Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/725 11.01.2012 (Ausgegeben am 11.01.2012) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Cornelia Lüddemann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wirtschaftlichkeitsprüfungen in der vertragsärztlichen Versorgung nach § 106 Fünftes Sozialgesetzbuch (II) Kleine Anfrage - KA 6/7273 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Arbeit und Soziales Frage Nr. 1a In wie vielen Fällen wurde in den Jahren 2007, 2008, 2009 im Bereich der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt ein Regressverfahren eingeleitet? Antwort zu Frage Nr. 1a Im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfungen nach § 106 SGB V werden keine Regressverfahren von der Kassenärztlichen Vereinigung eingeleitet. Chronologisch betrachtet erfolgt zuerst die Einleitung eines Prüfungsverfahrens durch die Prüfungsstelle nach § 106 SGB V. Daran schließt sich die Stellungnahme der geprüften Vertragsärztin bzw. des geprüften Vertragsarztes an. Im Anschluss hieran wird die Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung der Vertragsärztin bzw. des Vertragsarztes abschließend beurteilt und ggf. eine Prüfungsmaßnahme festgesetzt. Zur zahlenmäßigen Entwicklung der Prüfungsverfahren und Regressfälle wird auf die Beantwortung der Frage 1b verwiesen. Frage Nr. 1b Wie viele Regresse wurden in den Jahren 2007, 2008, 2009 ausgelöst infolge der Überschreitung der maximalen Verordnungsmenge bei - Erst- und Folgeverordnungen von Heilmitteln, - bei Arzneimitteln? Antwort zu Frage Nr. 1b Die nachfolgende Übersicht bezieht sich jeweils auf das Jahr der Prüfung und nicht auf das Verordnungsjahr. Die Zahlenangaben beziehen sich auf beschlossene Re- 2 gresse der Prüfungsstelle und beinhalten die Richtgrößenprüfung und Durchschnittswertprüfung der Prüfungsstelle. Die Zahlen beruhen auf Angaben in der Verfahrensliste. Auffälligkeitsprüfung Arzneimittel Jahr der Prüfung 2007 2008 2009 Anzahl der Regresse 6 9 12 Auffälligkeitsprüfung Heilmittel Jahr der Prüfung 2007 2008 2009 Anzahl der Regresse 0 0 0 Frage Nr. 1c Wie viele Ärztinnen und Ärzte erhielten in den Jahren 2007, 2008, 2009 einen Regressbescheid und in welcher Höhe? Bitte Spannbreite angeben. Antwort zu Frage Nr. 1c Die Anzahl der Vertragsärztinnen und Vertragsärzte, die einen Regressbescheid bzgl. der Auffälligkeitsprüfung Arznei- und Heilmittel erhielten, ergibt sich aus der Übersicht zur Beantwortung der Frage 1b. Die Zahlenangaben der nachfolgenden Übersicht bzgl. der Gesamthöhe der Regresssummen beziehen sich auf die Prüfungsergebnisse der Prüfungsstelle (beschlossene Regresse). Sie beruhen auf den Tätigkeitsberichten der Prüfungsstelle von 2007 bis 2009 und beziehen sich jeweils auf das Jahr der Prüfung und nicht auf das Verordnungsjahr. Auffälligkeitsprüfung Arzneimittel Jahr der Prüfung 2007 2008 2009 Gesamtregresssumme 804.613,73 € 290.612,68 € 330.392,03 € Auffälligkeitsprüfung Heilmittel Jahr der Prüfung 2007 2008 2009 Gesamtregresssumme 0 € 0 € 0 € Der niedrigste Arzneimittelregress betrug im oben genannten Zeitraum 1.574,90 € (Prüfungsjahr 2009), der höchste 77.000,54 € (Prüfungsjahr 2008). Frage Nr. 1d Welchen Anteil hatten die jeweiligen Arztgruppen bei den Regressbescheiden in den Jahren 2007, 2008, 2009? Antwort zu Frage Nr. 1d Auswertbare Daten zu dieser Frage stehen nicht zur Verfügung. Nach einer Schätzung beträgt der Anteil der Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmediziner ca. 50 %. 