Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/4412 25.09.2015 (Ausgegeben am 28.09.2015) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Aussteigerprogramm EXTRA Kleine Anfrage - KA 6/8908 Vorbemerkung des Fragestellenden: Für Ausstiegswillige aus der rechten Szene besteht seit August 2014 ein vom Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt neu konzipiertes Beratungs - und Unterstützungsangebot. Das Programm EXTRA (Extremismus-Ausstieg) des Verfassungsschutzes soll nach dessen Darstellung Menschen ermutigen, sich von ihren rechtsextremistischen Ideologien und Lebenswelten zu lösen. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Ich frage die Landesregierung: 1. Wie wurde das Aussteigerprogramm EXTRA bei Ämtern und Behörden vom Jugend- und Sozialamt bis hin zu Justiz und Polizei im Einzelnen bekannt gemacht? Mitarbeiter des Ausstiegshilfeprogramms EXTRA haben in den Polizeidirektionen des Landes und beim Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt in Dienstbesprechungen der Behördenleitungen EXTRA bekannt gemacht. EXTRA ist außerdem in den Fachkommissariaten Polizeilicher Staatsschutz und Jugendkriminalität in den Revieren und Revierkommissariaten vorgestellt worden. Weiterhin wurde das Ausstiegshilfeprogramm in den Fachreferaten des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung und des Ministeriums für Arbeit und Soziales sowie dem Generalstaatsanwalt vorgestellt. Anlässlich von Dienstbesprechun- 2 gen konnte EXTRA den Leitern der Justizvollzugsanstalten und der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Jugendämter erläutert werden. Dem Landespräventionsrat sowie dem Beirat und dem Interministeriellen Arbeitskreis des Landesprogramms für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt sowie dem Beratungsnetzwerk gegen Rechtsextremismus wurde EXTRA ebenfalls vorgestellt. 2. Wie wurde das Aussteigerprogramm EXTRA bis dato angenommen? Wie viele Anrufer/-innen meldeten sich über die Hotline? Wie viele über andere Wege? Bitte aufschlüsseln nach potentiellen Aussteiger/innen und Menschen , die eine allgemeine Beratung wünschten. Wie viele potenzielle Aussteiger/innen, die sich selbst meldeten, wurden in das Programm übernommen? Wie viele wurden abgelehnt? Nach welchen Kriterien erfolgt die Übernahme bzw. die Ablehnung? Wo sind diese zugrunde gelegt ? EXTRA wurde bisher gut angenommen. Die Hotline und der E-Mail-Postkorb werden nicht nur von potenziellen Aussteigern und Ratsuchenden genutzt, sie dienen auch Mitarbeitern anderer Ausstiegshilfeprogramme zur Kommunikation mit EXTRA. In Einzelfällen nutzen auch die betreuten Personen die Hotline zur Kommunikation. 28 Anruferinnen und Anrufer meldeten sich per 31. August 2015 über die Hotline. Vier Personen von diesen können als potenzielle Aussteiger gelten oder befinden sich bereits im Programm. Weitere neun Personen wünschten allgemeine Beratung zur Ausstiegshilfe und zum Rechtsextremismus allgemein. Auf anderen Wegen meldeten sich sechs Menschen mit dem Wunsch nach allgemeiner Beratung. Von den Personen, die sich selbst meldeten wurden drei in das Programm übernommen. Eine Person wurde abgelehnt. Übernahme und Ablehnung erfolgen gemäß der „Neukonzeption der Ausstiegshilfe Rechts Sachsen-Anhalt - Feinkonzeption“, die in der öffentlichen Sitzung des Ausschusses für Inneres und Sport des Landtags von Sachsen-Anhalt am 7. März 2013 vorgestellt wurde. Das entsprechende Textdokument ist auf der Homepage des Landtags von Sachsen-Anhalt in der Dokumentationsdatenbank abrufbar. 