Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/4054 13.05.2015 (Ausgegeben am 13.05.2015) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Dietmar Weihrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Straßensanierungen und Baumfällungen zwischen Buch-Schelldorf-Grieben Kleine Anfrage - KA 6/8755 Vorbemerkung des Fragestellenden: Laut vorliegenden Informationen von Bürgern sollen im Einzugsbereich der Gemarkungen Buch, Schelldorf und Grieben Sanierungen von Kreis- und Gemeindestraßen erfolgen, was vom Landkreis Stendal mit Hochwasserschutzmaßnahmen begründet wird. In diesem Zusammenhang wurden entlang der K 1194 (Buch-Schelldorf) sowie der Ortsverbindungsstraße Schelldorf-Grieben eine Obstbaumallee bzw. einzelne Obstbäume gefällt. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr 1. Ist es zutreffend, dass die K 1194 (Buch-Schelldorf) sowie die Ortsverbin- dungsstraße Schelldorf-Grieben im Zusammenhang mit der Beseitigung von Flutschäden des Elbe-Hochwassers (Juni 2013) saniert werden sollen ? Werden diese Vorhaben aus dem Fluthilfefonds des Landes Sachsen -Anhalt finanziert? Die Anträge für die Sanierung der K 1194 (Buch-Schelldorf) und der Ortsverbindungsstraße Schelldorf-Grieben liegen vor und sollen als Maßnahme nach der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Beseitigung der Hochwasserschäden 2013 (RL Hochwasserschäden Sachsen-Anhalt 2013) zu 100 v. H. gefördert werden. 2. Ist es richtig, dass die K 1194 (Buch-Schelldorf) von derzeit ca. 4 m auf eine Breite von 5,50 m erweitert werden soll? Wenn ja, auf welcher Länge soll dies realisiert werden und aus welchen Gründen ist diese Verbreiterung notwendig? 2 Nach Auskunft des Landkreises Stendal, der die Straßenbaulast für die Kreisstraße K 1194 als Aufgabe des eigenen Wirkungskreises wahrnimmt, beträgt die Baulänge 3.252 m. Die alte Fahrbahn bestand aus einer ca. 4,50 m breiten Asphalttränkdecke, die auf einer mit Mineralgemisch abgedeckten Packlage aufgebracht war. Daran schloss sich ein ca. 1 m breiter Streifen (früher „Sommerweg “ genannt) an, der mit Mineralgemisch befestigt war und durch sich begegnende Fahrzeuge überfahren wurde. Die vorhandene Fahrbahnbreite betrug deshalb bereits vor dem Ausbau 5,50 m, wenngleich mit unterschiedlichen Materialien . Auf dieser Breite erfolgte ein einheitlicher bituminöser Ausbau der für den öffentlichen Verkehr genutzten Flächen. 3. Wie viele Obstbäume, welcher Art, welchen Alters, mit welchem Stamm- umfang und in welchem Zeitraum (bitte auf den Tag genau) wurden entlang der K 1194 gefällt? Gab es eine Fällgenehmigung und wie wurde diese begründet? Waren die Obstbäume nach § 21 NatSchG LSA geschützt und wie wird mit diesem Schutzstatus umgegangen? Wurden Alternativen zu den Baumfällungen geprüft? Der Fällzeitpunkt bezieht sich auf den 16. und 17. Februar 2015. Insgesamt wurden 141 Obstbäume (Apfel) gefällt. Nach Aussagen älterer Bürger wurden diese Bäume in den Jahren 1935/1936 gepflanzt. Der Stammdurchmesser betrug ca. 30 cm, der Stammumfang ca. 95 cm. Mit Schreiben vom 22. Januar 2015, ergänzt durch ein Schreiben vom 2. März 2015, hat die untere Naturschutzbehörde das Benehmen mit dem Straßenbauamt für die Erneuerung der K 1194 zwischen Schelldorf und Buch hergestellt. Mit der Eingriffsgenehmigung wurden auch die Baumfällungen genehmigt und die notwendigen Kompensationsmaßnahmen festgelegt. Die Begründung für die Fällung der straßenbegleitenden Gehölze lautet wie folgt: Die Gehölze haben ihr Lebensalter erreicht und stellen eine Gefahr für den Straßenverkehr dar. Dies äußert sich darin, dass die Bäume einen hohen Grad an Totholz aufweisen sowie als Hohlbaum keine ausreichende Standfestigkeit haben. Erschwerend kommen Beeinträchtigungen durch den