Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/795 06.02.2012 (Ausgegeben am 07.02.2012) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Dorothea Frederking (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Agro-Gentechnik im Schaugarten Üplingen Kleine Anfrage - KA 6/7310 Vorbemerkung des Fragestellenden: Die Landesregierung von Sachsen-Anhalt unterstützt seit Jahren die Gentechnikforschung und die Freisetzungsversuche von gentechnisch veränderten Pflanzen. Vonseiten der Befürworter wird ausgeführt, dass die Sicherheitsstandards hinsichtlich der Ausbringung der GVO im Freiland sehr hoch sind. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt 1. Im Jahr 2008 wurde die Mantelsaat um ein Feld mit gentechnisch verän- derten Weizenpflanzen in Gatersleben erst gepflanzt, als Einzelpersonen darauf hinwiesen. In den Jahren 2009 bis 2011 waren „die Mäuseschutzzäune “ für Mäuse durchlässig (2,5 cm Maschenweite). Im Jahr 2010 fehlten 50 m der vorgeschriebenen Mantelsaat. Waren diese Abweichungen dem Landesverwaltungsamt, das als Überwachungsbehörde fungiert, bekannt ? Was gedenkt die Landesregierung zu unternehmen, um in Zukunft sicherzustellen , dass Sicherheitsauflagen eingehalten und deren Einhaltung auch wirksam kontrolliert wird? Die Weizenfreisetzung am Standort Gatersleben (Jahr 2008, GenehmigungsNr . 6786-01-0178) wurde antragsgemäß mit einer 5 m breiten PhaceliaMantelsaat umgeben. Diese Mantelsaat war keine von der Genehmigungsbehörde angeordnete Sicherheitsmaßnahme. Die witterungsbedingt etwas verspätete Aussaat stellt somit auch keine Abweichung von Sicherheitsbestimmungen dar. 2 In den Jahren 2009 bis 2011 wurden am Standort Ausleben-Üplingen Weizenversuche (Genehmigungs-Nrn. 6786-01-0195 und 6786-01-0209) mit einem „kleintierdichten engmaschigen Zaun“ umgeben. Diese Begrenzungsmaßnahme soll das Eindringen von Wildtieren minimieren. Das Vorkommen von Feldmäusen wurde in Nähe der Freisetzungsparzellen nicht beobachtet. Im Jahr 2010 wurden am Standort Ausleben-Üplingen Lücken in der Mantelsaat einer Mais-Freisetzung (Genehmigungs-Nr. 6786-01-0207) festgestellt. Da weit über den vorgeschriebenen Isolationsabstand von 300 Metern hinaus kein konventionelles Maisfeld benachbart war, war ein Versuchsabbruch nicht indiziert. Die Freisetzungsflächen werden durch das Landesverwaltungsamt regelmäßig und sorgfältig vor Ort kontrolliert. 2. Welche Art und Höhe der finanziellen Förderungen des Landes Sachsen- Anhalt sind seit der Gründung des Schaugartens Üplingen für welche Projekte und Versuche an die am Schaugarten beteiligten Firmen, Stiftungen und Vereine (z. B. BioTechFarm GmbH & Co. KG, InnoPlanta e. V., Biovativ GmbH, Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz) geflossen - sei es direkt oder über Institutionen (BIO Mitteldeutschland, Universitäten, IPK Gatersleben usw.), an denen das Land beteiligt ist oder die es unterstützt. Bitte aufgeschlüsselt bezüglich der betreffenden Firmen, Stiftungen und Vereine für die einzelnen Jahre bis zum Jahr 2011. Welche entsprechenden Förderungen sind auf der Grundlage des Doppelhaushaltes 2012/2013 vorgesehen? Siehe Antwort zu Frage 5 (betrifft Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz). Im Rahmen des Doppelhaushaltes 2012/2013 sind keine Förderungen vorgesehen . 