Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/3948 01.04.2015 (Ausgegeben am 02.04.2015) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Angelika Hunger (DIE LINKE) Abgeordneter Hendrik Lange (DIE LINKE) Lehrstuhl für betriebliches Umweltmanagement an der Martin-Luther-Universität Halle Wittenberg Kleine Anfrage - KA 6/8686 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft Frage 1: Welche Bedeutung misst sie dem betrieblichen Umweltmanagement bei der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung in Sachsen-Anhalt und darüber hinaus zu? Die wirtschaftliche Entwicklung ist in der heutigen Zeit unbestritten untrennbar mit Nachhaltigkeit in allen ihren Dimensionen (ökologisch, ökonomisch, sozial) verbunden . Hochschulen und andere wissenschaftliche Einrichtungen sind Schnittstellen zwischen Forschung, Bildung, Innovation und Wissenstransfer und haben eine Schlüsselrolle für eine am Leitbild nachhaltiger Entwicklung orientierte Gesellschaft und Wirtschaft. Forschungsprojekte und die Weitergabe von Wissen an die nächste Generation an Hochschulen und anderen wissenschaftlichen Einrichtungen dienen somit direkt und indirekt der Sicherung einer nachhaltigen Entwicklung. Die Thematik des betrieblichen Umweltmanagements bzw. Nachhaltigkeitsmanagements ist aus der Ausbildung des wirtschaftlichen Nachwuchses und der Weiterbildung von Fachkräften für die Wirtschaft nicht mehr wegzudenken. In den letzten Jahren nahm eine wachsende Anzahl von Studiengängen im Land das Thema „Nachhaltigkeit “ inhaltlich auf und reflektiert es. Dies führt zu einem Diskussionsprozess, der weit über die Lehre in einem Spezialgebiet hinauswirkt. In den Zielvereinbarungen für die Jahre 2015 bis 2019 zwischen dem Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft (MW) und den Hochschulen des Landes wurde vereinbart, dass die Hochschulen über ihre Konzepte und Maßnahmen zur Nachhaltigkeit berichten. So bedeutsam eine nachhaltige Entwicklung für die Gesellschaft und die Wirtschaft ist, ist ein konkre- 2 ter Zusammenhang zwischen der Existenz eines Lehrstuhls für betriebliches Umweltmanagement an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und der nachhaltigen wirtschaftlichen Entwicklung des Landes Sachsen-Anhalt nicht erkennbar . Frage 2: Sind der Landesregierung Pläne der Universität in Halle bekannt, wonach der Lehrstuhl für betriebliches Umweltmanagement künftig nicht wieder besetzt werden soll? Sollten der Landesregierung derartige Pläne bekannt sein, welche konkreten Schritte umfassen sie seitens der Universität? Die Professur „Betriebliches Management“ wurde im Zusammenhang mit der Hochschulstrukturplanung des Landes Sachsen-Anhalt 2004 von der MLU „kw“ gesetzt und wird mit Ende des Wintersemesters 2015/16 durch Eintreten des Professurinhabers in den Ruhestand wegfallen. Es handelt sich hierbei nicht um aktuelle oder neue Pläne der Universität, sondern um den Vollzug der o. g. Strukturentscheidung. Konkrete Schritte seitens der MLU respektive Fakultät finden auf der organisatorischen Ebene statt. So wird das Lehrangebot innerhalb der Professuren der Wirtschaftswissenschaften entsprechend umgestellt. Im Vorfeld des Wegfalls der Professur wird sich das Studienangebot, das durch die Professur bislang abgedeckt wird, vom Pflicht- in den Wahlpflichtbereich verschieben (inkl. Änderung der Studien- und Prüfungsordnungen im Rahmen der gerade laufenden Reakkreditierung). Im Masterstudiengang „Betriebswirtschaftslehre“ wird die Spezialisierungsrichtung „Nachhaltigkeitsmanagement “ wegfallen. Frage 3: Welche Auswirkungen sieht die Landesregierung für das Ausbildungs- und Forschungsprofil, die wirtschaftliche Entwicklung sowie die Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie des Landes, sollte der Lehrstuhl für betriebliches Umweltmanagement in Halle künftig unbesetzt bleiben bzw. wegfallen? Wie bewertet demnach die Landesregierung einen Wegfall dieses Lehrstuhles? Der Wegfall der Professur „Betriebliches Umweltmanagement“ hat aus Sicht des MW keine direkten, sondern nur indirekte Auswirkungen auf das Ausbildungs- und Forschungsprofil . Der Nachhaltigkeitsgedanke als Querschnittsaufgabe bleibt im Profil der Hochschule erhalten und ist künftig über den Wahlpflichtbereich in mehreren Professuren verankert. Dadurch werden im Ergebnis alle interessierten Studierenden der Wirtschaftswissenschaften, nicht nur die einer bestimmten Spezialrichtung, erreicht . Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung des Landes aufgrund des Wegfalls der Professur lassen sich aus Sicht des MW nicht bewerten, da die Leistungen des Professurinhabers in diesem Bereich nicht messbar sind. Der Wissenschaftsrat (WR) hat das Ausbildungs- und Forschungsprofil der Juristischen und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät in seinen Empfehlungen im Jahr 2013 stark kritisiert: Der WR „sieht […] die wirtschaftswissenschaftliche Forschung in einer krisenhaften Situation […]. Der Wissenschaftsrat sieht auch in der fehlenden strategischen Profilierung einen Grund für die eingeschränkte Leistungsfähigkeit der Wirtschaftswissenschaften in der Forschung […]. Die inhaltliche Schwerpunktsetzung 3 sollte auch eine Klärung der strategischen Kooperationspotenziale mit den LeibnizInstituten für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) und für Agrarentwicklung in Mittelund Osteuropa beinhalten.“ (WR-Empfehlungen zur Weiterentwicklung des Hochschulsystems des Landes Sachsen-Anhalt, Drs. 3231-13, Seite 183f.). Es ist deshalb im Interesse der MLU, den wirtschaftswissenschaftlichen Bereich fachlich besser zu profilieren. Auf welchem Gebiet sie dies tut, liegt in der Entscheidung der MLU. Frage 4: Welche Kompensationsmöglichkeiten innerhalb der Hochschullandschaft in Sachsen-Anhalt sieht die Landesregierung für einen Wegfall des Lehrstuhls für betriebliches Umweltmanagement in Halle? Welche Kompensationsmöglichkeiten sieht sie darüber hinaus im mitteldeutschen Wissenschaftsraum? Eine zeitlich begrenzte Teilkompensation für das engere Fach durch die Einrichtung einer Juniorprofessur hat der ausscheidende Stelleninhaber ins Gespräch gebracht. Mit der Einrichtung einer Juniorprofessur wäre die Fortführung der Thematik in der Forschung und in geringerem Umfang auch in der Lehre für die Laufzeit von maximal sechs Jahren möglich. Allerdings kann die Fakultät keine Juniorprofessur mit TenureTrack einrichten, da die hierfür benötigte Strukturstelle nicht zur Verfügung steht. Zudem ist die Finanzierung einer Juniorprofessur für die Fakultät unter der derzeitigen Haushaltssituation und unter Berücksichtigung der von der MLU zu erbringenden Einsparungen nicht zu leisten und wäre allenfalls mit einer externen Finanzierung möglich. Signale aus der Wirtschaft des Landes, dass sie das Vorhandensein der Professur für so wichtig ansähe, dass sie sie - etwa im Wege einer Stiftungsprofessur - fördern wollte, liegen weder in der MLU noch im MW vor. Eine fachlich begrenzte direkte Kompensation leisten die „Lehrstühle für Volkswirtschaftslehre , insbesondere Wirtschaftsethik“ und „Betriebswirtschaftslehre, hier Unternehmensethik und Controlling“ an der Juristischen und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der MLU, in deren Lehr- und Forschungsprogrammen das Konzept der Nachhaltigkeit in einem weiteren Verständnis des Nachhaltigkeitsbegriffs verankert ist. Darüber hinaus findet nach Auskunft der MLU das Nachhaltigkeitsmanagement als aktuelles ökonomisches Thema in den Lehrveranstaltungen der ökonomischen Professuren an der MLU Niederschlag. Im Wissenschaftsraum Mitteldeutschland gibt es an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig die Professur für „Energiemanagement und Nachhaltigkeit“ am Institut für Infrastruktur und Ressourcenmanagement, die allerdings stark auf energetische Aspekte von Nachhaltigkeit fokussiert ist und insofern ein etwas anders gelagertes Forschungs- und Lehrgebiet bedient. Ob es auf diesem Gebiet künftig zu Kooperationen oder Lehraustausch zwischen beiden Standorten kommt, wird die weitere fachliche Profilierung der Wirtschaftswissenschaften an der MLU zeigen.