grundhaften Ausbau des „Sommerweges “ für die Verbreiterung der Fahrbahn hinzu. Hier ist mit einer Beeinträchtigung des vorhandenen Wurzelwerkes der angrenzenden (Obst-) Gehölze zu rechnen. Ausschlaggebend für die naturschutzrechtliche Zustimmung war ebenfalls der durch den Verkehr und ihr Alter stark vorgeschädigte Zustand, die zur Erhaltung der Verkehrssicherheit vorgenommenen bisherigen Schnittmaßnahmen und der Umstand, dass durch die Verbreiterung der Straße die Versiegelung nunmehr unmittelbar bis an den Stammfuß heranreichen würde. Ausdrücklich wurden hiervon die durch den NABU/ZÖNU gepflanzten Bäume im straßennahen Bereich ausgenommen. Diese befinden sich in ausreichendem Abstand zur Straße und sind aufgrund ihres Alters sehr vital. Nach § 21 Abs. 1 NatSchG LSA sind Alleen an Verkehrsflächen gesetzlich geschützt . Aus Sicht der zuständigen Naturschutzbehörde hatte die K 1194 nur noch einen rudimentären Alleencharakter. Die ehemals größtenteils beidseitig stehenden Obstbäume waren stark abgängig und nur in relativ kurzen Abschnit- 3 ten war der ehemalige Alleencharakter noch vorhanden. Durch den festgestellten Zustand wären auch in den kommenden Jahren weitere Bäume abgängig und die Straße schlussendlich baumfrei. Um den Alleencharakter an den Straßen nachhaltig zu sichern, sind gemäß § 21 Abs. 3 NatSchG LSA Neupflanzungen vorzunehmen oder für deren Durchführung zu sorgen. Alternativen zu den Baumfällungen gab es nicht. Die gewählte Ausbauart stellt den geringstmöglichen Aufwand dar. Die alte teerhaltige Asphaltbefestigung wird überbaut und kann dadurch unangetastet bleiben. Der „Sommerweg“ wird als Frostschutzschicht aufgebaut und ebenfalls mit Asphalt überbaut, so dass eine einheitliche Fahrbahnbreite von 5,50 m entsteht. Durch die damit verbundene Anhebung der Höhenlage der Straße um 25 bis 30 cm wird außerdem erreicht , dass die Straße am Fuß des benachbarten Elbdeiches nicht mehr von Drängwasser überspült wird. 4. Werden für die gefällten Obstbäume entlang der K 1194 Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorgenommen? Wenn ja, wo, welcher Art und in welchem Umfang? Wenn nein, warum nicht? Welche Kosten fallen für die Neupflanzung an? Ausgleichspflanzungen sind vorgesehen. Es sollen 229 Laub- und Obstgehölze an der Kreisstraße von Schelldorf nach Buch gepflanzt werden. Ein Ausschreibungsergebnis liegt noch nicht vor. Die geschätzten Kosten liegen bei ca. 25.000 €. 5. Wie groß ist der Abstand der gefällten Obstbäume zum Straßenrand der K 1194 bisher gewesen? Wie groß wäre der Abstand der Bäume zum Straßenrand nach den geplanten Ausbauarbeiten? Welche Aussagen treffen die gesetzlichen Regularien zum Minimalabstand zwischen der Fahrbahn einer Kreisstraße und Alleebäumen/Baumreihen? Der Abstand der gefällten Obstbäume zum Fahrbahnrand der Kreisstraße betrug ca. 1 m sowohl auf der „Sommerweg“ - Seite als auch auf der gegenüberliegenden Asphaltseite. Da die Fahrbahn in ihrer benutzbaren Breite (Asphalt und „Sommerweg“) von 5,50 m erhalten bleibt, wäre der Abstand nach den geplanten Bauarbeiten gleich geblieben. Dabei ist zu bedenken, dass der Fahrbahnunterbau (Frostschutzschicht) mindestens 20 cm breiter hergestellt werden muss, damit er trägt. Die Abböschung der Frostschutzschicht dazugerechnet, wäre der Fahrbahnaufbau bis 0,50 m an die Bäume herangekommen, was zur Beeinträchtigung des Wurzelbereiches und damit zur Gefährdung der Standsicherheit der Bäume geführt hätte. Hinzu kommt, dass die Anhebung des Straßenniveaus zu einem Eingriff in die Baumkronen für die Herstellung des Lichtraumprofils geführt hätte. Die besagten Aspekte sowie das Alter der Bäume waren bei der Entscheidung zu berücksichtigen. Ein gesetzlich fixierter Mindestabstand zwischen der Fahrbahn einer Kreisstraße und parallel verlaufenden Baumreihen existiert nicht. 