahren festgestellt wird, ist der Lernentwicklungsrückstand so umfangreich, dass das Bewältigen der regulären curricularen Anforderungen für sie eine Überforderung darstellt und auch Förderung den Anschluss nicht herstellen kann. Entscheidend für die Förderchancen sind zusätzlich die äußeren Rahmenbedingungen , wie z. B. die Unterstützung durch das Elternhaus, die Lernmotivation, der Leistungswille u. Ä. m. Die Entwicklung des gemeinsamen Lernens im Land führt dazu, dass Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt Lernen immer umfangreicher im gemeinsamen Unterricht lernen und in geringerer Zahl an Förderschulen wechseln. Das ist ein Grund, weshalb die Zahl der Schülerinnen und Schüler in freiwilligen 10. Klassen an Förderschulen nicht wächst. Ein weiterer Grund ist darin zu sehen, dass an der Förderschule eher Schülerinnen und Schüler lernen, deren Lernentwicklungen wesentlich umfangreichere Abweichungen von den curricularen Forderungen erfordern, die Anforderungen für einen anerkannten Schulabschluss für diese zu hoch sind. Grundsätzlich muss davon ausgegangen werden, dass ein Förderbedarf im sonderpädagogischen Förderschwerpunkt Lernen erst dann festgestellt wird, wenn die individuelle Förderung keine oder nur geringe Lernfortschritte bringt und mehrere Unterrichtsfächer trotz langfristiger (mehrjähriger) Förderung inhaltlich nicht erfolgreich bewältigt werden und auch die Nutzung von Modifizierungen oder Notenausgleich die Chance auf einen anerkannten Schulabschluss nicht erhöhen. Frage 4: Welches Lehrerstundenvolumen stand in den genannten Schuljahren für die Beschulung von Lernbehinderten im 10. Schuljahrgang zur Verfügung? Ist dieses Volumen begrenzt und wenn ja, wirkt sich diese Begrenzung auf die Zahl der für einen 10. Schuljahrgang zum Erwerb des Hauptschulabschlusses zugelassenen Schülerinnen und Schüler aus Förderschulen für Lernbehinderte aus? Sollte dieses Stundenvolumen begrenzt sein, wie wird sich sein Umfang in den nächsten Schuljahren entsprechend der Personalplanung entwickeln? 4 Voraussetzung für eine Klassenbildung im freiwilligen 10. Schulbesuchsjahr an Förderschulen Lernen in Form von Kooperationsklassen an Sekundarschulen ist, dass sich mindestens zehn Schülerinnen und Schüler für den Besuch der Klasse 10 anmelden , die die entsprechenden Leistungspotentiale mitbringen, um sich den curricularen Anforderungen für einen Hauptschulabschluss zu stellen. Die Stundentafel für den 10. Schuljahrgang Förderschwerpunkt Lernen orientiert sich an der Stundentafel der Sekundarschule und umfasst auch Stunden zur intensiveren Förderung. Besonders ist die Unterstützung im Fremdsprachenunterricht zu bewerten, da hier die Lernanschlussprobleme am umfangreichsten sind. Um den Hauptschulabschluss zu schaffen, werden im Jahrgang 10 Lehrkräfte aus der Sekundarstufe I und aus der Förderschule eingesetzt. Das Lehrkräfteteam sichert somit die Abschlussrelevanz und die sonderpädagogische Kompetenz. Wird eine Klasse 10 gebildet, so wird vom Landesschulamt auch das entsprechende Arbeitsvolumen von Lehrkräften zugewiesen. Für die Zuweisung von Lehrerwochenstunden gilt eine schülerzahlbezogene Berechnungsvorschrift. Die Zuweisung erfolgt somit bedarfsgerecht. Eine Begrenzung auf einen Höchstwert besteht nicht. Anlage 1 Schülerinnen und Schüler im Schuljahrgang 10 der Förderschulen für Lernbehinderte und ihr Anteil am Jahrgang 9 im vorangegangenen Schuljahr Quelle: Schuljahresanfangsstatistik des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt, für 2014/15 Kultusministerium gesamt weiblich gesamt