Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/840 23.02.2012 (Ausgegeben am 23.02.2012) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Gudrun Tiedge (DIE LINKE) Rechtskräftige Verurteilungen von kommunalen Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern der extremen Rechten in Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 6/7329 Vorbemerkung des Fragestellenden: Mit den Kommunalwahlen im Jahr 2009 in Sachsen-Anhalt errangen auch Vertreterinnen und Vertreter rechtsextremer Parteien kommunale Mandate. In der Vergangenheit wurde bundesweit darüber berichtet, dass rechtsextremistischen Parteien oder Vereinigungen zugehörende Mandatsträgerinnen und Mandatsträger vielfach vorbestraft wegen verschiedenster Delikte sind, die Zweifel an deren demokratischer Eignung aufkommen lassen. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Justiz und Gleichstellung 1. Wie viele der rechtsextremistischen Parteien oder Vereinigungen zugehö- rende Mandatsträgerinnen und Mandatsträger auf kommunaler Ebene sind nach Kenntnis der Landesregierung in wie vielen Fällen rechtskräftig verurteilt? Nach den verfügbaren Erkenntnissen liegen 21 rechtskräftige Urteile gegen sieben Mandatsträgerinnen und Mandatsträger vor. 2. Wie viele der rechtskräftigen Verurteilungen endeten jeweils mit Freiheits- strafe, mit zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafen, mit Geldstrafen sowie mit sonstigen Maßregeln? Geldstrafen wurden in 17 Fällen verhängt, Freiheitsstrafen in vier Fällen, wobei deren Vollstreckung jeweils zur Bewährung ausgesetzt worden ist und in zwei Fällen zusätzlich die Bewährungszeit verlängert werden musste. 2 3. Wie viele der rechtskräftigen Verurteilungen gehen auf Straftaten zurück, die der politisch motivierten Kriminalität aus dem Phänomenbereich Rechts zuzurechnen waren (gemäß PMK-Statistik)? Sieben Verurteilungen gehen auf Straftaten zurück, die im erfragten Sinne einzuordnen wären. In zwei Fällen wurden Verurteilungen wegen Volksverhetzung, davon in einem Fall in Tateinheit mit Gewaltdarstellung, und in einem weiteren Fall wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ausgesprochen . In einem Fall wegen Beleidigung, in einem Fall wegen Anstiftung zur falschen Verdächtigung sowie in einem Fall wegen vorsätzlicher Körperverletzung . In einem Fall kam es zu einer Verurteilung wegen 92 tateinheitlicher Fälle des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in Tateinheit mit zwölf tatmehrheitlichen Fällen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in Tatmehrheit mit zwei tatmehrheitlichen Fällen der Volksverhetzung. 4. Welchen Deliktbereichen waren die den Verurteilungen zugrunde liegen- den Straftaten zuzuordnen? Bitte nach den einzelnen Vorschriften des Strafgesetzbuches aufschlüsseln. • Volksverhetzung - § 130 StGB • Volksverhetzung, in Tateinheit mit Gewaltdarstellung §§ 130 Abs. 2 Nr. 1 d, 131 Abs. 1 Nr. 4 StGB • Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen § 86a Abs. 1 Nr. 1, 86 Abs. 1 StGB • Bankrott in drei Fällen in Tatmehrheit Insolvenzverschleppung und Betrug - §§ 283 Abs. 1 Nr. 5, Nr. 6, Nr. 7b, Abs. 6, 263 Abs. 1 StGB; §§ 130b Abs. 1, 177a HGB • Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt in neun Fällen i. Tatmehrheit mit Insolvenzverschleppung und Bankrott - §§ 266a Abs.1, 283 Abs. 1 Nr. 5, Nr. 6 StGB; §§ 84 Abs. 1 Nr. 2, 64 Abs. 1 GmbHG • Betrug § 263 Abs. 1 StGB • Anstiftung z. falschen Verdächtigung - §§ 164, 26 StGB • Beleidigung - §§ 185, 194 StGB • Vorsätzliche Körperverletzung - §§ 223 Abs.1, 230 Abs. 1 StGB • Gefährliche Körperverletzung - §§ 223 Abs.1, 224 Abs. 1 StGB • Trunkenheit im Verkehr § 316 Abs. 1, 2, § 69, § 69a StGB • Fahrlässige Trunkenheit im Verkehr § 316 Abs. 1, 2, § 69, § 69a StGB • Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte § 113 Abs. 1 StGB • Versuchte räuberische Erpressung § 253 Abs. 1, Abs. 3, § 255, § 249 Abs. 1, § 22, § 23 StGB 3 5. Wie bewertet die Landesregierung eine gegebenenfalls auftretende Häufung von rechtskräftigen Verurteilungen von Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern im Sinne von Frage 1 hinsichtlich einer demokratischen Eignung als verantwortlicher Teil kommunaler Verwaltung? Die Landesregierung tritt dafür ein, dass extremistische Gruppierungen keine kommunale Verantwortung wahrnehmen sollten. Die Landesregierung ist nachhaltig bestrebt, durch Aufklärung und Unterstützung entsprechender Initiativen das rechtsextremistische Wählerpotenzial zurückzudrängen .