3. Wie viele potentielle Aussteiger/innen wurden bis dato gezielt angesprochen und wie viele von ihnen wurden schließlich in das Programm aufgenommen, wie viele wurden abgelehnt? Nach welchen Kriterien erfolgt die gezielte Ansprache? Wo sind diese zugrunde gelegt? Seit dem Start des Programms wurden bisher fünf Personen gezielt angesprochen , von denen eine in das Programm aufgenommen wurde; keiner dieser fünf Personen wurde die Aufnahme in das Programm verweigert. Zu den Kriterien wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 4. Wurden abgelehnten Personen andere Angebote gemacht bzw. diese an solche verwiesen (Verweisung an andere, z. B. zivilgesellschaftliche Ausstiegsprogramme , Verweisung an Programme anderer Bundesländer, Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz, ...)? Eine abgelehnte Person aus Sachsen-Anhalt ist auf ein zivilgesellschaftliches Ausstiegshilfeprogramm in einem anderen Bundesland verwiesen worden. 3 5. Wie viele Ausstiegswillige wurden seit dem Start des Programms insgesamt betreut? Wie viele Personen aus dieser Gruppe haben den Ausstieg vollzogen? Wann gilt ein Ausstieg als vollzogen? Wo sind die Kriterien hierfür zugrunde gelegt? Seit dem Programmstart werden vier Ausstiegswillige betreut, von denen bisher noch niemand den Ausstieg vollständig vollzogen hat. Der Ausstieg gilt als vollzogen , wenn sich ein Aussteiger oder eine Aussteigerin aus der rechtsextremistischen Szene gelöst und glaubhaft rechtsextremistische Überzeugungen aufgegeben hat. Zu den Kriterien wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 6. Wie viele Mitarbeiter/innen besetzen derzeit mit je wie vielen Arbeitsstunden die Erstkontaktstelle? Über welche Qualifikationen verfügen die betreffenden Mitarbeiter/innen. Die Erstkontaktstelle ist mit zwei Mitarbeitern (1 x Vollzeit, 1 x 95 % = 1,95 VBE) besetzt. Die anteilige Wahrnehmung sonstiger konzeptioneller, verwaltungsinterner und öffentlichkeitswirksamer Aufgaben von EXTRA im Referat 44 des Ministeriums für Inneres und Sport auf Sachbearbeiter-, Referenten- und Leitungsebene entspricht insgesamt einer VBE. 7. Wie viele Mitarbeiter/innen besetzen derzeit mit je wie vielen Arbeitsstunden das Beratungs- und Informationsteam (EXTRA BIT)? Über welche Qualifikationen verfügen die betreffenden Mitarbeiter/innen? Derzeit besetzt eine Person, die über ein Diplom im Fach Sozialpädagogik und viele Jahre Berufserfahrung verfügt, das für zwei Mitarbeiter vorgesehene Beratungs - und Informationsteam. Der Einsatz für EXTRA BIT erfolgt bedarfsabhängig ; feste Zeitanteile sind nicht vorgesehen. 8. Welche finanziellen Mittel stehen zur Durchführung des Aussteigerprogramms EXTRA zur Verfügung? Welche Haushaltsmittel sind tatsächlich bis dato abgeflossen? Im Haushaltsjahr 2015 stehen für Zwecke der Ausstiegshilfe insgesamt 10.800,00 € zur Verfügung. Der Mittelabfluss beläuft sich per 31. August 2015 auf 1.640,00 €. 9. Wie und in welcher Form erfolgt derzeit im Rahmen des Aussteigerprogramms EXTRA eine Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Trägern innerhalb und außerhalb von Sachsen-Anhalt? Die Arbeit von EXTRA zielt auf eine Zusammenarbeit mit öffentlichen und privaten Partnern. Daher ist EXTRA sowohl im Beirat des Landesprogramms für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt als auch im Landespräventionsrat und im Beratungsnetzwerk gegen Rechtsextremismus vorgestellt worden und es wurde eine Zusammenarbeit angeboten. Einzelne zivilgesellschaftliche Träger haben EXTRA eingeladen, seine Arbeit vorzustellen. Eine Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Trägern außerhalb Sachsen-Anhalts findet einzelfallbezogen statt. 4 10. Finden und fanden (öffentliche) Veranstaltungen mit Aussteiger/-innen statt (z. B. an Schulen)? Sind diese für die Zukunft geplant? Nein. 11. Wann ist die (externe) Evaluierung des Aussteigerprogramms EXTRA geplant und durch wen soll diese erfolgen? Die externe wissenschaftliche Evaluierung ist für das Jahr 2016 geplant. Ein Auftragnehmer steht noch nicht fest.