Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/92 01.06.2011 (Ausgegeben am 01.06.2011) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Swen Knöchel (DIE LINKE) Neues Kommunales Haushalts- und Rechnungswesen in Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 6/7005 Vorbemerkung des Fragestellenden: Gesetzlich wurde festgelegt, dass in allen Kommunen Sachsen-Anhalts bis zum Stichtag 1. Januar 2013 das Neue Kommunale Haushalts- und Rechnungswesen anzuwenden ist. Die die Landesregierung tragenden Koalitionspartner von CDU und SPD betonen u. a. in ihrem Koalitionsvertrag, dass sie sich einig sind, dass sich das doppische System als Verfahren in der kommunalen Buchführung etablieren soll. Im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung soll aber den Gemeinden und Landkreisen zugleich auch ein dauerhaftes Wahlrecht zwischen doppischem System und erweiterter Kameralistik eingeräumt und die Gemeindeordnung dahingehend geändert werden. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium des Innern Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Beweggründe belegen die Absicht der Landesregierung, den Ge- meinden und Landkreisen ein dauerhaftes Wahlrecht zwischen doppischem System und erweiterter Kameralistik durch eine Änderung der Gemeindeordnung einzuräumen? Die Kommunen haben Anfang der 90er-Jahre unter dem Schlagwort „Neues Steuerungsmodell“ eine Reform der Kommunalverwaltungen eingefordert, mit der die Steuerung von der herkömmlichen Bereitstellung von Ausgabeermächtigungen (Inputsteuerung) auf eine Steuerung nach Zielen für die kommunalen Dienstleistungen (Outputsteuerung) umgestellt werden soll. Auf Bitte von Vertretern der kommunalen Spitzenverbände auf Bundes- und Landesebene hat 2 die Innenministerkonferenz (IMK) mit Beschluss vom 6. Mai 1994 den Ländern zugesichert, sie bei diesem Reformvorhaben zu unterstützen und bekräftigt, die länderübergreifende Einheitlichkeit des kommunalen Haushaltsrechts auch in Zukunft sicherzustellen. Im Ergebnis ihrer Arbeit hat die IMK zwei Leittexte erarbeitet , die optional den Ländern zur Umstellung ihres Haushaltsrechts zur Verfügung gestellt worden sind. Neben dem Leittext für ein doppisches Haushalts - und Rechnungswesen, an dem sich das Recht in Sachsen-Anhalt und fast allen anderen Ländern orientiert, wurde auch ein Leittext für ein System der erweiterten Kameralistik entwickelt, der eine wesentliche Weiterentwicklung der bisherigen Kameralistik darstellt und sich nur geringfügig vom doppischen System unterscheidet. Das den Ländern ursprünglich zur Verfügung gestellte Wahlrecht zwischen diesen beiden Systemen soll nunmehr nach dem Willen der Koalitionspartner, angestoßen durch den Wunsch einzelner Kommunen, auf die kommunale Ebene transportiert werden, um damit das kommunale Selbstverwaltungsrecht zu stärken . 2. Mit welchen Folgen rechnet die Landesregierung hinsichtlich der Vergleich - und Bewertbarkeit der kommunalen Finanzsituation, wenn nach der von der Landesregierung angestrebten Änderung der Gemeindeordnung die Gemeinden und Landkreise von ihrem Wahlrecht zwischen doppischem System und erweiterter Kameralistik Gebrauch machen? Die Unterschiede zwischen den Systemen Doppik und erweiterte Kameralistik, die eine Vergleich- und Bewertbarkeit der kommunalen Finanzsituation erschweren , sind gering. Hervorzuheben sind die Trennung von Vermögens- und Verwaltungshaushalt bei der erweiterten Kameralistik sowie die von der Doppik abweichende Behandlung der Rechnungsabgrenzung. 3. Beabsichtigt die Landesregierung, zum Zweck der Vergleichbarkeit der kommunalen Haushaltsrechnungen, den Gemeinden durch zusätzliche Regelungen aufzuerlegen, Neben- und Überleitungsrechnungen zu führen ? Wenn ja, mit welchem personellen und bürokratischen Aufwand bei den Gemeinden rechnet die Landesregierung? Die Einführung eines zweiten optionalen Haushaltssystems bedarf der Weiterentwicklung der bisherigen kameralen Vorschriften. Welche zusätzlichen Regelungen den Kommunen zur Umsetzung vorgegeben werden müssen, um die Vergleichbarkeit der Haushaltsrechnungen gewährleisten zu können, wie Neben - und Überleitungsrechnungen, ist parallel mit diesem Regelwerk zu prüfen. Eine Aussage über den notwendigen personellen und bürokratischen Aufwand ist daher derzeit noch nicht möglich. 4. In welcher Höhe hat das Land Sachsen-Anhalt die Einführung des Neuen Kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens im Zeitraum von 1999 bis Ende 2010 mit finanziellen Mitteln gefördert? Bitte die Antwort in Jahresschreiben getrennt geben. Die Unterstützung der Kommunen durch finanzielle Mittel erfolgte durch die Übernahme eines Teils der Kosten der Einführung des Neuen Kommunalen 3 Haushalts- und Rechnungswesens bei ausgewählten Modellkommunen sowie durch das sog. Verwaltungshelferprogramm, bei dem 70 v. H. der Personalausgaben einer Vollzeitstelle für jeweils einen Absolventen der Hochschule Harz befristet gewährt worden ist. Förderung ausgewählter Modellkommunen Landkreis Mansfelder Land 2005 147.000,00 € 2002 39.192,43 € 2003 32.103,96 € 2004 21.235,20 € 2005 7.385,86 € 2006 8.058,47 € 2007 9.046,69 € 2008 4.946,29 € 2009 9.801,45 € 2010 5.997,60 € 2011 8.140,38 € 145.908,33 € Stadt Bitterfeld-Wolfen Insgesamt: 292.908,33 € Erstattung von Personalkosten für Absolventen der Hochschule Harz 2007 2.389.981,00 € 2008 1.997.046,00 € 2009 1.231.714,00 € 2010 896.852,11 € 04/2011 242.736,15 € Insgesamt: 6.758.329,26 € Dies ergibt eine Gesamtfördersumme bis zum heutigen Tag von 7.051.237 €. 5. In welcher Höhe haben die Kommunen in Sachsen-Anhalt eigene finanzielle Mittel für die Einführung des Neuen Kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens im Zeitraum von 1999 bis Ende 2010 insgesamt und in den einzelnen Kommunen aufgewandt? Bitte die Antwort in Jahresschreiben getrennt und tabellarisch nach kreisfreien Städten und Landkreisen geordnet geben. Die Einführung der Doppik lässt sich nicht ohne Investitionen durchführen. Doch hierbei sollte immer auch das Ziel des Umstellungsprozesses, durch neue Steuerungsmöglichkeiten langfristig Kosten zu sparen, in die Betrachtungen mit einbezogen werden. Welche konkreten Mehrausgaben in den einzelnen Kommunen bereits entstanden sind oder noch entstehen werden, lassen sich nicht quantifizieren. Aus den vorhandenen statistischen Erhebungen lassen sich derartige von Kommune zu Kommune sehr unterschiedliche Daten nicht herleiten.