3 Frage Nr. 1e Welche Aussagen können zu Häufungen von Regressen getroffen werden, beispielsweise ob diese eher in städtischen oder ländlichen Regionen vorkommen ? Antwort zu Frage Nr. 1e Auswertbare Daten zu dieser Frage stehen nicht zur Verfügung. Nach einer Schätzung ist die Anzahl der Regresse im ländlichen Bereich geringfügig höher als in städtischen Regionen. Frage Nr. 1f Welchen Anteil bei den Regressen infolge von Wirtschaftlichkeitsprüfungen nach § 106 Abs. 2 Nr. 2 SGB V haben die in § 106 Abs. 2a SGB V genannten Maßstäbe? Antwort zu Frage Nr. 1f Die in § 106 Abs.2a SGB V genannten Kriterien beziehen sich ausschließlich auf die nach § 106 Abs. 2 Nr. 2 SGB V vorzunehmende Zufälligkeitsprüfung. Die Bedeutung der aufgeführten Kriterien im Rahmen dieser Zufälligkeitsprüfung lässt sich wie folgt zusammenfassen: sehr wichtig wichtig weniger wichtig unwichtig § 106 Abs. 2a Nr. 1 SGB V Indikation X § 106 Abs. 2a Nr. 2 SGB V Effektivität X § 106 Abs. 2a Nr. 3 SGB V Qualität * X § 106 Abs. 2a Nr. 4 SGB V Effizienz X *Qualitätsbeurteilung ist ohne aufwendige medizinische Prüfung der Patientenakte nicht durchführbar Frage Nr. 2a Wie viele Ärztinnen und Ärzte haben in den Jahren 2007, 2008, 2009 gegen einen Regressbescheid Widerspruch beim Beschwerdeausschuss eingelegt? Antwort zu Frage Nr. 2a Die Zahlenangaben in der nachfolgenden Übersicht beruhen auf Angaben in den Tätigkeitsberichten 2007 bis 2009 und der Verfahrensliste und geben die Anzahl der eingelegten Widersprüche wieder: Jahr der Prüfung Art der Prüfung 2007 2008 2009 Richtgrößenprüfung Arzneimittel 4 65 12 Durchschnittswertprüfung Arzneimittel 7 * 6 Durchschnittswertprüfung Sprechstundenbedarf 6 12 2 Richtgrößenprüfung Heilmittel * 0 0 4 Durchschnittswertprüfung Heilmittel 0 * * Durchschnittswertprüfung Behandlungsweise 128 73 100 Zufälligkeitsprüfung ** ** 0 * keine Prüfung durchgeführt ** keine Angaben in den Tätigkeitsberichten und Verfahrenslisten Frage Nr. 2b Wie viele dieser Ärztinnen und Ärzte hatten mit dem Widerspruch beim Beschwerdeausschuss Erfolg? Bitte aufschlüsseln nach Verzicht auf Regress oder Reduktion der Summe. Antwort zu Frage Nr. 2b Die Zahlenangaben in der nachfolgenden Übersicht beruhen auf den Angaben in den Tätigkeitsberichten 2007 bis 2009 und der Verfahrensliste. Arzneimittelrichtgrößenprüfung ƒ 2007: zwei Widersprüche wurden abgewiesen, ein Widerspruch hatte teilweise Erfolg, ein Widerspruch hatte im vollen Umfang Erfolg ƒ 2008: 17 Widersprüche wurden abgewiesen, drei Widersprüche hatten teilweise Erfolg, drei Widersprüche hatten im vollen Umfang Erfolg, neun Widersprüche wurden durch Vergleich beendet, die restlichen Widersprüche wurden zurückgenommen ƒ 2009: sechs Widersprüche wurden abgewiesen, einem Widerspruch wurde stattgeben Durchschnittswertprüfung Arzneimittel ƒ 2007: ein Prüfbescheid wurde im Widerspruchsverfahren wegen Insolvenzverfah- ren für unwirksam erklärt, für zwei Widersprüche wurde laut Verfahrensliste kein Regress festgesetzt ƒ 2008: keine Durchschnittswertprüfung durchgeführt ƒ 2009: zwei Widersprüche hatten Erfolg Durchschnittswertprüfung Sprechstundenbedarf ƒ 2007: drei Widersprüchen wurde stattgegeben, drei Widersprüche hatten teilwei- se Erfolg ƒ 2008: sieben Widersprüchen wurde stattgegeben, fünf Widersprüche wurden zu- rückgenommen ƒ 2009: zwei Widersprüche wurden abgewiesen Richtgrößenprüfung Heilmittel ƒ 2007: keine Richtgrößenprüfung durchgeführt ƒ 2008: es lagen keine Widersprüche vor ƒ 2009: es lagen keine Widersprüche vor 5 Durchschnittswertprüfung Heilmittel ƒ 2007: es lagen keine Widersprüche vor ƒ 2008: keine Durchschnittsprüfung durchgeführt ƒ 2009: keine Durchschnittsprüfung durchgeführt Durchschnittsprüfung Behandlungsweise ƒ 2007: drei Widerspruchverfahren wurden durch Vergleich beendet ƒ 2008: keine Angaben in den Tätigkeitsberichten und Verfahrensliste ƒ 2009: keine Angaben in den Tätigkeitsberichten und Verfahrensliste Zufälligkeitsprüfung Die Zufälligkeitsprüfung ist in den Tätigkeitsberichten 2007 bis 2009 nur beim Verfahrensjahr 2009 direkt angegeben. Nach der Verfahrensliste wurde bzgl. der Zufälligkeitsprüfung das Verfahrensjahr 2009 betreffend kein Widerspruch eingelegt. Die Tätigkeitsberichte und Verfahrenslisten enthalten lediglich zahlenmäßige Informationen zu den Widersprüchen, so dass daraus keine konkreten Aussagen zu einem etwaigen Verzicht auf Regress bzw. die Reduktion der Summe getroffen werden können. Eine weitergehende Datenerhebung war innerhalb der gesetzten Frist nicht realisierbar . Frage