Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/3997 21.04.2015 (Ausgegeben am 21.04.2015) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Ronald Mormann (SPD) Kulturwirtschaftsbericht Kleine Anfrage - KA 6/8712 Vorbemerkung des Fragestellenden: Der letzte Kulturwirtschaftsbericht stammt aus dem Jahr 2006. In ihm werden Handlungsfelder benannt, um sowohl die Kulturwirtschaft als auch die Kreativwirtschaft als standortprägende Wirtschaftsbereiche in Sachsen-Anhalt weiter zu etablieren und auszubauen. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft Frage 1: Ist mit einer Fortschreibung des Kulturwirtschaftsberichts zu rechnen? Wenn ja, wann? Die Fortschreibung eines umfassenden Kreativ- und Kulturwirtschaftsberichtes ist derzeit nicht geplant und auch nicht notwendig. Die Kreativwirtschaft in SachsenAnhalt wurde nach 2006 u. a. durch folgende Untersuchungen tiefergehend beleuchtet : - Leistungspotential des kreativen Handwerks in Sachsen-Anhalt (Verfasser: Volkswirtschaftliches Institut für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen, 2011), - Kultur- und Kreativwirtschaft Magdeburg 2012 - Wirtschaftliche Potentiale der Kultur - und Kreativwirtschaft in Magdeburg (Verfasser: Büro für Kulturwirtschaftsforschung Köln) und 2 - Medienstudie Halle/Saalekreis 2012 (Verfasser: Univations Institut für Wissens- und Technologietransfer an der MartinLuther -Universität Halle-Wittenberg). Des Weiteren liegt aktuell eine komprimierte wirtschaftspolitische Analyse zur Entwicklung der Kreativwirtschaft Sachsen-Anhalts von 2009 bis 2013 (Büro für Kulturwirtschaftsforschung Köln, Michael Söndermann) vor, die gegenwärtig vom Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft (MW) ausgewertet wird. Frage 2: Mit welchen Mitteln und Instrumentarien wurden die Handlungsempfehlungen des Kulturwirtschaftsberichts umgesetzt? Ziel des Kulturwirtschaftsberichtes aus dem Jahr 2006 war es, die Schwerpunkte der Kulturwirtschaft in Sachsen-Anhalt auf Grundlage der drei Bestandteile Theorie, Empirie und Strategie zu ermitteln. Der Schwerpunkt des Berichtes lag auf der Medienwirtschaft und der Designwirtschaft. Auf der Grundlage dieses Berichts wurde durch die Interministerielle Arbeitsgruppe „Kreativwirtschaft“ (MW, Staatskanzlei, Kultusministerium, Investitions- und Marketinggesellschaft [IMG]) ein Maßnahmenkatalog erarbeitet, der ständig praxisorientiert fortgeschrieben wird. Dieser Maßnahmekatalog soll im Kulturwirtschaftsbericht festgestellte Defizite wie unzureichende unternehmerische Wettbewerbsfähigkeit, schwieriger Zugang zu Kapital und fehlende Vernetzung abbauen. Nachfolgend werden ausgewählte Maßnahmen vorgestellt, die die Breite der Aktivitäten zur Stärkung der Kreativwirtschaft in Sachsen-Anhalt aufzeigen: a) Maßnahmen für die Kreativwirtschaft und Designwirtschaft aa) Öffentlichkeitsarbeit Um die Kreativwirtschaft öffentlichkeitswirksam bekannt zu machen, wurden u. a. folgende Informationsmaterialien erstellt: - „Kunststücke, Schöpferkräfte und Erfindungsgaben“, 2011 (Beilage in Volksstimme und MZ, Herausgeber: IMG), - „Formvollendet und Zukunftsweisend - das Potential des kreativen Handwerks“, 2011 (Herausgeber: MW), - „Animiert zu Höchstleistungen - ein Filmland mit Potential“, 2012 (Beilage Presse, Herausgeber: IMG) und - „Zahlen, Daten, Fakten - Kreativwirtschaft in Sachsen-Anhalt“, 2013 (Herausgeber: IMG). 3 bb) Anlaufstellen/Vernetzung Der Kreativwirtschaft Sachsen-Anhalt e. V. (KWSA) ist seit 2010 der sachsen-anhaltische Unternehmerverband der Kreativwirtschaft. Er ist bestrebt, die zahlreichen Dienstleister und Kreativen in Sachsen-Anhalt miteinander in Verbindung zu bringen, um gegenseitige Potentiale und Möglichkeiten marktwirtschaftlich und kulturwirtschaftlich transparent zu machen und projektbezogene Kooperationen zu ermöglichen . Noch wichtiger ist die Etablierung eines „Sprachrohrs“ für die Lobbyarbeit der kleinteiligen Kreativwirtschaft. 