Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/4790 05.02.2016 Hinweis: Die Anlage ist als Objekt beigefügt und öffnet durch Doppelklick im Netz den Acrobat Reader. (Ausgegeben am 05.02.2016) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Eingliederungshilfe in Sachsen-Anhalt: Verhandlungsführung der Sozialagentur und individueller Mehrbedarf Kleine Anfrage - KA 6/9007 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Arbeit und Soziales 1. Wie viele Anträge auf Abschluss einer Leistungs-, Vergütungs- und/oder Prüfungsvereinbarung gemäß § 75 Abs. 3 SGB XII werden innerhalb der gesetzlich angedachten Frist von sechs Wochen gemäß § 77 Abs. 1 Satz 3 SGB XII durch entsprechende Vereinbarungen erfolgreich zum Abschluss gebracht? Angaben bitte für die Jahre 2012 bis 2015 und als Vom-Hundert-Satz zur Gesamtzahl der eingegangenen Anträge. Jahr Anzahl Erledigung innerhalb der 6-Wochen-Frist entspricht Vom-Hundert-Satz zur Gesamtzahl der eingegangen Anträge 2012 38 8,3 2013 33 7,9 2014 11 2,8 2015 30 5,6 2 Die Erledigungszahlen je Vereinbarungstyp (Leistungsvereinbarung, Prüfungsvereinbarung , Vergütungsvereinbarung) unterliegen keiner statistischen Erhebung der Sozialagentur Sachsen-Anhalt. Vielmehr wird der Abschluss eines Vorganges in Gänze erhoben, mithin in der Regel der Abschluss einer Vergütungsvereinbarung oder Festsetzung der Schiedsstelle, worauf sich vorstehende Daten beziehen. In die Ermittlung dieser Daten sind nur die bereits abgeschlossenen Vorgänge eingeflossen, da auch nur hierfür die Daten rekrutiert werden konnten. Zur gesetzlich fixierten 6-Wochen-Frist sei im Übrigen auf Folgendes hingewiesen : Gemäß § 77 Absatz 1 Satz 3 SGB XII kann eine Partei, die schriftlich zu Verhandlungen aufgefordert hat, die Schiedsstelle nach § 80 SGB XII erst anrufen, wenn eine Vereinbarung innerhalb von 6 Wochen nicht zustande gekommen ist. Hieraus ist abzuleiten, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass eine Einigung innerhalb von 6 Wochen grundsätzlich möglich ist. Dies trifft im Falle pauschaler Anhebungen in der Regel auch zu. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich jedoch um den Abschluss von Einzelverhandlungen, bei denen eine Plausibilitätsprüfung durchgeführt werden muss. Für eine solche Prüfung ist die Vorlage von Kalkulationsunterlagen erforderlich, welche - wenn sie vom Träger nicht eigenständig oder nicht vollständig vorgelegt werden - zunächst angefordert werden müssen. Aufgrund der Vielzahl der Träger und der komplexen Leistungstypen ist wegen des erforderlichen Umfangs einer hinreichend sorgfältigen Prüfung mehr Zeit erforderlich. Daher kann die 6-Wochen-Frist hier in der Regel nicht eingehalten werden. Hinzu kommt, dass die meisten Leistungserbringer Vereinbarungen mit einer Laufzeit bis zum 30.06. bzw. 31.12. eines Jahres anstreben , so dass eine hohe Zahl von Vereinbarungen gleichzeitig ausläuft und neu zu verhandeln ist. Dieses Phänomen ist in ganz Deutschland verbreitet. So hat auch das Bundessozialgericht diesen Umstand in einer Entscheidung (Urteil vom 23.07.2014 - B 8 SO 2/13R) berücksichtigt. In dieser Entscheidung hat das Gericht klargestellt , dass - wenn prospektiv Verhandlungen begonnen haben - auch rückwirkend Vergütungsvereinbarungen abgeschlossen werden können. In Rn. 19 des oben benannten Urteils wird ausgeführt: „…Teilt man die Auffassung, dass nur Vergütungs-, nicht aber Leistungsvereinbarungen schiedsstellenfähig seien