Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/4410 23.09.2015 (Ausgegeben am 23.09.2015) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Stefan Gebhardt (DIE LINKE) Kulturgutschutz Kleine Anfrage - KA 6/8902 Vorbemerkung des Fragestellenden: Die Bundesregierung arbeitet gegenwärtig an einer Novellierung des Kulturgutschutzgesetzes , das verschiedene gesetzliche Grundlagen zusammenfassen, modernisieren und an europäische und völkerrechtliche Vorgaben anpassen soll. Im Juli 2014 hat die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien sogenannte Rahmenvorgaben dafür vorgelegt und am 15. Juli 2015 auf einer Pressekonferenz einen aktualisierten Gesetzesentwurf vorgestellt. Auch nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes sollen die Länder für die Eintragung von Kulturgut in ein Kulturgutverzeichnis zuständig sein, jedoch nach dann einheitlichen Kriterien. Auch die Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen soll weiterhin in Landesverantwortung liegen, wobei auch hier eine Vereinheitlichung angestrebt werden soll. Darüber hinaus ist beabsichtigt, Sammlungen und Bestände von Einrichtungen in öffentlich -rechtlicher Trägerschaft bzw. von überwiegend öffentlich finanzierten Einrichtungen generell unter Schutz zu stellen. Antwort der Landesregierung erstellt vom Kultusministerium Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1 Welche Behörde ist in Sachsen-Anhalt für die Unterschutzstellung von „national wertvollem Kulturgut“ zuständig? Gemäß § 2 der Verordnung über das Antragsrecht nach dem Gesetz zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung (Kulturgutschutzverordnung des Landes 2 Sachsen-Anhalt - KultgSchVO LSA) vom 27. Juni 2008 (GVBl. LSA 2008, 274) ist dies die jeweils zuständige oberste Landesbehörde. In Sachsen-Anhalt liegt die Zuständigkeit für die Antragsverfahren von national wertvollem Kulturgut im Aufgabenbereich des Kultusministeriums, für die Eintragung von national wertvollem Archivgut beim Ministerium für Inneres und Sport. Frage 2 Welches Kulturgut ist derzeit in Sachsen-Anhalt unter Schutz gestellt und wann erfolgte die Aufnahme in das Kulturgutverzeichnis des Landes? Seitens des Kultusministeriums wurden seit 2007 die nachfolgend aufgeführten 21 Objekte in die Liste national wertvollen Kulturgutes eingetragen. Öffentlich einsehbar sind diese in der nationalen Datenbank „Liste national wertvollen Kulturgutes “. http://www.kulturgutschutz-deutschland.de/DE/3_Datenbank/Kulturgut/SachsenAnhalt /sachsenanhalt_node.html Meister / Epoche Darstellung Maße / Stückzahl / Material In die Liste eingetragen 14301 Bildende Kunst Verschiedene 1920 (nach) Sammlung Gruber 8000 Werke von 1700 Künstlern 2007 14601 Angewandte Kunst Verschiedene 1671/2006 Sammlung Becher und Pokale der Salzwirker -Brüderschaft im Thale zu Halle (Silberschatz der Halloren) 88 Silberbecher und Pokale 2008 14601_01 Angewandte Kunst Unbekannt 1857 2 Gürtelketten Silber 2008 14601_02 Angewandte Kunst Gerhard Boege 1977 1 Amtskette des regierenden Vorstehers Silber 2008 14601_03 Angewandte Kunst Lilly Schultz, Kunstwerk-stätten Burg Giebichenstein 1935 1 Teller Silber 2008 14601_04 Angewandte Kunst Bernd Göbel 1991/1997 4 Becher der sog. "B-Liste" Silber 2008 14801 Naturkunde Louis Thomas Jérôme Auzoux 1874 (vor) 1 Pappmaché-Pferd von Dr. L. T. J. Auzoux (Pappmaché-Modell