Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/825 20.02.2012 (Ausgegeben am 20.02.2012) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Dietmar Weihrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Rückstände des Wirkstoffs Glyphosat in Lebens- und Futtermitteln sowie im Wasser Kleine Anfrage - KA 6/7321 Vorbemerkung des Fragestellenden: Der Wirkstoff Glyphosat wird in Sachsen-Anhalt in den letzten Jahren verstärkt als Totalherbizid eingesetzt. Dabei können der Wirkstoff selbst und seine Abbauprodukte in den natürlichen Wasserkreislauf gelangen. Ebenso werden für die Tiermast immer häufiger Eiweißfuttermittel aus Amerika eingeführt. Diese entstammen oft Roundup resistenten Pflanzensorten. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Vorbemerkung: Nach Einschätzung des Bundesinstitutes für Risikobewertung (BfR) in seiner Stellungnahme Nr. 035/2011 vom 7. Juli 2011 liegen zurzeit keine relevanten neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, die die bisherige Bewertung des gesundheitlichen Risikos von Glyphosat in Frage stellen. Der Landesregierung sind die aktuellen Diskussionen über die Bewertung des gesundheitlichen Risikos des Herbizid-Wirkstoffs Glyphosat bekannt. Diese Bewertung wurde durch ein gemeinschaftliches Bewertungsverfahren der Europäischen Union für Glyphosat von den anderen europäischen Mitgliedstaaten bestätigt und wird auch weiterhin von den europäischen sowie von außereuropäischen Bewertungsbehörden (unter anderem U. S. Environmental Protection Agency) und internationalen Organisationen (unter anderem WHO) geteilt. Unabhängig davon findet zurzeit eine erneute Bewertung des Wirkstoffs Glyphosat auf EU-Ebene statt. 2 1. In welchen Mengen wird Glyphosat in Sachsen-Anhalt verbraucht? Der Landesregierung liegen keine diesbezüglichen Daten vor. Eine Informationspflicht seitens des Handels und der Anwender besteht nicht. Verbrauchszahlen zum Einsatz von Glyphosat in Sachsen-Anhalt werden demnach behördlicherseits nicht erhoben. 2. Wie viele Lebensmittelproben wurden seit 2007 in Sachsen-Anhalt auf Rückstände von Glyphosat bzw. seines Abbauproduktes Aminomethylphosphonsäure (AMPA) untersucht? Bitte um Nennung der Anzahl und Ergebnisse der Proben in den Jahren, Benennung der gesetzlichen Grenzwerte , Angabe der behördlichen Reaktionen bei Grenzwertüberschreitungen. Im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung wurden bislang keine Lebensmittelproben auf Rückstände von Glyphosat und AMPA untersucht. Begründete Verdachtsfälle , die eine Untersuchung erforderlich gemacht hätten, lagen bisher nicht vor. 3. Wie viele Getreideproben wurden seit 2007 in Sachsen-Anhalt auf Rück- stände von Glyphosat bzw. seines Abbauproduktes AMPA untersucht? Bitte um Nennung der Anzahl und Ergebnisse der Proben in den Jahren, Benennung der gesetzlichen Grenzwerte, Angabe der behördlichen Reaktionen bei Grenzwertüberschreitungen. Im Rahmen der amtlichen Überwachung wurden bislang keine Untersuchungen auf den Wirkstoff Glyphosat vorgenommen. Begründete Verdachtsfälle, die eine Untersuchung erforderlich gemacht hätten, lagen bisher nicht vor. In der Länderkooperation Mitteldeutschland ist erstmals für das Jahr 2012 die Untersuchung von 20 Getreideproben aus Sachsen-Anhalt durch die Landesuntersuchungsanstalt Sachsen geplant . 4. Wie viele Futtermittelproben wurden seit 2007 in Sachsen-Anhalt auf Rück- stände von Glyphosat bzw. seines Abbauproduktes AMPA untersucht? Bitte um Nennung der Anzahl und Ergebnisse der Proben in den Jahren, Benennung der gesetzlichen Grenzwerte, Angabe der behördlichen Reaktionen bei Grenzwertüberschreitungen, Benennung des Ursprungslandes des Futtermittels und des Ortes seiner Verfütterung. Die aktuelle Grundlage der amtlichen Futtermittelüberwachung bildet der Rahmenplan der Kontrollaktivitäten im Futtermittelsektor des Bundes und der Länder für 2007 bis 2011. Dieses Kontrollprogramm wurde vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz unter Beteiligung der Länder, dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit und dem Bundesinstitut für Risikobewertung erarbeitet und sieht vor, dass eine bestimmte Anzahl Proben von Getreide und Ölsaaten auf Pflanzenschutzmittel zu untersuchen sind. Im Rahmen der amtlichen Futtermittelüberwachung wurden bislang keine Futtermittelproben auf Rückstände von Glyphosat und AMPA untersucht. 