Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/4072 21.05.2015 (Ausgegeben am 22.05.2015) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Olaf Meister (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Verzögerungen bei der Veröffentlichung der FuE-Richtlinie für die EU-Förderperiode 2014 bis 2020 Kleine Anfrage - KA 6/8760 Vorbemerkung des Fragestellenden: Im Operationellen Programm für den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) des Landes Sachsen-Anhalt 2014 bis 2020 sind in der Prioritätenachse 1 „Stärkung von Forschung, technologischer Entwicklung und Innovation“ insgesamt fast 423 Mio. Euro eingeplant. Für Forschung und Entwicklung in Einzel-, Gemeinschafts - und Verbundprojekten sind fast 140 Mio. Euro vorgesehen. Für Projekte im Rahmen der „Durchführung von Wissens- und Technologietransfer WTT“ sollen in der Förderperiode 14 Mio. Euro verwendet werden. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft Vorbemerkung: Bei der Beantwortung der Fragestellungen wird davon ausgegangen, dass insbesondere das vorbereitete Förderprogramm „Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Einzel-, Gemeinschafts- und Verbundprojekten im Forschungs -, Entwicklungs- und Innovationsbereich (FuE-Richtlinien)“ für die Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft in den Mittelpunkt der Ausführungen zu stellen ist. Dieses Förderprogramm ist innerhalb der Prioritätsachse 1 des „Operationellen Programms für den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) des Landes Sachsen-Anhalt 2014 bis 2020“ in der Investitionspriorität 1b mit rd. 117 Mio. Euro dotiert, weitere rd. 14 Mio. Euro sind in der Investitionspriorität 1a für die Mitwirkung von Hochschulen im Rahmen von Verbundprojekten eingeplant worden. Somit ergibt sich eine Mittelausstattung für die o. g. FuE-Richtlinien in Höhe von insgesamt rd. 131 Mio. Euro. 2 Frage 1: Wie stark wurden in der zurückliegenden EFRE-Förderperiode 2007 bis 2013 Fördermittel für Forschung und Entwicklung zur Steigerung der Innovationskraft der Wirtschaft, insbesondere durch spezifische Maßnahmen des Wissensund Technologietransfers, nachgefragt? Wie hoch war der Mittelabfluss in diesem Bereich? Fördermittel für Forschung und Entwicklung zur Steigerung der Innovationskraft der Wirtschaft auf der Grundlage der „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Einzel-, Gemeinschafts- und Verbundprojekten im Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsbereich (FuE-Richtlinie)“ wurden in der EFRE-Periode 2007 bis 2013 (2015) in 830 Fällen bei der Investitionsbank Sachsen-Anhalt (IB) nachgefragt. Insgesamt wurden in diesem Zeitraum 632 Projekte bewilligt. Das Bewilligungsvolumen im Bereich der FuE-Richtlinie liegt in der EFREStrukturfondsperiode 2007 bis 2013 (2015) bei 123,8 Mio. Euro. In 2014 wurden 24 Projekte mit einem Projektvolumen von 7,95 Mio. Euro bewilligt. Der Mittelabfluss beträgt hier gegenwärtig 113 Mio. Euro. Das Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft (MW) geht davon aus, dass nach Abschluss der Prüfung noch ausstehender Verwendungsnachweise der Mittelabfluss Ende des Jahres bei 123 Mio. Euro liegen wird. Fördermittel für spezifische Maßnahmen des Wissens- und Technologietransfers auf der Grundlage der „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Projekten des Wissens- und Technologietransfers (WTT-Richtlinie)“ wurden in der EFRE-Periode 2007 bis 2013 (2015) in 313 Fällen bei der IB nachgefragt. Insgesamt wurden in diesem Zeitraum 251 Projekte bewilligt. Das Bewilligungsvolumen im Bereich der WTT-Richtlinie liegt in der EFREStrukturfondsperiode 2007 bis 2013 (2015) bei 13,4 Mio. Euro. Der Mittelabfluss beträgt hier ebenfalls 