eines Pferdes hergestellt von Dr. Louis Thomas Jérôme Auzoux (1797-1880)) Pappmaché mit Ölfarbe und Metallösen und Metallhaken , auf Holzplatte montiert 2011 14802 Naturkunde 1880-1950 Schönwetter-Sammlung (Eine der drei artenreichsten und bedeutendsten Vogeleiersammlungen der Welt, inklusive Eiern von ausgestorbenen Taxa zusammengetragen von Max Schönwetter (1874-1961), Inventarbücher, Sammlungskatalog, Briefwechsel) 19.206 Vogeleier von 3.839 Vogelarten in 7 Sammlungsschränken 2011 14802_01 Naturkunde Gründerzeit bis Neuzeit 1880-1950 Teilsammlung der Jacanidae (Familie der Blatthühnchen), Burhinidae (Familie der Triele), Charadriidae (Regenpfeifer), Glareolidae (Familie der Brachschwalbenartigen ) (eine von 138 Schubladen mit 112 Eiern (von insgesamt 19.206) und Vertretern von 30 Vogeltaxa (von insgesamt 3.839)) ausgeblasene Eierschalen rezenter Vögel 2011 14803 Naturkunde 19. Jahrhundert 1800-1837 Nitzsch-Mallophagensammlung (Sammlung von Haar- bzw. Federlingen aus 3 Familien und 50 Arten von Christian Ludwig Nitzsch (1782-1837) einschließlich Tierpräparate, 64 Glasröhrchen mit Objektträgern in Holzkasten, 101 2011 3 Meister / Epoche Darstellung Maße / Stückzahl / Material In die Liste eingetragen der fünf handgeschriebenen Bände „Epizoografische Adversarien“ und Handzeichnungen von 1800 bis 1837) Handzeichnungen Tusche auf Papier 14804 Naturkunde Gründerzeit 1875/1920 Fotoglasplatten Julius Kühns (Historische Fotoglasplattensammlung Julius Kühns (1825-1910) und weiterer Mitarbeiter bzw. Nachfolger (wissenschaftliche Aufnahmen individueller Nutztiere und historische Aufnahmen des Haustiergartens und der angrenzenden Institutsgebäude)) Glasplatten, Fotos (6.044 Einzelplatten) 2011 14804_01 Naturkunde Gründerzeit 23. Januar 1911 Platte Nr. 75 (eine von 6.044 Fotoglasplatten ; Bildmotiv: Hannover-Braunschweiger Landschwein, männlich (Nr. 100, geb. 22.11.1910) vom 23.01.1911 mit Hofmeister Müller. Das Tier stammt aus dem Wurf, der teilnahm im Hunger-Mastversuch, wobei das Individuum Erhaltungsfutter erhalten hat.) Glas mit trockener Gelatine - Fotoglasplatte 2011 14805 Naturkunde Eozän 50 bis 45 Millionen Jahre (ante) Geiseltalsammlung (Eozän-Fossilien aus den Braunkohlen des Geiseltals bei Merseburg /Sachsen-Anhalt (6 Schränke an Kleinfossilien, 442 Schübe an mittleren bis großen Fossilien, 1 Schwerlastregal mit Großfossilien, 1 versteinerter Baumstamm , 2 Riesenkalkkugeln)) Einheiten ca. 50.000 2011 14805_01 Naturkunde Eozän 50 bis 45 Millionen Jahre (ante) Propalaeotherium isselanum (Urpferdart) (komplett erhaltenes artikuliertes Eozänfossil , eingebettet in Braunkohlesubstrat, Neubettung in Gips/Paraffin) fossiliertes Pferdeindividuum in Kohle des Geiseltals 2011 14806 Naturkunde 18., 19. und 20. Jh. Meckelsche Sammlungen (- MeckelSchrank mit dem Skelett von Philipp Friedrich Theodor Meckel (1755-1803), - Schrein mit den Gebeinen von Johann Friedrich Meckel d. J. (1781-1833), - Skelett von Hermann Welcker (1822-1897), - über 8 000 Präparate zur menschlichen Anatomie) Holz Metall Glas menschliche Präparate 2015 14807 Naturkunde 18. Jh. bis Mitte 19. Jh. Vogelsammlung und grafischer Nachlass Johann Friedrich Naumanns (1780- 1857) (Vogelsammlung Johann Friedrich Naumanns, inklusive der nicht in die Sammlung integrierten, aber von ihm gefertigten Präparate. ca. 1 710 Objekte in 113 bleiverglasten