Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/4379 14.09.2015 (Ausgegeben am 15.09.2015) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Dagmar Zoschke (DIE LINKE) Einsätze von Gebärdendolmetscher/innen in Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 6/8860 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Arbeit und Soziales Vorbemerkung: Das Recht auf eine Verständigung in Gebärdensprache für nichthörende und hörbehinderte Menschen hat in zahlreichen Vorschriften unterschiedlichster Rechtsgebiete Eingang gefunden. Hörbehinderte Menschen können sich daher auch im Verwaltungsverfahren der Gebärdensprache oder lautsprachbegleitender Gebärden bedienen . Die Übernahme von Kosten für Gebärdensprachdolmetscher/-innen oder andere geeignete Kommunikationshilfen durch die Verwaltung kommt nach verschiedenen Gesichtspunkten und Rechtsgrundlagen in Betracht. Für die Sozialverwaltung ist § 19 SGB X einschlägig. Darüber hinaus können im Rahmen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII individualrechtliche Ansprüche auf die Gestellung von Gebärdensprachdolmetscherinnen /-dolmetschern oder Kommunikationshilfen bestehen. Das Land als überörtlicher Sozialhilfeträger gewährt zudem der Beratungsstelle für Hörbehinderte in Magdeburg (BSt MD e. V.) sowie der LAG für Gebärdensprachdolmetscher in Halle (LAG S-A e. V.) freiwillige Zuwendungen, aus denen Dolmetschereinsätze für den privaten Bereich zu finanzieren sind (sogenannter Dolmetschertopf). Im Rahmen der begleitenden Hilfen im Arbeitsleben nach § 102 Abs. 4 SGB IX i. V. m. § 17 Schwerbehindertenausgleichsabgabeverordnung -SchwbAV- werden die Kosten für Einsätze von Gebärdensprachdolmetscherinnen/-dolmetschern auf Antrag der schwerbehinderten Arbeitnehmerin/ des schwerbehinderten Arbeitnehmers oder auch des Arbeitgebers vom Integrationsamt aus Mitteln der Ausgleichsabgabe bewilligt und übernommen. 2 Es sind überwiegend nur Aussagen zu den Dolmetschereinsätzen im (Sozial-) Verwaltungsverfahren , im Polizeibereich, in Gerichtsverfahren sowie im Rahmen der freiwilligen Zuwendungen aus dem Dolmetschertopf möglich. Auch die Einsätze der Gebärdensprachdolmetscher/-innen im Rahmen der begleitenden Hilfen im Arbeitsleben werden nicht im Einzelnen statistisch erfasst. In der Beantwortung der Kleinen Anfrage sind daher Aussagen sowohl zu den Dolmetschereinsätzen als auch zu den Kosten sowie zum Erhebungszeitraum nur in begrenztem Umfang möglich. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Erhebung der für eine umfassende Beantwortung dieser Kleinen Anfrage erforderlichen statistischen Daten ist nicht gegeben. Es wurden alle Ressorts, deren nachgeordneten Bereiche sowie die kommunale Ebene beteiligt. 1. Wie hat sich der Einsatz von Gebärdendolmetscher/innen aus Sicht der Klienten und Klientinnen innerhalb der letzten 10 Jahre in Sachsen-Anhalt entwickelt? Bitte differenzieren zwischen Einsätzen im Rahmen des individualrechtlichen Anspruchs sowie Einsätzen, die aus freiwilligen Landesmitteln finanziert werden. Die Einsätze der Gebärdensprachdolmetscher/-innen stellen sich wie folgt dar: a) Geschäftsbereich des Ministeriums für Arbeit und Soziales - Sozialagentur (überörtlicher Sozialhilfeträger) Gebärdensprachdolmetschereinsätze im Rahmen der freiwilligen Zuwendungen : Haushaltsjahr Einsätze LAG S-A e. V. Einsätze BSt MD e. V. Einsätze gesamt 2007 139 102 241 2008 140 129 269 2009 150 140 290 2010 139 142 281 2011 149 137 286 2012 116 140 256 2013 125 133 258 2014 135 Daten liegen noch nicht vor Datenquelle: Aktenvorgänge zum Zuwendungsverfahren