Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/4758 25.01.2016 (Ausgegeben am 26.01.2016) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Henriette Quade (DIE LINKE) Bewertung der verschärften Asylgesetzgebung Kleine Anfrage - KA 6/9030 Vorbemerkung des Fragestellenden: Die Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD haben am 5. November 2015 einen Beschluss zu weiteren Verschärfungen des Asylrechts, beschleunigten Asylverfahren und erleichterten Abschiebungen gefasst. Im Zentrum der Debatte stand die Auseinandersetzung um sogenannte Transitzentren , die von der Union gefordert worden waren, was jedoch dauerhafte Grenzkontrollen an den deutschen EU-Binnengrenzen und die haftartige Zwangsunterbringung von vielen Tausend Asylsuchenden erfordert hätte. Beschlossen wurden stattdessen „drei bis 5“ „besondere Aufnahme-Einrichtungen“, in denen vor allem die Asylgesuche von Flüchtlingen aus sicheren Herkunftsstaaten innerhalb von längstens drei Wochen (inklusive Rechtsmittelverfahren) abschließend behandelt werden sollen. Abschiebungen sollen „unmittelbar aus der Aufnahmeeinrichtung“ erfolgen. Aber auch bei Folgeanträgen, Wiedereinreisesperren und fehlender Mitwirkungsbereitschaft soll ein beschleunigtes Asylverfahren in den genannten Einrichtungen erfolgen . Die Präsenz in den Einrichtungen soll durch eine „verschärfte Residenzpflicht“ und bei Verstößen dagegen durch Einstellung der Sozialleistungen und „Ruhen“ bzw. „Erlöschen“ des Asylantrags und eine sofortige Abschiebung sichergestellt werden. Der Beschluss enthält zahlreiche weitere Vorschläge für Gesetzesverschärfungen und für erleichterte Abschiebungen, wie beispielsweise die Einschränkung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten, Kürzungen des sozio-kulturellen Existenzminimums durch Kostenbeteiligung bei Integrationskursteilnahme, die Errichtung einer Clearingstelle zur Abschiebungserleichterung, gesetzliche Regelungen zur Erstellung ärztlicher Atteste im Zusammenhang mit Abschiebungen, die „Verbesserung innerstaatlicher Fluchtalternativen“ in Afghanistan mit dem Ziel einer „Intensivierung“ von Abschiebungen. 2 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie bewertet die Landesregierung den o. g. Beschluss, gegen welche konkreten Vorschläge bestehen inhaltliche Bedenken und strebt sie derzeit eine Zustimmung im Bundesrat zu den geplanten Gesetzesinitiativen an? Bitte ausführen. Die Landesregierung begrüßt den Beschluss der Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD vom 5. November 2015. Eine gesetzliche Umsetzung dieses Beschlusses ist bisher von der Bundesregierung mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Registrierung und des Datenaustausches zu aufenthaltsund asylrechtlichen Zwecken (Datenaustauschverbesserungsgesetz) lediglich hinsichtlich der Teilaspekte einer schnellen identitätssichernden Registrierung der Schutzsuchenden sowie der Verbesserung des Datenaustauschs beschlossen worden. Die Landesregierung hat diesen Gesetzentwurf im Bundesrat grundsätzlich unterstützt. Zu Einzelheiten hierzu wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. Für die Umsetzung der Mehrzahl der Punkte des o. a. Beschlusses liegt noch kein den Ländern zur Stellungnahme zugeleiteter Gesetzentwurf der Bundesregierung vor. Inhaltliche Bedenken gegen den o. a. Beschluss bestehen nicht. Eine endgültige Bewertung kann aber erst nach Bekanntgabe des Gesetzentwurfs zur Umsetzung der Beschlüsse erfolgen. Die Beantwortung der Fragen kann sich daher nur auf den vorliegenden Beschluss vom 5. November 2015 beziehen. 