würde dies - wenig realitätsnah - unterstellen , dass im Regelfall binnen sechs Wochen nach Aufnahme der Verhandlungen eine Leistungs-, Prüfungs- und Vergütungsvereinbarung abgeschlossen ist…“ Hieraus wird deutlich, dass auch das Bundessozialgericht davon ausgeht, dass ein Abschluss von Verhandlungen innerhalb der 6-Wochen-Frist oft nicht möglich ist. 3 2. Welche Verfahrensregeln sind bei der Sozialagentur hinterlegt, um diese Frist von sechs Monaten zu erfüllen? Bitte Angaben zu verwaltungsinternen Festlegungen bzgl. Eingangsmitteilung , Antragsprüfung, Kommunikation mit dem Antragsteller, Verhandlungsschritte und dem entsprechenden Terminmanagement. Verfahrensregelungen, um die Frist von 6 Wochen zu erfüllen, hat die Sozialagentur Sachsen-Anhalt nicht erlassen, da diese Frist, wie in der Antwort zu Frage 1 dargestellt, eine hemmende Frist vor Anrufung der Schiedsstelle darstellt und keine gesetzlich verankerte Frist zur Bestimmung des Verhandlungszeitraums . Jeder Vorgang ist individuell zu beurteilen und zu bearbeiten. Die Bearbeitungsdauer hängt im Übrigen sowohl von den Ressourcen der Sozialagentur Sachsen-Anhalt ab, als auch ganz wesentlich von der adäquaten Mitwirkungsbereitschaft der Leistungserbringer, die erforderlichen Unterlagen beizubringen und die Beschäftigten der Sozialagentur Sachsen-Anhalt als ihre zuständigen Verhandlungspartner/innen auf Augenhöhe zu akzeptieren. Nicht selten werden Verfahren erheblich dadurch verlängert, dass sich einzelne Leistungserbringer oder deren Verbände an Dritte (Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer etc.) wenden und auf diesem Wege versuchen, ihre Vorstellungen hinsichtlich Leistung und Vergütung auf zeitraubenden Umwegen durchzusetzen. Die Arbeitszeit, die jede /r Mitarbeiter/in des entsprechenden Bereiches der Sozialagentur Sachsen- Anhalt für zusätzliche Berichte in solchen Fällen bindet, fehlt dann für das eigentlich vom Gesetzgeber vorgesehene Vorantreiben der Verhandlungen. 3. Wie lange dauert es im Durchschnitt vom Zeitpunkt der Aufforderung zu Verhandlungen seitens des Leistungserbringers bis zum Abschluss von Vereinbarungen? Im Jahr 2015 wurde durchschnittlich innerhalb von 25 Wochen ein Abschluss von Vereinbarungen bzw. eine Festsetzung durch die Schiedsstelle erzielt, ausgehend vom Zeitpunkt der Aufforderung zu Verhandlungen. Ein getrenntes Ausweisen von Verfahren, die mit oder ohne Beteiligung der Schiedsstelle abgeschlossen worden sind, ist nicht möglich. Die Beteiligung der Schiedsstelle führt naturgemäß zur Verlängerung des gesamten Prozesses. 4. Wie wird die Anzahl der vorhandenen Sitzungsräume in der neuen Liegenschaft der Sozialagentur in Bezug auf die Anzahl der anhängigen Verfahren , der absehbaren Zahl zukünftiger Verhandlungen und den üblichen Verfahrensdauern eingeschätzt? Die Raumausstattung ist für die Aufgabenerledigung ausreichend. Nach Umzug in die neue Liegenschaft konnten alle anberaumten Verhandlungstermine termingerecht durchgeführt werden. Die neue Liegenschaft verfügt über zwei Besprechungsräume. Viele Sachbearbeiter /innen versehen ihren Dienst in Einzelzimmern. Verhandlungen in kleinerem Rahmen können direkt in diesen Zimmern stattfinden. Darüber hinaus werden die üblichen Mittel der Telekommunikation eingesetzt. 