Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/4206 29.06.2015 (Ausgegeben am 29.06.2015) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Dietmar Weihrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Abgeordneter Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Steinbruch Petersberg Kleine Anfrage - KA 6/8814 Vorbemerkung der Fragestellenden: Der Steinbruch am Petersberg verursacht seit Jahren Beeinträchtigungen der umgebenden Wohnbebauung, insbesondere durch die stattfindenden Sprengungen sowie durch Staubimmissionen. Ursprünglich war avisiert, den Gesteinsabbau in Kürze auslaufen zu lassen und den Steinbruch zu schließen. Nunmehr ist aber geplant, eine fünfte Sohle abzubauen und somit den Steinbruch um weitere 20 Meter zu vertiefen . Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft Frage 1: Welchen Stand hat das Genehmigungsverfahren? Für das Vorhaben besteht ein seit dem 23. August 1996 gemäß § 52 Abs. 2 Nr. 1 Bundesberggesetz (BBergG) zugelassener fakultativer Rahmenbetriebsplan. Er enthält allgemeine Angaben über das beabsichtigte Vorhaben, dessen technische Durchführung und den voraussichtlichen zeitlichen Ablauf. Das Bergbauunternehmen Mitteldeutsche Baustoffe GmbH (MDB GmbH) hat mit Schreiben vom 22. Oktober 2014 beim Landesamt für Geologie und Bergwesen des Landes Sachsen-Anhalt (LAGB) die 5. Ergänzung dieses Rahmenbetriebsplans beantragt . Gegenstand des Antrages ist der Aufschluss einer 5. Sohle im zentralen Bereich des Steintagebaues „Petersberger Quarzporphyr“. Die Endteufe der 5. Sohle soll +100 m HN auf einer Fläche von 94.200 m² erreichen. Dies bedeutet, dass der 2 Tagebau gegenüber dem bisher zugelassenen Niveau um weitere 10 m vertieft werden soll. Es können noch ca. 3,2 Mio. t Gestein gewonnen werden. Die Lagerstättenvorräte reichen bei gegenwärtiger Absatzlage damit für weitere sechs bis sieben Jahre. Es wurde daher auch beantragt, den momentan bis 2018 befristeten Rahmenbetriebsplan in seiner Gültigkeit bis zum 31. Dezember 2023 zu verlängern. Der vorliegende Antrag beinhaltet keine zusätzliche Flächeninanspruchnahme, die über die bisher bereits genehmigten Flächen hinausgeht. Die Erweiterung erfolgt ausschließlich in die Tiefe. Im Rahmen der Behördenbeteiligung gemäß § 54 Abs. 2 BBergG wurden die Antragsunterlagen an den Landkreis Saalekreis, die Gemeinde Petersberg und den Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) zur Stellungnahme übersandt. Aus den vorliegenden Stellungnahmen der Fachbehörden ergeben sich keine Versagensgründe . Regionalplanerisch stimmt das Vorhaben mit den Zielen der Raumordnung überein. Der Standort des Vorhabens ist im Regionalen Entwicklungsplan für die Planungsregion Halle als Vorranggebiet für Rohstoffgewinnung ausgewiesen. Nach derzeitigem Stand des Genehmigungsverfahrens kann von einer Entscheidung des LAGB über den Antrag im IV. Quartal 2015 ausgegangen werden. Frage 2: Wie sind die rechtlichen Rahmenbedingungen unter Berücksichtigung der Tatsache , dass der Abbau einer fünften Sohle nicht im vorliegenden Rahmenbetriebsplan vorgesehen war? Gemäß § 51 BBergG dürfen Aufsuchungsbetriebe, Gewinnungsbetriebe und Betriebe zur Aufbereitung nur auf Grund von Plänen (Betriebsplänen) errichtet, geführt und eingestellt werden, die vom Unternehmer aufgestellt und von der zuständigen Behörde zugelassen worden sind. Nach § 52 Abs. 2 Nr. 1 BBergG kann die zuständige Behörde - wie vorliegend erfolgt - verlangen, dass für einen bestimmten längeren, nach den jeweiligen Umständen bemessenen Zeitraum Rahmenbetriebspläne aufgestellt werden, die allgemeine Angaben über das beabsichtigte Vorhaben, dessen technische Durchführung und voraussichtlichen zeitlichen Ablauf enthalten müssen. § 52 Abs. 4 Satz 2 BBergG bestimmt, dass Betriebspläne verlängert, ergänzt und abgeändert werden können. Sofern die Zulassungsvoraussetzungen gemäß § 55 Abs. 1 BBergG vorliegen, ist daher eine Zulassung zum Abbau der 5. Sohle zu erteilen. Frage 3: Werden Flächen genutzt, die ursprünglich für die Kompensation von Eingriffen in der Vergangenheit vorgesehen waren? Es werden keine Flächen genutzt, die ursprünglich für die Kompensation von Eingriffen in der Vergangenheit vorgesehen waren. 