Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/675 16.12.2011 (Ausgegeben am 16.12.2011) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Jan Wagner (DIE LINKE) Einsatz von Überwachungssoftware auf Schulcomputern - Technische Hintergründe Kleine Anfrage - KA 6/7256 Vorbemerkung des Fragestellenden: Wie am 31. Oktober 2011 das Blog „netzpolitik.org“ berichtete, schlossen die 16 Bundesländer mit Verlagen und Verwertungsgesellschaften den „Gesamtvertrag zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen nach § 53 UrhG“. In diesem Vertrag ist geregelt , dass auf Schulrechnern eine Software zum Einsatz kommen soll, die alle Daten auf diesen ausspähen kann, um „Plagiate“ jener Verlage zu detektieren („Schultrojaner “). Daraus ergeben sich Fragen technischen Hintergrunds. Antwort der Landesregierung erstellt vom Kultusministerium Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Nach § 53 Absatz 3 Urheberrechtsgesetz (UrhG) ist es zulässig, Vervielfältigungsstücke von kleinen Teilen eines Werkes, von Werken von geringem Umfang oder von einzelnen Beiträgen, die in Zeitungen oder Zeitschriften erschienen oder öffentlich zugänglich gemacht worden sind, zum eigenen Gebrauch 1. zur Veranschaulichung des Unterrichts in Schulen, in nichtgewerblichen Einrich- tungen der Aus- und Weiterbildung sowie in Einrichtungen der Berufsbildung in der für die Unterrichtsteilnehmer erforderlichen Anzahl oder 2. für staatliche Prüfungen und Prüfungen in Schulen, Hochschulen, in nichtgewerblichen Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung sowie in der Berufsbildung in der erforderlichen Anzahl 2 herzustellen oder herstellen zu lassen, wenn und soweit die Vervielfältigung zu diesem Zweck geboten ist. Die Vervielfältigung eines Werkes, das für den Unterrichtsgebrauch an Schulen bestimmt ist, ist stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig. Um den Lehrkräften an allen staatlichen, kommunalen, kirchlichen und privaten Schulen zu ermöglichen, im bisher vertrauten Umfang Vervielfältigungen von urheberrechtlich geschützten Materialien zur Veranschaulichung im Unterricht und für Prüfungszwecke herstellen zu können, ohne im Einzelfall, so gesetzlich geboten, bei den Rechteinhabern um Erlaubnis ansuchen zu müssen oder wegen der Kostenfolgen Rücksprache mit dem Sachaufwandsträger zu nehmen, haben die Länder mit den Verwertungsgesellschaften einen Gesamtvertrag zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen nach § 53 UrhG abgeschlossen. Die Verlage bestanden zum Schutz ihres Primärmarktes in den Verhandlungen darauf , dass die Schulverwaltungen verschiedene Maßnahmen ergreifen, um einerseits die Einhaltung der vereinbarten Obergrenzen für die Vervielfältigungen zu gewährleisten , andererseits die Herstellung, Speicherung und Verbreitung von Digitalisaten von Unterrichtswerken zu unterbinden. Unterrichtswerke dürfen nämlich generell nicht in unkörperlichen Vervielfältigungen verwendet oder gespeichert werden, außer es bestehen entsprechende Lizenzen o. ä. Die Verlage haben zur Bedingung für einen Vertragsabschluss gemacht, dass die Länder den Einsatz einer sogenannten Plagiatssoftware unterstützen sollen, mit deren Hilfe den Schulen ermöglicht wird festzustellen, ob sich Digitalisate von Unterrichtswerken auf den Servern befinden. Diese Software liegt den Ländern noch nicht vor, ebenso wenig wurden spezifischere Angaben zu ihrer Wirkungsweise gemacht. Unabdingbare Voraussetzung zum Einsatz der Software ist die technische und datenschutzrechtliche Unbedenklichkeit. Frage 1: Welche Firma hat die Software entwickelt bzw. soll diese noch entwickeln? Sind dazu bereits Ausschreibungen erfolgt? Wie gestaltet sich der Anforderungskatalog an diese Software? Die Software wird den Ländern zur Verfügung gestellt. Diese sind nicht mit der Entwicklung oder Auftragsvergabe befasst. Frage 2: Wie bewertet die Landesregierung die Vergabe einer solchen Software an private Dritte? Die Verwertungsgesellschaften vergeben den Auftrag zur Entwicklung einer solchen Software. 3 Frage 3: Wird die geplante Plagiatssoftware auf eine bestehende Internetverbindung angewiesen sein? Wie werden urheberrechtlich geschützte Inhalte identifiziert? Wird es einen Abgleich mit einer Datenbank der Verwertungsgesellschaften geben? Wird die Übertragung von Daten gegen den Zugriff Unbefugter gesichert ? Falls ja, wie? Falls nein, wieso wird darauf verzichtet? Da die Software noch nicht vorliegt, können hierzu keine Angaben gemacht werden. Auf den Schutz vor Zugriffen von Unbefugten kann nicht verzichtet werden. Frage 4: Wer soll im Fall eines Verstoßes gegen das UrhG in welchem Maße und auf welcher Rechtsgrundlage belangt werden (Lehrer, Schulleiter, etc.)? Wie soll zwischen unschuldigen und schuldigen Nutzern des betroffenen Schulcomputers unterschieden werden? Wie soll die Identität des betroffenen Nutzers zweifelsfrei festgestellt werden? Schon bisher waren die an Recht und Gesetz gebundenen Schulaufsichtsbehörden gehalten, gegen Urheberrechtsverletzungen in der Schule mit den bei Pflichtverstößen üblichen, unter Umständen also auch mit disziplinar- und arbeitsrechtlichen Mitteln vorzugehen. Die Plagiatssoftware darf nur feststellen, ob und welche urheberrechtlich geschützten Werke im Verstoß zum § 53 UrhG auf dem schulischen Speicher existent ist. Welcher Nutzer die Digitalisate erstellt hat, wird nicht festgestellt werden. Eltern oder Schüler sind von dem Gesamtvertrag nicht betroffen. Frage 5: Wie soll der Funktionsumfang der Plagiatssoftware von den Ländern abschließend beurteilt werden? Wie soll sichergestellt werden, dass die Software nicht über weitere verdeckte Funktionen verfügt? Wird der Quellcode der Software den Ländern offen gelegt? Falls ja, welche Beteiligten prüfen diesen? Da die Software noch nicht vorliegt, können hierzu keine Angaben gemacht werden. Frage 6: Hat die Landesregierung geprüft, ob Schulbücher, welche unter einer freien Lizenz stehen, im Land zum Einsatz kommen könnten? Falls ja, welchen Grund sieht die Landesregierung weiterhin auf Bücher sog. Schulbuchverlage zurückzugreifen ? Falls nein, wieso hat die Landesregierung bisher diese Option ausgelassen? Es ist nicht Aufgabe der Landesregierung zu prüfen, ob lizenzfreie Bücher in Schulen zum Einsatz kommen könnten. Die Entscheidung über die einzusetzenden Bücher trifft die jeweilige Schule im Rahmen der dazu getroffenen Regelungen. In den Bereichen ohne Zulassungspflicht liegt die alleinige Auswahlverantwortung bei den Schulen . In den Bereichen mit Zulassungspflicht würde es der Zulassung entsprechender lizenzfreier Bücher bedürfen. Derartige Anfragen liegen der zuständigen Zulassungsbehörde (LISA) nicht vor.