Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/3999 21.04.2015 (Ausgegeben am 22.04.2015) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Dietmar Weihrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Rahmenbedingungen zur Genehmigung einer Pyrolyse-Anlage in Halle Kleine Anfrage - KA 6/8717 Vorbemerkung des Fragestellenden: Der Bau der geplanten Altreifen-Verwertungsanlage der Firma Pyrolytech in HalleTrotha verzögert sich laut Bericht der Mitteldeutschen Zeitung vom 12. Januar 2015 weiter. Dem Pressebericht zufolge gingen Investor und Geschäftsführer von Pyrolytech davon aus, dass frühestens ab Februar 2015 gebaut werde. Ursprünglich sollte der Baustart bereits im Herbst 2014 erfolgen. Nach wie vor ist das Projekt stark umstritten . Anwohnerinnen und Anwohner in den Halleschen Stadtteilen Trotha und Kröllwitz befürchten, dass sie von Schadstoffemissionen und Gerüchen beeinträchtigt werden könnten und wollen deswegen anstelle des hochwassergefährdeten Standortes im Hafen Halle einen alternativen Standort für das Projekt durchsetzen. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Thema: Fördermittel 1. Hat die Pyrolytech GmbH seit 2007 Fördermittel, insbesondere GRW-Mittel bzw. EU-Gelder, erhalten? Wenn ja, in welcher Höhe und durch welche Institutionen (z. B. durch die Investitionsbank Sachsen-Anhalt)? Bitte die fördermittelvergebende Stelle, Datum der Antragstellung, Datum der Antragsbewilligung bzw. -ablehnung sowie Höhe einer möglichen Fördersumme separat auflisten. Der am 21. April 2009 durch die Pyrolux Halle GmbH (nach Umfirmierung im Juni 2012 heute Pyrolytech GmbH) gestellte GRW-Antrag wurde durch die Investitionsbank Sachsen-Anhalt am 26. November 2009 positiv beschieden. Der 2 bewilligte und ausschließlich aus nationalen Mitteln bestehende GRW-Zuschuss beträgt 2.264,0 TEUR. 2. Sind bereits Finanzmittel ausgezahlt worden? Welche Auszahlungstermi- ne für Fördermittel sind gegenwärtig festgelegt? Bisher wurden keine Mittel von der Investitionsbank ausgezahlt. Zur Fertigstellung der Anlage hat der Zuwendungsempfänger eine Frist bis zum 30. Juni 2015 erhalten, eine Auszahlung erfolgt erst nach entsprechender Nachweisführung zu folgenden Punkten: - die Anlage ist vollständig vorzufinanzieren; - die Anlage ist fertiggestellt, die Produktion wurde aufgenommen; - die geforderten Dauerarbeitsplätze einschließlich Ausbildungsplätze wurden geschaffen und besetzt bzw. zur Besetzung ausgeschrieben; - ein prüffähiger Verwendungsnachweis wurde eingereicht. 3. Auf welcher rechtlichen Grundlage wurden diese Mittel jeweils bewilligt und an welche Kriterien ist die Bewilligung geknüpft? Die Mittel wurden auf der Grundlage des Teils II A. Koordinierungsrahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ vom 10. September 2009 und der ergänzenden Landesrichtlinie über die Gewährung von Zuwendungen aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe vom 1. September 2009 bewilligt. Bewilligungskriterien (Förderkriterien) sind die Schaffung neuer Dauerarbeitsplätze einschließlich Ausbildungsplätze und das Vorliegen der Förderfähigkeit gemäß Ziffer 1 der Positivliste sowie die Einhaltung der Definition eines kleinen und mittleren Unternehmens (KMU). 4. Sind im Zuge der Antragstellung oder Förderung Gutachten eingebracht oder eingefordert worden? Wer hat diese Gutachten erstellt? Nein. Thema: Feuerwehr 5. Sind die Rettungswege der Berufsfeuerwehr bei der Prüfung des Brand- schutzes berücksichtigt worden oder geht das Landesverwaltungsamt davon aus, dass im Falle eines Brandes auch die Freiwillige Feuerwehr Trotha eingesetzt werden kann? Nach § 2 Abs. 2 Brandschutzgesetz ist es Aufgabe der Gemeinde, hier der Stadt Halle, die Feuerwehr so zu organisieren, dass sie in der Regel zu jeder Zeit und an jedem Ort ihres Zuständigkeitsbereiches, der über öffentliche Verkehrsflächen zu erreichen ist, unter gewöhnlichen Bedingungen innerhalb von 12 Minuten nach der Alarmierung am Einsatzort eintreffen kann. 3 Die Abteilung Brand-, Katastrophenschutz und Rettungsdienst der Stadt Halle hat keine Bedenken gegen den Betrieb der Anlage geäußert. Auch die obere Brandschutzbehörde (Landesverwaltungsamt) hat der Erteilung der Genehmigung der Anlage zugestimmt. Die Freiwillige Feuerwehr Trotha wird im Falle eines Brandes ebenfalls alarmiert und eingesetzt. 