Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/4757 25.01.2016 (Ausgegeben am 26.01.2016) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Rüdiger Erben (SPD) Erhebung von Abwasserbeiträgen in der ehemaligen Gemeinde Zorbau (jetzt Stadt Lützen, Burgenlandkreis) Kleine Anfrage - KA 6/9031 Vorbemerkung des Fragestellenden: In der ehemaligen Gemeinde Zorbau erwarben zahlreiche Unternehmen und Privatpersonen Grundstücke zur Bebauung mit Gewerbe- und Wohngebäuden von der Objekt - und Verwaltungsgesellschaft mbH Zorbau (OVGZ). Gesellschafter der OVGZ war die Gemeinde Zorbau, Geschäftsführer deren Bürgermeister Dietmar Neuhaus. In den Kaufverträgen erklärte die OVGZ als Verkäuferin, dass mit der im Vertrag vereinbarten Erschließungskostenzahlung „weitere Beiträge nach dem Kommunalabgabengesetz abgegolten“ seien. Die OVGZ ist zwischenzeitlich insolvent. In den letzten Monaten wurden gegen die Grundstückseigentümer vom AZV Saale-Rippachtal und/oder der Stadt Lützen „Heranziehungsbescheide zum Herstellungsbeitrag für die zentrale öffentliche Schmutzwassereinrichtung“ erlassen, die einen Beitrag ohne eine Anrechnung der Zahlungen aus dem Kaufvertrag verlangen. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Erfolgte die (erneute) Heranziehung der Grundstückseigentümer zu den Herstellungskosten der Schmutzwasserbeseitigung auf Veranlassung der Kommunalaufsichtsbehörden bzw. der sog. Task-Force der Landesregierung gegenüber dem AZV Saale-Rippachtal bzw. der Stadt Lützen? Um seiner sich aus § 6 Kommunalabgabengesetz des Landes Sachsen-Anhalt (KAG-LSA) ergebenden Beitragserhebungspflicht nachzukommen, war der Abwasserzweckverband Saale-Rippachtal verpflichtet, entsprechende satzungs- 2 rechtliche Grundlagen zur Beitragserhebung zu schaffen. Eine Beitragssatzung wurde durch den Abwasserzweckverband Saale-Rippachtal am 29. September 2015 beschlossen, auch weil die bisherige Beitragssatzung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zur Tiefenbegrenzung unwirksam war. Kommunalaufsichtliche Mittel kamen dabei nicht zum Einsatz. Durch diese Beschlussfassung und die fehlende Anwendbarkeit der Billigkeitsregelung nach § 13a Abs. 6 KAG-LSA war der Abwasserzweckverband Saale- Rippachtal gesetzlich verpflichtet die Beitragserhebung durchzuführen. Die Kommunalaufsichtsbehörde hatte durch ihre Aufsichtstätigkeit sicherzustellen , dass die Umsetzung der beschlossenen Satzung erfolgt, damit der Zweckverband rechtmäßig handelt. Letztlich erfolgte die (erneute) Heranziehung der Grundstückseigentümer zu den Herstellungskosten nicht auf Veranlassung der Kommunalaufsichtsbehörden bzw. der Task-Force. 2. Wie ist die OVGZ mit den aus den Kaufverträgen geleisteten Zahlungen für die „Erschließungskosten“ umgegangen? Wurden diese und wenn ja, in welcher Höhe an die Gemeinde Zorbau weitergeleitet? Haben die OVGZ selbst oder die Gemeinde Zorbau die „Erschließungskosten“ aus den Kaufverträgen an den AZV Saale-Rippachtal weitergeleitet, wenn ja, in welcher Höhe? Nach Mitteilung der zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde ist anhand von Archivunterlagen des früheren Landkreises Weißenfels festzustellen, dass die ehemalige Gemeinde Zorbau mit der OVGZ im Jahr 1997 einen Geschäftsbesorgungsvertrag abschloss, nachdem die OVGZ damit beauftragt worden war, die Abwasserkonzeption der Gemeinde für diese durchzuführen. Aus einer schriftlichen Darstellung des ehemaligen Bürgermeisters der Gemeinde Zorbau vom 26. April 2002 geht hervor, dass alle von der OVGZ getätigten Investitionen hinsichtlich des Abwasserkanalnetzes auf die Gemeinde übertragen und abgerechnet wurden. Der Geschäftsbesorgungsvertrag wurde zum 31. Dezember 2001 beendet. Die Gemeinde hat die Aufgabe der Abwasserbeseitigung von diesem Zeitpunkt an vollständig selbst durchgeführt und abgerechnet . Nach Auskunft der zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde lässt sich dies auch anhand der Haushaltsunterlagen der ehemaligen Gemeinde ab dem Jahr 2002 erkennen. Weiterhin konnte den Archivunterlagen entnommen werden, dass nach einer Prüfung des Landesrechnungshofes die Kosten für die Erschließung des Gewerbegebietes Zorbau in den gemeindlichen Haushalt übernommen wurden. In der Folge wurden jeweils in den gemeindlichen Haushalt der folgenden Jahre auch die Erlöse aus Grundstücksveräußerungen und die Erschließungsbeiträge im Gewerbegebiet dargestellt. Die zuständige Kommunalaufsichtsbehörde teilt dazu mit, dass die Höhe der Erschließungskosten und der Erschließungsbeiträge für das Abwasserkanalnetz, die in den gemeindlichen Haushalt eingestellt worden sind, derzeit jedoch noch nicht benannt werden können. Die OVGZ hatte neben der Errichtung und Betreibung des Abwasserkanalnetzes auch die Errichtung und Betreibung einer Fernwärmeerzeugungsanlage für die Gemeinde Zorbau übernommen, für die ebenfalls sowohl die Erschließungskosten als 3 auch die Erschließungsbeiträge in den gemeindlichen Haushalt eingestellt worden sind. Eine Unterscheidung in welcher Höhe die Kosten und die Beiträge auf das Abwasserkanalnetz und die Fernwärmeerzeugungsanlage entfallen, ist somit derzeit nicht möglich. Nach dem gegenwärtigen Stand liegen keine Erkenntnisse vor, ob die OVGZ auch Grundstücke vermarktet hat. Eine Aufarbeitung der Vertragsbeziehungen der ehemaligen Gemeinde Zorbau mit der OVGZ und anderen privaten Dritten, insbesondere im Zusammenhang mit der Erschließung des Gewerbegebietes Zorbau, wurde nach Mitteilung der zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde durch den früheren Landkreis Weißenfels mehrfach versucht, jedoch nie vollumfänglich abgeschlossen. Die zuständige Kommunalaufsichtsbehörde beabsichtigt weitere Schritte zur Aufklärung des Sachverhaltes zu unternehmen. 3. Sollten keine Zahlungen an den AZV Saale-Rippachtal geleistet worden sein, was ist der Landesregierung, den Kommunalaufsichtsbehörden oder der Stadt Lützen über den Verbleib der Erschließungskostenzahlungen aus den Kaufverträgen mit der OVGZ bekannt? Siehe Antwort zu Frage Nummer 2.