3 5. Wie viele Getreide- oder Kartoffelproben, die mit dem Verfahren der Sikkation angebaut wurden, sind seit 2007 in Sachsen-Anhalt auf Rückstände von Glyphosat bzw. seines Abbauproduktes AMPA untersucht worden? Bitte um Nennung der Anzahl und Ergebnisse der Proben in den Jahren, Benennung der gesetzlichen Grenzwerte, Angabe der behördlichen Reaktionen bei Grenzwertüberschreitungen. In der amtlichen Überwachung wurden bislang keine Getreide- oder Kartoffelproben, die mit dem Verfahren der Sikkation angebaut wurden, auf Rückstände von Glyphosat bzw. AMPA untersucht. Zur Probenahme- und Analyseplanung im Jahre 2012 wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 6. Wie bewertet die Landesregierung die Nutzung der Sikkation im Rahmen der Erntevorbereitung? Bitte um kurze Diskussion unter besonderer Beachtung der Rückstandproblematik und der Lebensmittelsicherheit. Durch Sikkation mit glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln wird eine schnellere Abtrocknung und gleichmäßigere Abreife des Erntegutes sowie eine Reduzierung des Grünbesatzes erreicht. Hierdurch wird die Ernte erleichtert und die Qualität des Erntegutes verbessert. Bei Einhaltung der entsprechenden Anwendungsbestimmungen, Auflagen und Wartezeiten, das heißt der guten fachlichen Praxis, sind schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier sowie den Naturhaushalt nicht zu erwarten. Sikkationsmaßnahmen haben im Verhältnis zu den anderen Anwendungsbereichen von Glyphosat (Stoppelbearbeitung, Vorsaatbehandlung) nur eine vergleichsweise geringe Bedeutung. 7. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse über Rückstände von Glyphosat und AMPA in Oberflächengewässern und im Trinkwasser vor? Werden Proben aus Oberflächen-, Grund- bzw. Trinkwasser auf Rückstände von Glyphosat untersucht? Wenn ja, auf welche Weise und im Rahmen welcher Untersuchungen werden Grund-, Oberflächen- bzw. Grundwasser auf Rückstände von Glyphosat und AMPA untersucht bzw. überwacht? Welche Analysen wurden durchgeführt und welche Ergebnisse brachten diese Analysen ? In welcher Form werden diese Ergebnisse veröffentlicht? Erkenntnisse über Rückstände von Glyphosat und AMPA in Oberflächengewässern und im Grundwasser Sachsen-Anhalts liegen vor. Pflanzenmittelrückstände werden im Rahmen des Gewässeruntersuchungsprogramms Sachsen-Anhalt durch den Gewässerkundlichen Landesdienst untersucht. Die Ergebnisse werden jährlich auf der Internetseite des Landesbetriebes für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalt eingestellt. Oberflächengewässer Es gibt für Glyphosat bzw. AMPA in Oberflächengewässern keine in der Verordnung zum Schutz der Oberflächengewässer (Oberflächengewässerverordnung - OGewV) verankerten Umweltqualtiätsnormen. Zur Orientierung wird daher im Rahmen der Bewertung auf die Umweltqualitätsnormvorschläge der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser zurückgegriffen. Diese Bewertungsvorschläge betragen 28 µg/l für Glyphosat und 96 µg/l für AMPA. Untersuchungen zum Vorkommen von Glyphosat und AMPA in Oberflächengewässern fanden in den Jahren 2009 und 2010 statt. Die Messwerte 4 lagen nur in wenigen Fällen über der Bestimmungsgrenze, jedoch deutlich unterhalb der Umweltqualitätsnormvorschläge. Die Untersuchungen wurden aufgrund der im Vergleich zu den Umweltqualitätsnormvorschlägen geringen Befunde für das Jahr 2011 für Glyphosat vollständig ausgesetzt. AMPA wird derzeit nur noch auf Anforderung der Internationalen Kommission zum Schutz der Elbe untersucht. Grundwasser Untersuchungen zum Vorkommen von Glyphosat und AMPA im Grundwassergütemessnetz des Landes Sachsen-Anhalt wurden in den Jahren 2009 und 2010 durchgeführt . Die Ergebnisse lagen bis auf eine Messstelle unterhalb der Grundwasserqualitätsnorm von 0,1µg/l. 2011 wurde auf Grund der Befundsituation aus den beiden Vorjahren lediglich an der Grundwassermessstelle mit Qualitätsnormüberschreitung eine Wiederholungsmessung durchgeführt, die negativ ausfiel. Trinkwasser Der Landesregierung liegen derzeit keine Daten zum Vorkommen von Glyphosat und AMPA im Trinkwasser vor. Laut Trinkwasserverordnung (TrinkwV 2001) sind die Unternehmer und sonstigen Inhaber von Wasserversorgungsanlagen verpflichtet, Untersuchungen des Trinkwassers durchzuführen, um sicherzustellen, dass das Trinkwasser den Anforderungen der TrinkwV 2001 entspricht. Die Gesundheitsämter führen ebenfalls Trinkwasseruntersuchungen durch und überwachen die Erfüllung der Pflichten der Unternehmen und sonstiger Inhaber von Wasserversorgungsanlagen. Umfang (Parameter) und Häufigkeit der Untersuchungen sind in der TrinkwV 2001 geregelt, ebenso die einzuhaltenden Grenzwerte. Die TrinkwV 2001 schreibt nicht im Einzelnen vor, auf welche Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe das Trinkwasser zu untersuchen ist. Es müssen nur solche Pflanzenschutzmittel-Wirkstoffe überwacht werden , deren Vorhandensein im jeweiligen Wassereinzugsgebiet wahrscheinlich ist. Die entsprechenden Entscheidungen treffen die Gesundheitsämter sowie die Unternehmen und lnhaber von Wasserversorgungsanlagen. 8. Wie schätzt die Landesregierung die von Glyphosat bzw. AMPA ausgehen- den toxikologischen Effekte und Wirkungen auf a. Verbraucherinnen und Verbraucher, b. Nutztiere und c. wildlebende Tiere ein? Es wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung verwiesen.