Gebärdensprachdolmetschereinsätze im Rahmen des (Sozial-) Verwaltungsverfahrens werden statistisch nicht erfasst. - Landesverwaltungsamt (Integrationsamt) Die Einsätze der Gebärdensprachdolmetscher/-innen im Rahmen der begleitenden Hilfen im Arbeitsleben nach dem SGB IX werden statistisch nicht erfasst . Es kann dazu keine Aussage getroffen werden. - Ministerium für Arbeit und Soziales (Gesundheitsfürsorge) Gemäß § 17 Abs. 2 SGB I haben hörbehinderte Menschen seit dem 1. Juli 2001 das Recht, bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen Gebärdensprache zu verwenden. Die für die Übersetzung entstehenden Kosten sind z. B. von den gesetzlichen Krankenkassen zu tragen. Da aber keine Verpflichtung für 3 die gesetzlichen Krankenkassen besteht, die Einsätze und Kosten gesondert zu erfassen, können entsprechende Daten nicht bzw. nur mit unverhältnismäßigem Zeitaufwand vorgelegt werden. b) Ministerium für Inneres und Sport (Polizeibereich) Es erfolgt keine Finanzierung aus freiwilligen Landesmitteln. Grundsätzlich werden die Dolmetscher/-innen vonseiten der Polizei zur Befragung von Zeuginnen und Zeugen hinzugezogen. Weitere Angaben sind nicht möglich. c) Alle anderen Ressorts erteilten Fehlmeldung wegen fehlender Erkenntnisse oder nicht vorhandener Daten. d) Nach Mitteilung des Beauftragten der Landesregierung für die Belange der Menschen mit Behinderungen hat sich in den letzten 10 Jahren beim Einsatz von Gebärdensprachdolmetscherinnen/-dolmetschern keine Veränderung ergeben. e) Kommunal- und Kreisverwaltungen Von den 11 Landkreisen und 3 kreisfreien Städte haben 12 Gebietskörperschaften Angaben gemacht: 7 Gebietskörperschaften teilten mit, dass Erkenntnisse aus Sicht der hörbehinderten Menschen nicht bekannt seien bzw. keine statistischen Erhebungen vorliegen. Bei den weiteren 5 Gebietskörperschaften wurden in den letzten 10 Jahren insgesamt 8 Gebärdensprachdolmetschereinsätze registriert. Darüber hinaus bietet eine Gebietskörperschaft ein- bis zweimal jährlich Sprechtage mit Unterstützung von Gebärdensprachdolmetscherinnen/- dolmetschern an und eine andere beteiligt sich mit freiwilligen Leistungen in Höhe von 910,- Euro für die Tätigkeit eines Gebärdensprachdolmetschers bei einem Gehörlosen-Sport- und Freizeitverein. 2. Wie haben sich die Kosten für die Einsätze von Gebärdendolmetscher /innen innerhalb der letzten 10 Jahre in Sachsen-Anhalt entwickelt? a) Geschäftsbereich des Ministeriums für Arbeit und Soziales Die Kosten in Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe haben sich in den letzten zehn Jahren wie folgt entwickelt: - bei den Zuwendungen: Haushaltsjahr LAG S-A e. V. BSt MD e. V. gesamt 2005 10.950,00 € 13.421,00 € 24.371,00 € 2006 10.000,00 € 17.895,21 € 27.895,21 € 2007 17.500,00 € 17.895,21 € 35.395,21 € 2008 16.186,83 € 17.895,21 € 34.082,04 € 2009 17.500,00 € 20.000,00 € 37.500,00 € 2010 17.500,00 € 21.000,00 € 38.500,00 € 2011 17.500,00 € 20.000,00 € 37.500,00 € 4 2012 15.690,30 € 19.952,00 € 35.642,30 € 2013 15.690,30 € 19.952,00 € 35.642,30 € 2014 15.690,30 € 19.952,00 € 35.642,30 € 2015 15.690,30 € 19.952,00 € 35.642,30 € Datenquelle: Aktenvorgänge zum Zuwendungsverfahren - bei den Gebärdensprachdolmetscherleistungen im Verwaltungsverfahren für den überörtlichen Sozialhilfeträger: Haushaltsjahr Kosten bis einschl. 