4 6. Wird die Ortsverbindungsstraße Schelldorf-Grieben im Rahmen der Sanie- rungsmaßnahmen ebenfalls verbreitert sowie angehoben? Wenn ja, welche bautechnischen Parameter - insbesondere bezüglich der Verbreiterung - liegen hier vor? Die Sanierung der Straße Schelldorf-Grieben soll ebenfalls aus Mitteln der Schadensbeseitigung aus Hochwasserschäden des Hochwassers 2013 erfolgen . Dazu wurden entsprechende Anträge gestellt. Im Zuge der Sanierung der Verbindungsstraße ist keine Verbreiterung der jetzigen Straßenbreite vorgesehen . Jedoch ist es vorgesehen, einen Oberflächenausgleich und eine Sanierung der Fahrbahn in vorhandener Breite im Hocheinbau durchzuführen. Dadurch würde sich die Lage der Straße um ca. 14 cm gegenüber dem jetzigen Zustand erhöhen. Es ist nicht angedacht, bei der Sanierung der Straße lebende Bäume zu beseitigen. Ebenfalls werden keine zusätzlichen Flächen versiegelt. Dementsprechend resultieren auch keine A/E-Maßnahmen aus der Oberflächensanierung der Straße. 7. Ist es geplant, die Obstbaumallee entlang der Ortsverbindungsstraße Schelldorf-Grieben zu erhalten, da diese sich im Verzeichnis der für den Naturschutz besonders wertvollen Bereiche des Landes Sachsen-Anhalt befindet? Wenn nein, warum nicht und wurde bereits eine Fällgenehmigung beantragt? Wie wurde diese begründet und wie wird mit dem Schutzstatus nach § 21 NatSchG LSA umgegangen? Seitens der Einheitsgemeinde Stadt Tangerhütte ist es geplant, die Obstbaumallee voll umfänglich zu erhalten. Wie im Punkt 6 erläutert, befindet sich die Baumallee an der Gemeindestraße Schelldorf-Grieben in einem sehr schlechten Zustand. Zu diesem Eindruck kommt auch die untere Naturschutzbehörde als zuständige Behörde nach dem NatSchG LSA. Etliche Bäume in der Allee waren bei der Inaugenscheinnahme bereits abgestorben und viele wiesen einen hohen Anteil an Totholz, besonders im Kronenbereich, auf. Wie bereits im Punkt 6 erläutert, wird bei der Sanierung der Straße nicht in den lebenden Baumbestand eingegriffen. 8. Wurden für die beiden Straßen K 1194 (Buch-Schelldorf) sowie die Orts- verbindungsstraße Schelldorf-Grieben Baumgutachten erstellt? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, zu welchen Ergebnissen sind die Gutachter gekommen? Hatte bzw. hat das ggf. erstellte Baumgutachten Einfluss auf die Planungen bzw. die Baumaßnahmen bezüglich der beiden Straßen? Für die Bäume an der Kreisstraße sowie für die Ortsverbindungsstraße Schelldorf -Grieben wurde kein Baumgutachten erstellt. Dies ist auch nicht nötig, da keine Baumfällungen durchgeführt wurden. Ausnahme wie in der Praxis üblich: Verkehrssicherungspflichten. Es wurde lediglich Totholz entfernt. 5 9. Liegen für die Obstbaumalleebestände entlang der K 1194 (Buch- Schelldorf) sowie die Ortsverbindungsstraße Schelldorf-Grieben privatrechtliche Pachtverträge vor? Wenn ja, mit wem, mit welcher Laufzeit und wurden die Pächter über die Bauvorhaben frühzeitig und hinreichend informiert? Der Landkreis Stendal hat für die Kreisstraße K 1194 im besagten Bereich und die dazugehörigen im Eigentum des Landkreises befindlichen Grundstücksflächen keinen privatrechtlichen Pachtvertrag abgeschlossen. Für die Ortsverbindungsstraße Schelldorf-Grieben konnte seitens der Einheitsgemeinde Stadt Tangerhütte eine vorherige Information an den Pächter im Vorfeld nicht erfolgen , da die Verträge zwischen den ehemaligen Gemeinden und dem NABU nicht in der Verwaltung vorlagen und erst nach dem Ereignis, und dies nach gesonderter Aufforderung an die Gemeinden, erfolgte. Wäre der genaue Inhalt der Verträge der Verwaltung bekannt gewesen, wäre sie der Informationspflicht selbstverständlich vorab nachgekommen.