2. Werden mit dem o. g. Beschluss insbesondere diejenigen Maßnahmen eingeleitet und ergriffen, die für die Bewältigung der derzeitigen Probleme in der Asylpolitik erforderlich sind - und was sind diese aus Sicht der Landesregierung? Der o. g. Beschluss leitet zahlreiche notwendige Schritte im Bereich der Asylpolitik ein. Mit dem Datenaustauschverbesserungsgesetz werden insbesondere die Registrierung der ankommenden Flüchtlinge und der Datenaustausch der beteiligten Behörden verbessert. Damit wird aus Sicht der Landesregierung eine wichtige Grundlage für die Beschleunigung von Asylverfahren gelegt. Ein weiterer wesentlicher Punkt ist aus Sicht der Landesregierung die Beschleunigung der Verfahren für Asylbewerber mit geringer Aussicht auf Anerkennung und damit korrespondierend - bei negativem Ausgang der Verfahren - die erleichterte Abschiebung. Von entscheidender Bedeutung ist aus Sicht der Landesregierung zudem die Wiederherstellung des strikten Schutzes der Außengrenzen der Europäischen Union. Der Förderung der Integration, zu der auch unabdingbar die Beachtung der Rechts- und Werteordnung des Grundgesetzes gehört, wird auch von der Landesregierung ein entscheidender Stellenwert zugemessen . 3 3. Sind die nunmehr beschlossenen Maßnahmen zur Beschleunigung der Asylverfahren (Ausweis und Datenbank für Asylbewerber und Flüchtlinge) aus Sicht der Landesregierung sinnvoll, und warum wurden solche oder andere Maßnahmen zur organisatorischen Beschleunigung der Asylverfahren nicht schon viel früher ergriffen? Die schnelle und flächendeckende Registrierung von Personen, die derzeit als Asylsuchende, Flüchtlinge oder unerlaubt nach Deutschland einreisen ist von zentraler Bedeutung. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Verbesserung der Registrierung und des Datenaustausches zu aufenthalts - und asylrechtlichen Zwecken (Datenaustauschverbesserungsgesetz) sollen durch Änderung des § 63a des Asylgesetzes (AsylG) die rechtlichen Grundlagen für den neuen Ankunftsnachweis geschaffen werden. Der Ankunftsnachweis soll als ein papierbasiertes Dokument mit fälschungssicheren Elementen ausgestaltet werden und als visualisierter Nachweis der Registrierung dienen. Die erhobenen Daten sollen dann unmittelbar gespeichert und auf elektronischem Wege den berechtigten öffentlichen Stellen zur Verfügung gestellt werden können. Dazu ist beabsichtigt, im Ausländerzentralregister ein Kerndatensystem zu schaffen. Die Bundesregierung hat am 9. Dezember 2015 den Gesetzentwurf beschlossen. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 18. Dezember 2015 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf Stellung zu nehmen. Für die vorgenannten gesetzlichen Regelungen hat der Bund die Gesetzgebungskompetenz . Sie sind vor dem Hintergrund der Beschleunigung der Asylverfahren und der Vermeidung von Mehrfachregistrierungen aus Sicht der Landesregierung zu begrüßen. Dabei sind bundeseinheitliche Regelungen im gesamtstaatlichen Interesse. 4. Plant die Landesregierung die Errichtung einer der drei bis fünf vorgesehenen sogenannten besonderen Aufnahme-Einrichtung oder hält sie diese in Sachsen-Anhalt für sinnvoll? Bitte die Gründe darlegen. Wenn ja, wo sollen sich diese befinden und welche Flughafenlogistik soll dafür genutzt werden? Die Landesregierung plant derzeit in Sachsen-Anhalt nicht die Einrichtung einer besonderen Aufnahmeeinrichtung für die in dem Beschluss benannten Asylbewerbergruppen . 5. Ist nach Ansicht der Landesregierung das Vorhaben realistisch, beschleunigte Asylverfahren in sogenannten besonderen Aufnahme-Einrichtungen innerhalb von maximal drei Wochen zum Ende zu bringen, wie lassen sich insbesondere zweiwöchige Gerichtsverfahren in der Praxis gewährleisten, welche (insbesondere personellen) Voraussetzungen sind hierfür erforderlich und warum wurden Asylverfahren nicht bereits nach geltendem Recht durch die notwendige personelle Ausstattung der Behörden und Gerichte entsprechend beschleunigt? Die Landesregierung unterstützt das Ziel, beschleunigte Asylverfahren innerhalb von 3 Wochen abzuschließen. Der Abschluss des Verwaltungsverfahrens 4 innerhalb einer Woche setzt eine entsprechende personelle Ausstattung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) voraus. Der hierfür erforderliche erhebliche Ausbau der Personalkörpers des BAMF ist vom Bund beabsichtigt . Es entspricht der bereits jetzt geltenden Rechtslage, dass über Anträge auf gerichtlichen Eilrechtsschutz