2009 nicht ermittelbar 2010 327,20 € 2011 1.644,75 € 2012 1.161,02 € 2013 2.015,91 € 2014 2.889,85 € bis einschl. Juni 2015 891,90 € Datenquelle: Haushaltsüberwachungsliste für Buchungsstelle 05/0507/682 42, Dienststelle 5310 Die Kostenentwicklung für Dolmetschereinsätze im Rahmen der begleitenden Hilfen im Arbeitsleben nach dem SGB IX wird statistisch nicht erfasst. b) Staatskanzlei Entsprechend den Vorgaben aus der Verordnung zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen in der öffentlichen Verwaltung des Landes Sachsen-Anhalt (BGGVO LSA) und der Barrierefreien-InformationstechnikVerordnung des Bundes (BITV) hat die Staatskanzlei die Produktion barrierefreier Videobotschaften des Ministerpräsidenten (Gebärdenversion) in Auftrag gegeben. Seit März 2012 werden die i. d. R. wöchentlich aufgezeichneten Videobotschaften zusätzlich als barrierefreie Version produziert, d. h. zusätzlich in Deutscher Gebärdensprache (DGS) angeboten. Die Kosten für die Dolmetscherleistung einer Videobotschaft belaufen sich auf 70,00 Euro pro Video. Somit sind in der Staatskanzlei zu Beginn des Jahres 2012 erstmals Kosten für Einsätze von Gebärdensprachdolmetscherinnen /-dolmetschern entstanden. Im Jahr 2014 wurde die Produktion von 3 Gebärdenvideos für das Landesportal in Auftrag gegeben - 1 Video zu Struktur und Inhalten im Landesportal generell, 1 Video mit Informationen zur Staatskanzlei und 1 Video zu den Auftritten der Ministerien. Die Kosten für die Dolmetscherleistung (Beratungsleistungen , Moderation, Produktion von Texten in Gebärdensprache, Fahrtkosten , Endkontrolle, Rückübersetzung etc.) in den 3 Videos belaufen sich auf insgesamt 4.455,- Euro. Die Gesamtkosten der Dolmetscherleistungen für die Staatskanzlei sind im Vergleich zu den Vorjahren somit deutlich gestiegen. c) Ministerium für Inneres und Sport (Polizeibereich) Für den Polizeibereich ist ein Anstieg der Kosten aufgrund der Änderung des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung 5 von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen u. Dritten (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz - JVEG) durch Art. 7 des Gesetzes vom 23.07.2013 und der damit verbundenen Erhöhung der Gebührensätze für Dolmetscher/-innen ab dem 01.08.2013 zu verzeichnen . d) Ministerium für Justiz und Gleichstellung und nachgeordneter Bereich Die Höhe der Kosten für durch Gerichte und Staatsanwaltschaften herangezogene Gebärdensprachdolmetscher/-innen kann nicht bestimmt werden, da eine gesonderte Erfassung der Kosten nicht erfolgt. e) Alle anderen Ressorts haben Fehlmeldung erteilt, weil entweder keine Daten erhoben wurden oder keine Kosten für Einsätze von Gebärdensprachdolmetscherinnen /-dolmetschern entstanden sind. f) Der Beauftragte der Landesregierung für die Belange der Menschen mit Behinderungen hat zur Höhe der Kosten für die Einsätze von Gebärdensprachdolmetscherinnen /-dolmetschern in Gremien/Veranstaltungen des BBM keine Angaben gemacht. g) Kommunal- und Kreisverwaltungen Von den 11 Landkreisen und 3 kreisfreien Städten teilten 9 Gebietskörperschaften mit, dass keine statistischen Erhebungen vorliegen. Bei 2 weiteren Gebietskörperschaften wurden gleichbleibende Kosten registriert. 1 Gebietskörperschaft meldete für den Zeitraum 2011 bis 2015 einen Kostenanstieg von 342,37 Euro auf 830,03 Euro. 3. Wie hat sich die Anzahl der Anlässe innerhalb der letzten 10 Jahre entwickelt , bei denen die Landesregierung den Einsatz von Gebärdendolmetscher /innen selbst bestellt hat? Im Polizeibereich bewegt sich die Anzahl der Anforderungen von Gebärdensprachdolmetscherinnen /-dolmetschern auf einem gleichbleibend niedrigen Niveau . Die Fallzahl beläuft sich auf durchschnittlich 14 Anforderungen pro Jahr; eine abweichende Tendenz ist nicht erkennbar. In anderen Bereich werden verwertbare Daten zur Anzahl der Anlässe für den Einsatz von Gebärdensprachdolmetscherinnen /-dolmetschern statistisch nicht erhoben. 