Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/714 09.01.2012 (Ausgegeben am 11.01.2012) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Harry Czeke (DIE LINKE) Darlehensfonds im Rahmen der Förderung der EU-Fonds Kleine Anfrage - KA 6/7284 Vorbemerkung des Fragestellenden: In dem im März von der Landesregierung veröffentlichten „Strategiebericht 2010 - Fondsübergreifende Halbzeitbilanz der EU-Fonds in Sachsen-Anhalt“ wurde von der Rambøll Management Consulting GmbH, als Berichtersteller überprüft, welchen Beitrag die EU-Fonds der Förderperiode 2007 bis 2013 im Land Sachsen-Anhalt geleistet haben. Dabei wurden die einzelnen Fonds und Maßnahmen der Operationellen Programme analysiert. Unter anderem wurde darauf verwiesen, dass verschiedene Maßnahmen aufgrund von strittigen Fragen zwischen der Landesregierung und der Europäischen Kommission nicht anlaufen konnten. Die strittigen Fragen bezogen sich dabei vor allem auf Artikel 44 der VO (EG) 1083/2006. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium der Finanzen Vorbemerkung: Die Operationellen Programme (OP) EFRE und ESF 2007 bis 2013 des Landes Sachsen-Anhalt werden durch das Ministerium der Finanzen (Referat EU-Verwaltungsbehörde ) verwaltet. Artikel 44 der VO (EG) Nr. 1083/2006 regelt, dass die EU-Strukturfonds EFRE und ESF im Rahmen der OP Ausgaben im Zusammenhang mit einem Vorhaben finanzieren , welches Beiträge zur Unterstützung von Finanzierungsinstrumenten für Unternehmen , vor allem kleine und mittlere Unternehmen, einschließt, wie zum Beispiel Risikokapitalfonds, Garantiefonds, Darlehensfonds oder Stadtentwicklungsfonds. 2 Das Land verfügt im Rahmen der EU-Strukturfondsförderung 2007 bis 2013 über folgende Fonds nach Artikel 44: • Fonds für Risiko- und Beteiligungskapital (EFRE), • KMU-Darlehensfonds (EFRE), • SEED-Darlehensfonds (EFRE), • Garantiefonds (ESF). In Anlehnung an die Regelungen der vorangegangenen Strukturfondsförderperiode 2000 bis 2006 hatte Sachsen-Anhalt, wie auch andere deutsche Bundesländer, neben diesen Fonds nach Artikel 44 auch Fonds vorgesehen, die über diese Regelung hinausgehend („Nicht-Artikel-44er Fonds“) in das OP EFRE und in das OP ESF aufgenommen wurden. Die EU-Kommission bestätigte diese im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zu den OP. Die strittigen Fragen zwischen dem Land und der EU-Ebene bezogen sich hauptsächlich auf nicht gelöste Probleme und Fragen über Darlehensfonds, welche über die Vorgaben nach Artikel 44 der VO (EG) Nr. 1083/2006 hinausgingen und ebenfalls mit EU-Strukturfondsmitteln finanziert werden sollten. Dessen ungeachtet stand die EU-Kommission der Einrichtung dieser innovativen Finanzierungsinstrumente außerhalb des Artikels 44 aufgeschlossen gegenüber. Die EU-Kommission war daher bemüht , eine Lösung zu finden, die es den Regionen ermöglicht in praktikabler Weise auch diese Finanzinstrumente anzuwenden und hat daher entsprechende Änderungen der VO (EG) Nr. 1083/2006 vorgenommen, die aber zum Teil noch nicht rechtskräftig sind. Dies vorausgeschickt, beantwortet die Landesregierung die Einzelfragen wie folgt: In dem im März von der Landesregierung veröffentlichten „Strategiebericht 2010 - Fondsübergreifende Halbzeitbilanz der EU-Fonds in Sachsen-Anhalt“ wurde von der Rambøll Management Consulting GmbH als Berichtersteller überprüft, welchen Beitrag die EU-Fonds der Förderperiode 2007 bis 2013 im Land Sachsen-Anhalt geleistet haben. Dabei wurden die einzelnen Fonds und Maßnahmen der Operationellen Programme analysiert. Unter anderem wurde darauf verwiesen, dass verschiedene Maßnahmen aufgrund von strittigen Fragen zwischen der Landesregierung und der Europäischen Kommission nicht anlaufen konnten. Die strittigen Fragen bezogen sich dabei vor allem auf Artikel 44 der VO (EG) 1083/2006. 1. Welche Maßnahmen sind von dem oben genannten Umstand betroffen oder waren zum Zeitpunkt der Berichterstellung davon betroffen? Betroffen waren die „Nicht-Artikel-44er Fonds“. Dabei handelt es sich um folgende Fonds: • Fonds für Klimaschutz/ Regenerative Energien (EFRE) • Schienengüterinfrastrukturfonds (EFRE) • Fonds für Investitionen in die soziale Infrastruktur (EFRE) • Wasser-/ Abwasserinfrastrukturfonds (EFRE) • Abfallinfrastrukturfonds (EFRE) 3 • Landesqualifizierungsdarlehen (ESF). 