Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/4837 01.03.2016 (Ausgegeben am 02.03.2016) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Nicht vollstreckte Haftbefehle gegen rechtsmotivierte Straftäter in Sachsen- Anhalt Kleine Anfrage - KA 6/9062 Vorbemerkung des Fragestellenden: Laut Presseberichterstattung sind aktuell 15 Haftbefehle gegen rechtsmotivierte Straftäter in Sachsen-Anhalt nicht vollstreckt. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Aufgrund einer an das Ministerium für Inneres und Sport gerichteten Presseanfrage, erfolgte eine Erhebung zu nicht vollstreckten Haftbefehlen rechtsmotivierter Straftäter . Entsprechend dieser Erhebung lagen, mit Stand: 31. Dezember 2015, 15 Haftbefehle zu Personen vor, die in der Vergangenheit als rechtsmotivierte Straftäter in Erscheinung getreten sind. Dies bedeutet jedoch nicht unbedingt, dass die dem Haftbefehl zugrunde liegende Straftat politisch motiviert war. Im Fall dieser Erhebung wurden nur drei Haftbefehle aufgrund politisch motivierter Straftaten ausgestellt. Bei einem dieser drei Haftbefehle handelt es sich auch nicht um einen Haftbefehl im herkömmlichen Sinne. Die Fahndungsausschreibung erfolgte hierbei nur aufgrund einer Aufenthaltsermittlung. 2 In zwei Fällen wurden Vollstreckungshaftbefehle zur Verbüßung der Freiheitsstrafe (politisch motivierte Körperverletzung und Fahren ohne Fahrerlaubnis) erlassen. In einem Fall erfolgte die Ausschreibung durch ein Arbeitsgericht. Ein Haftbefehl wurde zur Sicherung der Hauptverhandlung ausgestellt. Da der Angeklagte trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht zur Hauptverhandlung (Trunkenheit im Verkehr) erschien, wurde die Untersuchungshaft angeordnet. Der weit überwiegende Teil der ausgeschriebenen Haftbefehle richtete sich zur Strafvollstreckung gegen Personen, die in irgendeiner Form offene Geldbeträge schuldig geblieben sind. So sind in drei Fällen die Bußgeldbescheide nach einer Ordnungswidrigkeit nicht bezahlt und demzufolge Erzwingungshaftbefehle ausgestellt worden. Bei den übrigen Haftbefehlen handelt es sich um die Vollstreckung von Ersatz- bzw. Restersatzfreiheitsstrafen. Den Verurteilungen lagen Straftaten wie Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Diebstahl, Betrug und Beleidigung zugrunde. Bei aktuellen Erhebungen zu bestehenden Haftbefehlen ist immer zu beachten, dass es sich hierbei um Momentaufnahmen handelt, da Haftbefehle fortlaufend ausgeschrieben und vollstreckt werden. Zwischenzeitlich sind sieben der in Rede stehenden 15 Haftbefehle vollstreckt worden, darunter auch einer der Haftbefehle mit einem politisch motivierten Hintergrund. 1. Seit wann sind die betreffenden Personen zur Fahndung ausgeschrieben? Die Daten der in Rede stehenden Fahndungsausschreibungen sowie die aktuellen Status (Stand: 1. Februar 2016) sind der nachfolgenden Übersicht zu entnehmen . Datum der Ausschreibung Status der Ausschreibung 25.03.2015 offen 07.08.2015 offen 17.08.2015 zwischenzeitlich vollstreckt 21.08.2015 offen 15.09.2015 offen 23.09.2015 zwischenzeitlich vollstreckt 20.11.2015 offen 24.11.2015 zwischenzeitlich vollstreckt 25.11.2015 offen 26.11.2015 zwischenzeitlich vollstreckt 01.12.2015 zwischenzeitlich vollstreckt 04.12.2015 zwischenzeitlich vollstreckt 09.12.2015 zwischenzeitlich vollstreckt 22.12.2015 Aufenthaltsermittlung 23.12.2015 offen 3 2. Welche Maßnahmen hat die Polizei ergriffen, um der gesuchten Personen habhaft zu werden? Die Intensität und der Umfang der Fahndungsmaßnahmen nach Personen mit offenen Haftbefehlen richten sich in erster Linie nach der Höhe der zu erwartenden Freiheitsstrafe, der Schwere des Deliktes, der Anzahl der Fahndungsnotierungen für eine Person oder eine hohe kriminelle Energie und die Gefährlichkeit des Gesuchten. Der Großteil der Haftbefehle wird in den örtlich zuständigen Polizeirevieren bearbeitet . Nach Eingang der Haftbefehle in den Polizeidienststellen erfolgt ein Abgleich mit den polizeilichen Informationssystemen und den Daten der Einwohnermeldeämter bezüglich der letzten Wohnanschriften und Aufenthaltsorte der betreffenden Personen. Darauf folgt dann das regelmäßige Aufsuchen der bekannten Wohnanschriften und Kontaktadressen, einhergehend mit weiteren Ermittlungen im Umfeld der gesuchten Personen. Bisweilen scheitern Vollstreckungsversuche, wenn in den Einwohnermeldeämtern der Vermerk „unbekannt verzogen“ registriert ist und bei den folgenden Recherchen im Verwandten- und Bekanntenkreis keine Hinweise auf den momentanen Aufenthaltsort der Gesuchten ermittelt werden können. 3. Liegen der Landesregierung Anzeichen dafür vor, dass eine oder mehrere dieser Personen untergetaucht sind? Die in der Öffentlichkeit verwendeten Begriffe „abgetaucht“ oder „untergetaucht“ sind keine polizeiliche Terminologie. Ob es sich bei den zur Fahndung ausgeschriebenen Personen um solche handelt, die sich aktiv den staatlichen Maßnahmen entziehen, ist den polizeilichen Dateien nicht zu entnehmen. Die Tatsache, dass ein Haftbefehl nicht zeitnah vollstreckt werden kann, bedeutet nicht zwangsläufig, dass die ausgeschriebenen Personen flüchtig sind oder sich verborgen halten, da sich oft nicht feststellen lässt, ob sich die betreffende Person der Festnahme aktiv entzieht oder aus anderen Gründen nicht am Wohnort- oder Aufenthaltsort angetroffen wurde. 4. Sieht die Landesregierung die Gefahr, dass zur Fahndung ausgeschriebene bzw. mit Haftbefehl gesuchte rechtsmotivierte Straftäter sich weiter radikalisieren und zu einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung werden? Wenngleich eine Radikalisierung einzelner Straftäter innerhalb der politisch motivierten Szene zu keinem Zeitpunkt vollkommen auszuschließen ist, liegen derzeit keine Erkenntnisse vor, die eine solche Entwicklung der zur Fahndung ausgeschriebenen rechtsmotivierten Straftäter erkennen lässt. 4 Sowohl die von den in Rede stehenden Tatverdächtigen in der Vergangenheit begangenen Straftaten als auch die szenerelevanten Erkenntnisse lassen keinen Rückschluss auf Radikalisierungsbestrebungen zu.