Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/866 29.02.2012 Hinweis: Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 01.03.2012) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Daniel Sturm (CDU) Neuordnung des Justizvollzuges in Sachsen-Anhalt - Justizvollzugsanstalt Volkstedt Außenstelle Naumburg Kleine Anfrage - KA 6/7348 Vorbemerkung des Fragestellenden: Die Justizvollzugsanstalt Volkstedt, Außenstelle Naumburg, wird auf der Internetpräsenz www.sachsen-anhalt.de wie folgt beschrieben: „Die Justizvollzugsanstalt Volkstedt, Außenstelle Naumburg, ist zuständig für männliche Verurteilte, die Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren verbüßen. Geeignete Verurteilte können ihre Strafe im offenen Vollzug der Außenstelle oder in der Justizvollzugsanstalt Volkstedt verbüßen. In der Außenstelle Naumburg der Justizvollzugsanstalt Volkstedt befindet sich die zentrale Krankenabteilung der Justizvollzugsanstalten des Landes Sachsen-Anhalt. Die Krankenabteilung verfügt auch über eine Infektionsstation. Dort können z. B. Gefangene behandelt werden, die an Tuberkulose oder Hepatitis erkrankt sind. Nach umfangreichen Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten verfügt die zentrale Krankenabteilung über modernste Geräte zur Röntgendiagnostik sowie zur sonografischen und gastroskopischen Untersuchung. Für die kardiologische Diagnostik stehen ein EKG-Gerät, ein Belastungs-EKG und ein 24-Stunden-EKG zur Verfügung. In dem im Jahre 2001 neu eingerichteten Eingriffsraum können neben der Wundversorgung auch kleine chirurgische Eingriffe durchgeführt werden. Im Jahr 2008 wurde ein Raum für Physiotherapie eingerichtet.“ Das Ministerium für Justiz und Gleichstellung hat konkrete Pläne für eine zukunftsfähige Justizvollzugslandschaft erarbeiten lassen. Einen Standort ausbauen, andere im 2 Gegenzug aufgeben - das war die Vorgabe für die Experten, die im Rahmen des Projekts „Justizstrukturreform Sachsen-Anhalt“ Vorschläge für Struktur- und Zeitpläne vorgelegt haben. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Justiz und Gleichstellung 1. Wie hoch ist der Sanierungsaufwand für die JVA Volkstedt, Außenstelle Naumburg, einschließlich des Kostenansatzes für die Realisierung einer gesetzeskonformen Herrichtung der Anstalt? Ich bitte um Aufschlüsselung der Kosten für die Grundsanierung, für die Bewerkstelligung eines ordnungsgemäßen Brandschutzes sowie für den Umbau zur Realisierung der gesetzlich geforderten Einzelunterbringung für Gefangene. Vgl. hierzu die dargestellte tabellarische Übersicht Übersicht über den Sanierungsaufwand der JVA Volkstedt - Außenstelle Naumburg - (Stand: 16. Februar 2012) Anstalt Sanierungskosten mit anschl. Einzelbelegung davon Brandschutz Haftplatzreduzierung durch Einzelunterbrin - gung Kosten1 der Einzelunterbringung ² durch Ersatzbau an anderem/n Standort/en Gesamtkosten für Investitionen Volkstedt - AS NB - 16,4 Mio. € 1,9 Mio. € 182 - 94 = 88 HP 16,9 Mio. € für 94 HP 16,9 Mio. € für 94 HP 1 Die Kosten basieren auf einer Berechnung von 180.000 €/Haftplatz (durchschnittliche Neubaukosten für Justizvollzugsanstalten in Deutschland als Grundlage der Baukostenkalkulation der Staatshochbauver- waltung). ² Die Kosten für teilweise Ersatzbauten an anderem/n Standort/en ergeben sich aus der bautech- nisch/statisch nicht veränderbaren Struktur der alten Gebäude in der JVA Volkstedt --Außenstelle Naum- burg - und mangelnden räumlichen Kapazitäten an diesem Standort. 