Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/497 20.10.2011 (Ausgegeben am 21.10.2011) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Sören Herbst (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Vermeidung von Störungen des TV-Empfangs und des Polizeifunks durch Signale des Digitalradios Kleine Anfrage - KA 6/7193 Vorbemerkung des Fragestellenden: Das Sendesignal des Digitalradios (DAB+) führt zurzeit zu Störungen des Fernsehempfangs der ARD sowie des Polizei- und Feuerwehrfunks in Nordrhein-Westfalen. Nach Verlautbarungen der Bundesnetzagentur gegenüber den „Ruhr Nachrichten“ könnten ähnliche Probleme auch in anderen Bundesländern auftreten. Antwort der Landesregierung erstellt von der Staatskanzlei 1. Sind der Landesregierung Störungen des Fernsehempfangs, des analo- gen Polizei- und Feuerwehrfunks oder anderer Dienste durch das Sendesignal von DAB+ in Sachsen-Anhalt bekannt und wenn ja, seit wann? Wodurch äußern sich die Störungen? Der Landesregierung sind etwaige durch das Sendesignal von DAB+ in Sachsen -Anhalt verursachte Störungen des Fernsehempfangs, des analogen Polizei - und Feuerwehrfunks oder anderer Dienste nicht bekannt. 2. Wie bewertet die Landesregierung die Störanfälligkeit des Fernsehemp- fangs sowie des analogen Polizei- und Feuerwehrfunks mit dem fortschreitenden Ausbau des DAB-Netzes in den Landkreisen und kreisfreien Städten Sachsen-Anhalts? In Sachsen-Anhalt wird zur Verbreitung von bundesweiten Digitalradioprogrammen der Kanal 5C genutzt. 2 Die Verbreitung von terrestrischem Digitalradio kann zu Störungen beim analogen Kabelfernsehempfang führen. Empfangsstörungen beim analogen Kabelfernsehempfang hat es zwar bisher in Sachsen-Anhalt nicht gegeben. Es ist aber möglich, dass es zu Störungen des Kabelfernsehempfangs in Folge der Ausstrahlung von Digitalradio auch in Sachsen-Anhalt kommen wird. Störungen beim TV-Empfang können in unmittelbarer Nähe des Sendestandorts im Umkreis von 2 bis 3 km in allen Kanälen auftreten. Die mögliche Beeinträchtigung des Fernsehempfangs betrifft speziell diejenigen Rundfunkteilnehmer , die noch einen analogen Kabelanschluss nutzen und deren Hausverkabelung , Antennensteckdose oder Anschlusskabel über keine den Vorschriften des Gesetzes über die elektronische Verträglichkeit von Betriebsmitteln (EMVG) entsprechende Abschirmung verfügen. Betriebsmittel (Kabelanlagen) dürfen gemäß § 4 Absatz 1 EMVG keine elektromagnetischen Störungen verursachen und müssen gemäß § 4 Absatz 2 EMVG gegen zu erwartende elektromagnetische Störungen hinreichend unempfindlich sein. Letzteres haben die Betreiber der Kabelanlagen sicherzustellen. Die Verbreitung von terrestrischem Digitalradio führt somit nicht zu Empfangsstörungen beim analogen Kabelfernsehempfang, wenn eine den Vorschriften des Gesetzes über die elektromagnetische Verträglichkeit von Betriebsmitteln entsprechende Abschirmung der Kabelanlagen erfolgt. Störungen des analogen BOS - Funks infolge bundesweiter Verbreitung von Digitalradio im DAB+ - Standard sind nach Mitteilung des Ministeriums für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt, der Medienanstalt Sachsen-Anhalt und des Mitteldeutschen Rundfunk in Sachsen-Anhalt nicht zu erwarten. Die in Sachsen-Anhalt für die terrestrische Verbreitung von digitalem Hörfunk im DAB+ - Standard zugeordnete Frequenz (Block 5C) liegt nach Erkenntnissen des Ministeriums für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt, der Medienanstalt Sachsen-Anhalt und des Mitteldeutschen Rundfunks in einem ausreichendem Schutzabstand zum BOS - Funk. Anders als in Nordrhein-Westfalen sowie in den Ländern Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland, wo die Verbreitung von bundesweitem Digitalradio gegenwärtig über den Kanal 5A erfolgt, der direkt an die Frequenzen angrenzt, die für den Polizeifunk genutzt werden, liegt zwischen dem Kanal 5C und den Polizeifunkfrequenzen demnach eine ausreichende Pufferzone, die Interferenzen ausschließt . 3. Wie will die Landesregierung Störungen vermeiden und welche Regelun- gen bezüglich der Frequenzkanäle sind angedacht? Für die Frequenzkoordinierung und Frequenzzuteilung sowie für die Sicherstellung der Einhaltung der telekommunikationsrechtlichen Vorschriften ist die Bundesnetzagentur zuständig. Zur Sicherstellung eines ungestörten Fernsehkabelempfangs müssen vor allem besser abgeschirmte Kabel in den Haushalten eingesetzt werden. 