2013 wurde in Sachsen-Anhalt der Wettbewerb BESTFORM erstmals durchgeführt. Der Wettbewerb BESTFORM würdigt gemeinsame Entwicklungen von Kreativen und Wirtschaftspartnern anderer Branchen. Ziel ist es, zu zeigen, welches Potential in Sachsen-Anhalts Kreativwirtschaft steckt. In 2015 wird der Wettbewerb erneut durchgeführt . Der Kreativmotor (Träger: Univations Institut für Wissens- und Technologietransfer an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) hat junge Unternehmen der Kreativwirtschaft im Wachstumsprozess unterstützt. Er beriet junge kreative Unternehmen mit Wachstumspotenzial zu betriebswirtschaftlichen Fragestellungen. Im Vordergrund standen grundlegende Themen wie Geschäftsmodelle, Marketing- und Wachstumsstrategien sowie Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten. Das Projekt Kreativmotor wurde 2012 bis Anfang 2015 im Rahmen der ego.-Existenzgründungsoffensive des Landes Sachsen-Anhalt durchgeführt und aus Mitteln des MW und des Europäischen Sozialfonds finanziert. Die Kunststiftung Sachsen-Anhalt fördert zeitgenössische Kunst in Sachsen-Anhalt durch Stipendien und Projektfördermittel. Zu den Förderbereichen gehören Malerei, Grafik, Bildhauerei, aber auch Design und Architektur. Das Internetportal www.kreativ-sachsen-anhalt.de ist die zentrale Säule der Kommunikation zur Kreativwirtschaft (siehe Antwort zu Frage 4). Der KreativSalon ist eine Initiative der Magdeburger Wirtschaft, Kultur, Politik und Wissenschaft. Er ist konzipiert als Veranstaltungsreihe mit sechs kurzen Präsentationen von kreativen Ideen oder Produkten, mit Live-Musik und der Gelegenheit zu Gesprächen in außergewöhnlicher Atmosphäre. Der seit 2013 stattfindende KreativSalon soll zum Forum werden, bei dem kreative Produkte, Ideen und Köpfe der Kreativwirtschaft vorgestellt und mit anderen Branchen vernetzt werden. Das Designhaus Halle bietet neben günstigen Mieten für Büros/Ateliers und Zugang zu den Werkstätten der Burg Giebichenstein auch Starthilfe bei der Existenzgründung für junge Unternehmer und Absolventen, beispielsweise Beratung und Unterstützung in betriebswirtschaftlichen und juristischen Fragen sowie die Möglichkeit, sich in einem Netzwerk aus Kreativen zu organisieren und auszutauschen. Das Designhaus Halle ist eine Einrichtung der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle mit dem ebenfalls von der Kunsthochschule betriebenen Transferzentrum. 4 cc) Finanzierung/Förderung Die Investitionsbank Sachsen-Anhalt hält für kreative Unternehmensgründer das spezielle Innovationsdarlehen Sachsen-Anhalt IDEE bereit: Unternehmen werden hierbei vor allem in der Phase nach der Produktentwicklung unterstützt - bei der Markteinführung ihrer innovativen Produktideen, einer gesicherten Finanzierung sowie der Festigung ihrer Wirtschaftskraft. Das Investforum Sachsen-Anhalt ist eine Plattform für die Vermittlung zwischen (Eigen -)Kapitalgebern und Kapital suchenden Unternehmen unter anderem für den Bereich der Kreativwirtschaft. Die Richtlinie Innovationsassistenten fördert die Beschäftigung von Absolventen einer Hochschule (Fachhochschule oder wissenschaftliche Hochschule) in kleinen und mittleren Unternehmen, die einen Studiengang im ingenieurwissenschaftlichen, naturwissenschaftlichen , wirtschaftswissenschaftlichen oder seit 2015 auch im kreativwirtschaftlichen Bereich abgeschlossen haben. Neben den klassischen Förderinstrumentarien soll die mit dem Wettbewerb BESTFORM begonnene Verschränkung von Kreativwirtschaft mit anderen