2. In welcher Höhe waren Ausgaben im Zeitraum 2007 bis 2013 für diese Maßnahmen vorgesehen? Bitte untergliedern nach Jahresscheiben, Fonds, Maßnahmen, Soll und Ist. Nachfolgende Tabelle veranschaulicht die Höhe der EU-Mittel für die „NichtArtikel -44 Fonds“, wie sie laut Strategiebericht geplant waren. Die Gliederung erfolgt nach Fonds und Maßnahmen. Eine Aufschlüsselung in Jahresscheiben ist für Finanzierungsinstrumente nicht vorgesehen, da den Finanzierungsinstrumenten das Fondsvermögen jeweils in einer Summe zugeführt werden sollte . Daraus ergibt sich auch, dass Soll (Stand der Bewilligungen) und Ist (Stand der Auszahlungen) übereinstimmen. Fonds Maßnahme geplante EU-Mittel 2007 bis 2013 (2015) Strategiebe- richt Soll-/ IstStand 30.11.2011 EFRE Fonds für Klimaschutz/ Regenerative Energien 15.190.003,00 € 0,00 € EFRE Schienengüterinfrastrukturfonds 5.425.000,00 € 0,00 € EFRE Fonds für Investitionen in die soziale Infrastruktur 10.189.360,00 € 0,00 € EFRE Wasser-/ Abwasserinfrastrukturfonds 5.094.680,00 € 0,00 € EFRE Abfallinfrastrukturfonds 10.189.360,00 € 0,00 € ESF Landesqualifizierungsdarle- hen 3.975.001,00 € 0,00 € 3. Worin bestehen bzw. bestanden dabei genau die strittigen Fragen zwi- schen der Landesregierung und der Europäischen Kommission? Der Europäische Rechnungshof (ERH) vertrat im Rahmen einer in SachsenAnhalt durchgeführten Zuverlässigkeitsprüfung die Auffassung, dass es für die in Antwort auf Frage 1 aufgeführten Finanzierungsinstrumente keine Rechtsgrundlage in der oben genannten EU-Verordnung gebe. Nach Ansicht des ERH sind Darlehen rückzahlbare Investitionen, die dazu bestimmt sind, unter Hinzurechung von Zinsen vollständig zurückgezahlt zu werden. Die Zinsen bilden hierbei die Gegenleistung für die zur Verfügung gestellten Finanzmittel, so dass auf Seiten des Darlehensgebers keine Kosten im Sinne einer Ausgabenerklärung nach Artikel 78 VO (EG) 1083/2006 entstehen. Im Unterschied zu den Artikel-44er Fonds erfolgt die Fondsbildung bei den „Nicht-Artikel-44er Fonds“ nicht zu Beginn der Strukturfondsperiode durch die Einmalzahlung der EU-Mittel sowie der nationalen Kofinanzierung und ggf. anderer Finanzierungskomponenten in den jeweiligen Fonds. Die EU- und nationalen Mittel werden als Einzeldarlehen ausgereicht. Die eigentliche Fondsbildung erfolgt sukzessive zu einem späteren Zeitpunkt aus den Rückflüssen der 4 EU-Mittel des Darlehens sowie ggf. erwirtschafteter Zinsen. Das Fondsvermögen steht also nicht unmittelbar zur Verfügung. Der Fonds für Klimaschutz/ Regenerative Energien, der Schienengüterinfrastrukturfonds , der Fonds für Investitionen in die soziale Infrastruktur, der Wasser -/ Abwasserinfrastrukturfonds, der Abfallinfrastrukturfonds sowie das ESFLandesqualifizierungsdarlehen konnten nicht unter Artikel 44 fallen, da es sich bei den potentiellen Endbegünstigten nicht überwiegend um KMU gehandelt hatte und die Maßnahmen auch nicht unter Stadtentwicklung subsumiert werden konnten. 4. Welche Maßnahmen wurden aufgrund dessen eingestellt? Um den Mittelabfluss zu gewährleisten und damit die Gefahr des Verlustes von EU-Mitteln zu verhindern, hat das Land soweit möglich Änderungen an den „Nicht-Artikel-44er Fonds“ vorgenommen, so dass diese nunmehr verordnungskonform sind. In diesem Zusammenhang beantragt das Land im Rahmen der am 16. Dezember 2011 bei der EU-KOM eingereichten OP-Änderungen folgende Anpassungen bezogen auf die Fonds: Eingestellt werden sollen der Fonds für Klimaschutz/ Regenerative Energien, Investitionen in die soziale Infrastruktur sowie der Fonds für Wasser-/ Abwasserinfrastruktur . Die Ziele der Fonds für Klimaschutz/ Regenerative Energien und Investitionen in die soziale Infrastruktur sollen nunmehr im Rahmen des Innovations - und Investitionsprogramms zur Förderung von Energieeffizienz und Klimaschutz in Schulen und Kindertagesstätten (STARK III), welches Bestandteil des OP-Änderungsantrags zum EFRE ist, verfolgt werden. Der Fonds für Schienengüterinfrastruktur sowie der Fonds für Abfallinfrastruktur sollen eine Mittelreduzierung erfahren, da durch den verzögerten Start der Programme nicht das komplette Mittelvolumen bis zum Ende dieser Förderperiode umgesetzt werden kann. Eine Genehmigung dieser Vorhaben seitens der Europäischen Kommission steht noch aus. Im Bereich ESF konnte das Landesqualifizierungsdarlehen aus den genannten Gründen nicht anlaufen, da die Mittel an juristische Personen ausgereicht werden sollten. Um den Mittelabfluss dennoch zu gewährleisten, entschied sich das Land in Abstimmung mit der Europäischen Kommission bereits im Jahr 2010 für die Errichtung des nach Artikel 44 der VO (EG) Nr. 1083/2006 konstruierten ESF-Garantiefonds mit einem Mittelvolumen in Höhe von 9 Millionen € ESFMittel .