Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/647 09.12.2011 (Ausgegeben am 13.12.2011) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Christoph Erdmenger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Kommunalisierungsgrad und Einnahmeverteilung in Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 6/7244 Vorbemerkung des Fragestellenden: Neben der Aufgabenaufteilung ist die Verteilung der in Sachsen-Anhalt verbleibenden Gesamteinnahmen zwischen dem Land und den Kommunen für die Beurteilung des Kommunalen Finanzausgleichs (KFA) von zentraler Bedeutung. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium der Finanzen 1. Wie werden im Entwurf des Haushaltsplanes 2012/2013 die in Sachsen- Anhalt verbleibenden Einnahmen aus Steuern und Zuweisungen zwischen dem Land und den Kommunen aufgeteilt, wenn die Finanzmassen den einzelnen Ebenen wie folgt zugerechnet werden: a) Gesamteinnahmen netto des Landes: verbleibende Finanzmasse aus Steuern (einschließlich der Kompensationszahlung Kraftfahrzeugsteuer ) sowie dem Länderfinanzausgleich einschließlich Bundesergänzungszuweisungen , abzüglich der den Kommunen zufließenden Finanzausgleichsmasse im Kommunalen Finanzausgleich; b) Gesamteinnahmen Kommunen: Steuern (Realsteuern abzüglich Ge- werbesteuerumlage, Gemeindeanteile an der Einkommen- und Umsatzsteuer sowie anderen Steuern) sowie den Zuweisungen aus dem Kommunalen Finanzausgleich? Bitte um Angabe der absoluten Beträge sowie der Aufteilungsverhältnisse . Für den Fall, dass zu den kommunalen Einnahmen der Jahre 2012 und 2013 keine Plandaten vorliegen, wird um die Verwendung der Einnahme- 2 prognose 2011 gebeten, die im Gesetzentwurf (Drs. 6/448) zur Berechnung der Finanzausgleichsmasse 2013 herangezogen wurde. Seit der Systemumstellung auf eine bedarfsorientierte Finanzausstattung der Kommunen ab dem Jahr 2010 werden die Einnahmen des Landes nicht mehr zwischen Kommunen und dem Land entsprechend einer Verbundquote aufgeteilt . Es hat aber auch nie eine „Verteilung“ im Sinne dieser Fragestellung stattgefunden . Die nachfolgende Tabelle weist daher rein nachrichtlich die Einnahmen des Landes aus Steuern, Länderfinanzausgleich und an allgemeinen Bundesergänzungszuweisungen sowie der Kompensationszahlung Kraftfahrzeugsteuer aus und stellt die voraussichtlichen kommunalen Einnahmen gem. der Steuerschätzung vom November 2011 und dem Gesetzentwurf zum FAG dar. Ein inhaltlicher Bezug zwischen beiden Betragsangaben besteht nicht. Angaben in Mio. Euro 2012 2013 Steuereinnahmen Land* 5.466 5.601 Einnahmen LFA, allg. BEZ* 763 799 SoBEZ (Solidarpakt II)* 1.142 1.030 Kompensation Kfz-Steuer* 232 232 Einnahmen der Kommunen aus Steuern** 1.322 1.371 Einnahmen der Kommunen nach FAG*** 1.521 1.539 (*Stand: HPE 2012/2013) (**Steuerschätzung November 2011) (***Gesetzentwurf Drs. 6/448) Die Einnahmeprognose zur Berechnung der Finanzausgleichsmasse 2013 beruht auf einer Hochrechnung, die anschließend in die Durchschnittsbetrachtung eines Dreijahreszeitraumes eingebunden wird. Sie wäre allein deshalb nicht aussagefähig im Sinne der vorstehenden Tabelle. Zudem gibt es eine Zeitverschiebung in der Weise, dass die Datengrundlage für die jeweils aktuelle Bemessung des Finanzbedarfs zwangsläufig auf den Statistiken zurückliegender Zeiträume aufbaut. Die Einnahmeprognose geht von Steuermindereinnahmen aus und erhöht damit den Finanzbedarf für das Finanzausgleichsjahr 2013. 