Branchen in der Förderrichtlinie Cross Innovation verstetigt werden. Gefördert werden soll die Vernetzung von Unternehmen der Kreativwirtschaft mit Industrieunternehmen und Handwerksbetrieben . Die Projektauswahl soll in einem Wettbewerbsverfahren erfolgen, das grundsätzlich alle zwei Jahre durchgeführt wird. Der Hugo Junkers Preis für Forschung und Innovation aus Sachsen-Anhalt zeichnet kreative Köpfe des Landes aus, die aus unkonventionellen Ideen innovative Produkte , Verfahren oder Dienstleistungen kreieren. Dabei spielt auch die Kreativwirtschaft mit der Kategorie „Design“ in den letzten Jahren eine verstärkte Rolle. b) Maßnahmen für die Medienwirtschaft Die Mitteldeutsche Medienförderung GmbH (MDM) verfügt über ein jährliches Budget von rund 15 Mio. EUR, zu denen Sachsen-Anhalt rund 2,8 Mio. EUR beisteuert. Wichtige Standortfaktoren sind z. B. die Verfügbarkeit aller mit einer Filmproduktion verbundenen Dienstleistungen, gut ausgebildete Arbeitskräfte der Medien- und Filmwirtschaft und das Vorhandensein medienwissenschaftlicher Ausbildungsangebote an den Hochschulen und Fachhochschulen des Landes. Das Gründerzentrum „Mitteldeutsches Multimediazentrum“ in Halle bietet mit der Schaffung der technischen Infrastruktur und der Vernetzung der filmtechnischen Dienstleistungsbereiche einen wesentlichen Standortvorteil. Dieser trägt dazu bei, dass nationale und internationale Koproduktionen hier stattfinden und vom Dreh bis zur Endfertigung gute Produktionsvoraussetzungen angeboten werden. Die Darlehensprogramme der Investitionsbank Sachsen-Anhalt für Investitionen und Filmproduktion (Sachsen-Anhalt IMPULS MEDIEN und IB ProMi) unterstützen diese positive Entwicklung. Für die Vermarktung des Film- und Medienstandortes Sachsen-Anhalt wurde ab 2008 von der Staatskanzlei in Zusammenarbeit mit der IMG eine Vielzahl regelmäßi- 5 ger Maßnahmen durchgeführt, die auch der Vernetzung der Unternehmen und Institutionen dienen (z. B. der Medienstammtisch Sachsen-Anhalt, der etwa dreimal jährlich mit einem Teilnehmerkreis von etwa 400 Personen stattfindet, Bewerbung des Medienstandortes Halle, Broschüre im Fachmedium blickpunktfilm als Beilage, Anzeigenschaltungen mit unterschiedlichen Motiven, Storytelling crossmedial und in Newslettern). Parallel zu den von der Staatskanzlei und der IMG betriebenen Marketingaktivitäten finden weitere Veranstaltungen statt, die von anderen Trägern initiiert werden. Ein Beispiel sind die Filmmusiktage Sachsen-Anhalt 2008 bis 2015 als Kombination von Kongress und Werkstattgesprächen. Der Mitteldeutsche Rundfunk ist Medienpartner der Veranstaltung. Seit 2014 findet dabei in Kooperation mit der „DEFKOM Deutsche Filmkomponistenunion“ die Verleihung des Deutschen Filmmusikpreises statt. Die Filmkunsttage Sachsen-Anhalt werden seit der ersten Durchführung im Jahr 2011 durch das Land Sachsen-Anhalt unterstützt. 2014 beteiligten sich Kinos in zehn Städten des Landes an den Filmkunsttagen. Die Filmkunsttage sind Werkschau von Filmen, die in Sachsen-Anhalt entstanden sind und von der MDM gefördert werden. Erstmalig hat Ministerpräsident Dr. Haseloff im Jahr 2013 einen Ehrenpreis des Landes für besondere Leistungen vergeben. Der Ehrenpreis des Ministerpräsidenten ging 2013 an Henry Hübchen und 2014 an Devid Striesow. Die Staatskanzlei befasst sich im Projekt „Wissenschaft und Medien“ seit etwa drei Jahren mit der Vernetzung von Wissenschaft und Medien in Sachsen-Anhalt. Unter dem Namen „sience2media“ versammeln sich Interessierte aus Wissenschaft und Medienunternehmen. Öffentliche Veranstaltungen waren 2013 und 2014 die „Nanospots -Festivals“ im Studio Halle. In der Planung für 2015 ist die Veranstaltung „Foresight Filmfestival“ in Kooperation mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung , der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI Halle. Frage 3: Wie bewertet die Landesregierung die Wirkung der bisher zur Umsetzung der Handlungsempfehlungen des Kulturwirtschaftsberichts durchgeführten Maßnahmen im Einzelnen? Die Unternehmen der Kreativwirtschaft haben von den vielfältigen Maßnahmen profitiert . Sie haben sich, wie die Statistik belegt, positiv entwickelt. Im Ergebnis hat das dargestellte Maßnahmenpaket zur Stabilisierung der Kreativwirtschaft, insbesondere der Film- und Medienwirtschaft sowie der Designwirtschaft, geführt. Die Unterstützung hat auch eine verstärkte Netzwerkbildung in Sachsen-Anhalt bewirkt. Durch die Marketingstrategie sind mittlerweile eine gute Durchdringung und damit eine bessere Grundaufmerksamkeit vorhanden. Experten der Kreativwirtschaft bewerten die Herangehensweise zur Vernetzung der Branchen als beispielhaft. Frage 4: Wie bewertet die Landesregierung den Erfolg der unter www.kreativ-sachsenanhalt .de gebündelten Initiative der IMG? Wie viele der 253 auf der Seite registrierten Unternehmen nutzen die Seite für Aktivitäten wie Stellenausschreibungen , eine Beteiligung an „Bestform 2015“ oder Ähnlichem? 6 Das Internetportal www.kreativ-sachsen-anhalt ist die zentrale Säule der Kommunikation zur Kreativwirtschaft in Sachsen-Anhalt. Zur Suche nach allen Aspekten um die Branche (Ausbildung, Förderung, Vernetzung, Events, Partnersuche, Hochschulen , Storys, News …) wurde das Portal seit 2007 aufgebaut. Mittlerweile präsentieren sich dort über 250 kreative Unternehmen. Durch ständige Anpassungen, auch durch Hinweise der Kreativen, wächst das Portal. Die Webseite wurde 2015 umfassend erneuert und modernisiert. Seit März 2015 gibt es auf der Webseite die „Kreativsuchmaschine“, mit der Unternehmen gezielt den passenden Kreativ-Partner finden können. Die Einführung wird derzeit durch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit unterstützt. Der überwiegende Teil der Bewerbungen des ersten Wettbewerbes BESTFORM 2013 erfolgte online. Im aktuellen BESTFORM-Wettbewerb 2015 wurde die Präsentation des Wettbewerbs auf dem Internetportal ausgeweitet und durch Zitate von Nutzern, Partnern und Presse aufgewertet. Kooperationspartner nutzen das Portal, um sich zu verlinken und zu vernetzen. Aufgrund von Nachfragen zu Inhalten und zu BESTFORM ist davon auszugehen, dass zahlreiche registrierte Kreativunternehmen die Website aktiver nutzen. Die Nutzer- und Zugriffszahlen haben sich positiv entwickelt . Lagen sie im Januar 2014 noch bei 800 Zugriffen, sind sie ein Jahr später, also im Januar 2015, auf 6.099 angestiegen. Frage 5: Der Kulturwirtschaftsbericht hat das Hauptaugenmerk auf die Bereiche der Medienwirtschaft und Designwirtschaft gelegt. Sind diese beiden Teilbereiche auch für die Landesregierung die bedeutendsten Teilwirtschaftsbereiche? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht? Die Designwirtschaft sowie die Film- und Medienwirtschaft werden unverändert auch weiterhin als Teilbereiche der Kulturwirtschaft mit großen Entwicklungschancen für Sachsen-Anhalt betrachtet. Hinzu kommen die Teilbranchen Software/Games und künstlerisch/kreative Aktivitäten, die ein hohes Entwicklungspotential aufweisen. Die Attraktivität des Medienstandorts Sachsen-Anhalt kann laut aktueller Analyse im nationalen und internationalen Wettbewerb weiter erhöht werden, insbesondere durch den Ausbau der vorhandenen Profilierung in den Bereichen Animationsfilm, Sound und durch produktionstechnische Dienstleistungen. Die Industriedesignbranche hat sogar das Potential zu einer Leitbranche für die gesamte Kulturwirtschaft und Kreativindustrie in Sachsen-Anhalt zu werden.