13,4 Mio. Euro. Frage 2: Welchen zeitlichen Umfang hatte die Erarbeitung der FuE-Richtlinie bis zur Veröffentlichung in der zurückliegenden EFRE-Förderperiode 2007 bis 2013? In der zurückliegenden EFRE-Förderperiode 2007 bis 2013 (2015) beanspruchte die Erarbeitung der FuE-Richtlinie vom ersten Entwurf bis zur Veröffentlichung im Ministerialblatt für das Land Sachsen-Anhalt Nr. 37/2007 am 26. Oktober 2007 insgesamt 14 Monate. Frage 3: Wann wurde mit der Erarbeitung der neuen Richtlinie begonnen? Die Vorarbeiten am Referentenentwurf der neuen „Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Einzel-, Gemeinschafts- und Verbundprojekten im Forschungs-, Entwicklungs- und Innovationsbereich (FuE-Richtlinien)“ für die Förderperiode 2014 bis 2020 begannen noch im Dezember 2013. Die erarbeitete Rohfassung des Referentenentwurfes datiert vom 28. Januar 2014. 3 Frage 4: Wie sah der zeitliche Ablaufplan bei der Erarbeitung der neuen Richtlinie bis zur Veröffentlichung aus? Frage 5: Für welchen Zeitraum war die Veröffentlichung der neuen Richtlinie geplant? In Anbetracht der Tatsache, dass die FuE-Richtlinien aus der Förderperiode 2007 bis 2013 eine verlängerte Geltungsdauer bis zum 30. Juni 2014 aufwiesen, wurden wesentliche Verfahrensschritte auf das erste Halbjahr 2014 konzentriert, um ausreichend Arbeitsvorlauf zu schaffen. Dazu zählten insbesondere die weitere Konkretisierung bzw. Fortschreibung des Referentenentwurfes im Zusammenwirken mit der Investitionsbank Sachsen-Anhalt (IB), das Einholen der Kalkulation zur Förderdurchführung und die Beteiligung der Wirtschafts- und Sozialpartner. Nach dem Inkrafttreten der neuen EU-Vorschriften für Beihilferegelungen (hier der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung) zur Jahresmitte 2014 sollte im Verlauf des III. Quartals 2014 der endgültige, vollständig mit Quellenangaben versehene Richtlinienentwurf dem Ministerium der Finanzen (MF) zusammen mit der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung zwecks Aufgabenübertragung an die IB zur Mitzeichnung vorgelegt , das Benehmen mit dem Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt hergestellt und das Gesamtverfahren mit der Rechtsförmlichkeitsprüfung durch das Ministerium für Justiz und Gleichstellung (MJ) abgeschlossen werden. Es ist davon ausgegangen worden, dass frühestens Anfang des IV. Quartals das „Operationelle Programm für den EFRE des Landes Sachsen-Anhalt 2014 bis 2020“ genehmigt sein könnte. Ab diesem Zeitpunkt sollte ebenfalls die FuE-Richtlinien für eine Veröffentlichung im „Ministerialblatt für das Land Sachsen-Anhalt“ bereit stehen. Frage 6: Welches Referat ist für die Erarbeitung der neuen Richtlinie verantwortlich? Für das Richtlinienverfahren zeichnet im MW das Referat „Innovations- und Transferpolitik , Clusterthemen, Innovationsförderung, Geschäftsstelle RIS“ verantwortlich. Frage 7: Welche Institutionen waren oder sind bei der Erarbeitung der neuen Richtlinie involviert? Frage 8: Wie sieht oder sah der Beitrag der involvierten Institutionen aus? Am Verfahren der Richtlinienerarbeitung sind regelmäßig innerhalb des MW mindestens das Referat „Haushalt, Finanzplanung, Finanzcontrolling“ und das Referat „Justitiariat , Wettbewerbsrecht, Beihilfenkontrolle, Bankwesen, Versicherungen“ zu beteiligen . Eine erste Arbeitsfassung der Richtlinien lag im Januar 2014 vor. Diese wurde nach der internen Abstimmung in einem nächsten Schritt gemäß § 5 Mittelstandsförderungsgesetz vom 27. Juni 2001 erstmals im April 2014 mit den Kammern und Verbänden sowie den Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer erörtert. Die im Ergebnis dieser Beteiligung eingereichten Stellungnahmen bzw. Posi- 4 tionspapiere wurden