gegen eine Abschiebungsandrohung in Fällen der Unbeachtlichkeit und der offensichtlichen Unbegründetheit des Asylantrages innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Bescheids entschieden werden soll (§ 36 Abs. 3 Satz 5 in Verbindung mit Absatz 1 des Asylgesetzes). Bei den Verwaltungsgerichten im Land bestehen die personellen Voraussetzungen, um den gesetzlichen Vorgaben zu genügen. Beide Verwaltungsgerichte (Halle und Magdeburg) sind im richterlichen wie im nichtrichterlichen Dienst gemäß der Personalbedarfsberechnung 2015 nach dem Personalbedarfsberechnungssystem PEBB§Y-Fach bedarfsgerecht ausgestattet. Die verwaltungsgerichtlichen Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz haben auch den am 18. Juni 2015 zwischen dem Bund und den Ländern vereinbarten Zielen des Aktionsplans zur weiteren Beschleunigung der Asylverfahren bereits vor dessen Abschluss entsprochen. Die durchschnittliche Verfahrensdauer für die in den Monaten Mai/Juni 2015 eingegangenen und erledigten Eilverfahren betreffend Antragsteller aus Bosnien-Herzegowina bzw. Serbien umfasste bereits zu diesem Zeitpunkt durchschnittlich lediglich 9,3 Tage bzw. 22,8 Tage, wobei zu berücksichtigen ist, dass vor einer richterlichen Entscheidung noch die Vorlage der Verwaltungsvorgänge des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge sowie dessen Antragserwiderung abzuwarten waren. Dies hat jeweils etwa eine Woche in Anspruch genommen. Aufgrund der guten Personalausstattung der Verwaltungsgerichte sowie der vom Gesetzgeber beschlossenen Einbeziehung des Verwaltungsgerichts Halle in die Bearbeitung asylrechtlicher Streitigkeiten ist auch in Zukunft mit einer raschen Erledigung der Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu rechnen. 6. Wie beurteilt die Landesregierung die Verfassungsgemäßheit der geplanten Maßnahmen zur Durchsetzung der Residenzpflicht in diesen besonderen Aufnahme-Einrichtungen, insbesondere Leistungseinstellungen und, nach dem zweiten Verstoß gegen die Residenzpflicht, das „Erlöschen des Antrages“ und die sofortige Ausweisung und Abschiebung „unabhängig von einem eingelegten Rechtsbehelf“? Eine exakte Einschätzung kann erst - wie bereits in der Antwort zu Frage 1 ausgeführt - nach Vorliegen eines konkreten Gesetzentwurfs erfolgen. Grundsätzlich ist es aus Sicht der Landesregierung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden , die Gewährung von humanitärem Schutz, einschließlich der Erlangung von Sozialleistungen, von der Erfüllung von Verhaltens- und Mitwirkungspflichten durch den Schutzsuchenden abhängig zu machen. Dies gilt insbesondere , wenn es sich um Pflichten handelt, die der Beschleunigung des Asylverfahrens dienen und deren Erfüllung somit objektiv im Interesse des Schutzsuchenden selbst liegt. Im Übrigen wird in Art. 28 Abs. 1 der Asylverfahrensrichtlinie (RL 2013/32/EU) auch unmissverständlich klargestellt, dass insbesondere dann von einer stillschweigenden Rücknahme oder dem Nichtbetreiben des Verfahrens ausge- 5 gangen werden kann, wenn der Antragsteller seinen Aufenthaltsort ohne Genehmigung verlassen und die zuständige Behörde nicht innerhalb einer angemessenen Frist kontaktiert hat. Schon jetzt sieht § 33 AsylG dementsprechend vor, dass bei Nichtbetreiben des Verfahrens die Aufenthaltsgestattung erlischt mit der Folge des Entstehens der Ausreisepflicht. Unter Beachtung des europarechtlichen Rahmens ist eine weitere Ausgestaltung dieser Norm grundsätzlich möglich. 7. Hält es die Landesregierung für verfassungsrechtlich zulässig und integrationspolitisch sinnvoll, Leistungen des sozio-kulturellen Existenzminimums von Asylsuchenden zu kürzen, indem diese zu einer Beteiligung an den Kosten von Sprach- und Integrationskursen herangezogen werden sollen? Bitte darlegen. Bereits nach geltendem Recht ist in § 43 Abs. 3 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes geregelt, dass für die Teilnahme am Integrationskurs Kosten in angemessenem Umfang unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit erhoben werden sollen. Hierdurch kann ein solidarischer Eigenbeitrag geleistet werden. Verfassungsrechtliche und integrationspolitische Bedenken gegen den Einsatz eines Eigenbeitrages insbesondere durch Asylsuchende unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit bestehen insofern nicht. 