Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/403 13.09.2011 (Ausgegeben am 19.09.2011) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Dietmar Weihrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Landesplanerische Behandlung von Tieranlagen Kleine Anfrage - KA 6/7158 Vorbemerkung des Fragestellenden: Am 1. Januar 2010 trat der Erlass des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr (MLV) zur landesplanerischen Behandlung von Tieranlagen in Kraft. Darin werden sieben Prüfkriterien gelistet. Treffen bei der landesplanerischen Prüfung eines Vorhabens die Nummer 1 oder die Nummern 2 bis 7 mehrheitlich zu, ist ein Raumordnungsverfahren durchzuführen. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr 1. Wie oft wurde unter Anwendung des Erlasses seit 1. Januar 2010 ein Raumordnungsverfahren durchgeführt? Bitte für jede Anlage die Art der Tiere und Anzahl der Tierhaltungsplätze angeben. Für neun beantragte Vorhaben wurde die Notwendigkeit der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens festgestellt. Es wurde noch kein Raumordnungsverfahren durchgeführt. 2. Wie viele neu zu errichtende Tierhaltungsanlagen bzw. Vorhaben zur Er- höhung der Tierplätze wurden seit Anwendung des Erlasses ohne Raumordnungsverfahren in Sachsen-Anhalt genehmigt? Bitte die Anzahl der Anlagen mit Zahl der Tierhaltungsplätze angeben. Seit dem 1. Januar 2010 erhielten 20 Tierhaltungsanlagen eine Neugenehmigung oder eine Änderungsgenehmigung jeweils nachdem zuvor unter Anwendung des Erlasses bzw. der dazu ergangenen Übergangsregelung die Notwen- 2 digkeit eines Raumordnungsverfahrens geprüft und verneint wurde. Die genaue Aufstellung ist als Anlage beigefügt. 3. Auf welcher Grundlage basiert der angegebene Abstand von weniger als 120 m für Anlagen mit mehr als 700 Großvieheinheiten (GVE)? Trifft der jüngst vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt herausgegebene Abstandserlass bei Anlagen über 700 GVE die gleichen Festlegungen wie der Erlass zum Raumordnungsverfahren? Wenn nein, ist eine Überarbeitung letztgenannten Erlasses beabsichtigt? Der im Kriterium Nummer 2 gesetzte Abstand von weniger als 120 m wurde aus vorliegenden Prognosen und Berechnungen zu beantragten Vorhaben heraus entwickelt. Der vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt herausgegebene Abstandserlass bestimmt materielle Anforderungen in den konkreten immissionsschutzrechtlichen Zulassungsverfahren für Tierhaltungsanlagen. Beide Erlasse betreffen unterschiedliche Rechtsgebiete und haben keinen Zusammenhang. Deshalb ist eine Überarbeitung des Erlasses zur landesplanerischen Behandlung von Tierhaltungsanlagen infolge des jüngeren Erlasses vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt nicht geboten. 4. Wie werden mögliche kumulative Wirkungen mit anderen vorhandenen Anlagen gemäß Nr. 6 des Erlasses zur raumordnerischen Behandlung von Tierhaltungsanlagen bewertet? Ab welchen Grenzen können erhebliche Belastungen der Bevölkerung i. S. dieser Regelung nicht ausgeschlossen werden? Zur Anwendung dieses Kriteriums wurden bewusst keine Grenzwerte festgelegt . Das Ergebnis der Ermittlung der Vorbelastung der Region mit Tierhaltungsanlagen ist vielmehr ein Indiz für die gebotene Durchführung eines Raumordnungsverfahrens , wenn von erheblichen Belastungen für die Bevölkerung ausgegangen werden kann. Mit dem Kriterium soll keine tatsächliche Belastung festgestellt werden. Es ist vielmehr ein Bearbeitungsmaßstab für die Entscheidungsfindung zur Durchführung eines Raumordnungsverfahrens. 