einer Abwägung unterzogen und im Zuge der Richtlinienüberarbeitung bzw. -präzisierung entsprechend berücksichtigt. Da die Förderaufgabe an die IB - eine Stelle außerhalb der Landesverwaltung - übertragen wird, ist ihre verstärkte Einbindung bereits mit der Angebotseinholung unerlässlich . Diese erfolgte im Juli 2014. Die frühzeitige Zusammenarbeit ist erforderlich, um einen synchronen Ablauf zwischen der Fertigstellung des Referentenentwurfes im MW und der in der IB zu leistenden Produktentwicklung - ein gleichfalls komplexer und arbeitsteiliger Prozess, woran mehrere Geschäftsbereiche der IB beteiligt sind - zu gewährleisten. Auf der Basis des Referentenentwurfes ist gemäß Ziffer 2 der Ergänzenden Regelungen im Zusammenhang mit den Verwaltungsvorschriften zu §§ 23 und 44 der Landeshaushaltsordnung des Landes Sachsen-Anhalt (LHO, Zuwendungsrechtsergänzungserlass ) zum Fördergegenstand, zu den Förderinhalten und zu den Kosten der Förderdurchführung (Wirtschaftlichkeitsbetrachtung) Einvernehmen mit dem MF herzustellen und der Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt (LRH) nach VV Nr. 14.2 zu § 44 LHO i. V. m. § 103 Abs. 1 LHO anzuhören. Die Hinweise, Maßgaben oder Anmerkungen der Mitzeichnung des MF bzw. der vom LRH übermittelten Kenntnisnahme sind in den Richtlinienentwurf einzuarbeiten. Die FuE-Richtlinien wurden vom MW Ende Oktober 2014 an das MF und den LRH zur o. g. Mitwirkung übersandt. Die endgültige Fassung des Richtlinienentwurfes ist der Amtsblattstelle im MJ zur Rechtsförmlichkeitsprüfung zuzuleiten. Dies erfolgte mit Schreiben des MW vom 4. Februar 2015. Das MJ erstellt abschließend den Fahnenabzug für die Drucklegung im „Ministerialblatt für das Land Sachsen-Anhalt“. Zuvor sind in Abstimmung und im Zusammenwirken mit der EU-Verwaltungsbehörde im MF die Projektauswahlkriterien und der Prüfpfadbogen zu erarbeiten. Über die Projektauswahlkriterien erfolgt eine Beschlussfassung im Begleitausschuss. Frage 9: Wann fanden erstmals Abstimmungsgespräche mit der EU-Kommission statt? Frage 10: Zu welchem Zeitpunkt äußerte die EU-Kommission erstmalig Kritik am Richtlinienentwurf ? Was genau kritisierte die EU-Kommission? Frage 11: Wann fanden diesbezüglich letztmals Abstimmungsgespräche mit der EUKommission statt? In den Abstimmungsgesprächen mit der EU-Kommission im Rahmen der Verhandlungen zur Genehmigung des „Operationellen Programms EFRE Sachsen-Anhalt 2014 bis 2020“ wurden keine Themen einzelner Förderrichtlinien behandelt. Die EUKommission hat folglich zu keiner Zeit Kritik am FuE-Richtlinienentwurf geäußert. Eine Abstimmung mit der EU-Kommission zum „Operationellen Programm EFRE Sachsen-Anhalt 2014 bis 2020“, die andere Bereiche des „Operationellen Programms EFRE Sachsen-Anhalt 2014 bis 2020“ betraf, erfolgte letztmals am 17. Dezember 2014. 5 Mit der Genehmigung des Operationellen Programms EFRE am 19. Dezember 2014 erhob die EU-Kommission erstmals die Forderung, dass einzig und allein die EUVerwaltungsbehörde als sog. Zwischengeschaltete Stelle in Sachsen-Anhalt akzeptiert wird. Diese Auflage erforderte umfängliche Anpassungen des Verwaltungs- und Kontrollsystems, der Prüfbogen, der Geschäftsbesorgungsverträge mit der bewilligenden Stelle usw. Diese Anpassungsarbeiten waren im Vorfeld nicht absehbar. Frage 12: Wie viele Forschungsvorhaben von kleinen und mittleren Unternehmen sind der Landesregierung bekannt, die aufgrund der bisher nicht veröffentlichten Richtlinie, nicht, oder nur zurückhaltend realisiert wurden, weil im Unternehmen Zuschüsse eingeplant waren? Wie hoch schätzt die Landesregierung diesbezüglich den volkswirtschaftlichen Schaden? Über die von kleinen und mittleren Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft in Sachsen-Anhalt beabsichtigten oder zwischenzeitlich durchgeführten FuE-Vorhaben liegen keine Informationen vor. Hinweise auf FuE-Vorhaben, die aufgrund einer zeitlich späteren Bewilligung nicht mehr hätten durchgeführt werden können, liegen ebenso wenig vor. Folglich kann auch keine Schätzung über eine etwaige volkswirtschaftliche Wirkung vorgenommen werden, die mit früheren Förderanreizen hätte erzielt werden können. Grundsätzlich besteht auf Förderung kein Rechtsanspruch. Frage 13: Hat die Landesregierung Kenntnis von ähnlichen Schwierigkeiten bei der Erarbeitung einer FuE-Richtlinie in anderen Bundesländern? Über Abläufe und Bedingungen der Erarbeitung von FuE-Richtlinien in anderen Bundesländern liegen der Landesregierung keine Informationen bzw. Kenntnisse vor. Frage 14: Gab es in der Landesregierung die Überlegung einer Zwischenfinanzierung für die Zeit, in der es Unternehmen nicht möglich ist, EU-Fördermittel zu beantragen ? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, zu welchem Zeitpunkt? Warum hat sich die Landesregierung gegen eine solche Übergangslösung entschieden? Vor einer Genehmigung der Operationellen Programme hätte – unabhängig von der Erforderlichkeit einer landesintern hierfür nach den bereits geschilderten Verfahren abgestimmten separaten Richtlinie – eine Zwischenfinanzierung nur über reine Landesmittel erfolgen können. Eine rückwirkende Substituierbarkeit der Landesmittel durch europäische Mittel bei einer Ausreichung von Mitteln vor einer Genehmigung der Operationellen Programme erfolgt nicht. Damit wären die bis zu einer Genehmigung ausgereichten Mittel ausschließlich zu Lasten des Landeshaushalts aus den Eckwerten des MW zu erbringen gewesen und wären somit keine Zwischenfinanzierung , sondern eine Eigenfinanzierung des Landes. Eine solche Vorgehensweise hätte weder den Möglichkeiten des Landeshaushalts noch dem Gebot der Optimierung der für das Land Sachsen-Anhalt zur Verfügung stehenden Mittel über die Verfünffachung der Landesmittel durch europäische Mittel zugunsten der Unternehmensförderung entsprochen. 6 Die EU-Verwaltungsbehörde hat die Operationellen Programme ESF / EFRE des Landes Sachsen-Anhalt Ende Mai 2014 bei der Europäischen Kommission eingereicht . Zu diesem Zeitpunkt entsprach es der allgemeinen Erwartungshaltung aller Akteure, dass eine Genehmigung des „Operationellen Programms EFRE SachsenAnhalt 2014 bis 2020“ im Herbst 2014 zu erreichen sei. In den darauf folgenden bis zum Dezember 2014 anhaltenden Gesprächen mit der Europäischen Kommission ergab sich – zeitlich faktisch parallel zur Ende Dezember 2014 durch die Europäische Kommission erfolgten Genehmigung der Operationellen Programme – die Notwendigkeit von Änderungen am sogenannten „Verwaltungs- und Kontrollsystem“ des EFRE, vor deren Dokumentation ein Beginn der Förderung mit erheblichen Systemrisiken verbunden gewesen wäre. Diese Änderungen am Verwaltungs- und Kontrollsystem des EFRE sind in den ersten Monaten des Jahres 2015 erfolgt, so dass nun zeitnah mit der Förderung begonnen werden kann. Frage 15: Hat die Landesregierung Kenntnis, dass andere Bundesländer sich für eine landesseitige Zwischenfinanzierung entschieden haben? Der Landesregierung ist hierzu nichts Näheres bekannt. Soweit hier Finanzierungen durch Landesmittel erfolgen, ist zu vermuten, dass es sich um Eigenfinanzierungen der Länder handelt, wie sie in der Antwort zu Frage Nr. 14 beschrieben sind. Frage 16: Wann soll die neue Richtlinie tatsächlich veröffentlicht werden? Die Richtlinien sind der Amtsblattstelle am 29. April 2015 zugeleitet worden und werden in der Ausgabe des Ministerialblattes für das Land Sachsen-Anhalt am 18. Mai 2015 veröffentlicht.