Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/673 15.12.2011 (Ausgegeben am 16.12.2011) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Sören Herbst (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Überwachung von Schulcomputern mittels Schultrojaner-Software Kleine Anfrage - KA 6/7254 Vorbemerkung des Fragestellenden: Der Gesamtvertrag zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen nach § 53 UrhG zwischen dem Land Sachsen-Anhalt, den weiteren Bundesländern, der Verwertungsgesellschaft Wort, der Verwertungsgesellschaft Musikedition und der Zentralstelle Fotokopieren an Schulen (ZFS) beinhaltet in § 6 Absatz 4 eine Vereinbarung, nach der die Länder den Schulbuchverlagen die Möglichkeit einräumen müssen, auf Schulrechnern Software zu installieren, welche den Computer nach Plagiaten untersucht . Dies ist erstmalig im zweiten Schulhalbjahr 2011/2012 möglich. Antwort der Landesregierung erstellt vom Kultusministerium Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Nach § 53 Absatz 3 Urheberrechtsgesetz (UrhG) ist es zulässig, Vervielfältigungsstücke von kleinen Teilen eines Werkes, von Werken von geringem Umfang oder von einzelnen Beiträgen, die in Zeitungen oder Zeitschriften erschienen oder öffentlich zugänglich gemacht worden sind, zum eigenen Gebrauch 1. zur Veranschaulichung des Unterrichts in Schulen, in nichtgewerblichen Einrich- tungen der Aus- und Weiterbildung sowie in Einrichtungen der Berufsbildung in der für die Unterrichtsteilnehmer erforderlichen Anzahl oder 2. für staatliche Prüfungen und Prüfungen in Schulen, Hochschulen, in nichtgewerblichen Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung sowie in der Berufsbildung in der erforderlichen Anzahl 2 herzustellen oder herstellen zu lassen, wenn und soweit die Vervielfältigung zu diesem Zweck geboten ist. Die Vervielfältigung eines Werkes, das für den Unterrichtsgebrauch an Schulen bestimmt ist, ist stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig. Die Verlage bestanden zum Schutz ihres Primärmarktes in den Verhandlungen darauf , dass die Schulverwaltungen verschiedene Maßnahmen ergreifen, um einerseits die Einhaltung der vereinbarten Obergrenzen für die Vervielfältigungen zu gewährleisten , andererseits die Herstellung, Speicherung und Verbreitung von Digitalisaten von Unterrichtswerken zu unterbinden. Unterrichtswerke dürfen nämlich generell nicht in unkörperlichen Vervielfältigungen verwendet oder gespeichert werden, außer es bestehen entsprechende Lizenzen o. ä. Die Verlage haben zur Bedingung für einen Vertragsabschluss gemacht, dass die Länder den Einsatz einer so genannten Plagiatssoftware unterstützen sollen, mit deren Hilfe den Schulen ermöglicht wird, festzustellen, ob sich Digitalisate von Unterrichtswerken auf den Servern befinden. Diese Software liegt den Ländern noch nicht vor, ebenso wenig wurden spezifischere Angaben zu ihrer Wirkungsweise gemacht. Unabdingbare Voraussetzung zum Einsatz der Software ist die technische und datenschutzrechtliche Unbedenklichkeit. Frage 1: Wie beabsichtigt die Landesregierung die im Vertrag erwähnte, „technische und datenschutzrechtliche Unbedenklichkeit der Software“ sicherzustellen und wer überprüft dies? Die Prüfung der datenschutzrechtlichen und technischen Unbedenklichkeit wird nach Vorlage der Software durch das Kultusministerium des Landes Sachsen-Anhalt unter Nutzung der wissenschaftlichen Einrichtungen des Landes in Kooperation mit dem Landesbeauftragten für den Datenschutz Sachsen-Anhalt erfolgen. Frage 2: Wer liefert die Spähsoftware bzw. wird mit der Leistungserbringung beauftragt ? Die Plagiatssoftware wird von den Verlagen zur Verfügung gestellt. Frage 3: Wird die Spähsoftware auf allen Betriebssystemen zur Anwendung kommen? Die Software wird ausschließlich