8. Inwieweit wird die Landesregierung, wie in dem Beschluss vorgesehen, eine zentrale Stelle benennen und Mitarbeiter entsenden für die geplante neue Organisationseinheit in Berlin bzw. Potsdam zur Beschaffung von Papieren, die für Abschiebungen erforderlich sind? In Sachsen-Anhalt fungiert der Landkreis Harz derzeit gemäß Allgemeiner Zuständigkeitsverordnung für die Gemeinden und Landkreise zur Ausführung von Bundesrecht (AllgZust-VO-Kom) als Unterstützer der Ausländerbehörden bei Maßnahmen zur Vorbereitung und Durchführung von Zurückschiebungen und Abschiebungen. Mit der sogenannten Zentralen Abschiebungsstelle des Landes Sachsen-Anhalt existiert also bereits eine zentrale Stelle im Land Sachsen- Anhalt, die in ständigem Kontakt mit Botschaften von Herkunftsländern Ausreisepflichtiger steht, um Papiere für Personen, die Deutschland wieder verlassen müssen, zu beschaffen. Die geplante Organisationseinheit hat ihre Tätigkeit noch nicht aufgenommen. Über die Benennung einer entsprechenden Stelle und die Entsendung von Personal wird zu gegebener Zeit entschieden werden. 9. Wie beurteilt die Landesregierung den Plan zur Erarbeitung eines Gesetzes für Rahmenbedingungen für die Erstellung ärztlicher Atteste im Zusammenhang von Abschiebungen, und wie ist der Umgang mit solchen Attesten (aber auch: psychologischen Stellungnahmen usw.) derzeit in Sachsen-Anhalt geregelt? Vielfach werden im Zusammenhang mit Rückführungsmaßnahmen medizinische Gründe vorgebracht, die einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehen sollen. Da bisher keine einheitlichen Vorgaben für zu erbringende Atteste bestehen , gestaltet es sich oftmals schwierig, die vorgebrachten gesundheitlichen 6 Probleme im Kontext der Rückführung zu bewerten. Daher werden gesetzliche Regelungen dazu ausdrücklich begrüßt. Die Ausländerbehörde ist von Amts wegen verpflichtet, aus dem Gesundheitszustand des Ausländers folgende Abschiebungshindernisse in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung zu beachten, und hat gegebenenfalls durch ein vorübergehendes Absehen von der Abschiebung oder durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung der Abschiebung die notwendigen Vorkehrungen zu treffen. In der Regel wird die Vorlage von Attesten zum Anlass genommen , ein amtsärztliches Gutachten in Auftrag zu geben. 10. Wie ist die aktuelle Rechtsprechung auf Landesebene zu innerstaatlichen Fluchtalternativen in Afghanistan? Nach Informationen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) als die für die Prüfung der Asylanträge zuständige Behörde wird in verwaltungsgerichtlichen Verfahren am Verwaltungsgericht Magdeburg bei Klagen von afghanischen Staatsangehörigen gegen Entscheidungen des BAMF soweit es erforderlich ist vor dem Hintergrund der Umstände im Einzelfall geprüft, ob in Kabul interner Schutz gewährleistet ist. 11. Wie viele afghanische Staatsangehörige leben derzeit in Sachsen-Anhalt? Bitte nach dem jeweiligen Aufenthaltsstatus differenzieren (Niederlassungserlaubnis , Aufenthaltserlaubnis, Aufenthaltsgestattung, Duldung, keine Duldung, so genau wie möglich bitte auch die jeweilige Rechtsgrundlage nach AufenthG angeben und genauere Angaben zur Aufenthaltsdauer machen). Wie viele von ihnen sind jeweils ausreisepflichtig, wie viele vollzieh- bzw. rechtskräftig ausreisepflichtig? In Sachsen-Anhalt leben nach den Angaben des Ausländerzentralregisters (AZR - Stand 30.11.2015) 1.874 afghanische Staatsangehörige. Aufenthaltsstatus , Personenzahl und Rechtsgrundlagen können folgender Tabelle entnommen werden. Aufenthaltsstatus Personenzahl Rechtsgrundlagen Niederlassungserlaubnis 9 § 26 Abs. 3 und 4, § 28 Abs. 2 AufenthG Aufenthaltserlaubnis 8 §§ 16, 17 