2. Wie hoch sind die Gesamtkosten für die in der JVA Volkstedt, Außenstelle Naumburg, bereits getätigten Investitionen in den letzten 15 Jahren? Die Investitionen gliedern sich in Baumaßnahmen (HGr. 7) sowie in „Sonstige Ausgaben für Investitionen und Investitionsfördermaßnahmen“ (HGr. 8), sofern im Einzelfall der Wert von 5.000 € überschritten wird. Entsprechend dieser Wertgrenze sind die Investitionen der HGr. 8 in der JVA Volkstedt, Außenstelle Naumburg in den beiliegenden Tabellen ermittelt worden. 3 a) Investitionen (außerhalb von Bau und Sicherheit): Höhe der Investitionen Jahr Art der Investition beweglich unbeweglich ausgeson- dert / wirtschaftlich verschlissen 2006 Waschmaschine, Wäschetrockner und Kochkessel 39.825,31 € 2006 Digitale Farbdruckmaschine 40.680,04 € 2006 Bindemaschine Fastback 5.109,92 € 2006 Schrumpffolien- Verpackungsmaschine 9.571,86 € X 2007 Universalküchenmaschine 12.936,19 € 2007 Druckluftstation RENNER 15.453,34 € 2007 Elektro-Deichsel-Stapler 5.759,60 € 2007 Tischstanzmaschine m. Zubehör 5.026,32 € 2007 Schnellschneider Polar 78 XS 27.251,00 € 2007 Untertischkappsäge 7.441,20 € 2008 Universalbügelstation 10.186,70 € 2008 Waschmaschine 7.863,69 € 2008 Spülmaschine für d. Gefangenenkü- che 11.032,49 € 2009 Treppenlift 11.883,22 € 2009 Hemden-Kittelfinisher 10.093,46 € 2009 Combidämpfer 18.683,00 € 2009 Elektrokochkessel 8.806,00 € 2009 Einrichtung von 70 PC-Arbeitsplätzen 78.311,20 € Die aufgeführten Investitionen sind für die Bewertung von Schließungsentscheidungen irrelevant, weil die entsprechenden Wirtschaftsgüter jederzeit an einen anderen Standort verbracht werden können und/oder in absehbarer Zeit vor der Aussonderung stehen. Da Belege sechs Jahre aufzubewahren (vgl. lfd. Nr. 4.6.2 der VV zu §§ 70 bis 72 und 74 bis 80 LHO) sind, sind Aussagen zu noch weiter in der Vergangenheit liegenden Investitionen nicht möglich. In der Regel dürften diese Wirtschaftsgüter abgeschrieben sein bzw. wären ohnehin beweglich. b) Bau und Sicherheitsinvestitionen: Verlagerung des Kantinenbereichs 20.962,97 € Sichtblenden in den oberen Etagen der Hafträume 51.129,19 € Verlegung bzw. Neubau Notstromversorgung 613.550,26 € Sanierung der Gebäude und Außenanlagen 97.145,46 € Ausbau des Freigängerhauses 250.533,02 € Umbau Geb. 6.15.2 (Dienstwohnung des Anstaltsleiters ) 142.706,68 € Installation von Dachrinnen an den Wachtürmen 4.090,34 € Installation Zellenkommunikationsanlage, PSS und Videoüberwachung 1.415.421,37 € Einbau von 16 Duschanlagen 199.403,83 € Sanierung des OP-Bereiches 76.693,78 € Brandschutztechnische Maßnahmen 529.188,00 € 4 Dachsanierung des Verwaltungsgebäudes 169.000,00 € Installation eines Energie-Managementsystems 56.000,00 € Erneuerung der Ver- u. Entsorgungsleitungen Geb. 1.1.1 (KG) 380.912,45 € Erneuerung der Ver- u. Entsorgungsleitungen Verwaltungsgebäudes 230.081,35 € Sanierung Geb. 1.1.1, Sanitärbereiche EG u. Treppenhaus (Nord) 17.500,00 € Sanierung Sanitärbereiche u. Dienstzimmer Geb. 2.9.1 12.500,00 € Sanierung Dach Geb. 5.14.2 7.923,74 € Sanierung