Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/862 27.02.2012 (Ausgegeben am 27.02.2012) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Dagmar Zoschke (DIE LINKE) Kompetenzzentrum Barrierefreiheit Kleine Anfrage - KA 6/7341 Vorbemerkung des Fragestellenden: Seit mehreren Jahren fordert der Landesbehindertenbeirat, ein Kompetenzzentrum als zentrale Anlaufstelle zu allen Fragen der Barrierefreiheit zu schaffen, das für alle, die Barrierefreiheit zu gewährleisten haben, kompetente Beratung von betroffenen Expertinnen und Experten bietet. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Arbeit und Soziales Frage Nr. 1: Inwieweit gedenkt die Landesregierung, diesen Forderungen nachzukommen und in welcher Form werden die Betroffenen(-verbände) als Experten in eigener Sache einbezogen? Im Rahmen der Entwicklung des Aktionsprogramms „Barrierefreies Sachsen-Anhalt“ (Beschluss des Landtages vom 10. Dezember 2009/LT-Drs. 5/68/2309 B) bezieht sich ein Vorschlag auf die Errichtung eines Landeskompetenzzentrums als zentrale Anlaufstelle zu allen Fragen der Barrierefreiheit. Dazu wurde ein Konzept erstellt. Dieses soll nach Sicherstellung der Finanzierung im Landesbehindertenbeirat zur Diskussion gestellt werden. 2 Frage Nr. 2: Welche Pläne hat die Landesregierung ansonsten, die sich aus der UN-Behindertenrechtskonvention ergebenden Anforderungen an Barrierefreiheit in Sachsen-Anhalt zügig zu erfüllen? Die Landesregierung beteiligt sich aktiv an dem Prozess der Umsetzung der Behindertenrechtskonvention . Dies entspricht auch der Forderung aus dem Beschluss des Landtags von Sachsen-Anhalt vom 10. Dezember 2009 (Drs. 5/68/2309 B). Folgende Maßnahmen wurden bereits eingeleitet bzw. umgesetzt: 1. Herstellung der Barrierefreiheit in Gebäuden der Landesverwaltung Im Jahr 2010 wurde die Prüfung der behindertengerechten Zugänglichkeitsgegebenheiten von Toiletten, Aufzügen und ebenerdigen Zugängen im Rahmen von Baubegehungen des Landesbaubetriebs (LBB) mit aufgenommen. Diese Erfassung gibt Aufschluss über den (baulichen) Veränderungsbedarf in Bezug auf Mobilitätseinschränkungen . Darüber hinaus wurde eine umfassende Checkliste entwickelt, die eine Analyse der räumlichen Gegebenheiten mit Blick auf Mobilitätseinschränkungen und auf Sinnesbehinderungen zum Gegenstand hat. Anhand dieser Analyse sollen konkrete Umsetzungsvorschläge zum Abbau von Barrieren entwickelt werden. Ziel ist es, Investitionen des Landes nachhaltig auf die Verbesserung der für Menschen mit Behinderungen bedeutsamen Infrastruktur zu lenken sowie Nutzerinnen und Nutzer von Gebäuden für das Thema der Barrierefreiheit zu sensibilisieren . Viele kleinere Maßnahmen können oft schon mit relativ geringem finanziellem Aufwand verändert werden, z. B. größere Hausnummern oder die Beklebung von Stufen zur besseren Sichtbarkeit. Aufwändigere und teurere Maßnahmen zur Herstellung der Barrierefreiheit werden erfasst und in eine Prioritätenliste zur gezielten Abhilfe aufgenommen. Die Arbeitsgemeinschaft der Hauptschwerbehindertenvertretungen und Schwerbehinderten-Vertretungen der obersten Landesbehörden in Sachsen-Anhalt (AGSV LSA) hat eine detaillierte Stellungnahme zu der Checkliste vorgelegt, die derzeit bewertet und mit dem Beauftragten der Landesregierung für die Belange der Menschen mit Behinderungen (BBM) erörtert wird. 2. Verankerung der Barrierefreiheit in Förderinstrumentarien Es wurde eine Übersicht zu den Fördermittelrichtlinien des Landes erarbeitet. Hieraus ist ersichtlich, in welchen Richtlinien die Voraussetzungen zur Herstellung der Barrierefreiheit bereits verankert und in welchen diese Kriterien noch nicht Bestandteil sind. Diese Aufstellung wird laufend ergänzt. 3. Verordnung zum Behindertengleichstellungsgesetz des Landes Im Dezember 2010 hat der Landtag das neue Behindertengleichstellungsgesetz (BGG LSA) des Landes Sachsen-Anhalt beschlossen. Zur Umsetzung der Vorschriften in den §§ 14, 15 und 16 BGG LSA hat die Landesregierung 2011 eine Verordnung beschlossen, die nach der Notifizierung bei der Europäischen Kommission (mittlerweile abgeschlossen) veröffentlicht wird. In den §§ 14 und 15 3 BGG LSA werden die Träger der öffentlichen Verwaltung verpflichtet, für Menschen mit Hörbehinderungen und Menschen mit Sprachbehinderungen eine barrierefreie Kommunikation sicherzustellen sowie bei der Gestaltung von schriftlichen Bescheiden, Allgemeinverfügungen, öffentlich-rechtlichen Verträgen und Vordrucken die besonderen Belange von Menschen mit Behinderungen in angemessenem Maße zu berücksichtigen. Gemäß § 16 Abs. 1 BGG LSA haben die Träger der öffentlichen Verwaltung ihre Internetauftritte und Internetangebote sowie die von ihnen zur Verfügung gestellten grafischen Programmoberflächen, die mit den Mitteln der Informationstechnik gestaltet werden können, so auszuführen, dass diese von Menschen mit Behinderungen genutzt werden können. Zur barrierefreien Gestaltung der Inhalte von Internet- und Intranetangeboten enthält die Verordnung konkrete Anforderungen, die listenmäßig mit Prioritäten I und II erfasst sind. Grundlage dieser Prioritätenliste sind die internationalen Richtlinien der Web Content Accessibility Guidelines 2.0 (WCAG 2.0). Derzeit passt die Landesregierung ihren Internetauftritt an diese aktuellen Anforderungen an. 4. Umsetzung der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen Im Koalitionsvertrag für die sechste Legislaturperiode des Landtags von Sachsen -Anhalt ist zwischen den die Regierung tragenden Fraktionen die Erstellung eines Landesaktionsplans (LAP) vereinbart worden. Sachsen-Anhalt will sich durch eine zukunftgerichtete teilhabeorientierte Behindertenpolitik verstärkt in dem Prozess des Abbaus von Barrieren engagieren und auf den Weg zu einer inklusiven Gesellschaft begeben. Menschen mit Behinderungen und Interessenverbände sollen einbezogen und ermutigt werden, diesen Prozess aktiv mit zu gestalten. Durch Landtagsbeschluss vom 19. Januar 2012 (Drs. 6/763) wurde die Landesregierung beauftragt, mit dem Landesaktionsplan zur Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte der Menschen mit Behinderungen ein Konzept zu den Aufgaben und der strukturellen Anbindung einer staatlichen Anlaufstelle zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention vorzulegen . Ein Entwurf des Landesaktionsplans wird derzeit in den Arbeitsgruppen des Landesbehindertenbeirats beraten und ergänzt. Ein wesentlicher Punkt ist auch dabei die Herstellung der Barrierefreiheit in der Landesverwaltung.