Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/4276 27.07.2015 (Ausgegeben am 28.07.2015) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Dietmar Weihrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Umbruch von Dauergrünland in Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 6/8846 Vorbemerkung des Fragestellenden: Dauergrünland wird gemäß EU-Verordnung Nr. 1307/2014 als „Flächen, die durch Einsaat oder auf natürliche Weise (Selbstaussaat) zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt werden und seit mindestens fünf Jahren nicht Bestandteil der Fruchtfolge des landwirtschaftlichen Betriebes sind“ definiert. Die Entscheidung des EuGH vom 2. Oktober 2014 führt dazu, dass Dauergrünland auch dann diesen Status erfüllt, wenn die vorgenannten Bedingungen erfüllt sind, auch wenn die Fläche in diesem Zeitraum umgepflügt und eine andere als die zuvor dort angebaute Grünfutterpflanzenart eingesät wird. Diese Auslegung soll gemäß § 25 InVeKoS-Verordnung ab dem Antragsjahr 2015 angewandt werden. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt 1. Wie hat sich der Dauergrünland-Anteil im Verhältnis zur landwirtschaftlichen Nutzfläche seit 2010 entwickelt? Bitte in Prozent und Hektar angeben . Die Entwicklung des Anteils an Dauergrünland (DGL) im Verhältnis zur landwirtschaftlich genutzten Fläche (LF) ist in der nachfolgenden Tabelle dargestellt. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass es sich hier lediglich um die jeweils im Agrarantrag angegebenen Flächen, d. h. die beantragten Flächen, handelt. Demzufolge werden im jeweiligen Antragsjahr nicht beantragte Flächen auch statistisch nicht erfasst. 2 Eine Verpflichtung dazu besteht entsprechend der einschlägigen EU-Vorgaben nicht. Flächenschwankungen deuten insofern nicht immer auf einen Verlust von DGL hin. Jahr LF in ha DGL in ha Anteil DGL an LF in % 2010 1.200.789 171.357 14,27 2011 1.198.095 171.390 14,31 2012 1.197.836 171.281 14,30 2013 1.196.247 171.361 14,32 2014 1.196.696 171.769 14,35 Datenquelle: Jährlicher Bericht gegenüber der EU-Kommission gemäß Art. 84 VO (EG) Nr. 1122/2009 2. In welchem Umfang wurden in Sachsen-Anhalt Flächen mit dem Status Dauergrünland umgebrochen? Bitte seit 2003 in Jahresscheiben angeben. Über den Umbruch von Dauergrünland liegen keine statistischen Zahlen vor. Im Zuge der letzten Periode der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAPReform ) ab dem Jahr 2005 war lediglich das Verhältnis des DGL zur beantragten LF im Vergleich zum DGL-Anteil im Referenzjahr 2005 jährlich zu überwachen . Dieser Anteil blieb in den Folgejahren innerhalb einer Toleranzschwelle von 5 % stabil, so dass es aus Sicht der Agrarverwaltung weitergehender Maßnahmen nicht bedurfte. Im Rahmen von Vor-Ort-Kontrollen der Fachbehörden (Fachrechtskontrollen, Cross Compliance-Kontrollen) wurden in Einzelfällen Verstöße nach Anzeigen Dritter festgestellt. Diese wurden entsprechend des einschlägigen Fachrechts weiterverfolgt (u. a. Wiederansaatverpflichtung) und im Falle eines Verstoßes gegen die Cross Compliance Vorschriften im Regelfall mit 3 % Abzug von den jeweils beantragten Zahlungen sanktioniert. 3. Gibt es seit Bekanntwerden der Entscheidung des EuGH ein erhöhtes Aufkommen an Umbruch von Ackerflächen, die zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt wurden bzw. werden? Bitte Gemarkung angeben. Wie lange wurden diese Flächen zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt? Über den Umbruch von Ackerflächen nach der Entscheidung des EuGH liegen ebenfalls keine statistischen Zahlen vor. Der Umbruch war im Übrigen solange zulässig, wie nach geltender Rechtsauslegung (bis 2014) noch kein Dauergrünland entstanden war. Für die Entstehung von Dauergrünland ist nach dem Urteil des EuGH nunmehr die Angabe im Agrarantrag 2015 maßgeblich. Nach dem 15. Mai 2015 überprüfen die Ämter für Landwirtschaft, Flurneuordnung und Forsten (ÄLFF) im Rahmen einer Verwaltungskontrolle die Entstehung von Dauergrünland sowie widerrechtliche Umbrüche von DGL nach dem 1. Januar 2015. 