Sanitärbereiche Geb. 1.1.3, 2. OG 40.000,00 € Umbau der Versandhalle (Geb. 3.10.1) u. Dachsanierung 67.000,00 € Sanierung der Sanitärbereiche Geb. 1.1.4 15.200,00 € Umbau Dachboden, Geb. 1.1.1, 4. OG (Arbeitstherapie) 135.000,00 € Einbau einer Sanitärzelle im Geb. 1.1.1, HR 243 12.400,00 € Einbau einer Waschmöglichkeit im KG Verwaltungsgebäudes 9.800,00 € Erneuerung der Hofflächen (300 m²) 31.000,00 € Erneuerung des Postenhauses Hof 1 5.800,00 € Installation neue TK-Anlage u. Mitschnitttechnik einschl. Verkabelung 169.500,00 € Einrichten einer SEK-Befehlsstelle 115.000,00 € Einbau neuer Haftraumtüren u. -schlösser sowie Außentüren 400.000,00 € Anschluss der Hafthäuser mit LWL-Kabel 4.500,00 € Sanierung der Schließanlage 110.000,00 € Einbau einer Sanitärzelle im Geb. 1.1.1 - HR 222 6.500,00 € Umbau Außensicherungsanlage 175.297,24 € Einbau eines Treppenliftes 11.883,22 € Bauunterhaltung in 2004 und 2005 465.292,47 € Bauunterhaltung in 2006 193.400,00 € Bauunterhaltung in 2007 302.641,72 € Bauunterhaltung in 2008 293.837,69 € Bauunterhaltung in 2009 243.930,85 € Bauunterhaltung in 2010 197.129,79 € Bauunterhaltung in 2011 188.752,21 € Anders als unter a) werden diese Daten über einen längeren Zeitraum erfasst. Alle Investitionen in diesem Bereich dienen überwiegend der Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes. Grundlegende, Substanz verbessernde Maßnahmen sind bisher nicht vorgenommen worden. Wesentliche Teile der Investitionen sind bereits abgeschrieben. Ein Teil der Investitionen ist zudem vergleichbar zu a) beweglich und an andere Standorte verbringbar. Die sonstigen Kaufwerte dürfen eine Entscheidung über Fortbestand oder Schließung eines Standortes nicht beeinflussen, weil über diese Investitionen nicht mehr disponiert werden kann. Für heutige Investitionsentscheidungen kommt es nur darauf an, was in die unterschiedlichen Varianten ab jetzt noch investiert werden muss. Im Übrigen kann für tatsächlich noch nutzbare Substanz durch das LIMSA nach Folgelösungen gesucht werden. 3. Hat das Ministerium für Justiz und Gleichstellung in dem Projekt Justiz- vollzugsreform eine alternative Modellrechnung vorgenommen, die den Erhalt der JVA Volkstedt, Außenstelle Naumburg, beinhaltet? Wie sind die Eckdaten für eine solche alternative Modellrechnung kalkuliert? Nein. Die Projektgruppe „Justizvollzugsreform Sachsen-Anhalt“ ist zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Vollzugseinrichtung - nach erfolgter Sanierung 5 und vollständiger Herrichtung mit verfassungskonformen Einzelhafträumen - bereits unter baulichen/räumlichen Gesichtspunkten nicht entwicklungsfähig ist und mit Blick auf die verbleibenden geringen Belegungszahlen weder wirtschaftlich noch personalwirtschaftlich effizient betrieben werden kann. Darüber hinaus wäre der Weiterbetrieb dieser künftig nur noch sehr kleinen Vollzugseinrichtung auch aus vollzugsorganisatorischer Sicht ineffizient. Die Lebenssituation und Bedürfnisse der unterschiedlichen Gefangenengruppen bei der Unterbringung, Vollzugsgestaltung sowie bei Behandlungs- und sonstigen Maßnahmen innerhalb und außerhalb des Vollzuges können erst in Justizvollzugsanstalten mit einer Kapazität von mind. 400 Haftplätzen angemessen berücksichtigt werden. Gleiches gilt für