Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/692 03.01.2012 (Ausgegeben am 04.01.2012) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Hans-Jörg Krause (DIE LINKE) Ungleichbehandlung beim Pächter-Direkterwerb durch die BVVG Kleine Anfrage - KA 6/7259 Vorbemerkung des Fragestellenden: In Sachsen-Anhalt verlangt die BVVG beim Flächenerwerb von landwirtschaftlichen Unternehmen nach wie vor einen Nachweis für die ordnungsgemäße Vermögensauseinandersetzung , obwohl dies ausdrücklich in der Arbeitsanweisung für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der BVVG mit der Bezeichnung „Grundsätze zur Verwertung landwirtschaftlicher Flächen zur landwirtschaftlichen Nutzung“ unter Ziffer 7.2.1 (Kaufberechtigte) anders geregelt ist. Während die BVVG dies in den Ländern Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Thüringen beim Pächter-Direkterwerb beachtet, besteht sie in Sachsen-Anhalt nach wie vor auf einen Nachweis. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Vorbemerkung: Die BVVG fordert entsprechend der Anlage 1 zu den „Privatisierungsgrundsätzen 2010“, gültig ab 1. Januar 2010 (kurz: PG 2010), sowohl im Land Sachsen-Anhalt als auch im Land Sachsen für einen Direkterwerb an landwirtschaftlichen Flächen die Nachweisführung für eine ordnungsgemäße Vermögensauseinandersetzung. Diese Nachweisführung wurde (auch) im Rahmen des „Konzepts für die weitere Privatisierung der landwirtschaftlichen Flächen der BVVG“, gültig ab 2007 (kurz: NPK 2007) verlangt, mithin war sie bereits vor dem NPK 2007 bestehende Praxis. Das Handbuch der BVVG, auf das mit der Nr. 7.2.1 Bezug genommen wird, weist den Stand März 2007(!) aus. Die BVVG handelte von dieser Arbeitsanweisung abweichend, 2 dem Länderwillen entsprechend. Dieser Umstand hielt auch einer gerichtlichen Überprüfung stand. Ab 2010 ist die Forderung auf Nachweisführung für eine ordnungsgemäße Vermögensauseinandersetzung in den PG 2010 selbst ausgewiesen. 1. Welche Stellungnahme bezieht die Landesregierung zu der in der „Neuen Landwirtschaft - Briefe zum Agrarrecht“ (Heft 10/2010) veröffentlichten rechtlichen Würdigung der Umsetzung des Pächter-Direkterwerbs von landwirtschaftlichen Flächen in Sachsen-Anhalt durch die BVVG, demnach in der Praxis der BVVG eine Ungleichbehandlung, eine Grundrechtsverletzung , ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot sowie ein Verstoß gegen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit festgestellt wurde? Herr Rechtsanwalt Guido Dammholz äußerte sich in der NL-BzAR 10/2010 (Oktober 2010!), S. 395 zum Thema: „Sonderregelungen zum Pächter-Direkterwerb der BVVG in Sachsen-Anhalt und Sachsen; Problemdarstellung und rechtliche Würdigung“. Der Artikel befasst sich mit der von den Ländern Sachsen-Anhalt und Sachsen explizit in den Privatisierungsgrundsätzen 2010 geforderten Nachweisführung zur ordnungsgemäßen Vermögensauseinandersetzung bei LPG-Nachfolgeunternehmen für die Teilnahme am Pächter-Direkterwerb. Es wird zwar erwähnt, dass zwei Prozesse vor dem Landgericht Magdeburg „geführt wurden“, aber nicht zum Urteil ausgeführt. Die Ausführungen sind für den Leser irreführend und schlichtweg falsch. Sie dürften einerseits beim Leser den Eindruck erwecken, dass die Prozesse seitens der BVVG verloren wurden und andererseits bei Insidern den Eindruck erwecken, dass Herrn Rechtsanwalt Dammholz das Urteil des Landgerichts Magdeburg gar nicht vorliegt. Dieses muss er aber kennen, da er Prozessvertreter in dem vor dem Landgericht Magdeburg zweiten anhängigen Verfahren, hier: Siedenlangenbeck ./. BVVG, Az.: 5 O 1386/09 (304), war und nach dem Urteil in Sachen Altjeßnitz die Klage zurücknahm . Das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 17. Februar 2010, Az.: 7 O 1903/09 (090) - Altjeßnitz ./. BVVG, widerlegt alle verfahrens-, verfassungsund wettbewerbsrechtlichen Ausführungen des Herrn RA Guido Dammholz. Herr Rechtsanwalt Dammholz vertrat (dann) in einem weiteren Gerichtsverfahren gegen die BVVG zwecks Klärung des Erfordernisses der ordnungsgemäßen Vermögensauseinandersetzung (erneut) die Agrargesellschaft mbH Siedenlangenbeck. Das Urteil des Landgerichts Berlin vom 17. Oktober 2011, Geschäftszeichen: 12 O 188/11, lautet: Klageabweisung. In diesem Fall wurde vom Gericht unter anderem auch festgestellt, das kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Bestimmtheitsgebot vorliegt. 