3 Frage 4: Werden grundwasserführende Schichten angeschnitten? Nein. Im betroffenen Gebiet ist nach entsprechender hydrogeologischer Bewertung kein flächig ausgebildeter Grundwasserleiter vorhanden. Zudem ist die Wasserführung des Porphyrs an Klüfte gebunden, die nur gering wasserführend sind. Frage 5: Wie hoch ist die Menge des geförderten Grundwassers? Mit welchen Messeinrichtungen wurden zu welchen Zeitpunkten die Werte erhoben? Die Hebung des Sümpfungswassers zur Freihaltung der Tagebausohle erfolgt auf der Grundlage einer wasserrechtlichen Erlaubnis gemäß § 9 Wasserhaushaltsgesetz (WHG), nach der aktuell eine zu hebende Wassermenge von 420.000 m³/a als Maximalmenge genehmigt ist. Zu den gehobenen Wassermengen wird auf die nachstehende Tabelle verwiesen: Jahr geförderte Wassermenge in m³/a 2010 417.760 2011 326.712 2012 212.268 2013 365.104 2014 249.812 Zu den genannten Werten wird darauf hingewiesen, dass die zu hebenden Wassermengen stark niederschlagsabhängig sind. Insofern hatte die MDB GmbH im Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis außer dem o. g. Maximalwert von 420.000 m³/a auch den zu erwartenden durchschnittlichen Maximalwert von 262.800 m³/a angegeben. Vom März 1999 bis Oktober 2001 wurden die gehobenen Wassermengen über Pumpenlaufzeiten ermittelt. Seit Ende 2001 erfolgt dies durch eine Wasseruhr. Nach deren Defekt wird die Wassermenge seit 2008 wieder über Pumpenlaufzeiten erfasst . Die Ermittlung der zu hebenden Wassermengen über Pumpenlaufzeiten ist ein branchenübliches Verfahren. Frage 6: Wurde geprüft, welche Auswirkungen die Vertiefung des Steinbruchs auf die Grundwasserstände der Umgebung hat? Die Auswirkungen der Wasserhaltung im Tagebau auf die Grundwasserstände der Umgebung sind lokal eng begrenzt. Bei der im Abstrom des Tagebaues gelegenen Messstelle in Frößnitz ist kein Einfluss der Wasserhaltung des Tagebaues erkennbar. Dies gilt gleichermaßen für die Messstellen „Standgewässer“ und „Wassermühle“ im Südwesten des Tagebaus, die sich ca. 60 m entfernt von der Tagebaukante befinden . Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 4 Frage 7: Wird eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt? Wenn nein, warum nicht? Seit 1990/1991 werden die Hauptbetriebspläne, auf deren Grundlage der Betrieb geführt wird, nach Maßgabe des BBergG genehmigt. Dafür ist der Nachweis einer Bergbauberechtigung erforderlich. Die MDB GmbH ist Inhaberin der Bergbauberechtigungen „Petersberg“ (Nr. III-A-g-506/90/229), die am 15. Mai 1991 unbefristet erteilt wurde und „Petersberg-Süd“ (Nr. II-A-g-113/94), die am 30. Juni 1994, befristet bis zum 30. Juni 2024, erteilt wurde. Vor Zulassung des o. g. fakultativen Rahmenbetriebsplans war zu prüfen, inwieweit das beantragte Vorhaben der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben (UVP-V Bergbau) vom 13. Juli 1990 unterliegt und somit für die Zulassung des Rahmenbetriebsplanes ein Planfeststellungsverfahren nach Maßgabe der §§ 57 a und 57 b BBergG durchzuführen ist. Die Prüfung ergab, dass es sich um ein Vorhaben handelt, das bereits vor dem 3. Oktober 1990 begonnen wurde. Es bestand ein festgesetztes Bergbauschutzgebiet (Quarzporphyrlagerstätte Petersberg), die erforderlichen Bergbauberechtigungen lagen vor und die Größe der über das Bergbauschutzgebiet hinausgehenden durch das bergbauliche Vorhaben beanspruchten und beantragten Flächen betrug weniger als 10 Hektar. Für den Betrieb entfiel daher nach Maßgabe der Nr. 1 h) bb) der Anlage I Kapitel V, Sachgebiet D, Abschnitt III des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag) das Erfordernis der Durchführung eines bergrechtlichen Planfeststellungsverfahrens mit Umweltverträglichkeitsprüfung. Frage 8: Wurde geprüft, ob Schäden an der Kirche der Klosters Petersberg in Zusammenhang mit den durch die Sprengungen ausgelösten Erschütterungen in Verbindung stehen? Wo können die Messergebnisse der