3 Die Bundesnetzagentur ist gemäß § 14 Absatz 6 Satz 2 EMVG befugt, zum Schutz vor Auswirkungen von Betriebsmitteln, die nicht den gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich des zulässigen Umfangs der elektromagnetischen Verträglichkeit entsprechen, gegenüber dem Eigentümer oder dem Betreiber eines Betriebsmittels die zur Behebung dieses Mangels erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Zur Sicherstellung der Transparenz hinsichtlich der für die Verbreitung von Digitalradio in Sachsen-Anhalt verwendeten DAB-Kanäle, Senderstandorte und der Inbetriebnahmedaten von digital-terrestrischen Sendeanlagen bedarf es einer zeitgerechten Information der Kabelnetzbetreiber durch die Medienanstalt Sachsen-Anhalt. Nach Mitteilung der Medienanstalt Sachsen-Anhalt werden von ihr die Kabelnetzbetreiber im Rahmen von Informationsgesprächen und Mitteilungen im Vorfeld der Inbetriebnahme von terrestrischen Sendeanlagen jeweils vorzeitig über die für die Verbreitung von terrestrischem Digitalradio vorgesehenen Kanäle, die Senderstandorte und die Inbetriebnahmedaten der betreffenden Senderanlagen informiert. Diese Verfahrensweise wurde nach Angabe der Medienanstalt Sachsen-Anhalt bereits bei der DVB-T-Einführung erfolgreich praktiziert. Hinsichtlich der Behebung der beim Empfang von BOS - Funk aufgetretenen Störungen ist Sachsen-Anhalt nicht betroffen, da dort der Kanal 5A nicht zu Rundfunkzwecken genutzt wird. Die Chefs der Staatskanzleien der Länder haben vereinbart, die Störungen des Polizeifunks durch DAB+ und die darauf folgende zeitweilige Abschaltung des Digitalradios in der kommenden Sitzung des Beirates der Bundesnetzagentur anzusprechen. 4. Hat die Bundesnetzagentur bezüglich der möglichen Probleme mit durch DAB+ in Verbindung zu bringende Störungen Kontakt mit der Landesregierung aufgenommen oder umgekehrt? Entsprechende Kontakte hat es in diesem Zusammenhang bisher nicht gegeben . Im Übrigen wird auf die Ausführungen zur Frage 3 verwiesen. 5. Wie beurteilt die Landesregierung eine etwaige zeitliche Unterbrechung des Digitalradiosignals, z. B. zur Vermeidung von Störungen, unter dem Aspekt der Rundfunkfreiheit? Für die digitale terrestrische landesweite und bundesweite Verbreitung von Digitalradio sind bestimmte terrestrische Übertragungskapazitäten in der Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung vorgesehen. Die Bundesnetzagentur hat nach Maßgabe von §§ 55, 57 Absatz 1 des Telekommunikationsgesetzes zur Realisierung von Versorgungsbedarfen für Rundfunk, speziell von Hörfunk, die betreffenden Übertragungskapazitäten an Betreiber von Übertragungseinrichtungen zugeteilt. Die erforderlichen landesrechtlichen Genehmigungen zur Nutzung dieser Frequenzen zur Verbreitung von Digitalradio im DAB+ - Standard an Rundfunkveranstalter liegen vor. 4 Die betreffenden Frequenzen (Kanäle 5A und 5C) dienen somit der Verbreitung von digitalem Hörfunk. Die Bundesnetzagentur hat sicherzustellen, dass diese Frequenzen für die Verbreitung von Rundfunk genutzt werden können. Im Falle weiterer Abschaltungen von Digitalradio verbreitenden Sendeanlagen könnten daraufhin erfolgende negative Medienberichte einen erheblichen Imageschaden für Digitalradio zur Folge haben und damit die Erfolgsaussichten des gerade erst gestarteten Digitalradios erheblich beeinträchtigen. Die Außerbetriebnahme einer ordnungsgemäß betriebenen Rundfunksendeanlage mit gültiger Frequenzzuteilung darf also nur als ultima ratio in einem zeitlich sehr kurz bemessenen Zeitraum erfolgen, innerhalb dessen die Bundesnetzagentur eine dauerhafte Behebung des Problems vorzunehmen hat. Eine Beeinträchtigung des Grundrechts auf Rundfunkfreiheit im Falle des zeitweiligen Ausfalles der Nutzungsmöglichkeit einer digital-terrestrischen Frequenz zu Rundfunkzwecken wäre nur in dem Fall anzunehmen, dass die Verbreitung und / oder der Empfang des betreffenden Rundfunkprogramms in dieser Zeit nicht durch ein anderes Übertragungsmedium möglich wäre. Nach dem Stand der Technik, das heißt im Hinblick auf den Umfang der vorhandenen Übertragungswege (Terrestrik, Kabel, Satellit, Internet), kann davon ausgegangen werden, dass die Verbreitung und der Empfang von Rundfunk auch in dem Fall gewährleistet ist, dass ein Übertragungsmedium - zudem nur zeitweilig - nicht zur Verbreitung von Rundfunk genutzt werden kann. Das Grundrecht auf Rundfunkfreiheit ist im Falle einer kurzzeitigen Unterbrechung des terrestrischen Digitalradiosignals somit nicht verletzt, da andere Übertragungswege zur Verfügung stehen.