Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 6/989 28.03.2012 (Ausgegeben am 29.03.2012) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Thomas Leimbach (CDU) Hochwasserrückhaltebecken für die Wipper in Wippra Kleine Anfrage - KA 6/7379 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt 1. Wie viele Menschen leben in den Kommunen im Verlauf der Wipper? An der Wipper befinden sich 22 Orte und Ortsteile. Insgesamt leben hier ca. 31.000 Menschen. 2. Wie viele Hochwasserereignisse (stärker als HQ 10) wurden seit Anfang 1994 gezählt? Für den Pegel Wippra ist ein HQ10 - Ereignis bei einem Durchfluss von rund 21 m3/s signifikant. Seit 1994 sind 5 HQ10 - Ereignisse wie folgt erfasst worden: November 1998 = 23,6 m3/s Februar 2002 = 20,1 m3/s Januar 2003 = 23,1 m3/s September 2007 = 26,9 m3/s Mai 2011 = 19,1 m3/s 3. Wie hoch waren die geschätzten Schäden im öffentlichen und privaten Bereich bei allen diesen Hochwasserereignissen (Ziffer 2) im Verlauf der Wipper? Hierzu liegen keine Angaben vor. 2 4. Wie hoch war die geschätzte Zahl der vom Hochwasser betroffenen Haushalte ? Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass circa 700 Haushalte betroffen waren. 5. Sind der Landesregierung Unterschriften für den beschleunigenden Bau des Hochwasserrückhaltebeckens übergeben worden? Wenn ja, wie viele ? Dem Ministerium für Landwirtschaft und Umwellt des Landes Sachsen-Anhalt liegt eine Resolution der Verbandsgemeinde Saale-Wipper zur Umsetzung des Grünen Hochwasserrückhaltebeckens in Wippra vor. 6. Im laufenden Planfeststellungsverfahren haben unterschiedliche juristi- sche Personen Einwände vorgetragen. Wer sind diese und wo haben sie ihren Sitz? Im laufenden Planfeststellungsverfahren hat es insgesamt 28 Einwendungen gegeben. Von diesen 28 Einwendungen sind fünf durch juristische Personen erhoben worden: • Förderverein für Gewässerpflege, Schutz und Entwicklungsmaßnahmen an Fließgewässern e. V.; Berlin • Ski- & Freizeitsport Wippra e. V.; Wippra • Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle/Saale e. V.; Halle (Saale) • Bauernverband Mansfeld-Südharz e. V. • Bauernverband Nordharz e. V. Darüber hinaus wird das beantragte Vorhaben durch folgende anerkannte Naturschutzverbände abgelehnt: • Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. (BUND) • Naturschutzbund Deutschland e. V. (NABU) • Landesheimatbund Sachsen-Anhalt e. V. • Bund für Natur und Umwelt e. V. (BNU) • Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e. V. 7. Trifft es zu, dass der Vorsitzende der Bürgerinitiative „Hochwasserrück- haltebecken an der Wipper“ bei einem Erörterungstermin am 18. Januar 2012 in Sangerhausen auf Verlangen eines Vertreters der gegen dieses Projekt argumentierenden juristischen Personen des Saales verwiesen wurde? Der Vorsitzende der Bürgerinitiative ist gemäß § 68 Abs. 1 Satz 3 Verwaltungsverfahrensgesetz von der Teilnahme am Erörterungstermin am 18. Januar 2012 in Sangerhausen ausgeschlossen worden, da ein Beteiligter (ein privater Einwender ) einer Teilnahme des Vorsitzenden der Bürgerinitiative im Erörterungstermin widersprochen hat. 3 8. Trifft es zu, dass Einwände von Umwelt- oder Naturschutzverbänden gegen die Auswirkungen der als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen vorgesehenen Maßnahmen gerichtet waren? Die Einwände der Umwelt- bzw. Naturschutzverbände richten sich in erster Linie darauf, dass die vom Vorhabenträger geplanten Ausgleichs-, Ersatz-, Kompensations - und vor allem Kohärenzmaßnahmen nicht ausreichend seien, um die mit dem Vorhaben verbundenen Beeinträchtigungen für Natur und Landschaft und die gesetzlich geschützten Biotope auszugleichen. 9. Trifft es zu, dass Einwände von Umwelt- oder Naturschutzverbänden er- hoben wurden, der Bau eines grünen Hochwasserrückhaltebeckens beeinträchtige die Luchs-Population? Durch eine natürliche Person und durch den Förderverein für Gewässerpflege, Schutz und Entwicklungsmaßnahmen an Fließgewässern e. V. wurde eingewendet , dass durch das Vorhaben der Lebensraum des Luchses beeinträchtigt werde, da dieser im Vorhabengebiet sein Revier und in unmittelbarer Nähe (ca. 200 m Entfernung) zum geplanten Dammbauwerk eine Wurfhöhle habe. Der Vorhabenträger sagte im Erörterungstermin am 18. Januar 2012 zu, dem Hinweis zum Standort der Wurfhöhle nachzugehen. 10. Trifft es zu, dass Beeinträchtigungen des Vorkommens des Edelkrebses behauptet wurden, obwohl Vorkommen des Edelkrebses seit geraumer Zeit erloschen sind? Der Einwender trägt vor, dass ein Vorkommen des Edelkrebses bereits in der FFH-Verträglichkeitsstudie aus dem Jahr 2006 bestätigt worden sei. Dieses Vorkommen im Einzugsgebiet der Wipper sei nicht erloschen. Ein großes Vorkommen sei im Saubachtal, einem Nebenbach der Wipper, in einem alten Fischteich nachweisbar. Die geschätzte Populationsgröße bestehe aus ca. 100 adulten Tieren. Aus diesem Teich würden ständig juvenile und adulte Krebse über den Saubach in die Wipper abwandern. Vom Einwender selbst sei ein kleines Vorkommen des Edelkrebses im Oberlauf der Wipper, unterhalb Dankerode , nachgewiesen worden. Der Einwender fordert eine neue Untersuchung zu den Krebsvorkommen im Vorhabengebiet und deren Berücksichtigung bei der Bewertung der FFH-Verträglichkeit des Vorhabens. 11. Wie hoch werden die Kosten für die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen im Verhältnis zu den geplanten Baukosten geschätzt? Für das Hochwasserrückhaltebecken Wippra sind die Kosten für alle geplanten Kompensationsmaßnahmen einschließlich der erforderlichen ökologischen Baubegleitung abgeschätzt. Dieser Anteil an den Baukosten beträgt ca. 6 %. 4 12. Existieren im Hochwasserschutzgebiet der Wipper prioritäre Arten oder Lebensraumtypen nach Anhang I bzw. II der FFH-Richtlinie, die durch Hochwasserereignisse HQ 20, HQ 50 oder HQ 100 erheblich beeinträchtigt werden könnten? Es ist nicht ausgeschlossen, dass die vorhandenen prioritären Arten und Lebensraumtypen durch in der Fragestellung bezeichnete Hochwasserereignisse in tatsächlicher Hinsicht in Mitleidenschaft gezogen werden. 13. Werden durch derartige Hochwasserereignisse streng geschützte Arten beeinträchtigt? Auch bei streng geschützten Arten ist die in der Antwort zu Frage 12 beschriebene Folge nicht ausgeschlossen.