4 5. Welche Position vertritt die Landesregierung bzgl. der Möglichkeit Verhandlungen auf Abschluss einer Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung vor Ort bei den Leistungserbringern durchzuführen, was zurzeit in Sachsen-Anhalt unüblich ist? Im Laufe des Verhandlungsgeschehens hat sich der Kreis der teilnehmenden Verhandlungspartner seitens der Leistungserbringer erheblich erweitert (beispielsweise auf Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Controller, Geschäftsführer, Verwaltungsleiter, Mitarbeitervertretungen). Seitens der Sozialagentur Sachsen-Anhalt wird die Verhandlung in diesen Fällen deshalb auch von mindestens 2 Sachbearbeitern/innen wahrgenommen. Bei Verhandlungen im Dienstgebäude besteht die Möglichkeit von kurzfristigen Abstimmungen innerhalb der Sozialagentur Sachsen-Anhalt sowie des Zugriffs auf alle Unterlagen. Die Verhandlungen am verkehrsgünstig gelegenen Sitz der Sozialagentur Sachsen-Anhalt haben sich bewährt. Verhandlungen vor Ort, also am Sitz der zahlreichen Leistungserbringer hätten zur Folge, dass erhebliche Reisezeiten der Verhandler/innen entstünden, die dann für die Kernaufgabe, nämlich zielorientierte Verhandlung zu führen, nicht mehr zur Verfügung stünden. 6. Wie viele Anträge auf individuellen Mehrbedarf, also einem Antrag auf einen erhöhten Leistungsanspruch, der über die im Landesrahmenvertrag gemäß § 79 SGB XII festgelegten Leistungstypen hinaus geht, werden in Sachsen-Anhalt gestellt? Angaben bitte für die Jahre 2012 bis 2015, differenziert nach Landkreisen und kreisfreien Städten samt Angaben zu den betroffenen Leistungstypen und zu der Anzahl von positiv und negativ beschiedenen Anträgen. Angaben zur Bewilligung und Ablehnung der Anträge bitte auch jeweils als Vom-Hundert-Satz. Diese Daten werden nicht statistisch bzw. regelmäßig erhoben. Daher waren die herangezogenen Gebietskörperschaften zu beteiligen. Auf diese Abfrage sind die nachfolgend aufgeführten Informationen eingegangen. Den herangezogenen Gebietskörperschaften Landkreis Mansfeld-Südharz, Landkreis Harz, Landkreis Jerichower Land, Landkreis Anhalt-Bitterfeld, Burgenlandkreis und der Landeshauptstadt Magdeburg liegen nach eigenem Bekunden zur Beantwortung der aufgeworfenen Frage keine belastbaren statistischen Daten vor. Die teilweise gemeldeten, nicht sicher vollständigen Daten (Burgenlandkreis) oder Daten auf der Grundlage der Befragung/Erinnerung von Sachbearbeiterinnen können keine Grundlage für eine Zuarbeit zur schriftlichen Beantwortung der Kleinen Anfrage sein und werden daher nicht aufgeführt. 5 Landkreis Salzlandkreis Jahr Anzahl Anträge Betroffener Leistungstyp (LT) Positiv Negativ 2012 4 2b 50 v.H / 2 50 v.H. / 2 1 2c 100 v.H. / 1 0 2013 1 1a 0 100 v.H. / 1 (2) (ABW) 100 v.H. / 2 0 1 2c 0 100 v.H. / 1 1 2a 0 100 v.H. / 1 4 2b 50 v.H / 2 50 v.H. / 2 2014 1 2a 0 100 v.H. / 1 (6) (ABW) 50 v.H. /3 50 v.H. / 3 4 2b 25 v.H. / 1 75 v.H. / 3 (1) (ABW) 100 v.H. / 1 0 (1) (I-Kita) 100 v.H. /1 0 (3) (2 offen) (I-Hort) 33,33 v.H./ 1 0 2015 1 (offen) 2a 6 2b 20 v.H. / 1 80 v.H. / 5 (2) (1 offen) (ABW) 50 v.H. / 1 (2) (ABW) 100 v.H. / 2 0 (1) (I-Kita) 100 v.H. / 1 0 (1) (I-Hort) 100 v.H. / 1 0 1 2a 100 v.H. / 1 0 Summe 44 (4 offen) 45 v.H. / 20 45 v.H. / 20 Hinweis: Den in () gesetzten Maßnahmen sind keine Leistungstypen lt. Rahmenvertrag zugeordnet. Stadt Dessau-Roßlau Jahr Anzahl Anträge Betroffener LT Positiv Negativ 2012 1 1a 100 v.H. / 1 0 1 2a 100 v.H. / 1 0 1 11a 100 v.H. / 1 0 2 8b 50 v.H. / 1 50 v.H. / 1 4 2b 25 v.H. / 1 75 v.H. / 3 2013 1 1a 100 v.H. / 1 0 1 11a 100 v.H. / 1 0 1 8b 0 100 v.H. / 1 4 2b 25 v.H. / 1 75 v.H. / 