2. Da gegenüber den betroffenen landwirtschaftlichen Unternehmen alle An- spruchsberechtigten auf der Grundlage des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes ihre Ansprüche zivilrechtlich einfordern konnten und heute keine zivilrechtlichen Verfahren mehr anhängig und darüber hinaus alle zivilrechtlichen Ansprüche verjährt sind, frage ich die Landesregierung, warum in Sachsen-Anhalt dennoch auf den Nachweis der ordnungsgemäßen Vermögensauseinandersetzung bestanden wird? Das Verlangen des Landes Sachsen-Anhalt beruht auf den bereits mit dem Einigungsvertrag einhergehenden Anliegen der Einführung rechtsstaatlicher Verhältnisse 3 in der Landwirtschaft. Diesem Anliegen dienen die Regelungen der §§ 44 ff. des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes zur ordnungsgemäßen Vermögensauseinandersetzung . Dieses öffentlich-rechtliche Anliegen geht zivilrechtlichen Ansprüchen und deren Verjährung vor. 3. In welcher Weise unterscheidet sich die Situation in Sachsen-Anhalt von der in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Thüringen und was rechtfertigt diese Abweichung von den „Grundsätzen zur Verwertung landwirtschaftlicher Flächen zur landwirtschaftlichen Nutzung“? Bezüglich des Vorwurfs der Abweichung von den „Grundsätzen zur Verwertung landwirtschaftlicher Flächen zur landwirtschaftlichen Nutzung“ wird auf die vorangehenden Ausführungen verwiesen. Das Landgericht Magdeburg führt hierzu aus: „Angesichts unterschiedlicher Größen der einzelnen Bundesländer, unterschiedlicher wirtschaftlicher Gegebenheiten und einer unterschiedlichen Struktur und eines unterschiedlichen Anteils der betroffenen Flächen ist eine länderspezifische Verfahrensweise im Hinblick auf die Prüfung eines Zustimmungserfordernisses durchaus sachgerecht und kann nicht als willkürlich angesehen werden.“ 4. Ist der Landesregierung bekannt, dass in nicht wenigen Fällen die zum Ver- kauf anstehenden Losgrößen der BVVG in einzelnen Unternehmen kein geschlossenes Flurstück beinhalten, sondern ein Paket von vielen kleinen und regional verteilten Flurstücken darstellen und sich durch deren Veräußerung wachsende finanzielle Belastungen für künftige Flurneuordnungsverfahren ergeben können? Wird bei der Fragestellung auf den Umstand des Eigentümerwechsels abgestellt, ist dieser bereits mit dem Auftrag aus dem Einigungsvertrag: „Herstellung rechtsstaatlicher Verhältnisse in der Landwirtschaft“ gewollt, beabsichtigt und bekannt. Verkäufe der BVVG erfolgen zu EALG-Ansprüchen, im Rahmen der öffentlichen Ausschreibung und ausnahmsweise durch Direktvergabe. Im Rahmen der öffentlichen Ausschreibung ist eine Losgröße von maximal 50 ha vorgegeben. Dass das Land Sachsen -Anhalt um eine kleinere Losgröße bemüht ist, ist hinlänglich bekannt. Aus Sicht der Flurbereinigung ist die BVVG mittlerweile nur noch im Eigentum von zersplitterten, kleinparzellierten Grundstücken. Es spielt von daher keine Rolle, ob in kleinen oder großen Losen verkauft wird. Der Käufer erwirbt damit Flächen, die nicht zusammenhängend liegen, vielfach nicht erschlossen sind und dessen Lage er nur aus der Karte, nicht aber in der Örtlichkeit kennt, da die Flächen nicht vermessen oder angezeigt werden. Flurbereinigungsverfahren, die ausschließlich das Ziel haben, Flächen der BVVG zu arrondieren, werden in Sachsen-Anhalt nicht betrieben. In angeordneten Flurbereinigungsverfahren werden die Flächen der BVVG in Abstimmung und auf Wunsch der BVVG arrondiert. Gesonderte Kosten entstehen dadurch nicht. Insofern trifft die Vermutung, dass sich durch die Veräußerung der BVVG wachsende Belastungen für künftige Flurneuordnungsverfahren ergeben können, nicht zu. 4 Anlage 1 Engere oder zusätzliche Begrenzungen für den Direkterwerb gemäß Nr. 2.2.3 Für Sachsen-Anhalt gilt: Die ab 1. Januar 2010 direkt erwerbbare Fläche wird auf maximal 100 ha pro Betrieb begrenzt. Überschreitungen für Unternehmen mit hohem BVVG-Pachtflächenanteil von 50 - 100 % sind in den Grenzen der Privatisierungsgrundsätze möglich. Für die Ermittlung der in Nr. 2.2.3 genannten Flächenobergrenze werden den bereits von der ehemaligen Treuhandanstalt und der BVVG erworbenen Flächen auch die von der BVVG erworbenen Eigentumsflächen der Gesellschafter hinzugerechnet. LPG-Nachfolgeunternehmen müssen die ordnungsgemäße Vermögensauseinandersetzung gemäß § 44 ff. des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes durch eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde nachweisen bzw. nachgewiesen haben . Unternehmen, die aus oder im Zusammenhang mit der Liquidation eines in § 2 Abs. 3 Satz 1 FlErwV genannten Unternehmens gegründet worden sind, benötigen eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde hinsichtlich der ordnungsgemäßen Durchführung des Liquidationsverfahrens. Für Sachsen gilt: LPG-Nachfolgeunternehmen müssen die ordnungsgemäße Vermögensauseinandersetzung gemäß § 44 ff. des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes durch eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde nachweisen bzw. nachgewiesen haben . Unternehmen, die aus oder im Zusammenhang mit der Liquidation eines in § 2 Abs. 3 Satz 1 FlErwV genannten Unternehmens gegründet worden sind, benötigen eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde hinsichtlich der ordnungsgemäßen Durchführung des Liquidationsverfahrens.