4. Wie und mit welchen Verantwortlichkeiten werden die Einsätze der Gebärdendolmetscher /innen in Sachsen-Anhalt organisiert? a) Geschäftsbereich des Ministeriums für Arbeit und Soziales Die Beratungsstelle für Hörbehinderte Magdeburg e. V. sowie die LAG für Gebärdensprachdolmetscher Sachsen-Anhalt e. V. erhalten von der Sozialagentur für den Einsatz von Gebärdensprachdolmetscherinnen/-dolmetschern eine Zuwendung aus Landesmitteln. Gegenstand der Förderung ist die Finanzierung von Honorar- und Fahrtkosten für Gebärdensprachdolmetscherleistungen außerhalb eines Verwaltungsverfahrens, die im Einzelfall i. V. m. der Tätigkeit der Beratungsstellen für Hörbehinderte in Magdeburg, Stendal und Halberstadt sowie der Beratungsstelle in Halle zusätzlich zu den Tätigkeiten der dort eingesetzten Fachkräfte anfallen. Die Zuwendungsemp- 6 fänger haben zu gewährleisten, dass der Zweck der Förderung erfüllt wird, und dürfen die Mittel des Landes daher nur für den genannten Zweck und zur Erfüllung der genannten Aufgaben einsetzen. Dabei sind die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Die Einsätze werden von den Zuwendungsempfängern eigenverantwortlich organisiert. Für Einsätze von Gebärdensprachdolmetscherinnen/-dolmetschern und anderen geeigneten Kommunikationshilfen im Verwaltungsverfahren für den überörtlichen Sozialhilfeträger gilt, dass sie von den Trägern der öffentlichen Verwaltung bereitgestellt werden, es sei denn, die Berechtigten machen von ihrem Recht Gebrauch, eine/n selbst gewählte/n Dolmetscher/-in zu stellen. In Angelegenheiten der begleitenden Hilfen im Arbeitsleben nach dem SGB IX beantragen entweder der Arbeitgeber oder die gehörlose Arbeitnehmerin bzw. der gehörlose Arbeitnehmer die Kostenübernahme für eine/n Gebärdensprachdolmetscher /-in. Sie organisieren deren/dessen Einsatz nach Erhalt des Kostenbewilligungsbescheids eigenständig. b) Ministerium für Inneres und Sport (Polizeibereich) Die Gebärdensprachdolmetscher/-innen sind u. a. im Dolmetscherverzeichnis des Landeskriminalamtes und der Dolmetscher- und Übersetzerbank des Justizministeriums aufgeführt. Die Anforderung erfolgt dann nach dem Rotationsprinzip der zur Verfügung stehenden Dolmetscher/-innen unter Beachtung des Gesichtspunkts der Wirtschaftlichkeit. Dabei spielt auch die Länge des Anfahrtsweges eine Rolle. c) Ministerium für Justiz und Gleichstellung Für die Hinzuziehung in Rechtssachen gilt § 186 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) vom 09.05.1975 (BGBl. I S. 1077), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 17.07. 2015 (BGBl. I S. 1349). Danach erfolgt die Verständigung mit einer hör- oder sprachbehinderten Person in der Verhandlung nach ihrer Wahl mündlich, schriftlich oder mit Hilfe einer die Verständigung ermöglichenden Person, die vom Gericht hinzuzuziehen ist (§ 186 Abs. 1 Satz 1 GVG). Diese Regelung gewährt der hörbehinderten Person ein Wahlrecht für die Form ihrer Verständigung mit dem Gericht und den anderen Verfahrensbeteiligten, auf das die hörbehinderte Person rechtzeitig vor der Verhandlung in einer für sie verständlichen Form hinzuweisen ist. Macht sie von ihrem Wahlrecht keinen Gebrauch oder ist eine ausreichende Verständigung in der nach § 186 Abs. 1 GVG gewählten Form nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich, entscheidet das Gericht, ob ein/e Gebärdensprachdolmetscher/-in hinzuzuziehen ist oder eine schriftliche Verständigung zu erfolgen hat (§ 186 Abs. 2 GVG). Diese Entscheidung des Gerichts ergeht durch den Richter oder Rechtspfleger im Rahmen der Prozessleitung (z. B. § 136 ZPO, § 238 StPO) und der richterlichen Unabhängigkeit (§ 25 DRiG) bzw. der sachlichen Unabhängigkeit des Rechtspflegers (§ 9 RPflG). Die Entscheidung des Gerichts ist nicht selbständig, sondern nur mit der Entscheidung in der Hauptsache anfechtbar. 