und 18 Aufenth G (Ausbildung /Erwerbstätigkeit) 163 §§ 22, 25 und 25a Aufenth G (humanitäre und politische Gründe) 11 §§ 28, 30,32 und 33 Aufenth G (familiäre Gründe) 4 §§ 7 und 31 AufenthG 7 (sonstige Gründe), Aufenthaltserlaubnis nach Ausländergesetz Aufenthaltskarte 1 § 5 FreizügG/EU (Angehöriger von EU-Bürgern) Aufenthaltsgestattung 1.102 Fiktionsbescheinigung 10 § 81 AufenthG (Bescheinigung über Wirkung einer Antragstellung) Duldung 77 § 60a AufenthG Darüber hinaus sind 489 Personen unter der Angabe „ohne Aufenthaltsrecht“ (z. B. Widerruf, Erlöschen, Rücknahme eines Aufenthaltstitels oder Meldung als Asylsuchender ohne bisherige förmliche Antragstellung) registriert. Eine Differenzierung im Einzelfall ist nicht möglich. Als ausreisepflichtig sind 112 Personen registriert. Diese Anzahl setzt sich zusammen aus allen Duldungsinhabern (Duldung = vorübergehende Aussetzung der Abschiebung) sowie Personen aus der Kategorie „ohne Aufenthaltsrecht“. Die Aufenthaltsdauer der afghanischen Staatsangehörigen ließe sich nur im Wege einer umfangreichen Einzelauswertung der entsprechenden Ausländerakten bei sämtlichen Ausländerbehörden des Landes ermitteln, wovon mit Blick auf den damit verbundenen erheblichen Verwaltungsaufwand aus Gründen der Verhältnismäßigkeit abgesehen wurde. 12. Wie viele Abschiebungen hat es in diesem Jahr bzw. im Vorjahr nach Afghanistan gegeben? Bitte soweit möglich, genauere Angaben zu Einzelfallumständen und Gründen machen: Herkunftsregion, Geschlecht, Familienstand , Straftaten usw. Was ist der Grund dafür, dass Ausreisepflichtige oder vollzieh- und bestandkräftig Ausreisepflichtige nicht abgeschoben werden? Afghanische Staatsangehörige wurden in den Jahren 2014 und 2015 aus Sachsen -Anhalt nicht in ihr Herkunftsland abgeschoben. Derzeit basieren Rückführungen nach Afghanistan auf einem Beschluss der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder aus dem Jahre 2005. Danach sind vorrangig Straftäter und Gefährder sowie alleinstehende junge Männer zurückzuführen. Obwohl die Abschiebung von Familien nicht grundsätzlich ausgeschlossen ist, wird aufgrund der humanitär schwierigen Situation vor Ort bundesweit in nur sehr geringem Umfang und nur nach umfassender Einzelfallprüfung davon Gebrauch gemacht. In Sachsen-Anhalt haben sich vor diesem Hintergrund keine adäquaten Fälle ergeben. 8 13. Welche internen Regelungen und Vorgaben bestehen in Bezug auf Abschiebungen nach Afghanistan und wie ist zu erklären, dass es in der Vergangenheit nur wenige oder keine Abschiebungen nach Afghanistan gab? Hält es die Landesregierung für realistisch, dass sich trotz einer jüngst verschlechterten Sicherheitslage in Afghanistan Abschiebungen dorthin werden steigern lassen durch die „Schaffung und Verbesserung innerstaatlicher Fluchtalternativen“? Bitte ausführen. Siehe Antwort zu Frage 12. Das Auswärtige Amt stellt in seinem aktuellen Lagebericht (Stand 6. November 2015) generell fest, dass in Afghanistan - im Gegensatz z. B. zu Syrien - keine vom Staat organisierte Gewalt gegen die eigene Bevölkerung ausgeübt wird. Im Gegenteil, die Regierung ist sich ihrer Schutzverantwortung für die eigene Bevölkerung bewusst, allerdings nicht immer in der Lage, diese auch effektiv umzusetzen . Das Land befindet sich seit Jahren in einem Konflikt, in dem bewaffnete Gruppierungen wie z. B. die Taliban, die von außerhalb Afghanistans unterstützt werden, staatliche Strukturen des Landes bekämpfen und zivile Opfer billigend in Kauf nehmen. Die Intensität der Kämpfe und die Bedrohungen für die Zivilbevölkerung variieren dabei stark. Es gibt Regionen, die im Vergleich mit anderen Landesteilen relativ sicher sind und wirtschaftlich moderat prosperieren . Dies sind auch diejenigen Regionen, in die sich Binnenvertriebene aus stark umkämpften Regionen flüchten. Sofern die auf Bundesebene angestrebte Verbesserung dieser Situation gelingt, wird eine Intensivierung der Rückführungen aus Deutschland unter dem Gebot der Einzelfallprüfung als realistisch eingeschätzt .