Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/902 12.03.2012 (Ausgegeben am 13.03.2012) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Sören Herbst (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Abschiebungen in die Arabische Republik Syrien Kleine Anfrage - KA 6/7366 Vorbemerkung des Fragestellenden: Seit dem Frühjahr 2011 erheben sich Teile der Bevölkerung gegen das diktatorische Regime des syrischen Machthabers Bashar al-Assad, der die Aufstände mit zunehmender Gewalt blutig unterdrücken lässt. Dabei setzt das Regime Sicherheitskräfte sowie das Militär mit scharfer Munition und unter Verwendung auch schwerer Waffen gegen Demonstranten und Oppositionelle ein. Nach Angaben der Vereinten Nationen kamen seit Beginn des Aufstandes bis Jahresende 2011 mehr als 5.000 Menschen ums Leben. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Fanden innerhalb des Zeitraums Januar 2011 bis zum Zeitpunkt der Fra- gestellung Abschiebungen syrischer Migranten und/oder Flüchtlinge aus Sachsen-Anhalt in die Arabische Republik Syrien oder in so genannte sichere Drittstaaten statt? Wenn ja, bitte alle Fälle aufschlüsseln nach Art und Ort der Abschiebung. Seit Januar 2011 bis zum Zeitpunkt der Fragestellung wurden 3 Personen syrischer Staatsangehörigkeit auf dem Luftweg nach Damaskus/Syrien abgeschoben (1 Person vom Flughafen Berlin-Tegel und 2 Personen vom Flughafen Berlin -Schönefeld). Im Jahr 2011 erfolgten insgesamt 3 Rücküberstellungen syrischer Staatsangehöriger in die für sie zuständigen Staaten (1 Familie mit 7 Personen auf dem Luftwege vom Flughafen Berlin/Tegel nach Wien/ Österreich und 1 Person auf dem Landweg per Überstellung über die Grenzübergangsstelle Passau ebenfalls nach Österreich sowie eine Person auf dem Luftwege vom Flughafen Berlin /Tegel nach Stockholm/Schweden). 2 2. Sind derzeit oder für die Zukunft Abschiebungen syrischer Migranten und/oder Flüchtlinge aus Sachsen-Anhalt nach Syrien oder in so genannte sichere Drittstaaten vorgesehen? Wenn ja, bitte alle Fälle aufschlüsseln nach Art und Ort der Abschiebung. Nein. 3. Fanden innerhalb des Zeitraums Januar 2011 bis zum Zeitpunkt der Fra- gestellung Botschaftsvorführungen aus Sachsen-Anhalt bei der diplomatischen Vertretung der Arabischen Republik Syrien in der Bundesrepublik Deutschland statt? Wenn ja, bitte alle Fälle aufschlüsseln. Nein. 4. Sind derzeit oder für die Zukunft Botschaftsvorführungen aus Sachsen- Anhalt bei der diplomatischen Vertretung der Arabischen Republik Syrien in der Bundesrepublik Deutschland vorgesehen? Nein. 5. Wie viele Menschen mit syrischem Migrationshintergrund leben derzeit in Sachsen-Anhalt? Bitte aufschlüsseln nach Landkreisen, kreisfreien Städten und dem jeweiligen Aufenthaltstitel oder der Duldung. In den Ausländerbehörden des Landes Sachsen-Anhalt sind Personen mit angeblich syrischer Herkunft wie folgt erfasst: ABH insgesamt Aufent- haltsgestattung Duldung Aufenthaltser - laubnis Niederlassungs - erlaubnis Altmarkkreis Salzwedel 38 17 11 9 1 Anhalt-Bitterfeld 23 7 14 2 0 Börde 43 0 15 28 0 Burgenlandkreis 108 16 40 48 4 Dessau-Roßlau 59 20 2 34 3 Halle (Saale) 321 37 18 227 39 Harz 10 2 2 4 2 Jerichower Land 13 9 3 1 0 Magdeburg 312 * * * * 3 MansfeldSüdharz 68 21 18 29 0 Saalekreis 26 16 4 5 1 Salzlandkreis 59 16 4 27 12 Stendal 57 40 17 0 0 Wittenberg 33 2 21 8 2 * Die Angaben konnten in der Kürze der Zeit nicht ermittelt werden. 6. Welche Anhaltspunkte erachten die Ausländerbehörden als ausreichend, um die syrische Staatsangehörigkeit bzw. den früheren Aufenthalt in Syrien zu belegen? Reichen zum Nachweis auch unbeglaubigte Kopien? Als Nachweise der syrischen Staatsangehörigkeit bzw. der Herkunft aus Syrien werden grundsätzlich folgende Unterlagen im Original anerkannt: • gültiger syrischer Reisepass bzw. syrisches Passersatzpapier mit Lichtbild, • beglaubigte Personenstandsurkunden mit deutschen Übersetzungen, • Einzelregisterauszüge aus dem syrischen Zivilregister oder dem Familienre- gister mit deutscher Übersetzung. In aufenthaltsrechtlichen Verfahren können wegen der hohen Fälschungsrate generell keine unbeglaubigten Kopien als Nachweise anerkannt werden. 7. Welchen Standpunkt vertritt die Landesregierung bezüglich einer Aufkün- digung des Rückübernahmeabkommens mit Syrien und wird sie sich dafür einsetzen? Das am 14. Juli 2008 unterzeichnete und am 3. Januar 2009 in Kraft getretene Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Arabischen Republik Syrien über die Rückführung von illegal aufhältigen Personen (Rückübernahmeabkommen) kann nach seinem Art. 11 Abs. 3 von jeder Vertragspartei durch Notifikation gekündigt werden. Rückübernahmeabkommen enthalten Verfahrensregelungen, die die Rückführung ausreisepflichtiger Staatsangehöriger in ihr Herkunftsland regeln. Hinsichtlich der darin erklärten Rückübernahmebereitschaft handelt es sich jedoch nicht um die Übernahme neuer Verpflichtungen, sondern damit wird lediglich die auch ohne ein derartiges Abkommen völkerrechtlich bestehende Verpflichtung eines Staates bekräftigt, die sich in anderen Staaten ohne Aufenthaltsrecht aufhaltenden Staatsangehörigen wieder einreisen zu lassen. Aus der Existenz von Rückübernahmeabkommen kann daher nicht der Schluss gezogen werden, dass sie die Ursache für Abschiebungen sind. Deutschland steht es frei zu entscheiden, Rückführungen nach Rückübernahmeabkommen einzuleiten oder - wie gegenwärtig aufgrund der aktuellen Situation in Syrien - darauf zu verzichten. Insofern besteht keine Veranlassung, sich für eine Aufkündigung des deutsch-syrischen Rückübernahmeabkommens einzusetzen.