3 2014 1 1a 100 v.H. / 1 0 1 2a 0 100 v.H. / 1 1 11a 100 v.H. / 1 0 1 8b 0 100 v.H. / 1 3 2b 0 100 v.H. / 3 6 2015 3 1a 66,67 v.H. / 2 33,33 v.H. / 1 1 2a 100 v.H. / 1 0 1 11a 100 v.H. / 1 0 1 8b 0 100 v.H. / 1 3 2b 0 100 v.H. / 3 Summe 32 43,75 v.H. / 14 56,25 v.H. / 18 Landkreis Saalekreis Jahr Anzahl Anträge Betroffener LT Positiv Negativ 2012 1 1a 100 v.H. / 1 0 2 2a 50 v.H. / 1 50 v.H. / 1 4 11a 100 v.H. / 4 0 2013 1 1a 100 v.H. / 1 0 2 2a 50 v.H. / 1 50 v.H. / 1 4 11a 100 v.H. / 4 0 2014 1 1a 100 v.H. / 1 0 1 2a 100 v.H. / 1 0 3 11a 100 v.H. / 3 0 (1) (I-Kita) 100 v.H. / 1 0 2015 1 1a 100 v.H. / 1 0 1 2a 100 v.H. / 1 0 1 2b 100 v.H. / 1 0 3 11a 100 v.H. / 3 0 Summe 26 92,3 v.H. / 24 7,7 v.H. / 2 Hinweis: Den in () gesetzten Maßnahmen sind keine Leistungstypen lt. Rahmenvertrag zugeordnet. Altmarkkreis Salzwedel Jahr Anzahl Anträge Betroffener LT Positiv Negativ 2012 3 2a 100 v.H. / 3 0 (3) (I-Kita) 100 v.H. / 3 0 2013 3 2a 100 v.H. / 3 0 (1) (ABW) 100 v.H. / 1 0 (1) (I-Kita) 100 v.H. / 1 0 2014 (4) (ABW) 100 v.H. / 4 0 2015 2 (offen) 2a (1) (ABW) 100 v.H. / 1 0 (1) (I-Kita) 100 v.H. / 1 0 Summe 19 (2 offen) 89,47 v.H. / 17 0 Hinweis: Den in () gesetzten Maßnahmen sind keine Leistungstypen lt. Rahmenvertrag zugeordnet. 7 Stadt Halle Jahr Anzahl Anträge Betroffener LT Positiv Negativ 2012 2 (1 offen) 2b 50 v.H./ 1 0 2013 (1) (I-Kita) 100 v.H./ 1 0 2014 (5) (offen) (I-Kita) 0 0 2015 1 (offen) 2a 0 0 Summe 9 22,22 v.H./ 2 0 Hinweis: Den in () gesetzten Maßnahmen sind keine Leistungstypen lt. Rahmenvertrag zugeordnet. 7. Inwieweit ist die Sozialagentur a) regelhaft und/oder b) in Ausnahmefällen mit Anträgen auf individuellen Mehrbedarf befasst? 7.1 Inwieweit tritt sie dabei beratend auf? 7.2 Inwieweit ist sie dabei federführend zuständig für die Ermittlung des Hilfebedarfs und/oder das Bescheiden des Antrags? a) Regelhafte Befassung Mit dem Arbeitshinweis 09/2012 vom 28.08.2012 (Anlage) hat die Sozialagentur Sachsen-Anhalt die regelhaften Umstände für eine beratende Beteiligung des rehabilitationspädagogischen Fachdienstes festgelegt. Der rehabilitationspädagogische Fachdienst ist danach bei der (beabsichtigten ) Bewilligung oder Weitergewährung jedes Mehrbedarfs bzw. Sonderpersonalschlüssels in der Eingliederungshilfe für Kinder, Jugendliche und Erwachsene von den herangezogenen Gebietskörperschaften zu beteiligen. Die Sozialagentur Sachsen-Anhalt ist für die Ermittlung des Hilfebedarfs oder das Bescheiden des Antrags nicht federführend zuständig. Dies obliegt den herangezogenen Gebietskörperschaften im Rahmen der ganzheitlichen Sachbearbeitung. 8 b) Ausnahmefälle Die Sozialagentur Sachsen-Anhalt ist unter anderem für Entscheidungen der Landkreise und kreisfreien Städte im Zuge der Heranziehung nach dem AG SGB XII Widerspruchsbehörde und für die Durchführung der Klage, Berufungs - und Revisionsverfahren verantwortlich. In Ausnahmefällen sind in diesem Zusammenhang auch Entscheidungen über Mehrbedarfe streitig. In diesen Verfahren ist die Sozialagentur Sachsen -Anhalt mit Anträgen auf individuellen Mehrbedarf befasst. 