2. Wie hat sich die Einnahmeverteilung aus Frage 1 von 1990 bis 2011 abso- lut und relativ entwickelt? In den Jahren bis einschließlich 1994 wurde der Finanzbedarf der Kommunen über die damaligen Gemeindefinanzierungsgesetze in der Weise gedeckt, als die Verbundmasse als Pro-Kopf-Beträge auf die drei kommunalen Gruppen verteilt wurde. Die Verbundmasse wurde überwiegend aus dem Fonds Deutsche Einheit gespeist, der ab 1995 durch die Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen (SoBEZ) abgelöst wurde. In das System des Länderfinanzausgleichs wurden die neuen Bundesländer erst mit dem Jahr 1995 einbezogen. 3 Einen Finanzausgleich im üblichen Sinne gab es noch nicht. Dieser wurde erst im Jahr 1995 eingeführt, als es möglich wurde, die Steuerkraft der Gemeinden anhand belastbarer Statistiken zu ermitteln. Daher wird auf Angaben für die Jahre vor 1995 verzichtet. Die Gesamteinnahmen netto des Landes im Sinne der Fragestellung sind in der Anlage 1 ausgewiesen. Die Gesamteinnahmen der Kommunen aus Steuern und Zuweisungen ergeben sich aus Anlage 2. Die Steuereinnahmen der Kommunen stehen in keinem unmittelbaren inhaltlichen Zusammenhang mit den Landeszuweisungen. 3. Wie stellt sich die Einnahmeverteilung aus Frage 1 in anderen Bundeslän- dern dar? Wie beurteilt die Landesregierung die Angemessenheit des kommunalen Anteils an den Gesamteinnahmen Sachsen-Anhalts im bundesdeutschen Vergleich? Die Mehrzahl der Länder bemisst die kommunalen Zuweisungen anhand einer Quote. Verbundquote und Zusammensetzung der Verbundgrundlagen variieren von Land zu Land. Da auch die Aufgabenverteilung zwischen Land und Kommunen von Land zu Land variiert und neben den quotalen Zuweisungen meist auch sachbezogene Zuweisungen gewährt werden, ist ein Ländervergleich nicht aussagekräftig. Derartige Vergleichsdaten liegen nicht vor und werden aus den genannten Gründen auch nicht erhoben. Eine Beurteilung ist deshalb nicht möglich. 4. Wie hoch ist der von der Landesregierung ermittelte kommunale Finanz- bedarf insgesamt auf Basis der Berechnungsweise des jeweils geltenden Finanzausgleichsgesetzes in folgenden Abgrenzungen: a) Finanzbedarf auf Basis der Ausgaben, b) Finanzbedarf auf Basis der Ausgaben abzüglich direkt zurechenbarer Einnahmen, c) Finanzbedarf auf Basis der Ausgaben abzüglich direkt zurechenbarer Einnahmen und allgemeiner Deckungsmittel? Bitte um Angaben für die Jahre 2010, 2011, 2012 und 2013 jeweils für folgende Gebietskörperschaften: kreisfreie Städte, Landkreise, kreisangehörige Gemeinden sowie für die kommunale Ebene insgesamt. Die Frage lässt sich nicht in der gewünschten Weise beantworten, denn die Bedarfsberechnung für den Finanzausgleich erfolgt als Durchschnittsbetrachtung eines vorangegangenen Dreijahreszeitraums, ergänzt um Prognosen (mit Ausnahme des Jahres 2012). Für das Finanzausgleichsgesetz 2010/2011 dienten die Jahresrechnungsstatistiken der Jahre 2005 bis 2007 als Basis für die Bedarfsberechung. Um den Finanzbedarf des Jahres 2010 zu bestimmen, wurde auf die sich aus der Basisberechnung ergebenden Einzelbedarfe gemäß Gliederung des FAG eine Prognoseberechnung für das Jahr 2008 aufgesetzt. Mit einer weiteren Prognose für das Jahr 2009 wurde der Finanzbedarf des Jahres 2011 bestimmt. 