Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/4858 10.03.2016 (Ausgegeben am 11.03.2016) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Sören Herbst (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Rückführung afghanischer Staatsbürger nach Afghanistan Kleine Anfrage - KA 6/9090 Vorbemerkung des Fragestellenden: Der Bundesminister des Inneren hat sich in einem Schreiben vom 5. Februar 2016 an die Innenminister und -senatoren der Länder über die Rückführung afghanischer Staatsbürger nach Afghanistan wie folgt geäußert: „(...) um die freiwillige und die zwangsweise Rückführung zu erleichtern. Nun ist es notwendig, diese positiven Signale rasch in die Praxis umzusetzen. Daher bitte ich Sie um Ihre Unterstützung, damit noch in diesem Monat mindestens ein Flug nach Afghanistan mit zurückkehrenden afghanischen Staatsangehörigen durchgeführt werden kann". Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie lautet die Einschätzung der Landesregierung von Sachsen-Anhalt zur Sicherheitslage in Afghanistan, auch vor dem Hintergrund o. g. Schreibens ? Das Auswärtige Amt stellt in seinem aktuellen Lagebericht (Stand 6. November 2015) generell fest, dass in Afghanistan - im Gegensatz z. B. zu Syrien - keine vom Staat organisierte Gewalt gegen die eigene Bevölkerung ausgeübt wird. Im Gegenteil, die Regierung ist sich ihrer Schutzverantwortung für die eigene Bevölkerung bewusst, allerdings nicht immer in der Lage, diese auch effektiv umzusetzen . Das Land befindet sich seit Jahren in einem Konflikt, in dem bewaffnete Gruppierungen wie z. B. die Taliban, die von außerhalb Afghanistans unterstützt werden, staatliche Strukturen des Landes bekämpfen und zivile Opfer billigend in Kauf nehmen. Die Intensität der Kämpfe und die Bedrohungen für 2 die Zivilbevölkerung variieren dabei stark. Es gibt Regionen, die im Vergleich mit anderen Landesteilen relativ sicher sind und wirtschaftlich moderat prosperieren . Dies sind auch diejenigen Regionen, in die sich Binnenvertriebene aus stark umkämpften Regionen flüchten. Vor diesem Hintergrund und aufgrund der Ausführungen in dem Schreiben von Bundesinnenminister Dr. de Maizière vom 5. Februar 2016, wonach mit hochrangigen Vertretern der afghanischen Regierung dem Grunde nach Übereinstimmung hinsichtlich der Rückübernahme ausreisepflichtiger afghanischer Staatsangehöriger in ihr Herkunftsland erzielt wurde, schätzt die Landesregierung die Sicherheitslage in Afghanistan als ausreichend ein, um Rückführungen aus Deutschland unter dem Gebot der Einzelfallprüfung realisieren zu können. 2. Beteiligt sich Sachsen-Anhalt an der o. g. Rückführungsaktion? Wenn ja, wann und in welchem Umfang? Bei der in dem Schreiben angesprochenen Rückführungsaktion handelte es sich um einen in Zusammenarbeit mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM) organisierten und durchgeführten Charterflug mit freiwilligen Rückkehrern , deren Ausreise durch das Bund-Länder-Rückkehrförderprogramm REAG/GARP (Reintegration and Emigration Programme for Asylum-Seekers in Germany/Government Assisted Repatriation Programme) gefördert wurde. Der Flug fand am 23. Februar 2016 statt. An Bord befanden sich nach Aussage von IOM auch 10 afghanische Staatsangehörige, die in Sachsen-Anhalt aufhältig waren. 3. Werden die ausreisepflichtigen afghanischen Staatsangehörigen in Sachsen -Anhalt darauf hingewiesen, ggf. einen Asylfolgeantrag stellen zu können ? Sollten bisher nicht oder nur unzureichend berücksichtigte Fluchtgründe für eine erneute Betrachtung des Einzelschicksals sprechen, steht allen abgelehnten Asylbegehrenden das Instrument des Asylfolgeantrags jederzeit zur Verfügung. Ein expliziter Hinweis an ausreisepflichtige afghanische Staatsangehörige erfolgt durch sachsen-anhaltische Behörden regelmäßig nicht. 4. Welche Maßnahmen unternimmt das Land Sachsen-Anhalt generell und in Kontakt mit dem BAMF, um den Schutzbedürfnissen von afghanischen Staatsangehörigen zu entsprechen, welche in Afghanistan für die Bundeswehr , die NATO, verbündete Streitkräfte sowie internationale Organisationen wie Vereinte Nationen und/oder ähnlich tätig waren und wegen dieser Tätigkeit nun im Herkunftsland bedroht werden? Um der Fürsorgepflicht gegenüber ihren afghanischen Mitarbeitern gerecht zu werden, haben sich die in Afghanistan tätigen Bundesressorts auf ein gemeinsames Verfahren im Umgang mit ihren afghanischen Ortskräften verständigt, deren Beschäftigungsverhältnis in Afghanistan endet. Das Verfahren sieht u. a. vor, dass jeder afghanische Mitarbeiter einer vor Ort befindlichen deutschen Bundesbehörde als individuell gefährdet eingestuft wird, eine Aufnahme in Deutschland angeboten wird. Mit einbezogen sind die unmittelbaren Familienangehörigen (Ehegatten, Kinder). Ergebnis ist in relevanten Fällen eine Auf- 3 nahmezusage nach § 22 Satz 2 AufenthG. Demnach ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn das Bundesministerium des Innern oder die von ihm bestimmte Stelle zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland die Aufnahme erklärt hat. Sachsen-Anhalt beteiligt sich an der Aufnahme. Die Verteilung der Aufzunehmenden erfolgt anhand des Königsteiner Schlüssels und wird über das BAMF vorgenommen. In Sachsen-Anhalt wurde in diesem Rahmen bisher die Einreise von 12 afghanischen Ortskräften und 41 Familienangehörigen registriert.