Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/4435 06.10.2015 (Ausgegeben am 07.10.2015) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Prof. Dr. Claudia Dalbert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Betrieb der Hauptwehre am Mühlgraben in Quedlinburg Kleine Anfrage - KA 6/8912 Vorbemerkung des Fragestellenden: Nach der Einstufung des Mühlgrabens in Quedlinburg als Gewässer 2. Ordnung werden die beiden Hauptwehre weiter durch das Land betrieben. Die Bedienung der Wehre ist insbesondere aus ökologischen Gründen wichtig, da der Mühlgraben im Gewässersystem der Bode als Laichgewässer gilt. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt 1. Nach welchen Maßgaben werden die Hauptwehre des Mühlgrabens betrieben ? Welche Randbedingungen sind einzuhalten? Mit Hilfe des Schützentafelwehrs „An der Altenburg“ soll zum Schutz der Stadt Quedlinburg vor extremen Hochwasserschäden Oberflächenwasser aus dem Mühlengraben aufgestaut und in die Bode abgeleitet werden. Die wasserrechtliche Erlaubnis des damals zuständigen Regierungspräsidiums Magdeburg vom 21. April 1998 regelt dazu: - Öffnen der Schütztafel bei normalen Wasserständen; - Schließen der Schütztafel ab einem Wasserstand von ≥ 124,76 m NN (minimale Stauhöhe bei Hochwasserereignissen); - Schließen der Schütztafel bei Frostperioden mit Tagestemperaturen < 0 °C. Das Wehr „Stiefelgraben“ dient dazu, Wasser der Bode aufzustauen und aus der Bode in den Stiefelgraben abzuleiten. Ziele der Steuerung sind der Schutz vor Hochwassergefahren und die Gewährleistung eines Mindestdurchflusses im Stiefel- 2 graben. Die wasserrechtliche Erlaubnis des Landkreises Harz vom 21.06.2011 regelt : - Öffnen der Schütztafel bei Normalabfluss; - Schließen der Schütztafel ab einem Wasserstand von ≥ 122,60 m NN; - Schließen der Schütztafel bei Frostperioden mit Tagestemperaturen < 0 °C. Die vorgenannten wasserrechtlichen Genehmigungen beinhalten neben einer grundsätzlichen Zielvorgabe zur Einhaltung eines Mindestabflusses (Stiefelwehr) keine konkrete Quantifizierung für Niedrigwasserverhältnisse. Die Steuerung der Wehranlagen erfolgt durch den Flussbereich Halberstadt des LHW unter Beachtung der wasserbehördlichen Vorgaben nach fachlichen Erfordernissen in Abstimmung mit der Stadt Quedlinburg unter folgenden Maßgaben: - Gewährleistung einer ausreichenden und kontinuierlichen Abflussmenge im Mühlengraben und - Sicherung einer Vorflut für die Entwässerung von angrenzenden Flächen. Zu den hydraulischen Abflussverhältnissen, u. a. auch für Niedrigwassersituationen, wurden durch den LHW fachliche Untersuchungen beauftragt. Im Ergebnis soll ein Mindestabfluss von 20 l/s im Mühlengraben nicht unterschritten werden. Diese Vorgabe wird bei der Steuerung der Wehre beachtet. 2. Welcher Mindestwasserstand ist im Mühlgraben einzuhalten? Für den Mühlengraben ist kein Mindestwasserstand vorgegeben. 3. Welche besonderen Bedingungen gelten für den Winterbetrieb der Hauptwehre ? Im Winterbetrieb der beiden Wehranlagen ist zu beachten, dass die Schütztafeln bei Frostperioden mit Tagestemperaturen < 0 °C zu setzen bzw. bei anhaltenden Tagestemperaturen > 0 °C wieder zu öffnen sind. Bei extremen Temperaturen besteht die Möglichkeit, dass die Wehranlagen einfrieren und nicht mehr bedienbar sind. 4. Welche ökologische Bedeutung kommt dem Mühlgraben im Gewässersystem der Bode zu? Welche Fischarten kommen im Mühlgraben vor? Der Mühlengraben Quedlinburg lässt sich gewässermorphologisch in zwei Abschnitte unterteilen: Einen künstlich ausgebauten Abschnitt innerhalb des Stadtgebietes von Quedlinburg und einen relativ naturnahen Abschnitt, der ab dem nördlichen Ortsrand beginnt und bis zur Mündung in die Bode reicht. Für den Bereich der Oberen Bode liegt ein Gewässerentwicklungskonzept vor. Demnach hat der Mühlengraben mit beiden Abschnitten im Gewässersystem der Bode eine nachrangige ökologische Bedeutung für das Gewässersystem. Aus fischereiökologischer Sicht wirkt sich insbesondere der Mangel an geeigneten Überwinterungshabitaten limitierend auf die Fischbesiedlung aus. Die vorhandenen Wehranlagen schränken den Fischwechsel zwischen Mühlengraben und Bode ein. Der Fischbestand des Mühlengrabens setzt sich dementsprechend in der Ortslage 3 Quedlinburg vornehmlich aus Kleinfischarten sowie ein- und zweijährigen Bachforellen zusammen. Verbreitet nachgewiesen sind die Fischarten Bachforelle, Gründling, Schmerle, Elritze, Dreistachliger Stichling und vereinzelt Groppe. 5. Welche Maßnahmen sind für den Mühlgraben geplant, um das ökologische Potential zu verbessern und wann werden sie umgesetzt? Vorranggewässer für die Herstellung der ökologischen Durchgängigkeit und für das Wanderfischprogramm ist die Bode. Hier werden im zweiten Bewirtschaftungszeitraum der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie zwischen 2016 und 2021 vorrangig Maßnahmen zur Verbesserung der ökologischen Durchgängigkeit umgesetzt. Die Mindestwassermengen und die Mindestwasserstände müssen deshalb auch künftig durch entsprechende Wehrsteuerung vorrangig in der Bode abgesichert werden. Der Mühlengrabenabschnitt nördlich der Ortslage Quedlinburg besitzt eine lokale gewässerökologische Bedeutung als Verbindungsgewässer zwischen Zapfenbach und Bode. Dementsprechend enthält das Gewässerentwicklungskonzept auch für diesen Gewässerstrang Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerökologie. Dazu gehören drei Maßnahmen, die den Einbau bzw. Erhalt kleinräumiger Uferstrukturen, die lokale Ufer,- Böschungs- und Profilumgestaltung, die Abgrenzung von Uferstreifen von landwirtschaftlichen Nutzflächen und die Belassung von Kolken und Uferabbrüchen zum Inhalt haben. Die Umsetzung sollte jedoch nach den vorrangig umzusetzenden Maßnahmen an dem Hauptgewässer Bode erfolgen.