Vitrinen • Naumanns gesamter künstlerischer Nachlass, insbesondere die Vogelabbildungen (Aquarelle /Stiche etc.) als Grundlage der „Naturgeschichte der Vögel Deutschlands ...". ca. 3 170 Abbildungen • wissenschaftliche und persönliche Korrespondenz J. F. Naumanns, incl. seiner Bibliothek. ca. 1 400 Bücher/ Briefe • persönliche Gegenstände von J. F. Naumann/ Familienbesitz (Jagdgeräte, Zeichengeräte, Kleidung etc.). ca. 50 Objekte) Holz Papier Leder Metall Vogelpräparate, Eier 2015 14901 Angewandte Kunst Ende der Frühbronzezeit (Stufe A2c) 1600 (um) (ante) Hort von Nebra (Hortfund umfasst die Himmelsscheibe von Nebra, einen Meißel , zwei Beile, zwei Schwerter, zwei Armspiralen) Bronze 14901_01 Angewandte Kunst Ende der Frühbronzezeit (Stufe A2c) 1600 (um) (ante) Himmelsscheibe von Nebra (32 Sterne, Sichel- und Vollmond bilden die älteste überlieferte Himmelsdarstellung der Welt. Zwei Goldbögen (links nicht erhalten) markieren in einer zweiten Phase den Horizontdurchlauf der Sonne; später kommt Bronze mit Goldauflagen 4 Meister / Epoche Darstellung Maße / Stückzahl / Material In die Liste eingetragen am unteren Rand der Scheibe die Darstellung eines Schiffes hinzu.) 14901_02 Angewandte Kunst Ende der Frühbronzezeit (Stufe A2c) 1600 (um) (ante) Meißel (Randleistenmeißel mit geknickten Seiten) Bronze 14901_03 Angewandte Kunst Ende der Frühbronzezeit (Stufe A2c) 1600 (um) (ante) Zwei Beile (Randleistenbeile vom Typ Bühl) Bronze 14901_04 Angewandte Kunst Ende der Frühbronzezeit (Stufe A2c) 1600 (um) (ante) Zwei Schwerter (Schwerter mit SögelKlingen und Apa-Schwerter imitierenden Halbschalengriffen (ursprünglich mit organischer Ergänzung)) Bronze mit Kupfertauschierungen , Griffe mit Goldmanschetten Archivgut aus Sachsen-Anhalt ist gegenwärtig nicht als national wertvoll unter Schutz gestellt. Die eingeleitete Unterschutzstellung des Gutsarchivs Oberwiederstedt (Novalis ) steht unmittelbar vor dem Abschluss. Frage 3 Aufgrund welcher Kriterien wurden Kulturgüter bisher als „national wertvolles Kulturgut“ identifiziert und in das entsprechende Verzeichnis eingetragen? Maßgebliche Kriterien für die Kategorisierung von national wertvollem Kultur- und Archivgut sind die unter den Punkten C.1 (Kunst- und Kulturgut) und C.2 (Archivgut) genannten Parameter in den „Empfehlungen der Kultusministerkonferenz für Eintragungen in das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes und das Verzeichnis national wertvollen Kulturund Archivgutes nach dem Gesetz zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 29. April 2009)“. Für national wertvolles Kulturgut gem. Punkt C.1 ist stets zu ermitteln ob es a) wichtige Objekte von Künstlerinnen und Künstlern mit internationalem Rang sind oder b) Objekte, die für die deutsche Kunst und Geschichte (einschließlich der Naturgeschichte ) oder für die Landesgeschichte oder für die Geschichte historischer Regionen von herausragender Bedeutung sind. Für national wertvolles Archivgut nach C. 2 liegt die Bedeutung darauf ob im konkreten Einzelfall a) entsprechendes Archivgut oder archivwürdige Unterlagen vorliegen, wobei deren Form unerheblich ist. Die Definition von Archivgut des jeweils geltenden Archivgesetzes kann deshalb bei der Auslegung der Regelung in § 10 Abs. 2 KultgSchG mit herangezogen werden, so dass beispielsweise auch elektronische Daten auf physischen Trägern erfasst sind. b) eine wesentliche Bedeutung für die deutsche politische, Kultur- und Wirtschaftsgeschichte gegeben ist. Bei der Auslegung der Begriffe ist das aktuelle Wissenschaftsverständnis zu berücksichtigen. 