3. Welche weiteren Institutionen, Firmen, Stiftungen oder Vereine - sowohl privat, kommunal und des Landes - haben Projekte oder Versuche im Schaugarten Üplingen durchgeführt? Wie hoch war die jeweilige finanzielle Unterstützung durch das Land? Bitte aufgeschlüsselt in Jahresscheiben und aufgeschlüsselt bezüglich der betreffenden Firmen, Stiftungen und Vereine seit der Gründung des Schaugartens Üplingen bis zum Jahr 2011. Welche entsprechenden Förderungen sind auf der Grundlage des Doppelhaushaltes 2012/2013 vorgesehen? Im Schaugarten Üplingen, der im Jahr 2008 angelegt wurde, werden Freisetzungsversuche mit gentechnisch veränderten Pflanzen durchgeführt. Betreiber der Freisetzungsversuche waren Pioneer Hi-Bred Northern Europe GmbH (Buxtehude ), Monsanto Agrar Deutschland GmbH (Düsseldorf), BASF Plant Science (Ludwigshafen), KWS AG (Einbeck), Syngenta Seeds GmbH (Bad Salzuflen) sowie die Universität Rostock. Durch das Institut für Agrar- und Ernährungswissenschaften der Martin-LutherUniversität Halle-Wittenberg wurden im Rahmen des Haushaltsbudgets der Universität 2010 und 2011 im Schaugarten Üplingen Untersuchungen zur Bio- 3 diversität von Insekten und Spinnentieren durchgeführt. Eine detaillierte Kostenaufschlüsselung liegt hier nicht vor. Förderungen auf der Grundlage des Doppelhaushaltes 2012/2013 sind nicht vorgesehen. Darüber hinaus wird zur Frage der finanziellen Unterstützung des Landes auf die Antwort zu Frage 5 verwiesen. 4. Das Hofgut Üplingen wurde ursprünglich als UN-Nachhaltigkeitsprojekt zur Förderung regionalen Wirtschaftens saniert. Auf der dazugehörigen Internetseite „www.ueplingen.de“ heißt es unter anderem: „Das Dorf Üplingen ist Modell für hohe Lebensqualität und nachhaltige Zukunftsperspektiven im ländlichen Raum. Themenschwerpunkte und Teilprojekte (1) Arbeit und Innovation (2) Dienstleistung und Infrastruktur (3) Jugend als Partner (4) Kompetenzentwicklung (5) Natur und Umwelt ... Der Erfolg des UN-Dekadeprojektes “Das Dorf Üplingen als Agenda 21 Siedlung und Motor der nachhaltigen Entwicklung im ländlichen Raum - Üplingen 2049” wird bestimmt von der Lernfähigkeit und Gestaltungskompetenz der regionalen Führungskräfte. Sie werden gemeinsam mit den Bürgern, Verwaltungsbeamten, Politikern, Wissenschaftlern, Unternehmern , Lehrern und Schülern der Region, die Erhaltung und Förderung von Lebensqualität, Arbeit und Beschäftigung im regionalen Kontext ermöglichen .“ Ist die Landesregierung der Auffassung, dass die jetzige Nutzung des Schaugartens der Idee des regionalen Wirtschaftens und den ursprünglichen Ideen für das Dorf Üplingen entspricht? Bitte Antwort begründen. Die Landesregierung ist der Auffassung, dass das Anlegen des Schaugartens in Üplingen der Idee des regionalen Wirtschaftens nicht entgegensteht. Die Durchführung von Forschungsfreisetzungen und der Demonstrationsanbau von Nutzpflanzen werden im Schaugarten mit einer sachlichen Information der Öffentlichkeit zu dieser Thematik verbunden. Einzig fundierte Sachkenntnis ermöglicht ein Urteil über komplexe Sachverhalte in Pflanzenzüchtung und Pflanzenbau . Da das Ziel des lebenslangen Lernens als Standortfaktor und Zukunftschance im Rahmen der Entwicklung der Region eine wichtige Rolle spielt, wird auch unter diesem Aspekt die Informationstätigkeit im Schaugarten positiv bewertet. 5. Welche Fördermittel sind in die Sanierung des Hofgutes geflossen und wer hat diese erhalten? Wenn Landesfördermittel geflossen sind, an welchen Verwendungszweck und welchen Zielen waren diese gebunden? Spielte dabei das unter Frage 4 genannte Ziel des regionalen Wirtschaftens eine Rolle? Die Sanierung des Hofgutes wurde über die Fördermaßnahme Dorferneuerung und -entwicklung wie folgt gefördert: 4 Zuwendungsempfänger Zuwendungszweck Jahr Zuwen- dung in Euro Stiftungsgut Üplingen GbR Dachneueindeckung der Kornbrennerei 2001 20.451,68 Stiftungsgut Üplingen GbR Dach- und Fassadensanierung der Scheune zur Werkstattnutzung 2001 18.099,73 Stiftungsgut Üplingen GbR Neuaufbau der Scheune auf dem Stiftungsgut 2001 20.451,68 Stiftungsgut Üplingen GbR Dachneueindeckung, Fassadensanierung