5. Sind der Landesregierung Fälle bekannt, in denen Klienten und Klientinnen keine Gebärdendolmetscher/innen für einen angemeldeten Bedarf vermittelt werden konnte? 7 Der Landesregierung sind keine derartigen Fälle bekannt. 6. Auf welcher Basis sind die Honorare der Gebärdendolmetscher/innen geregelt ? Für Einsätze von Gebärdensprachdolmetscherinnen/-dolmetschern aus Zuwendungsmitteln gilt, dass zur Festlegung der Vergütung/Erstattung Anlage 1 zu § 5 Abs. 1 und 3 Behindertengleichstellungsverordnung des Landes Sachsen -Anhalt (BGGVO LSA) analog herangezogen werden kann. Im Einzelfall ist auch eine Vereinbarung über eine andere Vergütung möglich, soweit diese nicht über Pauschalen, wie sie nach der BGGVO LSA festgelegt sind, hinaus geht und soweit eine zweckentsprechende Verwendung gewährleistet bleibt. Die Erstattung der Kosten für den Einsatz von Gebärdensprachdolmetscherinnen /-dolmetschern im Verwaltungsverfahren für den überörtlichen Sozialhilfeträger erfolgt ausschließlich auf der Grundlage der Regelungen der BGGVO LSA. Grundlage für die Entschädigung der Gebärdensprachdolmetscher/-innen in Angelegenheiten der begleitenden Hilfen im Arbeitsleben nach dem SGB IX sind die Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen für die Erbringung finanzieller Leistungen zur Arbeitsassistenz schwerbehinderter Menschen vom 15.04.2014. Basis für die Vergütung der Gebärdensprachdolmetscher/-innen im Bereich der Gesundheitsfürsorge ist § 19 Abs. 2 Satz 4 SGB X i. V. m. § 17 Abs. 2 Satz 2 SGB I; eine Entschädigung regelt sich nach dem JVEG, sofern nicht eine für die Kranken-/Pflegekasse und für die/den Gebärdensprachdolmetscher/-in gültige Vereinbarung Anwendung findet. Gebärdensprachdolmetscher/-innen, die in Rechtssachen von den in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) vom 05.05.2004 (BGBl. I S. 718, 776), zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 23.07.2013 (BGBl. I S. 2586), genannten Stellen, insbesondere Gerichten und Staatsanwaltschaften, herangezogen werden, erhalten für ihre Tätigkeit eine Vergütung, deren Umfang sich nach § 8 Abs. 1 JVEG bestimmt. Danach ist der/dem Gebärdendolmetscher/-in ein Honorar nach § 9 Abs. 3 JVEG zu zahlen , das für jede Stunde 70 Euro bzw. - wenn ausdrücklich simultanes Dolmetschen vereinbart wurde - 75 Euro je Stunde beträgt. Das Honorar wird auch für notwendige Reise- und Wartezeiten gewährt (§ 8 Abs. 2 Satz 1 JVEG). Neben dem Honorar sind die notwendigen Aufwendungen (§§ 5 bis 7, 12 JVEG) zu erstatten , z. B. Fahrtkosten, die bei Anreise mit einem eigenen oder unentgeltlich zur Nutzung überlassenen Kfz mit 0,30 € je Kilometer erstattet werden (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 JVEG). Bei Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln erfolgt die Erstattung der tatsächlich entstandenen Auslagen bis zur Höhe der Kosten für die Benutzung der ersten Wagenklasse (§ 5 Abs. 1 JVEG). Die an die/den Gebärdendolmetscher/-in gezahlte Vergütung zählt zu den Gerichtskosten des jeweiligen Verfahrens. Aufgrund der Regelung des § 186 Abs. 1 Satz 2 GVG, wonach das Gericht für die mündliche und schriftliche Verständigung die geeigneten technischen Hilfsmittel bereitzustellen hat, wird durch die