5 Frage 4 In welcher Form wurden dabei die berechtigten Interessen der das Kulturgut bewahrenden Einrichtungen, der Wissenschaft, des Handels und der privaten Sammler in die Entscheidungsfindung einbezogen? Die Eintragungsverfahren von national wertvollen Kulturgütern erfolgten bislang ausnahmslos auf Antrag der Eigentümer. Ein Konflikt mit den genannten Interessengruppen war daher von vornherein ausgeschlossen. Für das Archivgut in Sachsen-Anhalt sind bislang noch keine Eintragungen erfolgt. Frage 5 Gibt es in Sachsen-Anhalt einen entsprechenden Sachverständigenausschuss ? Wenn ja, wann wurden welche Mitglieder durch wen und für welchen Zeitraum berufen? Wenn nein, warum nicht? Entsprechend des § 2 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Juli 1999 (BGBl. I S. 1754), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 18. Mai 2007 (BGBl. I S. 757), sind sowohl im Kultusministerium als auch im Ministerium für Inneres und Sport jeweils Sachverständigenausschüsse berufen worden. Die Ausschüsse bestehen jeweils aus fünf Sachverständigen. Einer der fünf Experten ist auf Vorschlag der Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien zu berufen. Die Berufung der Sachverständigen bildet im Übrigen die verschiedenen Interessenlagen ab, nämlich Fachleute aus den Bereichen 1) der öffentlichen Verwaltungen, 2) der Hochschullehrer, 3) der privaten Sammler sowie 4) des Kunsthandels und der Antiquariate. Der Sachverständigenausschuss für Kunstwerke und anderes Kulturgut beim Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt wurde 2005 durch den Kultusminister unbefristet berufen. Die Auswahl der Sachverständigen erfolgte entsprechend des § 2 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung. In den letzten 2 Jahren gab es zwei altersbedingte Rücktrittsersuchen, eine Nachbenennung ist erfolgt. Die derzeitigen fünf Mitglieder des beim Ministerium für Inneres und Sport bestehenden Sachverständigenausschuss für Archivgut wurden durch den Innenminister im Juli 2014 für die Dauer von fünf Jahren berufen. Gemäß den Vorgaben des § 11 Abs. 2 i. V. m. § 2 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung wurden auch hier namhafte Vertreter aus den oben genannten Bereichen ausgewählt. Ein Sachverständiger wurde in Wahrnehmung des gesetzlich verankerten Vorschlagsrechts von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien nominiert und vom Land berufen. 6 Frage 6 Welche Behörde ist in Sachsen-Anhalt bisher für die Erteilung von Genehmigungen zur Ausfuhr von Kulturgütern bestimmter Alters- und Wertgrenzen ins nichteuropäische Ausland zuständig? Ausfuhrgenehmigungen werden von der zuständigen obersten Landesbehörde erteilt . Für die Ausfuhr von national wertvollem Kulturgut liegt die Zuständigkeit beim Kultusministerium und dem Ministerium für Inneres und Sport obliegt das Genehmigungsverfahren für das national wertvolle Archivgut. Frage 7 Wie viele Anträge auf Genehmigung einer vorübergehenden bzw. dauerhaften Ausfuhr sind in den vergangenen fünf Jahren gestellt worden? Innerhalb welcher Frist und mit welchem Ergebnis wurden diese Anträge beschieden? Seit dem