eine strukturierte, behandlungsorientierte Binnendifferenzierung, die strikte Umsetzung von gesetzlichen Trennungsgeboten und die Einrichtung spezieller Wohngruppen (z. B. nach alters- bzw. deliktspezifischen sowie therapeutischen Aspekten). Ferner können nur in Vollzugseinrichtungen mit einer entsprechenden Mindestgröße differenzierte Bildungs-, Ausbildungs - und Beschäftigungsmöglichkeiten für Gefangene vorgehalten werden, die eine eigenständige Ausbildung mit entsprechenden Abschlüssen gewährleisten . 4. Bezieht das Ministerium generell in das Projekt Justizvollzugsreform für einzelne Standorte bzw. für Neubauten geologische Gutachten mit ein? Wenn ja, zu welchen Erkenntnissen kommen die geologischen Gutachten zu den einzelnen Standorten? Nein. Bislang wurden durch die Bauverwaltung keine geologischen Gutachten eingeholt. Gegebenenfalls wird dies aber Teil einer Machbarkeitsstudie sein, die nach erfolgter Kabinettentscheidung durchgeführt werden soll. 5. Wäre ein Umbau der JVA Volkstedt, Außenstelle Naumburg, zur Durchfüh- rung der Sicherungsverwahrung (mit und ohne Verwaltungsvereinbarung zur gemeinsamen Sicherungsverwahrung der Freistaaten Thüringen und Sachsen und des Landes Sachsen-Anhalt) möglich? Welche baulichen Voraussetzungen erfüllt der Standort Naumburg (z. B. Größe der räumlichen Unterbringungsmöglichkeiten, Warmwasserversorgung für die Zellen ) bereits jetzt für die Realisierung einer gesetzeskonformen Unterbringung von Sicherungsverwahrten? a) Eine gemeinsame Unterbringung von Sicherungsverwahrten aus Sachsen- Anhalt und den Freistaaten Thüringen und Sachsen in der JVA Volkstedt - Außenstelle Naumburg - wäre in der derzeitigen Raumstruktur nicht möglich, da die dafür zur Verfügung stehenden Haftraumkapazitäten nicht die Vorgaben der Rechtssprechung erfüllen. Ein Umbau wäre möglich, aber unwirtschaftlich . Gleiches würde für die ausschließliche Unterbringung von Sicherungsverwahrten aus Sachsen-Anhalt in der JVA Volkstedt - Außenstelle Naumburg - gelten. b) Zur Beantwortung des zweiten Teils der Frage wird auf Frage 6 verwiesen. 6. Gibt es im Land Sachsen-Anhalt Justizvollzugsanstalten mit einer Warmwasserversorgung für die einzelnen Gefängniszellen? Wie groß sind die 6 Gefängniszellen im Land Sachsen-Anhalt durchschnittlich? Bitte zwischen den Justizvollzugsanstalten und deren Außenstellen differenzieren. Die nachstehend aufgeführte Übersicht gibt Aufschluss über die Vorsorgung von Hafträumen mit Warm- und/oder Kaltwasserversorgung: JV A / JA Ve rs or gu ng m it K al tw as se r Ve rs or gu ng m it W ar m w as se r B em er ku ng en Burg ja nein Warmwasser nur in den Duschbereichen Dessau-Roßlau - Stammanstalt ja nein Warmwasser nur in den Duschbereichen Dessau-Roßlau - Außenstelle Magdeburg ja ja Keine Halle - Stammanstalt ja ja Hafthaus 2 (ehem. Stasi Gefängnis) nur Kaltversorgung Halle - Nebenstelle „Wilhelm-BuschStraße 38“ Die leerstehenden Hafthäuser 1 und 2 nur Kaltwasserversorgung Halle - Nebenstelle „Sozialtherapeutische Abteilung“ ja ja Keine Raßnitz (JA) ja ja Keine Volkstedt - Stammanstalt ja nein Warmwasser nur in den Duschbereichen Volkstedt - Außenstelle Naumburg ja ja Gebäude 1.3 mit Kalt- und Warmwasserversorgung ; Gebäude 1.1 (Krankenstation) mit Kalt- und