auf den Rechnern, die den Schulen seitens des Schulträgers zur Verfügung gestellt werden, zur Anwendung kommen. Frage 4: Welche Schulen werden von der Überwachung im Land betroffen sein? Es handelt sich nicht um eine Überwachung, sondern um eine punktuelle Überprüfung . Gemäß § 6 Nummer 4 des Gesamtvertrages zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen nach § 53 UrhG wird 1 % der öffentlichen Schulen ihre Speichersys- 3 teme durch Einsatz der Plagiatssoftware auf das Vorhandensein von Digitalisate prüfen lassen. Der Modus der Auswahl der Schulen erfolgt - aufgeschlüsselt nach Ländern und Schularten - in Absprache mit den Verlagen. Frage 5: Wann und wie werden betroffene Schulen, Eltern, Lehrer und Schüler über den Einsatz der Überwachungssoftware informiert? Es handelt sich nicht um eine Überwachung, sondern um eine punktuelle Überprüfung . Sobald die Software vorliegt und datenschutzrechtlich und technisch als unbedenklich bewertet wurde und die Schulen, in denen die Software zum Einsatz kommen soll, ausgewählt worden sind, werden die Schulen, Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler informiert werden. Die Schulen in Sachsen-Anhalt wurden bereits mit Schreiben vom 12. Juli 2011 vorab darüber informiert, dass es zu einem Einsatz von Plagiatssoftware kommen wird. Frage 6: Wie bindet die Landesregierung Personal- und Betriebsräte, die Mitarbeitervertretungen sowie Schülervertretungen ein, um deren Mitwirkungsrechte zu gewährleisten ? Sobald die Software vorliegt, werden die Mitwirkungsrechte, die sich gegebenenfalls aus dem Einsatz der Software ergeben, geprüft werden. Frage 7: Welche Rechtsgrundlage sieht die Landesregierung für die Überwachung der Schulrechner und wie stellt Sie die datenschutzrechtlichen Aspekte der Computernutzer sicher? Die rechtliche Grundlage für den Einsatz der Software ergibt sich aus den vertraglichen Vereinbarungen der Länder mit den Verwertungsgesellschaften. Die Software kommt nur dann zum Einsatz, wenn sie datenschutzrechtlich und technisch unbedenklich ist. Frage 8: Wie definiert die Landesregierung Schulrechner im engeren Sinne? Schulrechner im engeren Sinn, sind die Schulrechner, die den Schulen von den Schulträgern zur Verfügung gestellt werden. Frage 9: Welche Sanktionen sind gegen Schulen, Eltern, Lehrer und Schüler vorgesehen , denen gegenüber Vorwürfe einer illegalen Verwendung urheberrechtlich geschützter Werke gemacht werden? Schulleiterinnen, Schulleiter und Lehrkräfte müssen gegebenenfalls aufgrund arbeitsrechtlicher oder disziplinarrechtlicher Vorschriften mit Konsequenzen rechnen. Es hat immer eine Prüfung des Einzelfalls zu erfolgen. Pauschale Angaben, wie ein entsprechender Verstoß gewertet wird, können nicht gemacht werden. Eltern oder Schüler sind von dem Gesamtvertrag nicht betroffen. 4 Frage 10: Wer ist der zentrale Ansprechpartner der Landesregierung für die Aufklärung derartiger Vorfälle? Es gibt noch keinen zentralen Ansprechpartner. Frage 11: Welche Abwägungen haben die Landesregierung einer Überwachung der Schulcomputer zugunsten privater Interessen zustimmen lassen? Es handelt sich nicht um eine Überwachung, sondern um eine punktuelle Überprüfung . Um den Lehrkräften an allen staatlichen, kommunalen, kirchlichen und privaten Schulen zu ermöglichen, im bisher vertrauten Umfang Vervielfältigungen von urheberrechtlich geschützten Materialien zur Veranschaulichung im Unterricht und für Prüfungszwecke herstellen können, ohne im Einzelfall, so gesetzlich geboten, bei den Rechteinhabern um Erlaubnis ansuchen zu müssen oder wegen der Kostenfolgen Rücksprache mit dem Sachaufwandsträger zu nehmen, haben die Länder mit den Verwertungsgesellschaften den Gesamtvertrag zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen nach § 53 UrhG abgeschlossen.