8. Welche Vorgaben, Arbeitshinweise und/oder Richtlinien seitens a) der Sozialagentur und/oder b) des Ministeriums für Arbeit und Soziales gibt es zur Bearbeitung von Anträgen auf individuellen Mehrbedarf für die örtlichen Träger der Sozialhilfe? Diese Unterlagen der Antwort auf die Kleine Anfrage bitte anhängen. Die Sozialagentur Sachsen-Anhalt hat im Dezember 2015 Festlegungen zur bedarfsdeckenden Leistungserbringung im Kontext von Leistungstypen getroffen , die durch jüngere höchstrichterliche Rechtsprechung geboten scheint. Die Umsetzung in der Praxis ist jedoch noch zurückgestellt. Es wird eine erneute vertiefte Betrachtung im Zusammenwirken mit dem Ministerium für Arbeit und Soziales dahingehend durchgeführt, inwieweit die Vorgaben der Urteile auf die landesspezifischen Rechtsverhältnisse abgebildet werden können, um auszuschließen , dass vorhersehbare unbillige Härten entstehen. Diese fachliche Überprüfung ist noch nicht abgeschlossen. Hintergrund dieser Festlegungen sind die sogenannten „Mehrbedarfe“. 9. Welche Nachweise und Erläuterungen sind durch den Leistungserbringer und/oder den Leistungsberechtigten bei der Beantragung eines Mehrbedarfes , der durch den Leistungsberechtigten oder dessen Bevollmächtigen beantragt wird, vorzulegen? Bei Anträgen auf individuellen „Mehrbedarf/Sonderpersonalschlüssel“ ist durch die herangezogenen Gebietskörperschaften zu prüfen, ob der gewährte oder zu gewährende Leistungstyp im Sinne der gültigen Festlegungen im konkreten Einzelfall als bedarfsdeckend einzustufen ist. Maßgeblich hierfür ist der sozialhilferechtlich relevante individuelle Hilfebedarf der nachfragenden Person. Im Zuge der Feststellung des sozialhilferechtlich relevanten individuellen Hilfebedarfs ist der rehabilitationspädagogische Fachdienst unter den im Arbeitshinweis 09/2012 festgelegten Bedingungen beratend zu beteiligen. Die für die Beteiligung des rehabilitationspädagogischen Fachdienstes beizubringenden Unterlagen sind unter Nr. 3 des Arbeitshinweises 09/2012 aufgeführt . Hierbei handelt es sich in erster Linie um: a) Entscheidungsvorschlag des Sozialamtes der herangezogenen Gebietskörperschaft mit Begründung, Benennung der Behinderungsart (en) und des Leitsyndrom sowie Angaben zu Ort, Beginn und voraussichtliche Dauer der Hilfen, b) medizinisches Beiheft einschließlich aller medizinischen Unterlagen, auf die sich in der amtsärztlichen Stellungnahme Bezug genommen wird, c) vollständige Verwaltungsakte des Leistungsberechtigten. 9 Weitere Unterlagen werden ggf. in Abhängigkeit von der konkreten Gestaltung des Einzelfalles abgefordert, so z. B. nähere Angaben zum Einsatz des aufgrund des Mehrbedarfs erforderlichen Personals. Sozialagentur Sachsen-Anhalt PF 900 436, 06056 Halle (Saale) an alle herangezogenen Gebietskörperschaften Arbeitshinweis 09 /2012 SOZIALAGENTUR Geschäftsbereich 3 Zentrale Fachaufgaben Recht Beteiligung des Rehabilitationspädagogischen Fachdienstes (RFD) Anlage 1. Aufgabe des RFD Der RFD der Sozialagentur Sachsen-Anhalt unterstützt die herangezogenen Gebietskörperschaften (hGk) bei der Planung und Durchführung des Rehabilitationsprozesses. Er stellt den individuellen Rehabilitationsbedarf von Leistungsberechtigten einzelfallbezogen fest. Das Votum des RFD besitzt dabei aber lediglich beratenden Charakter und enthält keine Aussagen zu bestimmten Vergütungshöhen. Die Entscheidung über den individuellen Hilfebedarf der Leistungsberechtigten und über die damit verbundenen Auswirkungen auf die Hilfeart sowie die Zuordnung zum entsprechenden Leistungstypen obliegt allein den hGk. Die hGk prüft im Vorfeld der Beteiligung des RFD die örtliche und sachliche Zuständigkeit und ermittelt den Sachverhalt sowie das Leitsyndrom. Sie unterbreitet dem RFD zeitnah zur Antragstellung einen begründeten Entscheidungsvorschlag zur geplanten