3 4. Welche ökologischen Folgen hat der Umbruch der Ackerflächen, die zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt werden? Bitte Position der Landesregierung wiedergeben. Inwiefern findet diese Position Eingang in die Beratung seitens der Ämter für Landwirtschaft, Forsten und Flurneuordnung? Es muss hier zunächst die tatsächliche Nutzung der Flächen betrachtet werden. Die genannten Flächen sind bisher als Ackerflächen zum Anbau von Ackerfutter genutzt worden und dienten v. a. als Futtergrundlage zur Versorgung von Nutztieren . Sie sind auch weiterhin erforderlich zur qualitativen und quantitativen Sicherung der Tierversorgung. Die ökologischen Folgen sind daher als relativ gering zu bezeichnen, da es sich bisher um die Ackernutzung im Rahmen einer Fruchtfolge und nicht um klassisches Dauergrünland handelte. Mit der Neuausrichtung der Reform der GAP und dem Urteil des EuGH haben sich die Bedingungen zur Entstehung und zur Erhaltung von Dauergrünland geändert . Jeglicher Umbruch von Dauergrünland ist seit dem 1. Januar 2015 genehmigungspflichtig und bedarf im Falle einer Genehmigung der Anlage von Ersatzgrünland. In umweltsensiblen Gebieten (gemäß § 15 DirektzahlungenDurchführungsgesetz sind das in Deutschland die FFH-Gebiete) ist gemäß Art. 45 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 der Umbruch von Dauergrünland generell verboten. Hierfür hat das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt ein Antrags- und Genehmigungsverfahren festgelegt, in dem die ÄLFF federführend zuständig sind. Die unteren Naturschutzbehörden der Landkreise und kreisfreien Städte werden im Verfahren beteiligt. Im Ergebnis dieses Verfahrens wird erwartet, dass der Umfang des Dauergrünlandes insgesamt erhalten bleibt. 5. Drängt die Landesregierung auf eine Kompensation dieser Umbrüche? Gemäß den neuen Regelungen im Rahmen der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik darf ab dem 1. Januar 2015 Dauergrünland grundsätzlich nur auf Antrag umgebrochen werden. Die Genehmigung, sofern rechtlich zulässig, beinhaltet ferner grundsätzlich die Auflage, an anderer Stelle Ersatzgrünland anzulegen . Damit ist eine Kompensation von Umbrüchen per Gesetz festgelegt. Ohne Genehmigung umgebrochenes DGL muss gemäß § 22 DirektzahlungenDurchführungsverordnung rückumgewandelt werden. 6. Ist die Landesregierung bestrebt, den Anteil an Dauergrünland in Sachsen -Anhalt zu erhöhen? Bitte in jedem Fall begründen und Möglichkeiten erläutern. Welche Probleme sieht die Landesregierung bei einer Erhöhung des Anteils von Dauergrünland in Sachsen-Anhalt? Ein Grundelement der neuen GAP ist das sogenannte Greening. Eine Teilmaßnahme besteht in der Erhaltung von Dauergrünland. Die Landesregierung ist insofern verpflichtet und grundsätzlich bestrebt, den Anteil an DGL mindestens zu erhalten. 4 In Auswirkung des Urteils des EuGH ist gegebenenfalls auch eine Zunahme des Anteils an DGL zu erwarten. Die in 2015 im Zuge von Fördermaßnahmen beantragte Fläche an DGL hat sich um ca. 4.340 ha gegenüber dem Vorjahr erhöht . Dazu hat neben den bereits genannten Einflussfaktoren auch die Neuzuteilung von Zahlungsansprüchen beigetragen. Die Erhöhung des Dauergrünlandanteils ist insbesondere vor dem Hintergrund, dass Sachsen-Anhalt mit rund 14 % den geringsten Anteil DGL an der landwirtschaftlich genutzten Fläche im Vergleich aller Bundesländer besitzt, grundsätzlich positiv zu bewerten. Allerdings muss das vorhandene Dauergrünland auch entsprechend verwertet werden können. Der in Sachsen-Anhalt insgesamt vorhandene Tierbesatz, aktuell im Durchschnitt 0,36 GVE/ha LF, reicht dafür derzeit nicht aus. Insofern sind auch alternative Verwertungsmöglichkeiten gefragt wie z. B. die energetische Nutzung des Aufwuchses. 7. Handelt es sich bei diesen Flächen um Umbrüche von Ackerflächen, die nach der Entscheidung des EuGH als Dauergrünland gegolten hätten?  Gemarkung Friedeburgerhütte, Flur 2, Flurstück 10  Heiligenthal, Feldblock-ID DESTLI1203930165, West-Teil  Friedeburg Jägerberg, Feldblock-ID DESTLI0503850007, Südrand, Mitte  Pfeiffhausen/Thaldorf  Feldblock-ID DESTLI0504000006, Südost-Ecke  Feldblock-ID DESTLI0504000005, Nordost-Ecke  Feldblock-ID DESTLI0504000004, Westrand Mitte  Straußhof, Feldblock-ID DESTLI0504360036, Nordrand  Zabenstedt  Feldblock-ID DESTLI0504360003, Südostrand  Feldblock-ID DESTLI0503930067, Westrand, Mitte  Belleben, Feldblock-ID DESTLI0500730026 Bund und Länder haben nach dem Bekanntwerden des EuGH-Urteils festgelegt , das Urteil aus Gründen des Vertrauensschutzes für die Zukunft, d. h. ab dem 1. Januar 2015 anzuwenden. In den aufgeführten Fällen handelte es sich daher nicht um einen Umbruch von Dauergrünland. 8. Mussten für diese Umbrüche im Vorfeld Genehmigungen erteilt werden? Wurde eine Beratung des Amtes für Landwirtschaft, Forsten und Flurneuordnung in Anspruch genommen? Eine Genehmigung für entsprechende Umbrüche ist nach den Regelungen zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik erst seit dem 1. Januar 2015 für DGL erforderlich , das bis 2014 entstanden war. Sofern es sich um Flächen handelt, für die ein besonderer Schutzstatus besteht, ist eine Genehmigung in der Regel ausgeschlossen. Die ÄLFF sind in Einzelfällen vor einem Umbruch kontaktiert worden.