Jahr 2010 lagen dem Kultusministerium sieben Anträge auf befristete Ausfuhr von national bedeutendem Kulturgut vor. Die Bearbeitungszeit beläuft sich auf ca. 3 - 5 Wochen, was darin begründet ist, dass über die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien der beim Bund ansässige Sachverständigenausschuss im schriftlichen Verfahren angehört werden muss. Alle Anträge wurden positiv beschieden. Eine dauerhafte Ausfuhr von national wertvollem Kulturgut wurde bislang nicht beantragt . Im Ministerium für Inneres und Sport sind in den vergangenen fünf Jahren keine auf die Genehmigung einer vorübergehenden bzw. dauerhaften Ausfuhr von national wertvollem Archivgut gerichteten Anträge gestellt worden. Frage 8 In welcher Form wurde dabei der Sachverständigenausschuss in die Entscheidungsfindung einbezogen? In Anwendung des § 5 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung ist vor der Genehmigung einer befristeten sowie einer unbefristeten Ausfuhr von national wertvollem Kulturgut die Anhörung des von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien zu berufenden Sachverständigenausschusses notwendig. Die Anhörung der Sachverständigenausschüsse bei den zuständigen obersten Landesbehörden ist deshalb gesetzlich nicht vorgesehen. Frage 9 Wie bewertet die Landesregierung das Vorhaben der generellen Unterschutzstellung des Bestands öffentlicher bzw. überwiegend öffentlich geförderter Einrichtungen als „nationales Kulturgut“? Ein Gesetzentwurf der Bundesregierung liegt noch nicht vor, der Referentenentwurf der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien ist als Arbeitspapier innerhalb der Ressorts der Bundesregierung gegenwärtig in Veränderung begriffen; er kann noch nicht Gegenstand einer Stellungnahme der Landesregierung sein. 7 Sollte der noch vorzulegende Gesetzentwurf eine Unterschutzstellung von Sammlungen und Archiven in öffentlichen Einrichtungen ipso iure vorsehen, würde damit eine bisher bestehende Schutzlücke für das Kulturgut in Sachsen-Anhalt geschlossen werden. Denn im Falle einer Entfremdung von Kulturgut (Diebstahl etc.) und seiner unrechtmäßigen Verbringung in das EU-Ausland würde ein durchsetzbarer öffentlich -rechtlicher Rückgabeanspruch entstehen, der aktuell nicht gegeben ist. Frage 10 Welche Auswirkungen erwartet die Landesregierung durch diese generelle Unterschutzstellung für die Museen im Land (zum Beispiel hinsichtlich der Führung von Bestandslisten, der Beantragung von Ausfuhrgenehmigungen im Leihverkehr oder zu Restaurierungsarbeiten, der Erhaltungspflicht oder des Verkaufsverbots)? Das Führen von Bestandslisten ist ohnehin Pflichtaufgabe einer jeden öffentlichen Sammlung, Die Erhaltungspflicht besteht bereits gemäß § 9 Denkmalschutzgesetz Sachsen-Anhalt. Für die öffentlichen Archive besteht eine inhaltsgleiche Substanzerhaltungspflicht bereits gemäß § 8 Abs. 2 i. V. m. § 11 Abs. 2 Satz 2 Archivgesetz Sachsen-Anhalt. Das Arbeitspapier der Beauftragten für Kultur und Medien sieht in § 7 Abs. 1 S. 2 eine generelle Unterschutzstellung für öffentliche Sammlungen (zu mehr als 50 % von öffentlichen Trägern finanziert) vor, was ihnen einen öffentlich-rechtlichen Rückgabeanspruch im Falle des Verlusts und der unrechtmäßigen Verbringung des Kulturguts eröffnen soll. Betreffend die Ausfuhrgenehmigungen für Leihgaben ins Ausland sollen öffentliche Museen