Rehabilitationsmaßnahme, um dem RFD möglichst vor Beginn der notwendigen Leistungsgewährung die Abgabe eines Votums zu ermöglichen. Sollte die Abgabe des Votums des RFD vor Beginn der notwendigen Leistungsgewährung nicht möglich sein, hat die Leistungsgewährung zunächst nach der von der hGk festgestellten Erforderlichkeit und Angemessenheit zu erfolgen. Die Bewilligung der Leistung ist im Sinne des § 32 Abs. 2 Nr. 1 SGB X auf einen kalendermäßig bestimmten Zeitraum Ihr Zeichen/Ihre Nachricht vom: Mein Zeichen/Meine Nachricht vom: 3.08 Halle, 28. 08.2012 Dienstgebäude: Neustädter Passage 15 06122 Halle Postanschrift: Postfach 900 436 06056 Halle (Saale) Tel.: (0345) 68 15 - 890 Fax: (0345) 68 15 - 803 post@sozag.ms.sachsenanhalt .de Landeshauptkasse Sachsen-Anhalt Deutsche Bundesbank Filiale Magdeburg BLZ 810 000 00 Konto 810 015 00 Seite 2 von zwei Monaten zu befristen. Die Formulierung der Befristung ist z. B. folgendermaßen vorzunehmen: „Ich gewähre Ihnen die Leistung ….. für die Zeit vom …… bis zum ……...“ In die Begründung der Entscheidung ist aufzunehmen, dass die Befristung der gewährten Leistung deshalb erforderlich ist, weil die Ermittlung des Hilfebedarfs in dem konkreten Fall noch nicht abschließend erfolgen konnte. Durch die hGk ist sicherzustellen, dass der RFD die für seine Prüfung erforderlichen Unterlagen spätestens zeitgleich mit der Bescheiderteilung erhält. Innerhalb der zwei Monate wird der RFD sein Votum abgeben und die hGk damit in die Lage versetzen, für den Zeitraum nach Ablauf der Befristung abschließend über Art und Umfang der Leistungsgewährung zu entscheiden. Eine im Einzelfall noch ausstehende Stellungnahme des Fachdienstes darf nicht zu Verzögerungen bei der Leistungsgewährung führen. 2. Fallkonstellationen der Beteiligung des RFD In folgenden Fällen ist der RFD von der jeweiligen hGk vor der Gewährung von Eingliederungshilfe zur Feststellung des individuellen Hilfebedarfs zu beteiligen: a) erstmalige Bewilligung eines Integrationshelfers; b) erstmalige Bewilligung von Ambulant betreutem Wohnen sowie teilstationäre (ausgenommen WfbM) und stationäre Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Menschen und seelisch behinderte Menschen infolge Sucht; c) erstmalige Bewilligung der Aufnahme in ein Wohnheim für geistig behinderte Menschen bei schwerer/schwerster Pflege (sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern und Jugendlichen); d) erstmalige Bewilligung der Aufnahme in ein Wohnheim an WfbM; e) im Rahmen von Fallkonferenzen hinsichtlich einer beabsichtigten Gewährung von Leistungen in Form eines Persönlichen Budgets; f) Bewilligung jedes Mehrbedarfs bzw. Sonderpersonalschlüssels in der Eingliederungshilfe für Kinder, Jugendliche und Erwachsene (Vorlagepflicht auch bei jeder beabsichtigten Weitergewährung!); Seite 3 g) Antrag bei Erhöhung des bisherigen Hilfebedarfs in der Eingliederungshilfe (Umstufung in schwere/schwerste Pflege oder in einen höherschwelligen Leistungstyp als bislang gewährt); h) Antrag auf Weitergewährung bisheriger Eingliederungshilfe, wenn durch den RFD eine zeitliche Befristung oder ein Nachprüfungstermin empfohlen wurde; i) Kapazitätserweiterungen im stationären und teilstationären Bereich (außer WfbM); j) bei Wechsel der Zuständigkeit vom Jugendhilfeträger auf den Sozialhilfeträger, wenn Zweifel an der Zugehörigkeit zum Personenkreis gemäß § 53 SGB XII vorliegen. Bei gerichtlich angeordneten geschlossenen Unterbringungen