Warmwasserversorgung; die übrigen Gebäude nur Kaltwasserversorgung 7 Die durchschnittliche Haftraumgröße in den einzelnen Justizvollzugsanstalten wird in der nachstehend aufgeführten Tabelle dargestellt: JV A / JA D ur ch sc hn itt lic he H af tra um flä ch e in q m (i n Ei nz el be le gu ng ) D ur ch sc hn itt lic he H af tra um flä ch e in q m (i n D op pe lb el eg un g) D ur ch sc hn itt lic he H af tra um flä ch e in q m (i n G em ei ns ch af ts ha ft- rä um en ) Burg 11,70 (24,18*) 23,45 - Dessau-Roßlau - Stammanstalt 10,31 17,44 30,00 Dessau-Roßlau - Außenstelle Magdeburg 7,50 14,10 30,50 Halle - Stammanstalt 10,30 13,50 - Halle - Nebenstelle „Wilhelm-BuschStraße 38“ 12,20 32,60 - Halle - Nebenstelle „Sozialtherapeutische Abteilung“ 12,20 21,40 - Raßnitz (JA) 12,24 (25,39*) 25,39 - Volkstedt - Stammanstalt 12,00 17,32 28,67 Volkstedt - Außenstelle Naumburg 12,00 23,00 37,00 Die Flächenangaben beziehen sich auf die Gesamtfläche des Haftraumes einschließlich Nassbereich. In der JVA Volkstedt und in den offenen Vollzügen befinden sich die Nassbereiche z. T. außerhalb der Hafträume. *) BehHR = barrierefreier Haftraum 7. Hat das Ministerium für Justiz und Gleichstellung Eckdaten für einen Neubau zur Durchführung der Sicherungsverwahrung (mit und ohne Verwaltungsvereinbarung ) im Burgenlandkreis berechnet? Wie hoch sind die Kosten für einen solchen Neubau? a) Nein. Die Projektgruppe „Justizvollzugsreform Sachsen-Anhalt“ hat keine Eckdaten für einen separaten Neubau im Burgenlandkreis zur gemeinsamen Unterbringung von Sicherungsverwahrten aus Sachsen-Anhalt und den Freistaaten Thüringen und Sachsen bzw. zur ausschließlichen Unterbringung von Sicherungsverwahrten aus Sachsen-Anhalt berechnet. 8 Ungeachtet dessen, dass die Außenstelle Naumburg der JVA Volkstedt weder baulich noch räumlich entwicklungsfähig ist, sprechen bereits personelle und wirtschaftliche Aspekte gegen einen Neubau im Burgenlandkreis, da sowohl für einen gemeinsamen als auch für einen ausschließlichen Vollzug sachsen-anhaltinischer Sicherungsverwahrter in einer gesonderten Vollzugseinrichtung das benötigte (Fach)Personal nicht in dem erforderlichen Umfang zur Verfügung steht. Um Sicherungsverwahrte - entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE vom 4. Mai 2011 - 2 BvR 2365/09 -) - angemessen zu behandeln und zu betreuen, ist insbesondere ein multidisziplinäres Team von qualifizierten Fachkräften erforderlich, da vor allem im therapeutischen Bereich alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden müssen. Erweisen sich standardisierte Therapiemethoden als nicht erfolgversprechend, muss ein individuell zugeschnittenes Therapieangebot entwickelt werden, da mögliche Therapien nicht nur deshalb unterbleiben dürfen, weil sie im Hinblick auf Aufwand und Kosten über das standardisierte Angebot der Anstalten hinausgehen (Individualisierungs- und Intensivierungsgebot). Zwar hat der Vollzug der Sicherungsverwahrung grundsätzlich in vom Strafvollzug getrennten besonderen Gebäuden oder Abteilungen zu erfolgen (Abstandsgebot). Er muss jedoch nicht unbedingt vollständig räumlich vom Strafvollzug abgelöst sein. Daher ist unter personellen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorrangig eine Anbindung an eine bereits bestehende