Gerichtskostengesetze jedoch ausdrücklich bestimmt, dass die Kosten für die Heranziehung einer Gebärdensprachdolmetscherin/eines Gebärden- 8 sprachdolmetschers nicht erhoben werden. Lediglich in Strafverfahren und Verfahren nach dem OWiG können die Kosten von dem Beschuldigten oder Betroffenen eingezogen werden, wenn das Gericht diesem die Kosten nach §§ 464c, 467 Abs. 2 Satz 1 StPO ggf. i. V. m. § 467a Abs. 1 Satz 2 StPO, § 46 Abs. 1 OWiG auferlegt hat, weil der Beschuldigte die Kosten durch schuldhafte Säumnis oder in sonstiger Weise schuldhaft verursacht hat. Wird die/der Gebärdendolmetscher /-in durch die hörbehinderte Person selbst herangezogen, besteht kein Erstattungsanspruch nach dem JVEG gegenüber dem Gericht oder der Staatsanwaltschaft. Die hörbehinderte Person kann jedoch die von ihr aufgewendeten Kosten im Falle eines Obsiegens gemäß der gerichtlichen Kostenentscheidung oder Kostenübernahmeerklärung im Rahmen eines Kostenfestsetzungsverfahrens (§§ 103 ff. ZPO) gegen den erstattungspflichtigen Gegner festsetzen lassen (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Auch die Honorare der Gebärdensprachdolmetscher/-innen für Einsätze im Polizeibereich werden nach dem JVEG vergütet. Vereinbarungen mit einzelnen Dolmetscherinnen/Dolmetschern werden nicht getroffen. 7. Sind der Landesregierung Fälle bekannt, in denen Honorare der Gebärdendolmetscher /innen gekürzt wurden? Bei dem Einsatz von Gebärdensprachdolmetscherinnen/-dolmetschern sowohl aus Zuwendungs- und Eingliederungshilfemitteln als auch in Rechtssachen sind der Landesregierung keine konkreten Fälle von Honorarkürzungen bekannt. In Angelegenheiten der begleitenden Hilfen im Arbeitsleben nach dem SGB IX werden die Kosten vor dem Einsatz der Gebärdensprachdolmetscherin bzw. des Gebärdensprachdolmetschers bewilligt, so dass sich die Frage nach einer Honorarkürzung erübrigt. Soweit Kürzungen bei der Vergütung in Rechtssachen vorgenommen werden, kann die/der Gebärdendolmetscher/-in die Rechtsbehelfe des § 4 JVEG einlegen und gegen die Festsetzung und Kürzung der Vergütung durch den Anweisungsbeamten , der regelmäßig die Vergütung im Verwaltungsverfahren festsetzt , die Festsetzung durch das Gericht (Richter, Rechtspfleger) beantragen. Gegen diese Entscheidung findet unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 3, 5 JVEG die Beschwerde bzw. die weitere Beschwerde statt. Allerdings sind, wie bereits zu Frage Nr. 6 ausgeführt, abweichende Vereinbarungen möglich. 8. Inwieweit haben Klienten und Klientinnen die Möglichkeit, den bzw. die Gebärdendolmetscher/in ihres Vertrauens zu wählen? a) Geschäftsbereich des Ministeriums für Arbeit und Soziales Wird der Einsatz einer Gebärdensprachdolmetscherin bzw. eines Gebärdensprachdolmetschers /einer Kommunikationshelferin bzw. eines Kommunikationshelfers aus Zuwendungsmitteln für private Belange gewünscht, so können sich die berechtigten Personen an die genannten Beratungsstellen wenden . Die Inanspruchnahme dieser Leistung für den privaten Bereich ist für die Bürgerin/den Bürger im Rahmen der dafür vom Land Sachsen-Anhalt bewilligten Fördermittel kostenfrei. Für Einsätze von Gebärdensprachdolmetscherinnen/-dolmetschern und anderen geeigneten Kommunikationshilfen im Verwaltungsverfahren für den 9 überörtlichen Sozialhilfeträger gilt, dass sie von den Trägern der öffentlichen Verwaltung bereitgestellt werden, es sei denn, die Berechtigten machen von ihrem Recht Gebrauch, eine/n selbst gewählte/n Dolmetscher/-in zu stellen. Im Rahmen der Gesundheitsfürsorge gemäß § 9 SGB IX i. V. m. § 33 SGB I sind die