6. Wie sieht eine konkrete Vorbereitung der zuständigen Feuerwehren auf eine Havarie aus? Bitte auf notwendige Technik, Löschmaterial und Abfluss /Auffangen des Löschwassers eingehen. Es sind noch keine endgültigen Absprachen mit dem zukünftigen Betreiber zu den konkreten Maßnahmen zur Brandbekämpfung und Hilfeleistung erfolgt. Die Anlage soll mit einer automatischen Brandmeldeanlage ausgestattet werden, die zur Einsatzleitstelle der Berufsfeuerwehr Halle aufgeschaltet werden soll. Vor Aufschaltung der Brandmeldeanlage nach den Aufschaltbedingungen der Stadt Halle übergibt der Betreiber die notwendigen Unterlagen (Übersichtspläne , Feuerwehrpläne, Laufkarten usw.). Die Stadt Halle verfügt über die notwendige Technik und die Sonderlöschmittel für eine effektive Brandbekämpfung unter Bezugnahme auf die eingereichten Antragsunterlagen. Die Berufsfeuerwehr Halle verfügt u. a. über 4 LF 20-16 (Löschgruppenfahrzeuge) und 2 DLK 30-12 (Drehleitern). Die Freiwillige Feuerwehr Trotha verfügt über ein HLF 20-16 (Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug) und eine DLK 23-12 (Drehleiter). Im Genehmigungsbescheid des Landesverwaltungsamtes vom 12. Juni 2014 wurde die Umsetzung des Brandschutzkonzeptes festgeschrieben. Danach ist die Löschwasserrückhaltung wie folgt festgelegt: Das Pyrolyseöl „schwer“ wird als einziger Stoff in die Wassergefährdungsklasse II eingeordnet. Die Lagerung findet ausschließlich in Tanks außerhalb der Halle statt. Diese sind mit einer Auffangwanne auszurüsten, die auch der Löschwasserrückhaltung dient. Nach Löschwasserrückhalterichtlinie Punkt 7.2 „Lagerung von brennbaren Flüssigkeiten“ können Auffangwannen für brennbare Flüssigkeiten als Rückhalteanlagen genutzt werden, wenn das Fassungsvermögen der Auffangräume für Produktaustritt auch zusätzlich Raum für die Aufnahme von Löschwasser und Löschschaum hat. Dies gilt als erfüllt, wenn bei der vorliegenden Verwendung von Schwerschaum nach DIN 14493 Teil 2 die Höhe des Auffangraumes 30 cm höher, als nach den Technischen Regeln für brennbare Flüssigkeiten (TRbF) notwendig ist, ausgeführt wird. Die Auffangwanne ist für den größten Behälter zu dimensionieren. 7. Liegt die im Brandschutzkonzept fehlende Stellungnahme der Feuerwehr inzwischen vor und kann veröffentlicht werden? Die Abteilung Brand-, Katastrophenschutz und Rettungsdienst der Stadt Halle hat das Brandschutzkonzept der Antragstellerin geprüft und dabei die Belange 4 der Feuerwehr einbezogen. Die Stellungnahme der Feuerwehr ist damit Bestandteil der Prüfung der Abteilung Brand-, Katastrophenschutz und Rettungsdienst . Bedenken gegen das Vorhaben wurden nicht geäußert. 8. Ist für das Projekt ein Brandschutzbeauftragter vorgesehen? Die im Genehmigungsverfahren beteiligten Behörden haben keine Bestellung eines Brandschutzbeauftragten gefordert. Der Genehmigungsinhaber hat keine Angaben über die Bestellung eines Brandschutzbeauftragten gemacht. 9. Gibt es für einen störungsbedingen Austritt des Pyrolysegases automa- tische Gaswarnanlagen? Wenn das Pyrolysegas störungsbedingt nicht energetisch verwertet werden kann, wird es einer Bodenfackel zugeführt und verbrannt. Die Verbrennungsbedingungen wurden als Nebenbestimmung in den Genehmigungsbescheid des Landesverwaltungsamtes vom 12. Juni 2014 aufgenommen. Ein Gaswarnsystem wurde von den beteiligten Behörden nicht gefordert. Thema: Luftverschmutzung 10. Wie wird sichergestellt, dass durch die erlaubten Emissionen durch die Anlage es zu keinen Überschreitungen der Immissionskonzentrationen im Umfeld der Anlage kommt, d. h. die im Rahmen des Genehmigungsverfahrens getroffenen Prognosen auch tatsächlich zutreffen? Ist geplant, in Halle-Trotha einen neuen Messpunkt zur Luftqualität einzurichten? Wenn ja, ab wann? Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wurde unter Beachtung der genehmigten Emissionsgrenzwerte durch eine Immissionsprognose die Einhaltung der relevanten Immissionsgrenzwerte im Umfeld der Anlage geprüft. Die Immissionsprognose entspricht den Anforderungen der Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA-Luft) und ist Bestandteil des Genehmigungsbescheides des Landesverwaltungsamtes vom 12. Juni 2014. Durch Überwachung der Emissionen an der Quelle wird im Rahmen der Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen die Einhaltung der Emissionsund somit der Immissionsgrenzwerte sichergestellt. Die Anforderungen zur Emissionsmessung sind in den Nebenbestimmungen des Genehmigungsbescheides festgelegt. Die Einhaltung der Emissionsbegrenzungen ist frühestens drei Monate und spätestens sechs Monate nach Inbetriebnahme durch eine nach § 26 BundesImmissionsschutzgesetz (BImSchG) zugelassene Messstelle vom Betreiber nachzuweisen. Eine zusätzliche anlagenbezogene Immissionsmessung durch das Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (LAU) ist nicht vorgesehen. 5 11. Wenn nein, welche Messpunkte erfassen in welcher Entfernung zur geplanten Anlage mögliche Luftverschmutzungen? Wenn nein, wie sollen schädliche Umwelteinwirkungen erfasst und bewertet werden? Die nächstgelegene LÜSA-Luftmessstation Halle-Nord befindet sich im Paulusviertel auf dem Gelände der Schule in der Schleiermacherstraße in einer Entfernung von ca. 3,8 km südöstlich des Industriegebietes Nord. Aktuell werden dort die Parameter Feinstaub (Partikel PM10 und PM2,5), Stickstoffdioxid, Stickstoffmonoxid und Ozon gemessen. Darüber hinaus werden an diesem Standort auch die folgenden meteorologischen Kenngrößen erfasst: Windrichtung , Windgeschwindigkeit, Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftdruck, Niederschlag und Globalstrahlung. 12. Bereits jetzt übersteigen die Feinstaubkonzentrationen in Halle regel- mäßig die gesetzlichen Grenzwerte. Wie wird sich die Ansiedlung einer Industrieanlage in der Stadt auf die zu erwartenden Feinstaubkonzentrationen in Halle zukünftig auswirken? Aufgrund der Anlagenparameter (geringer Volumenstrom mit geringen Staubkonzentrationen begrenzt nach TA Luft) sind im bestimmungsgemäßen Betrieb keine relevanten Auswirkungen auf die Feinstaubsituation in Halle zu erwarten. Thema: Gefährlichkeit von entstehenden Produkten und Abfallstoffen 13. Der Betreiber hat für die zeitweilige Lagerung von gefährlichen Abfallstof- fen auf dem Betriebsgelände eine Genehmigung durch das Landesverwaltungsamt erhalten. Wer wird und in welchem Prüfregime die Überwachung der Anlage im Betrieb für das Landesverwaltungsamt sicherstellen? Erläutern Sie bitte ggf. den Zeitablauf für diese Sicherstellung. Das Referat Immissionsschutz des Landesverwaltungsamtes ist die zuständige Überwachungsbehörde für die immissionsschutzrechtliche Überwachung. Im Regelfall erfolgt die Überwachung einmal jährlich und darüber hinaus anlassbedingt nach Inbetriebnahme. 14. Wie wird die Gefährlichkeit des entstehenden Industrierußes (Carbon- Black) eingestuft? Dem Genehmigungsantrag war ein Sicherheitsdatenblatt gemäß EG-Richtlinie 1907/2006/EC Artikel 31 für PYROLYX Carbon Black und ein Analysenbericht bzw. ein Sicherheitsreport Nr. A120021148 zum Produkt Carbon Black beigefügt . Darin wird festgestellt, dass Carbon Black kein Gefahrstoff und keine gefährliche Zubereitung gemäß EU-Richtlinie 67/548/EEC oder 99/45/EC ist. Zur Sicherung der künftigen Produktvermarktung wurde gemäß den Bestimmungen der Europäischen Chemikalienverordnung REACH eine Vorregistrierung des Stoffes bei der Europäischen Chemikalienagentur vorgenommen. 6 Thema: Störfallrecht 15. War die Störfallordnung Nr. 12 vom Juni 2005 der BlmSchV Grundlage der Prüfung durch das Landesverwaltungsamt? Wenn nein, warum nicht? Welche Störfälle mit welchen Auswirkungen werden bei der betrachteten Anlage als möglich erachtet? Welche Vorkehrungen wurden für einen Störfall getroffen? Die 12. BImSchV (Störfallverordnung) war Grundlage der Prüfung des Genehmigungsantrages mit dem Ergebnis, dass die Anlage nicht den Pflichten dieser Verordnung unterliegt, da die in der Anlage vorhandenen Mengen gefährlicher Stoffe im Sinne der 12. BImSchV die Mengenschwellen des Anhangs I Spalten 4 und 5 dieser Verordnung unterschreiten.