große Vollzugseinrichtung in Betracht zu ziehen. Hierdurch ist es möglich, deren Personal, Infrastruktur und Sicherheitsmanagement zu nutzen und ein differenziertes Arbeits- und Freizeitangebot zu gewährleisten, welches den individuellen Fähigkeiten und Neigungen der Sicherungsverwahrten hinreichend Rechnung trägt. Im Gegensatz dazu würde eine separate Vollzugseinrichtung zu einem eklatant hohen Personalbedarf führen, da Anstalten - unabhängig von der Anzahl der dort untergebrachten Sicherungsverwahrten - eine Grundversorgung sowie Schlüsselfunktionen (u. a. Pforten-, Küchen-, Kammer- und Abteilungsdienste ) vorhalten müssen, die in großen Einrichtungen effizienter zu organisieren sind. Gerade in Zeiten knapper bzw. zurückgehender Personalressourcen ist es daher notwendig, das benötigte Personal auf wenige , aber große Standorte zu konzentrieren. b) Die Kosten für einen Neubau im Burgenlandkreis würden sich bei gemein- samer Unterbringung von Sicherungsverwahrten aus Sachsen-Anhalt und den Freistaaten Thüringen und Sachsen mit 90 Einzelhaftplätzen auf etwa 24.116.000 € belaufen (rd. 20.000.000 € an einmaligen Bau-/Investitionskosten und 4.116.000 € jährlich an Personalkosten). Dabei wäre ein Personalbedarf i. H. v. 98 Stellen anzusetzen. Bei einer ausschließlichen Unterbringung von Sicherungsverwahrten aus Sachsen-Anhalt in einem Neubau im Burgenlandkreis mit 25 Einzelhaftplätzen würden sich die Kosten auf etwa 7.029.000 € belaufen (rd. 6.000.000 € an einmaligen Bau-/Investitionskosten und 1.029.000 € jährlich an Personalkosten ). Dabei wäre ein Personalbedarf i. H. v. 35 Stellen anzusetzen. 9 Der in beiden Varianten darüber hinaus zu erwartende Mehraufwand im gerichtlichen Bereich aufgrund der verstärkten Überprüfungs- und Kontrolldichte des Vollzuges der Strafhaft und der Sicherungsverwahrung oder der jährlichen Betriebskosten, lässt sich derzeit nicht konkret beziffern. 8. Sieht das Ministerium für Justiz und Gleichstellung im Falle der Verlegung der weiblichen Gefangenen aus Sachsen-Anhalt von der JVA Chemnitz zurück nach Sachsen-Anhalt eine alternative Unterbringung in der JVA Volkstedt, Außenstelle Naumburg, vor? Wäre eine Unterbringung der weiblichen Gefangenen in der JVA Volkstedt, Außenstelle Naumburg, baulich möglich? a) Nachdem die Landesregierung mit Beschluss vom 21. Dezember 2011 die Verwaltungsvereinbarung mit den Freistaaten Sachsen und Thüringen über den gemeinsamen Vollzug der Sicherungsverwahrung zum 31. Dezember 2012 gekündigt hatte, beendete der Freistaat Sachsen seinerseits die Verwaltungsvereinbarung über die gemeinsame Unterbringung der weiblichen Gefangenen aus Sachsen-Anhalt in der JVA Chemnitz (SN) - ebenfalls zum 31. Dezember 2012. Vor diesem Hintergrund erwägt Sachsen-Anhalt nunmehr mit Brandenburg künftig einen gemeinsamen Frauenvollzug in der dortigen Justizvollzugsanstalt Luckau-Duben zu praktizieren. Die Aufnahme der ersten weiblichen Gefangenen aus Sachsen-Anhalt könnte ab dem 2. Januar 2013 erfolgen. Die JVA Luckau-Duben bietet zusammen mit seiner Außenstelle Spremberg optimale Unterbringungsbedingungen sowie umfassende Behandlungs-, Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten für die weiblichen Gefangenen beider Länder. Die Anzahl von derzeit 71 