weiblich gesamt weiblich gesamt weiblich Kreisfreie Stadt Dessau-Roßlau Jahrgang 9 im Vorjahr 27 12 24 10 27 11 26 12 Jahrgang 10 Anteil (in v. H.) Kreisfreie Stadt Halle (Saale) Jahrgang 9 im Vorjahr 118 62 96 42 96 48 98 47 Jahrgang 10 18 11 33 15 46 20 40 Anteil (in v. H.) 15,3 17,7 34,4 35,7 47,9 41,7 40,8 Landeshauptstadt Magdeburg Jahrgang 9 im Vorjahr 77 32 76 31 75 31 72 27 Jahrgang 10 18 9 11 Anteil (in v. H.) 24,0 29,0 15,3 Altmarkkreis Salzwedel Jahrgang 9 im Vorjahr 59 18 47 18 46 20 33 19 Jahrgang 10 Anteil (in v. H.) Landkreis Anhalt-Bitterfeld Jahrgang 9 im Vorjahr 78 36 92 39 86 47 84 35 Jahrgang 10 25 14 22 12 25 Anteil (in v. H.) 27,2 35,9 25,6 25,5 29,8 Landkreis Börde Jahrgang 9 im Vorjahr 83 35 61 30 63 21 63 23 Jahrgang 10 10 5 11 4 22 11 10 Anteil (in v. H.) 12,0 14,3 18,0 13,3 34,9 52,4 15,9 Burgenlandkreis Jahrgang 9 im Vorjahr 97 38 92 37 81 31 76 29 Jahrgang 10 Anteil (in v. H.) Landkreis Harz Jahrgang 9 im Vorjahr 81 29 82 38 102 49 104 45 Jahrgang 10 32 14 27 16 50 29 47 Anteil (in v. H.) 39,5 48,3 32,9 42,1 49,0 59,2 45,2 Landkreis Jerichower Land Jahrgang 9 im Vorjahr 30 11 35 15 32 12 27 11 Jahrgang 10 Anteil (in v. H.) Landkreis Mansfeld-Südharz Jahrgang 9 im Vorjahr 77 34 71 28 83 32 86 36 Jahrgang 10 Anteil (in v. H.) Saalekreis Jahrgang 9 im Vorjahr 54 25 69 25 79 27 58 20 Jahrgang 10 Anteil (in v. H.) Salzlandkreis Jahrgang 9 im Vorjahr 127 45 122 48 101 46 98 46 Jahrgang 10 44 16 39 17 51 26 48 Anteil (in v. H.) 34,6 35,6 32,0 35,4 50,5 56,5 49,0 0,0 Landkreis Stendal Jahrgang 9 im Vorjahr 64 24 48 19 53 25 53 27 Jahrgang 10 Anteil (in v. H.) Landkreis Wittenberg Jahrgang 9 im Vorjahr 41 18 58 27 61 30 46 16 Jahrgang 10 13 9 14 6 28 13 20 Anteil (in v. H.) 31,7 50,0 24,1 22,2 45,9 43,3 43,5 0,0 Sachsen-Anhalt Jahrgang 9 im Vorjahr 1013 419 973 407 985 430 924 393 Jahrgang 10 117 55 149 72 237 120 201 Anteil (in v. H.) 11,5 13,1 15,3 17,7 24,1 27,9 21,8 (* Daten zu den Schülerinnen im Jahrgang 10 liegen noch nicht vor. Vergl. Vorbemerkungen!) Landkreis/kreisfreie Stadt Schj. 2011/12 Schj. 2012/13 Schj. 2013/14 Schj. 2014/15* KA 6/8669 Anlage 2 Anteil der Schülerinnen und Schüler im Schuljahrgang 10 der Förderschulen für Lernbehinderte, der den Hauptschulabschluss erwarb Quelle: Schuljahresanfangs und - endstatistik des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt gesamt weiblich gesamt weiblich gesamt weiblich Kreisfreie Stadt Halle (Saale) Jahrgang 10 18 11 33 15 46 20 Abgänger/innen mit HSA 17 11 33 15 44 17 Anteil (in v. H.) 94,4 100,0 100,0 100,0 95,7 85,0 Landeshauptstadt Magdeburg Jahrgang 10 18 9 Abgänger/innen mit HSA 16 8 Anteil (in v. H.) 88,9 88,9 Landkreis Anhalt-Bitterfeld Jahrgang 10 25 14 22 12 Abgänger/innen mit HSA 24 14 22 12 Anteil (in v. H.) 96,0 100,0 100,0 100,0 Landkreis Börde Jahrgang 10 10 5 11 4 22 11 Abgänger/innen mit HSA 10 5 10 4 21 10 Anteil (in v. H.) 100,0 100,0 90,9 100,0 95,5 90,9 Landkreis Harz Jahrgang 10 32 14 27 16 50 29 Abgänger/innen mit HSA 28 13 26 15 45 24 Anteil (in v. H.) 87,5 92,9 96,3 93,8 90,0 82,8 Salzlandkreis Jahrgang 10 44 16 39 17 51 26 Abgänger/innen mit HSA 38 14 33 13 42 21 Anteil (in v. H.) 86,4 87,5 84,6 76,5 82,4 80,8 Landkreis Wittenberg Jahrgang 10 13 9 14 6 28 13 Abgänger/innen mit HSA 13 9 14 6 27 12 Anteil (in v. H.) 100,0 100,0 100,0 100,0 96,4 92,3 Sachsen-Anhalt Jahrgang 10 117 55 149 72 237 120 Abgänger/innen mit HSA 106 52 140 67 217 104 Anteil (in v. H.) 90,6 94,5 94,0 93,1 91,6 86,7 Landkreis/kreisfreie Stadt Schj. 2011/12 Schj. 2012/13 Schj. 2013/14 KA 6/8669 anlage3885.pdf Frage1.pdf Frage 2