Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/3886 17.03.2015 (Ausgegeben am 17.03.2015) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Gewalthandlungen von Polizeibeamtinnen und -beamten im Jahr 2014 Kleine Anfrage - KA 6/8637 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Justiz und Gleichstellung 1. Wie viele Ermittlungsverfahren sind gegen Polizeibedienstete, insbeson- dere wegen Körperverletzung im Amt (§ 340 StGB), (gefährliche/schwere) Körperverletzung (§§ 223, 224, 226 StGB) sowie sonstigen Gewaltstraftaten im Jahr 2014 aufgrund welcher Sachverhalte zu welchem Zeitpunkt eingeleitet worden? Im Jahre 2014 sind nach einem Bericht des Generalstaatsanwalts 56 Ermittlungsverfahren allesamt wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt eingeleitet worden. Die Ermittlungsverfahren richteten sich gegen 98 Polizeibeamtinnen und -beamte, weil in mehreren Sachverhalten mehrere Polizeibeamte beschuldigt worden sind. Von den 56 Ermittlungsverfahren sind 46 nach § 170 II StPO eingestellt worden . Die Ermittlungsverfahren sind in 4 Fällen wegen „erwiesener Unschuld“ eingestellt worden, in 37 Fällen erfolgte eine Einstellung weil eine Täterschaft nicht nachweisbar war. 3 Ermittlungsverfahren sind wegen Vorliegens von Rechtfertigungsgründen , 2 weitere wegen Vorliegens eines Verfahrenshindernisses eingestellt worden. Ein Ermittlungsverfahren ist gemäß § 153 Abs. 1 StPO und ein weiteres gemäß § 153b StPO i. V. m. § 60 StGB eingestellt worden. 2 In dem gemäß § 153 Abs. 1 StPO eingestellten Verfahren der Staatsanwaltschaft Halle zum Aktenzeichen 122 Js 39918/14 soll der beschuldigte Polizeibeamte auf seinem Heimweg von der Dienststelle in der Ortslage Hettstedt 2 männliche Personen wahrgenommen haben, die eine körperliche Auseinandersetzung austrugen. Der Beamte soll versucht haben, bis zum Eintreffen der von ihm verständigten Polizeikräfte die Streitenden auseinander zu bringen und dabei die ebenfalls an der Auseinandersetzung beteiligte Anzeigenerstatterin mit einfacher Gewalt abgewehrt haben. In dem gemäß § 153b StPO i. V. m. § 60 StGB eingestellten Verfahren der Staatsanwaltschaft Magdeburg - Zweigstelle Halberstadt - zum Aktenzeichen 822 Js 78259/14 soll der beschuldigte Polizeibeamte mit einem Fahrzeug der Landesbereitschaftspolizei die B 189 aufgrund eines Einsatzauftrags mit Wegerecht in Fahrtrichtung Stendal befahren haben. Dabei soll das Fahrzeug mit beiden linken Rädern nach links von der Fahrbahn ab- und auf den angrenzenden Seitenstreifen gekommen sein. Durch Gegenlenken soll dann der Sprinter ins Schleudern gekommen sein, worauf das Fahrzeug nach rechts von der Fahrbahn abkam und sich überschlug. Der Beschuldigte und die übrigen drei Fahrzeuginsassen erlitten durch den Unfall erhebliche Verletzungen. 8 Ermittlungsverfahren aus dem Jahre 2014 gegen insgesamt 18 beschuldigte Polizeibeamtinnen und -beamte sind derzeit noch anhängig. 2. Wie viele Strafverfahren werden gegen Polizeibedienstete wegen oben genannten Deliktarten aufgrund welcher Sachverhalte mit welchem Verfahrensstand zum Stichtag geführt? Zum Stichtag 31.12.2014 waren keine Strafverfahren gegen Polizeibeamtinnen und –beamte wegen Gewalttaten mit Dienstbezug anhängig. 3. Wie viele Strafverfahren sind gegen Polizeibedienstete wegen oben ge- nannten Deliktarten aufgrund welcher Sachverhalte mit welchen Verfahrensausgängen zu welchem Zeitpunkt abgeschlossen worden? Im Jahre 2014 ist ein Strafverfahren gegen einen Polizeibeamten wegen Gewalttaten mit Dienstbezug geführt worden. Der Polizeibeamte stand im Verdacht , am 07.08.2012 in Halle (Saale) während eines Polizeieinsatzes im Zusammenhang mit der sogenannten „Sommertour der NPD“ einem Bürger durch einen Tritt oder Stoß mit dem Knie eine schwerwiegende Unterleibsverletzung zugefügt zu haben. Auf übereinstimmende Anträge von Staatsanwaltschaft und Verteidigung ist der Beamte vom Tatvorwurf der Körperverletzung im Amt mit Rechtskraft vom 07.04.2014 freigesprochen worden. (vgl. hierzu auch unter Antwort a) zu Frage 4) 4. Wie viele Disziplinarverfahren gegen Polizeibedienstete wegen oben ge- nannten Deliktarten wurden im Jahr 2014 aufgrund welcher Sachverhalte zu welchem Zeitpunkt eingeleitet? Im Jahr 2014 wurden drei Disziplinarverfahren wegen einer möglichen Gewaltstraftat im Zusammenhang mit der Dienstausübung von Polizeibeamten einge- 3 leitet. In allen Fällen erfolgte die Einleitung wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt: a) Einleitung am 04.02.2014 Der Polizeibeamte stand im Verdacht, am 07.08.2012 in Halle (Saale) während eines Polizeieinsatzes im Zusammenhang mit der sogenannten „Sommertour der NPD“ einem Bürger durch einen Tritt oder Stoß mit dem Knie eine schwerwiegende Unterleibsverletzung zugefügt zu haben. b) Einleitung am 17.02.2014 Der Polizeibeamte soll im Rahmen des Einsatzes „Blockupy 2013“ am 01.06.2013 in Frankfurt am Main mehrfach auf einen Demonstrationsteilnehmer mittels körperlicher Gewalt in Form von Faustschlägen und Kniestößen gegen den Kopf eingewirkt haben. c) Ausdehnung eines laufenden Disziplinarverfahrens am 23.06.2014 Der Polizeibeamte soll am 16.01.2014 einen Mann, welcher vor dem Rathaus der Landeshauptstadt Magdeburg seinen 30. Geburtstag feierte, geschlagen und getreten haben. 5. Welchen Verfahrensstand haben die Disziplinarverfahren gegen Polizei- bedienstete wegen oben genannter Deliktarten aufgrund welcher Sachverhalte zum Stichtag? Die Disziplinarverfahren wurden zeitgleich mit der Einleitung wegen der in gleicher Sache geführten Ermittlungsverfahren ausgesetzt. Das Disziplinarverfahren unter Nr. 4 Buchst. a wurde fortgesetzt, nachdem der Beamte mit Urteil des Amtsgerichts Halle (Saale) vom 07.04.2014 freigesprochen worden war, und mit Verfügung vom 24.10.2014 (dem Beamten zugestellt am 17.12.2014) ohne Feststellung eines Dienstvergehens eingestellt. Für die Disziplinarverfahren unter Nr. 4 Buchst. b und c dauerte zum Stichtag 15.01.2015 die Aussetzung noch an.