weiblichen Inhaftierten aus Sachsen-Anhalt macht deutlich, dass eine eigenständige Vollzugsanstalt in angemessener Größe für Sachsen-Anhalt nicht vorgehalten werden kann, um darin die zahlenmäßig gering vertretenen weiblichen Gefangenen unterzubringen und nach den Vorgaben des Strafvollzugsgesetzes bzw. des Jugendstrafvollzugsgesetzes zu behandeln. Darüber hinaus steht, insbesondere bis zum 1. Januar 2013, das erforderliche - überwiegend weibliche - Vollzugspersonal nicht zur Verfügung. Allein die Ausbildung für den allgemeinen mittleren Vollzugsdienst dauert zwei Jahre. Ein Zusammenziehen von weiblichen Bediensteten aus anderen Anstalten würde aufgrund von Zwangsversetzungen an Grenzen stoßen. Darüber hinaus würde der Abzug dieser Bediensteten in den übrigen Anstalten die ohnehin schon prekäre Personalsituation verschärfen und insbesondere aus Gründen der Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung nicht verantwortbar sein. Die Herstellung entsprechender Vollzugsbedingungen wie in Luckau-Duben in einem separaten Frauenvollzug in Sachsen-Anhalt würde - angesichts der vorgenannten Gefangenenzahlen - einen unangemessen hohen und daher wirtschaftlich nicht vertretbaren Aufwand erfordern. Ungeachtet dessen wären Bildungs-, Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten (etwa 10 der jugendlichen weiblichen Gefangenen) bereits dadurch erschwert, dass keine ausreichend großen Schulklassen geschaffen werden könnten, um eine eigenständige Ausbildung mit entsprechenden Abschlüssen gewährleisten zu können. b) Eine Unterbringung der weiblichen Gefangenen in der JVA Volkstedt - Au- ßenstelle Naumburg - wäre möglich, allerdings nicht in Einzelhafträumen, da entsprechende Unterbringungsmöglichkeiten nicht in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen. Für den Fall einer Unterbringung weiblicher Gefangener müssten daher umfangreiche Baumaßnahmen vorgenommen werden , die jedoch - aufgrund der vorhandenen Gebäudestruktur, insbesondere aus statischen Gründen - eine Einrichtung von Einzelhafträumen nur begrenzt möglich machen. 9. Hat das Ministerium für Justiz und Gleichstellung für den Fall der unaus- weichlichen Schließung der JVA Volkstedt, Außenstelle Naumburg, ein alternatives Nachnutzungskonzept für die Gebäude bzw. die Flächen erarbeitet ? Ein alternatives Nachnutzungskonzept für die Gebäude und Flächen der JVA Volkstedt - Außenstelle Naumburg - wurde durch das Ministerium für Justiz und Gleichstellung nicht erarbeitet. Für den Fall der unausweichlichen Schließung werden die Gebäude und Flächen zuständigkeitshalber an das Liegenschaftsund Immobilienmanagement Sachsen-Anhalt (LIMSA) bzw. zukünftig Bau- und Liegenschaftsmanagement Sachsen-Anhalt (BLSA) übergeben. Das LIMSA (bzw. zukünftig BLSA) wird die Liegenschaften nach einer Bedarfsabfrage in der Landesverwaltung anderen Behörden zur Verfügung stellen bzw. am Markt verwerten. 10. Besteht im Falle der unausweichlichen Schließung der JVA Volkstedt, Außenstelle Naumburg, durch die Justizvollzugsreform die Gefahr der Rückforderung von bereits ausgezahlten EU-Fördermitteln für durchgeführte Modernisierungsmaßnahmen? Da keine EU-Fördermittel für Modernisierungsmaßnahmen verwendet wurden, besteht auch nicht die Gefahr einer Rückforderung.