Firma eingesehen werden, die vor Ort Messungen zu den Erschütterungen durchführt? Welche Firma wurde mit Messungen beauftragt? Wurden in der Vergangenheit die Grenzwerte für die Erschütterungen überschritten? Wenn ja, wie oft, zu welchem Zeitpunkt und wie hoch waren die Überschreitungen? Falls Grenzwerte überschritten wurden, welche Maßnahmen wurden ergriffen, um dies in der Zukunft auszuschließen? Die MDB GmbH hat zur Beurteilung der Bauschäden an der Kirche des Klosters Petersberg einen Bausachverständigen beauftragt, um zu prüfen, inwieweit Sprengerschütterungen für die Bauschäden verantwortlich sind oder ob andere Ursachen eine Rolle spielen. Messungen zu Sprengerschütterungen werden von der Antragstellerin seit 2001 in Berichten über einen Zeitraum von jeweils zwei Monaten zusammengefasst und dem LAGB übersandt. Die Messergebnisse können auf Antrag im LAGB eingesehen werden . 5 Die Durchführung der Messungen erfolgte von 2001 bis Juli 2003 durch das Geotechnische Sachverständigenbüro Dr.-Ing. habil. Bernd Müller, Leipzig. Seit August 2003 führt das Sachverständigen- und Ingenieurbüro Dr. Ulf und Peter Lichte GbR, Leipzig, im Auftrag der MDB GmbH die Erschütterungsmessungen durch. Im Jahre 2009 wurden am 2. Juli 2009 und am 16. Juli 2009 bei Sprengungen in der 3. Sohle am Messpunkt C (Friedensplatz 2, Petersberg) die Anhaltswerte der DIN 4150-3 überschritten.  Am 2. Juli 2009 wurde bei einer Schwinggeschwindigkeit von 8,1 mm/s eine Frequenz von 17 Hertz gemessen. Dies entspricht einer Aus- bzw. Überlastung des Anhaltswertes der DIN 4150-3 von 120 %.  Am 16. Juli 2009 wurde bei einer Schwinggeschwindigkeit von 11,2 mm/s eine Frequenz von 17 Hertz gemessen. Dieser Messwert entspricht einer Ausbzw . Überlastung von 166 % vom Anhaltswert der DIN 4150-3. Das LAGB drohte mit Schreiben vom 21. September 2009 der MDB GmbH daher an, in den relevanten Bereichen die Sprengungen zu untersagen, wenn die Anhaltswerte der betreffenden DIN nicht eingehalten werden. Seit diesem Zeitpunkt kam es zu keinen weiteren Überschreitungen der Anhaltswerte. Frage 9: Sind durch die Erweiterung des Steinbruchs geschützte Biotope, streng geschützte Arten, insbesondere Zauneidechse Wechselköte bzw. weitere Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie oder streng geschützte Vogelarten betroffen ? Aus der Stellungnahme des Landkreises Saalekreis in seiner Eigenschaft als untere Naturschutzbehörde haben sich keine entsprechenden Hinweise ergeben. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Frage 10: Wurde geprüft, ob das FFH-Gebiet „Blonsberg nördlich Halle“ durch die Erweiterung des Steinbruchs erheblich beeinträchtigt werden könnte? Als 2. Ergänzung zum o. g. fakultativen Rahmenbetriebsplan wurde von der MDB GmbH am 24. November 2000 die Erschließung der 4. Sohle auf ein Niveau von +110 m HN sowie die Erweiterung des Tagebaues im Südwesten beantragt und mit Entscheidung des damaligen Bergamtes Halle vom 21. Juni 2001 genehmigt. Für die sogenannte Südwesterweiterung musste zunächst eine Bilanzierung des Eingriffs mit Angaben zu Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen und eine FFH-Vorprüfung zum FFHGebiet Nr. 117 „Blonsberg nördlich von Halle“ erfolgen. Nach Vorlage der Unterlagen und deren Prüfung wurde diese Südwesterweiterung mit Entscheidung vom 17. September 2004 zugelassen. 6 Frage 11: Wurde die Immissionssituation für Feinstaub in der Umgebung zum Zeitpunkt der Sprengungen untersucht? Wurde eine Immissionsprognose für die Staubbelastung im Genehmigungsverfahren durchgeführt? Die Immissionssituation für Feinstaub in der Umgebung zum Zeitpunkt der Sprengungen wurde nicht explizit untersucht. Durch die geplante Vertiefung des Tagebaues auf die 5. Sohle ist nach Auskunft des LAGB mit hoher Wahrscheinlichkeit keine höhere Staubbelastung zu erwarten. Es kommt ggf. zu Verbesserungen, denn die bestehenden Anlagen zur Aufbereitung verbleiben an ihrem derzeitigen Standort. Im Zulassungsverfahren wird geprüft, ob und inwieweit die vorhandenen Staub-Messwerte zu aktualisieren sind.