4 Im Rahmen der Fortschreibung des Finanzausgleichsgesetzes für 2012/2013 wurde versucht, den Bemessungszeitraum dem Finanzausgleichszeitraum zeitlich stärker anzunähern. Deshalb wurden die Jahresrechnungsstatistiken der Jahre 2008 und 2009 ergänzt um die Kassenstatistik 2010 als Basis für die Bedarfsbestimmung 2012 herangezogen. Damit konnte auf eine Prognose für das Jahr 2010 verzichtet werden. Um den Finanzbedarf des Jahres 2013 zu bestimmen , wurde auf die sich aus der Basisberechnung ergebenden Einzelbedarfe gemäß Gliederung des FAG eine Prognoseberechnung für das Jahr 2011 aufgesetzt . Der Finanzbedarf des Finanzausgleichsjahres 2012 lässt sich in Anlehnung auf die Fragestellung nur für die Basisberechnung 2010 darstellen, beruht aber wie bereits erwähnt auf der Durchschnittsbetrachtung der Jahre 2008 bis 2010. In Mio. Euro FAG 2012 (Durchschnitt der Jah- re 2008 bis 2010) Landkreise Kreisfreie Städte Gemeinden/ Gemeindeverbände Gesamt Ausgaben Verwaltungshaushalt Einzelpläne 0 bis 8 1.857,6 1.045,7 1.431,6 4.334,9 Ausgaben Verwaltungshaushalt Einzelplan 9 (einschl. ordentlicher Tilgung anstatt Bruttozuführung zum Vermögenshaus- halt) 90,7 78,9 860,8 1.030,4 Einnahmen Verwaltungshaushalt Einzelpläne 0 bis 8 780,7 338,6 660,7 1.780,0 Einnahmen Verwaltungshaushalt Einzelplan 9 (einschl. SGB II) 679,7 424,1 1.138,4 2.242,2 a) Finanzbedarf auf Basis der Ausgaben EP 0 bis 9 1.948,3 1.124,6 2.292,4 5.365,3 b) Finanzbedarf auf Basis der Ausgaben minus direkt zurechenbarer Einnahmen 1.167,6 786,0 1.631,7 3.585,3 c) Finanzbedarf auf Basis der Ausgaben minus direkt zurechenbarer Einnahmen und EP 9 487,9 361,9 493,3 1.343,1 5. Wie groß ist der Kommunalisierungsgrad in Sachsen-Anhalt, wenn den gesamten in Sachsen-Anhalt getätigten Ausgaben (Landesebene zuzüglich kommunaler Ebene) die kommunalen Ausgaben gemäß der Abgrenzungen in den Fragen 4 a), 4 b) und 4 c) gegenübergestellt werden? Die Fragen 5 und 6 werden zusammengefasst beantwortet. Eine Ermittlung des Kommunalisierungsgrades erfordert eine monetäre Bewertung des Aufgabenumfangs, die so nicht vorliegt und schon gar nicht in Form vereinheitlichter Länderdaten existiert. Daher wurden bisher keine eigenen Berechnungen zum Kommunalisierungsgrad angestellt. 5 Das Gutachten „Strategische Ausrichtung des Landeshaushalts von SachsenAnhalt “ von Prof. Dr. Ingolf Deubel vom November 2010 enthält Hinweise zum Kommunalisierungsgrad in Sachsen-Anhalt. Dabei kommt das Gutachten zu dem Ergebnis, das in Sachsen-Anhalt ein unterdurchschnittlicher Kommunalisierungsgrad (42,8 %) im Verhältnis zu den neuen Flächenländern (48,4 %) und den alten Flächenländern (51,5 %) besteht. Exemplarisch verweist das Gutachten auf die Bereiche Sozialhilfe und Kinderbetreuung. Eine Bewertung dieser Aussage des Gutachtens erfolgte bisher nicht. 6. Wie hoch ist der Kommunalisierungsgrad aus Frage 5 in anderen Bundes- ländern? Auf welcher Grundlage wurde er jeweils ermittelt? Wie beurteilt die Landesregierung den Kommunalisierungsgrad im bundesdeutschen Vergleich? Siehe Frage 5. 