Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/633 08.12.2011 (Ausgegeben am 08.12.2011) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Sabine Dirlich (DIE LINKE) Gewährung von Zuschüssen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket für Lernförderung Kleine Anfrage - KA 6/7237 Vorbemerkung des Fragestellenden: Die in den SGB II und XII seit 1. Januar 2011 enthaltenen Leistungen für Bildungsund Teilhabebedarfe umfassen unter anderem Zuschüsse für Lernförderung. Träger dieser Leistungen sind die kreisfreien Städte und Landkreise. Die Wahrnehmung der Aufgaben ist in der Regel den Jobcentern als gemeinsamer Einrichtung der Kommune und der Arbeitsagentur übertragen. Die Rechts- und Fachaufsicht obliegt den jeweils zuständigen Landesbehörden. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Arbeit und Soziales Vorbemerkung: Leistungen für Bildung und Teilhabe sind nicht nur im SGB II und XII, sondern auch in § 6b des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) für Familien vorgesehen, die Wohngeld oder Kinderzuschlag beziehen. Die Leistungen nach § 6b BKGG und nach § 34 SGB XII dürfen aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht bei einer gemeinsamen Einrichtung nach § 44b SGB II angesiedelt werden. Darüber hinaus verfügen auch die nach § 6a SGB II zugelassenen kommunalen Träger (Optionskommunen), die ab dem 1. Januar 2012 rund 50 % der SGB II-Leistungsberechtigten betreuen werden, über keine gemeinsame Einrichtung. Sie nehmen die Aufgaben nach dem SGB II vollständig allein wahr. Insofern erfolgt die Erbringung der Bildungs- und Teilhabeleistungen zumindest in Sachsen-Anhalt zwar zu einem erheblichen Teil, aber nicht in der Regel durch die gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b SGB II. 2 Die Bildungs- und Teilhabeleistungen wurden bewusst in die kommunale Trägerschaft gegeben, um die große Sachnähe der Kommunen einzubeziehen und Spielräume vor Ort nutzbar zu machen. Zum Erhalt der dezentralen Kompetenzen erbringen die Kommunen die Bildungs- und Teilhabeleistungen als eine Aufgabe im eigenen Wirkungskreis. Damit korrespondiert eine Rechts-, nicht jedoch eine Fachaufsicht der Landesregierung. Frage Nr. 1 Inwieweit sind den Leistungsträgern Vorgaben für die Definition des Begriffs „wesentliche Lernziele“ gegeben? Wie sind diese in Sachsen-Anhalt definiert? Bei der Formulierung „wesentliche Lernziele“ in § 28 SGB II und § 34 SGB XII handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der Auslegung bedarf. In der Gesetzesbegründung zu § 28 Absatz 5 SGB II (BR-Drs. 661/10) wird dazu ausgeführt : „Die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Lernförderung bezieht sich auf das wesentliche Lernziel, das sich wiederum im Einzelfall je nach Schulform und Klassenstufe aus den schulrechtlichen Bestimmungen des jeweiligen Landes ergibt. Das wesentliche Lernziel in der jeweiligen Klassenstufe ist regelmäßig die Versetzung in die nächste Klassenstufe beziehungsweise ein ausreichendes Leistungsniveau. Verbesserungen zum Erreichen einer besseren Schulartempfehlung stellen regelmäßig keinen Grund für Lernförderung dar.“ Für weitergehende Vorgaben sieht die Landesregierung zumindest derzeit keinen Bedarf. Frage Nr. 2 Was ist unter einer „schulische Angebote ergänzende(n) angemessene(n) Lernförderung“ zu verstehen (vgl. § 28 Absatz 5 SGB II)? Frage Nr. 3 Inwieweit ist der an verschiedenen Schulen angebotene Förderunterricht als eine solche „schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung“ zu verstehen und kann damit zur Verweigerung entsprechender Zuschüsse zu individueller Lernförderung führen? Bei der „schulische Angebote ergänzenden angemessenen Lernförderung“ handelt es sich in der Regel um private Nachhilfe. Förderunterricht, wie er von den Schulen selbst angeboten wird, stellt keine „schulische Angebote ergänzende angemessene Lernförderung“ im Sinne des § 28 Absatz 5 SGB II bzw. § 34 Absatz 5 SGB XII, sondern ein schulisches Angebot dar. Er kann daher nicht mittels der Bildungs- und Teilhabeleistungen bezuschusst werden. Der Förderunterricht an den Schulen wird im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen des Landes ohnehin kostenfrei für Schülerinnen und Schüler angeboten. Nach der Gesetzesbegründung zu § 28 Absatz 5 SGB II soll die außerschulische Lernförderung „…unmittelbare schulische Angebote lediglich ergänzen. Die unmittelbaren schulischen Angebote haben in jedem Fall Vorrang und nur dann, wenn diese im konkreten Einzelfall nicht ausreichen, kommt außerschulische Lernförderung in Betracht.“ Bei dem an verschiedenen Schulen angebotenen Förderunterricht handelt es sich um ein schulisches Angebot in diesem Sinne mit entsprechendem Vorrangcharakter . Die Lernförderung nach (§ 6b BKGG i. V. m.) § 28 Absatz 5 SGB II bzw. § 34 Absatz 5 SGB XII kann in Bezug auf den schulischen Förderunterricht folglich 3 nur dann eingreifen, wenn entweder tatsächlich durch die Schule kein Förderunterricht angeboten wird oder der schulische Förderunterricht zur Erreichung des wesentlichen Lernziels (voraussichtlich) nicht ausreicht. Letzteres kann zum Beispiel der Fall sein, wenn die Schülerin oder der Schüler einer individuelleren Betreuung bedarf , als dies durch die schulischen Angebote abgedeckt werden kann. Die Entscheidung , ob diese Voraussetzungen gegeben sind, haben die kommunalen Träger dementsprechend für jeden Einzelfall zu treffen.