und Sammlungen die Erteilung einer „allgemeinen offenen Ausfuhrgenehmigung “ gemäß § 25 des Arbeitspapiers beantragen können. Der Referentenentwurf zielt für öffentliche Sammlungen und Archive deswegen auf ein höheres Schutzniveau einerseits, auf eine Verwaltungsvereinfachung für die Sammlungen und die Landesbehörden andererseits. Frage 11 Wie schätzt die Landesregierung den aktuellen Stand der Inventarisierung der Bestände in den Kulturgut bewahrenden öffentlichen Einrichtungen im Land ein? Es liegen bei der Landesregierung keine gesammelten Angaben zum Stand der Inventarisierung von Beständen (Erschließungszustand) der öffentlichen Sammlungen und Archive vor. Die Einrichtungen des Landes wie der mittelbaren Landesverwaltung weisen nach Einschätzungen der einschlägigen Verbände einen guten Inventarisierungsstand auf, Erschließungsrückstände bestehen hingegen im kommunalen Bereich. Frage 12 Wie gestaltete sich in den vergangenen fünf Jahren die Entwicklung der Ankaufetats in den kulturgutbewahrenden öffentlichen Einrichtungen im Land? Wie bewertet die Landesregierung diese Entwicklung? Der Ankauf von Kunst- und Kulturgut sowie die Bestandsergänzung der öffentlichen Archive stellt die Ausnahme dar und ist in der Regel auf Einzelstücke beschränkt. Die 8 überwiegende Mehrzahl der öffentlichen Museen und Sammlungen sowie die öffentlichen Archive verfügen über keinen Ankaufsetat. Die Landesmuseen sowie die öffentlichen Kulturstiftungen des Landes können innerhalb ihres Haushaltes einzelfallbezogen Mittel für Ankäufe umwidmen, d. h. in sehr begrenztem Umfang Ankäufe durch Einsparungen an anderer Stelle realisieren. Das Landesmuseum für Vorgeschichte etwa wandte für Ankäufe im Jahr 2013 800 € auf, im Jahr 2014 500 €. Der Erwerb von bedeutendem Kultur- oder Archivgut ist deshalb zumeist nur unter maßgeblicher Beteiligung Dritter (Sparkassenstiftung, Kulturstiftung der Länder etc.) möglich . Für die zurückliegenden fünf Jahre ist eine Tendenz oder wesentliche Veränderung dieser Umstände nicht ablesbar. Frage 13 Mit welchen Folgen rechnet die Landesregierung aufgrund des novellierten Kulturgutschutzgesetzes für den Kunsthandel in Sachsen-Anhalt? Der Referentenentwurf der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien ist als Arbeitspapier gegenwärtig in Veränderung begriffen, eine Stellungnahme der Landesregierung wird erst zu einem Gesetzesentwurf möglich sein. Die KMK hat 2014 „Eckpunkte zur Novellierung des Kulturgutschutzes in Deutschland “ gebilligt. Es wurde Konsens zwischen allen Ländern und dem Bund über die Notwendigkeit einer Ausfuhrgenehmigung für Kulturgut oberhalb einer objektbezogenen Schwelle (etwa bei Gemälden ab einem Alter von 50 Jahren sowie einem Wert von 150.000 €) im europäischen Binnenmarkt erzielt. Dieser Genehmigungsvorbehalt und die Schwellen galten in Deutschland auch bislang schon für die Ausfuhr aus dem Gebiet der EU, sie sollen nun auch auf den Binnenmarkt der EU erstreckt werden, wie es auch die Gesetzgebung in 26 von 28 EUMitgliedsstaaten bereits vorsieht. Mit dem, dem Kultusministerium seit dem 15.09.2015 vorliegenden Referentenentwurf beabsichtigt die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, den Interessen des Kunsthandels insoweit entgegenzukommen als das zum Beispiel Bilder und Gemälde erst betroffen sind, wenn diese älter als 70 Jahre sind und