berechtigten Wünsche der/des Versicherten grundsätzlich zu berücksichtigen . Gemäß § 2 a SGB V ist den besonderen Belangen von behinderten und chronisch kranken Menschen Rechnung zu tragen. In Angelegenheiten von hörbehinderten schwerbehinderten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die im Rahmen der begleitenden Hilfen im Arbeitsleben die Kostenübernahme für Gebärdensprachdolmetschung beim Integrationsamt beantragen, können Antragstellende die/den Gebärdensprachdolmetscher /-in ihres Vertrauens wählen. b) Ministerium für Inneres und Sport (Polizeibereich) Die Inanspruchnahme von Gebärdensprachdolmetscherinnen/-dolmetschern des Vertrauens ist grundsätzlich möglich - vorausgesetzt, die- oder derjenige ist allgemein beeidigt und öffentlich bestellt. Fehlt diese Voraussetzung, ist zuvor die Zustimmung der Polizeibehörde einzuholen, um zu prüfen, ob den Bedingungen des § 3 Dolmetschergesetz des Landes Sachsen-Anhalt (DolmG LSA) entsprochen wird. Soweit im Einzelfall auf Wunsch der/des Betroffenen andere Vertrauenspersonen als Gebärdensprachdolmetscher/- innen hinzugezogen werden, erfolgt eine zeugenschaftliche Belehrung. c) Ministerium für Justiz und Gleichstellung Die Verständigung mit einer hörbehinderten Person in der Verhandlung erfolgt nach ihrer Wahl mündlich, schriftlich oder mit Hilfe einer die Verständigung ermöglichenden Person, die vom Gericht hinzuzuziehen ist (§ 186 Abs. 1 Satz 1 GVG). Dabei umfasst das Wahlrecht auch die Benennung eines geeigneten Verständigenhelfers. Macht die hörbehinderte Person von ihrem Wahlrecht des § 186 Abs. 1 GVG Gebrauch, ist es daher Aufgabe dieser Person, einen Sprachmittler bereitzustellen, da das Gericht nach § 186 Abs. 1 Satz 2 GVG nur eventuelle technische Hilfsmittel bereitzustellen hat. Dabei kommen als Sprachmittler nicht nur Gebärdensprach- oder Oraldolmetscher in Betracht, sondern die Verständigung kann auch mit Hilfe anderer , dem hörbehinderten Menschen vertrauter Personen, die z. B. lautsprachbegleitende Gebärden, das Lormen oder die Methode der „gestützten Kommunikation“ beherrschen, ohne formelle Dolmetscherfunktion erfolgen. Im Rahmen der Ausübung des Wahlrechts des § 186 Abs. 1 GVG steht es der hörbehinderten Person deshalb frei, eine/n Gebärdensprachdolmetscher /-in ihres Vertrauens zu wählen. Das Gericht hat sich jedoch zu vergewissern , dass die Verständigung hinreichend zuverlässig erfolgt, da andernfalls ein/e Gebärdensprachdolmetscher/-in durch das Gericht zu bestimmen und hinzuzuziehen ist. Macht die hörbehinderte Person von ihrem Wahlrecht jedoch keinen Gebrauch oder ist eine ausreichende Verständigung in der nach § 186 Abs. 1 GVG gewählten Form nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich , hat das Gericht die Hinzuziehung einer Person als Gebärdensprachdolmetscher /-in anzuordnen. In diesem Fall ist jedoch nur die Heranziehung als Dolmetscher, der nach § 189 GVG zu vereidigen ist, statthaft. 10 Klienten und Klientinnen haben grundsätzlich die Möglichkeit, den bzw. die Gebärdensprachdolmetscher /-in ihres Vertrauens zu wählen. d) Für die Einsätze von Gebärdensprachdolmetscherinnen/-dolmetschern im Rahmen der Tätigkeit des BBM (Gremien, Veranstaltungen etc.) sind individuelle und persönliche sowie rechtliche Ansprüche Betroffener nicht relevant; Leistungen werden nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit in Anspruch genommen. e) Betroffene Menschen, die sich ratsuchend an die Kommunal- und Kreisverwaltungen wenden, haben grundsätzlich das Recht, eine/n Gebärdensprachdolmetscher /-in Ihres Vertrauens zu wählen.