Badelebener Str. 15 2002 5.680,00 Stiftungsgut Üplingen GbR Abriss eines Nebengebäudes im Bereich des Oberhofes der Gutsanlage 2002 1.250,00 Stiftungsgut Üplingen GbR Abriss des ehemaligen Schweinestalles im Bereich des Oberhofes der Gutsanlage 2002 4.280,00 Stiftungsgut Üplingen GbR Dachneueindeckung und Fassadensanierung am Herrenhaus des Stiftungsgutes 2002 20.451,68 Stiftungsgut Üplingen GbR Objekt: Scheune ( Zwischengebäude ) auf dem Stiftungsgut Üplingen Dachneueindeckung ; Fassadensanierung; Fenstererneuerung ( Straßenseite ) gemäß der denkmalrechtlichen Genehmigung 2004 12.080,00 Stiftungsgut Üplingen GbR Objekt: Westlicher Speicher auf dem Stiftungsgut Üplingen Dachneueindeckung; Fassadensanierung; Erneuerung Toranlage gemäß der denkmalrechtlichen Genehmigung 2004 7.770,00 Stiftungsgut Üplingen GbR Objekt: Anbau Herrenhaus Westseite auf dem Stiftungsgut Üplingen Dachneueindeckung und Fassadensanierung; Erneuerung Fenstergitter; Erneuerung Treppengeländer gemäß der denkmalrechtlichen Genehmigung 2004 9.140,00 Stiftungsgut Üplingen GbR Abriss/ Gestaltung Schafstall 2007 18.000,00 Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz Umbau und Umnutzung des ehemaligen Maischraumes der Brennerei zum dörflichen Begegnungszentrum 2011 152.394,68 Die Ziele der Förderungen waren gemäß dem Landwirtschaftsgesetz SachsenAnhalt vom 28. Oktober 1997 (GVBl. LSA S. 919), zuletzt geändert durch Gesetz vom 10. Dezember 2010 (GVBl LSA S. 567) die Entwicklung des ländlichen Raumes als eigenständiger Wirtschafts-, Wohn-, Erholungs-, Sozial-, Arbeits-, Kultur- und ökologischer Ausgleichsraum. Die Förderung der Dorferneuerung und -entwicklung dient des Weiteren der umfassenden Verbesserung der Agrarstruktur sowie der Erhaltung und Gestaltung des dörflichen Charakters und der Verbesserung der Lebensverhältnisse . Das Ziel des regionalen Wirtschaftens wurde in soweit berücksichtigt, dass eine Übereinstimmung der Maßnahmen mit den Zielen der Agenda 21 hinsichtlich einer ausgewogenen Entwicklung anzustreben war. Das Vorhaben „Umbau und Umnutzung des ehemaligen Maischraumes der Brennerei zum dörflichen Begegnungszentrum“ der Stiftung Braunschweigischer Kulturbesitz (Bewilligungszeitraum 1. Juli 2010 bis 24. November 2011, gefördert in Höhe von 5 152.394,68 €) wurde bei der Auswahl vorrangig berücksichtigt, da es sich um ein Leader -Vorhaben handelt. Das bedeutet, dass dieses Vorhaben in besonderer Weise durch die Region mitgetragen wird. Üplingen 2049 ist ein genehmigtes Leitprojekt des Integrierten ländlichen Entwicklungskonzeptes (ILEK) und damit für Leader 2007 bis 2013 prädestiniert. Die Begegnungsstätte gehört nicht zum Schaugarten oder zur Bio-TechFarm, ist aber öffentlich und kann somit für verschiedene Veranstaltungen angemietet werden. 6. Laut Gentechnikgesetz benötigen Freisetzungen eine Versuchsleitung sowie eine beauftragte Person für biologische Sicherheit. Über Kontrollgänge und sonstige Vorkommnisse muss Buch geführt werden. Diese Informationen müssen auch der Überwachungsbehörde, d. h. dem Landesverwaltungsamt , vorgelegt werden. Wie oft befanden sich die beauftragten Personen im Jahr 2011 im Schaugarten Üplingen bei den von ihnen betreuten Feldern? Welche fachlichen Qualifikationen besitzen diese? Alle Projektleiter und Beauftragte für die Biologische Sicherheit haben die gesetzlich vorgeschriebene Sachkunde nach § 15 Gentechniksicherheitsverordnung (GenTSV) nachgewiesen. Im Schaugarten war während der Vegetationszeit die regelmäßige, fast tägliche Kontrolle durch eine fachlich qualifizierte Person gewährleistet. Die Anforderungen an die Anwesenheit sachkundiger Personen nach § 14 Absatz 1 Nr. 9 GenTSV waren somit erfüllt.