Nr. 2c Wie viele dieser Ärztinnen und Ärzte hatten mit dem Widerspruch beim Beschwerdeausschuss keinen Erfolg und wie viele davon haben daraufhin Klage beim Sozialgericht eingereicht? Antwort zu Frage Nr. 2c Aus der Differenz der Anzahl der Widersprüche (siehe Antwort zu Frage 2a) und der erfolgreichen Widersprüche (siehe Antwort zu Frage 2b) ergibt sich die Anzahl der erfolglosen Widersprüche. Die Anzahl der Klageverfahren wurde aus der Verfahrensliste entnommen. Richtgrößenprüfung Arzneimittel ƒ 2007: eine Klage erhoben, Klageanspruch durch Beschwerdeausschuss anerkannt ƒ 2008: sechs Klagen erhoben, eine Klagerücknahme und 5 noch nicht entschiedene Verfahren ƒ 2009: zwei Klagen erhoben, nach Verfahrensliste noch nicht entschieden 6 Durchschnittswertprüfung Arzneimittel ƒ 2007: bzgl. Verordnungsjahr 2004 und 2005: keine Klagen ƒ 2008: keine Durchschnittswertprüfung durchgeführt ƒ 2009: keine Klagen Durchschnittswertprüfung Sprechstundenbedarf Nach der Verfahrensliste sind keine Klagen eingereicht worden. Richtgrößenprüfung Heilmittel Nach der Verfahrensliste sind keine Klagen eingereicht worden. Durchschnittswertprüfung Heilmittel ƒ 2007: keine Klagen ƒ 2008: keine Durchschnittswertprüfung durchgeführt ƒ 2009: keine Durchschnittswertprüfung durchgeführt Durchschnittsprüfung Behandlungsweise ƒ 2007: keine Klagen ƒ 2008: keine Angaben in den Tätigkeitsberichten und Verfahrensliste ƒ 2009: keine Angaben in den Tätigkeitsberichten und Verfahrensliste Zufälligkeitsprüfung Die Zufälligkeitsprüfung ist in den Tätigkeitsberichten 2007 bis 2009 nur beim Prüfungsjahr 2009 direkt angegeben. Danach wurde 2009 keine Klage erhoben. Frage Nr. 2d Wie viele der vor den Sozialgerichten klagenden Ärztinnen und Ärzte hat mit der Klage Erfolg? Wie viele Klagen sind noch nicht entschieden? Antwort zu Frage Nr. 2d Auf Antwort zu Frage 2c wird verwiesen. 7 Frage Nr. 3a Wie hoch ist der Anteil von verordnenden Ärztinnen und Ärzten, die Praxisbesonderheiten geltend machen? Antwort zu Frage Nr. 3a Die Frage lässt sich nur pauschal beantworten. Von den von einem Prüfungsverfahren betroffenen Ärztinnen und Ärzten nehmen ca. 90 v. H. Stellung zu Praxisbesonderheiten , die übrigen 10 v. H. geben keine Stellungnahme ab. Frage Nr. 3b Wie häufig werden Praxisbesonderheiten, die zu einem Vorwegabzug von Verordnungskosten führen, erst im Nachhinein im Rahmen eines Prüfverfahrens geltend gemacht? Antwort zu Frage Nr. 3b In Sachsen-Anhalt wird wirkstoffbezogen und indikationsbezogen vor Einleitung der Prüfungsverfahren (elektronisch) ein Vorwegabzug von Praxisbesonderheiten über alle Ärztinnen und Ärzte vorgenommen. Im Prüfungsverfahren werden individuell geltend gemachte Besonderheiten geprüft. Frage Nr. 4 Werden die von den Prüfungsstellen und Beschwerdeausschüssen nach § 106 Abs. 7 SGB V einmal jährlich zu erstellenden und der jeweiligen Aufsichtsbehörde vorzulegenden Übersichten über die Zahl der durchgeführten Beratungen und Prüfungen sowie die von ihnen festgesetzten Maßnahmen veröffentlicht bzw. wem werden sie zur Verfügung gestellt? Antwort zu Frage Nr. 4 Der jährliche Tätigkeitsbericht der Prüfungsstelle und des Beschwerdeausschusses Sachsen-Anhalt wird nicht veröffentlicht. Den betreffenden Tätigkeitsbericht erhalten die gesetzlichen Krankenkassen, die kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt und das Ministerium für Arbeit und Soziales als zuständige Aufsichtsbehörde zur Kenntnisnahme. Frage Nr. 5 Welche Maßnahmen der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt sind der Landesregierung bekannt, um in der niedergelassenen Ärzteschaft Transparenz über den tatsächlichen Umfang von Wirtschaftlichkeitsprüfungen und Regressen herzustellen? Antwort zu Frage Nr. 5 Der Landesregierung ist nicht bekannt, welche Maßnahmen von der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt ergriffen werden, um in der niedergelassenen Ärzteschaft Transparenz über den tatsächlichen Umfang von Wirtschaftlichkeitsprüfungen und Regressen herzustellen.