5. Wie wird das Kriterium unter Nummer 7 „Verwertung des Wirtschaftsdün- gers“ eingeschätzt? Ab wann ist bei einer Zunahme der Ausbringungsfläche „von einer erheblichen Belastung in der Region“ im Sinne des Erlasses zur raumordnerischen Behandlung von Tierhaltungsanlagen auszugehen ? Die Auswertung hat ergeben, dass dieses Kriterium als sachlicher Grund für die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens nicht geeignet ist. Zum Zeitpunkt der landesplanerischen Prüfung sind die Ausbringungsflächen für die Gülle in der Regel noch nicht bekannt. Dies ergibt sich daraus, dass es ein enges düngemittelrechtliches Regime durch das Düngegesetz vom 6. Januar 2009, die Düngeverordnung vom 3 14. Januar 2006 und die Bioabfallverordnung gibt. Dort ist geregelt, zu welchen Zeiten die Gülle ausgebracht werden darf, wie sie einzuarbeiten ist und ob und wann nach entsprechenden Analysen die betroffenen Ackerflächen zu wechseln sind. Eine Überwachung findet durch die Landkreise als untere Düngebehörde statt. 6. Ist infolge der Novelle der Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung eine Überarbeitung des Erlasses zur raumordnerischen Behandlung von Tierhaltungsanlagen zu erwarten ? Die RL 2010/75/EU vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) muss bis zum 7. Januar 2013 in nationales Recht umgesetzt werden. Erst danach kann die Frage zuverlässig beantwortet werden. Aus gegenwärtiger Sicht ist aber eine Anpassung des Erlasses zur raumordnerischen Behandlung von Tierhaltungsanlagen nicht geboten. 4 Anlage zu Frage 2 Genehmigte Tierhaltungsanlagen (Sp. 1/2 Nr. 7.1 der 4. BImSchV) seit dem 1.1.2010 Tierplätze Antragsgegenstand Standort Bescheiddatum 1. Rinderanlage einschl. Biogasanlage 3.525 Rinder, 390 Kälber Hohenziatz 1. Teilgenehmigung am 23.07.2009 2. Teilgenehmigung am 21.04.2010 2. Putenmastanlage 47.450 Klein Oschersleben 10.02.2010 3. Halten oder getrennte Aufzucht von Schweinen 1.622 Wittgendorf 31.03.2010 4. Sauenanlage mit Biogasanlage Erhöhung auf 600 Zuchtsauen im Bestand von 1.464 Tierplätzen Farnstädt 12.05.2010 5. Schweinemastanlage Erhöhung auf 5.143 Mastschweine und neu 3.944 Ferkel Dingelstedt am Huy 27.05.2010 6. Legehennenanlage 21.750 Egeln 1. Teilgenehmigung am 22.06.2010 2. Teilgenehmigung am 06.04.2011 7. Schweinehaltungsanlage mit Biogasanlage 8.972 Mastschweine und 6.904 Ferkel Ohrsleben 26.07.2010 8. Legehennenhaltung 39.900 Ottersburg 06.09.2010 9. Junghennenaufzuchtanlage 84.000 Zehbitz 08.09.2010 10. Erweiterung und Modernisierung der Schweinezuchtanlage auf 5.325 Sauen, 24.276 Ferkel und 640 Jungsauen Großmühlingen 27.09.2010 11. Schweinemastanlage - Erhöhung der Tierplätze Erhöhung auf 3.816 Tierplätze Dahlen 22.12.2010 12. Hähnchenmastanlage 39.900 Schenkenhorst 04.02.2011 13. Broilermastanlage 100.000 Westerhausen 10.02.2011 14. Anlage zum Halten oder zur getrennten Aufzucht von Schweinen 5.850 Ferkel und 360 Jungsauen Wittgendorf 11.02.2011 15. Errichtung und Betrieb einer Anlage zum Halten von Schweinen 3.725 Ballenstedt OT Asmusstedt 14.03.2011 5 16. Legehennenanlage 37.500 Brambach 01.04.2011 17. Änderung der Anlage zum Halten oder zur Aufzucht von Geflügel (Geflügelfarm 2) Erhöhung auf 77.000 Tierplätze Wülknitz 19.04.2011 18. Erweiterung der Legehennenanlage für Broilerelterntiere um 41.420 Tierplätze auf 77.000 Tierplätze; Neubau von 2 Stallgebäuden Erhöhung auf 77.000 Tierplätze Köthen OT Baasdorf 30.06.2011 19. Umnutzung Rindermastanlage in eine Anlage zum Halten und zur Aufzucht von Geflügel 246.698 Tauhardt 20.07.2011 20. Halten oder getrennte Aufzucht von Schweinen, Biogasanlage, Güllelager 3.092 Sauen und 12.138 Ferkel Hedersleben Dederstedt 08.08.2011