6 Einnahmen des Landes aus Steuern (netto) minus Zuweisungen nach dem FAG Anlage 1 7 Einnahmen der Kommunen aus Steuern und Zuweisungen nach dem FAG Anlage 2 Quelle: Statistisches Landesamt Stand: 29. November 2011 8 Erläuterung zu Anlage 2 - Auszug aus dem Gliederungs- und Gruppierungserlass - Realsteuern netto 000 + 001 + 003 - 810 000 Grundsteuer A: Land- und forstwirtschaftliche Betriebe 001 Grundsteuer B: Sonstige Grundstücke 003 Gewerbesteuer 810 Gewerbesteuerumlage: nach dem Gemeindefinanzreformgesetz Gemeindeanteil an den Gemeinschaftssteuern 010 + 011 + 012 010 Gemeindeanteil an der Lohn- und veranlagten Einkommenssteuer 011 Ausgleichszahlungen für Steuerausfälle Zahlungen im Rahmen des Familienleistungsausgleichs 012 Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer Andere Steuern 02 02 Vergnügungssteuer für die Vorführung von Bildstreifen, Sonstige Vergnügungssteuer, Hundesteuer , Getränkesteuer, Jagdsteuer, Zweitwohnungssteuer, Sonstige Steuern Summe Steuern netto 000 + 001 + 003 - 810 + 010 + 011 + 012 + 02 Allgemeine Zuweisungen vom Land 041 041 Allgemeine Zuweisungen vom Land: - bisherige Schlüsselzuweisung, - Zuweisungen zur Minderung der Belastungen durch Sozialhilfe und nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, - bisherige personenbezogene Kostenerstattung nach Pauschalsätzen des Aufnahmegesetzes; Besondere Ergänzungszuweisung Grundsicherung für Arbeitssuchende; Besondere Ergänzungszuweisung Sozialhilfe; Besondere Ergänzungszuweisung Jugendhilfe; Straßenbaulast; Grundzentren Bedarfszuweisungen vom Land 051 051 Bedarfszuweisung vom Land: Zuweisungen aus dem Ausgleichsstock gem. § 17 FAG wegen einer außergewöhnlichen Belastung oder besonderen Härte Sonstige allgemeine Zuweisungen vom Land 061 061 Sonstige allgemeine Zuweisungen vom Land: Straßenbaulastzuweisungen (bis 2009), Jugendpauschale (bis 2009), Schülerbeförderungskosten, Mitfinanzierung Kinder- und Jugendhilfe (Jugendpauschale einschl. Feststellungsprogramm, Mitfinanzierung der Aufgaben nach §§ 11 bis 14 des Kinder - und Jugendhilfegesetzes); Nichtinvestive Haushaltsmittel für den Freiwilligen Zusammenschluss von Gemeinden; Auftragskostenerstattung; Zuweisungen für kommunale Zusammenschlüsse, soweit nicht allgemeine Zuweisungen Summe Zuweisungen 041 + 051 + 061 Investitionszuweisungen vom Land 361 361 Zuweisungen für Investitionen vom Land: -Investitionszuweisungen nach § 14 FAG, -Investitionszuweisungen nach § 11 a FAG Ausnahme: Der § 11 a Absatz 2 erlaubt unter bestimmten Voraussetzungen ein Abweichen zum Verwaltungshaushalt: Veranschlagung wie bisher unter Abschnitt 90, Gruppierungs-Nummer 061 Straßenbaulastzuweisungen (bis 2009); Ausgleich der Mehrkosten für Investitionen; Investive Haushaltsmittel für den Freiwilligen Zusammenschluss von Gemeinden; einmalige Zuweisung zur Verbesserung der kommunalen Infrastruktur; Zuweisungen für Mehrkosten für erforderliche Investitionen, z. B. Kosten gemäß § 17 Gesetz zur Vorsorge gegen die von Hunden ausgehenden Gefahren; Kommunale Investitionspauschale im Rahmen des Konjunkturpaketes II des Bundes; Investitionspauschale gemäß § 16 FAG (für Gemeinde)