wird die Notwendigkeit dieser Unterbringung sowie ein Hilfebedarf im Rahmen der Leistungstypen 2a, b oder c vorausgesetzt, womit sich die Begutachtung durch den RFD erübrigt. Eine Beteiligung ist nur in den Fällen der Nr. 2f erforderlich. Für Leistungsberechtigte in sachlicher Zuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers Sachsen- Anhalt, die Eingliederungshilfe in einem anderen Bundesland erhalten, richtet sich die Leistung im Rahmen des Territorialprinzips nach den Regelungen des anderen Bundeslandes (siehe auch AH 04/2007). Darüber hinaus bleibt es dem RFD vorbehalten, in Einzelfällen tätig zu werden. Insbesondere kann der RFD jederzeit an Gesamtplangesprächen teilnehmen. 3. Erforderliche Unterlagen Ist die Beteiligung des RFD der Sozialagentur erforderlich, sind grundsätzlich nachfolgende Unterlagen vorzulegen: a) Entscheidungsvorschlag des Sozialamtes der hGk mit Begründung, Benennung der Behinderungsart(en) und des Leitsyndroms sowie Angaben zu Ort, Beginn und voraussichtlicher Dauer der Hilfen; b) medizinisches Beiheft einschließlich aller medizinischen Unterlagen, auf die in der amtsärztlichen Stellungnahme Bezug genommen wird; c) vollständige Verwaltungsakte des Leistungsberechtigten (Bitte beachten Sie auch die Anlage dieses Arbeitshinweises!). Seite 4 4. Inkrafttreten Der Arbeitshinweis tritt mit seiner Bekanntgabe in Kraft. Damit verlieren die Arbeitshinweise 06/2006 und 09/2006 ihre Gültigkeit. 1 Anlage zum Arbeitshinweis /2012- Beteiligung des Rehabilitationspädagogischen Fachdienstes (RFD) Zur vollständigen Verwaltungsakte des Leistungsberechtigten gehören insbesondere: 1. bei Anträgen auf Stellung eines lntegrationshelfers: • Schriftliche Stellungnahme der Schule/Einrichtung im Rahmen derer konkret bzw. detailliert beschrieben wird, welche notwendige Unterstützung/Begleitung von der Schule für den jeweiligen Schüler nicht geleistet werden kann (exaktes qualitatives und quantitatives Ausmaß). • Die verantwortliche Schulbehörde bzw. das zuständige Schulamt sollte zu dem Fall Stellung nehmen, ob es zum Einsatz eines Integrationshelfers (fallbezogen) Alternativen gibt und ob schon alle möglichen Unterstützungsmöglichkeiten von der Schule bzw. der Schulbehörde ausgeschöpft wurden. • Das aktuelle Gutachten zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs. • Eine aktuelle Beteiligung des Gesundheitsamtes ist grundsätzlich nicht erforderlich. 2. bei Anträgen für seelisch behinderte Erwachsene: • Angaben zur Erwerbsfähigkeit • bei seelisch Behinderten infolge Sucht Nachweise bzw. Angaben über bereits erfolgte Entgiftungs- und Entwöhnungsbehandlungen sowie amtsärztliche Angaben zur Suchtanamnese, Abstinenz sowie Ziel und Erfolgsaussichten der beantragten Eingliederungshilfe; 3. bei Mehrbedarfsanträgen bzw. Anträgen auf einen Sonderpersonalschlüssel: • Siehe dazu die aktuell gültige Verfügung der SAG vom 28.08.2012 zum Thema Mehrbedarf. • Eine aktuelle Beteiligung des Gesundheitsamtes ist grundsätzlich nicht erforderlich. 4. Anträge auf schwere/schwerste Pflege • Beschreibung der hier konkret vorliegenden Kriterien nach Art, Umfang und Ausmaß (Anlage H zum Rahmenvertrag gemäß § 79 SGB XII für das Land Sachsen-Anhalt), die eine Zuordnung zur schweren/schwersten Pflege rechtfertigen. -------------------------------------------------------------- ---- d4790_Anlage.pdf KA 6-9007-Eingliederungshilfe-Anlage1.pdf KA 6-9007-Eingliederungshilfe-Anlage-zur-Anlage2