mehr als 300.000 € kosten. Gerade Sachsen-Anhalt weist in erheblich geringerem Maße gewerblichen Handel mit Kunst- und Kulturgut bzw. Archivalien auf als viele andere Bundesländer, beherbergt aber in seinen vier UNESCO-Welterbestätten, den Kirchen, öffentlichen Stiftungen und Museen des Landes herausragende Kulturgüter in großer Zahl. Der effektive Schutz des Kulturgutes liegt den besonderen Verhältnissen in SachsenAnhalt entsprechend im besonderen Landesinteresse. Frage 14 Wie bewertet die Landesregierung die Ziele des Novellierungsvorhabens zum Kulturgutschutz insgesamt, insbesondere diejenigen nach Vereinheitlichung der Kriterien für die Aufnahme von Kulturgut in die Kulturgutverzeichnisse und für die Gewährung bzw. Versagung von Ausfuhrgenehmigungen sowie zum durch den Bund geführten zentralen Internetportal zum Kulturschutz? 9 Die von der Bundesregierung vorgelegten „Eckpunkte zu Novellierung des Kulturgutschutzes in Deutschland“ (Stand: 21.05.2014) wurden von der KMK zustimmend zur Kenntnis genommen. Damit wurde 2014 ein Konsens zwischen dem Bund und allen Ländern über die Notwendigkeit und die wesentlichen Inhalte der Novellierung hergestellt . Für den Bereich des Kunst- und Kulturgutes als auch für den Bereich des Archivwesens werden die oben genannten Ziele einer Novelle zum Kulturgutschutz durch Innen - und Kultusministerium positiv bewertet, stets vorbehaltlich der konkreten Regelungen des abschließenden Gesetzentwurfs der Bundesregierung. Frage 15 Mit welchen neuen Aufgaben und mit welchen damit verbundenen Mehrausgaben rechnet das Land aufgrund der von Seiten des Bundes formulierten Ziele des Gesetzesvorhabens und des von der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien auf der Pressekonferenz am 15. Juli 2015 vorgestellten Referentenentwurfes ? Eine Prognose zu künftigen Aufgaben wird erst auf Grundlage eines Gesetzentwurfs erfolgen können; der jetzt vorliegende Referentenentwurf als Arbeitspapier ist noch in Abstimmung innerhalb der Bundesregierung befindlich. Eine Datengrundlage für eventuellen Mehraufwand und ggf. erforderliche Mehrausgaben liegt deshalb noch nicht vor. Die auf das Land entfallenden anteiligen Aufwendungen für den Betrieb eines zentralen Internetportals zum Kulturgutschutz sollen ausweislich des Referentenentwurfs denen entsprechen, die bereits jetzt für den Betrieb der Bund-Länder-Website Kulturgutschutz (s.: http://www.kulturgutschutz-deutschland.de) vom Land getragen werden ; sie sind damit haushaltsneutral. Für die Träger von kommunalen und sonstigen öffentlichen Einrichtungen im Land entsteht aus dem Referentenentwurf kein unmittelbarer finanzieller Mehrbedarf. Frage 16 In welcher Form ist das Land Sachsen-Anhalt ins Gesetzesvorhaben eingebunden bzw. konsultiert worden? Mit der Billigung der „Eckpunkte zu Novellierung des Kulturgutschutzes in Deutschland “ (Stand: 21.05.2014) durch die KMK wurde ein grundsätzlicher Konsens zwischen dem Bund und allen Ländern über die Notwendigkeit und die wesentlichen Inhalte der Novellierung hergestellt. Zum Referentenentwurf der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien erbat die Bundesregierung von den Ländern und den betroffenen Verbänden am 15.09.2015 eine Prüfung und Rückäußerung binnen drei Wochen. Der Entwurf wird aktuell im Kultusministerium sowie im Ministerium für Inneres und Sport geprüft.