Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1022 21.02.2017 (Ausgegeben am 21.02.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Jens Diederichs (AfD) Gerichtsmedizinische Institute Kleine Anfrage - KA 7/546 Vorbemerkung des Fragestellenden: In den vergangenen Jahrzehnten unterlag auch die Gerichtsmedizin bundesweit Mittelkürzungen und Standortauflösungen bzw. Zusammenlegungen. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung Vorbemerkung: Nachdem der Landtag am 17.07.2014 (Beschluss 6/3299) eine Zusammenführung der Rechtsmedizin zu einem Institut mit einer Außenstelle befürwortete, haben die Aufsichtsräte der Universitätsklinika Magdeburg und Halle die Verlagerung des Instituts für Rechtsmedizin Sachsen-Anhalt an den Standort Halle, wo auch die Professur verortet ist, zum 1.1.2015 beschlossen. Als Außenstelle der Rechtsmedizin am Universitätsklinikum Halle/Saale bleibt in Magdeburg für die Durchführung von Obduktionen eine Prosektur erhalten. Unter Federführung der Rechtsmedizin Halle wird eine effektive Gewaltopferversorgung in Magdeburg und Halle weiterhin gewährleistet. Frage 1: Wie viele approbierte Ärzte sind in Sachsen-Anhalt hauptberuflich in der Gerichtsmedizin angestellt oder verbeamtet? Es sind 9 approbierte Ärzte in Sachsen-Anhalt hauptberuflich in der Gerichtsmedizin (rechtsmedizinisches Institut Halle mit Außenstelle Magdeburg) angestellt oder verbeamtet . 2 Frage 2: Welche Institutionen führen in Sachsen-Anhalt gerichtsmedizinische Ermittlungsarbeit durch? „Gerichtsmedizinische Ermittlungsarbeit“, zu der vornehmlich Obduktionen zählen, führt in Sachsen-Anhalt das Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Halle (Saale) und seiner Außenstelle Magdeburg durch, sofern dies auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft geschieht. Frage 3: Wie viele Obduktionen wurden in den Jahren 2012 bis 2016 durchgeführt? Bitte nach Jahren aufschlüsseln. Die Anzahl der Obduktionen, die am rechtsmedizinischen Institut Halle und der Außenstelle Magdeburg in den Jahren 2012 bis 2016 durchgeführt wurden, stellt sich wie folgt dar: Jahr Halle Außenstelle Magdeburg gesamt 2012 368 350 718 2013 403 428 831 2014 306 340 646 2015 312 467 779 2016 300 393 693 Zu den zahlenmäßigen Abweichungen zwischen durchgeführten Obduktionen (Frage 3) und den aufgeklärten bzw. erfassten Fällen bei Straftaten gegen das Leben (Frage 4) ist darauf hinzuweisen, dass außer in Fällen des Verdachts vorsätzlicher Tötung Leichenöffnungen darüber hinaus auch in sogenannten Todesermittlungssachen (§ 159 StPO), also beispielsweise dann, wenn die den Tod feststellende ärztliche Person ein Fremdverschulden nicht ausschließen kann, etwa weil die Todesursache unklar ist (vgl. § 2 Nr. 6, § 6 Bestattungsgesetz - BestattG LSA), sowie bei Verdacht von Verkehrsstraftaten nach tödlichen Verkehrsunfällen durchgeführt werden . Frage 4: Wie hoch war in den Jahren 2012 bis 2016 die Aufklärungsquote in Sachsen- Anhalt bei Tötungsdelikten? Der verwendete Ausdruck „Tötungsdelikte“ ist kein Erhebungsschlüssel in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS). Zur Beantwortung der Frage wurde deshalb die Straftatenhauptgruppe „Straftaten gegen das Leben“ herangezogen. Dieser sind die Delikte Mord, Totschlag, Tötung auf Verlangen, fahrlässige Tötung und Schwangerschaftsabbruch zugeordnet. Die Angaben zur Höhe der Aufklärungsquoten bei Straftaten gegen das Leben in den Jahren 2012 bis 2016 sind in der als Anlage beigefügten Übersicht dargestellt. Zur Ermittlung dieser Angaben wurden Daten aus der PKS des Landes Sachsen-Anhalt zugrunde gelegt. Die PKS enthält die der Polizei bekannt gewordenen und durch sie 3 endbearbeiteten strafrechtlichen Sachverhalte, einschließlich der mit Strafe bedrohten Versuche. Frage 5: Wie lange stehen DNA-Proben für kriminologische Abgleiche zur Verfügung? Gibt es eine maximale Aufbewahrungsfrist, nach der die Proben zu vernichten sind? Bei DNA-Proben ist zwischen DNA-Proben, die von Personen stammen, sogenanntes Vergleichsmaterial, und DNA-Proben, die aus der Begutachtung einer Spur resultieren , zu unterscheiden. Bei der Polizei des Landes Sachsen-Anhalt werden DNA-Untersuchungen zentral im Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt (LKA) durchgeführt. Ein Teil der dort eingehenden Untersuchungsanträge wird an externe Untersuchungsstellen vergeben. Untersuchungen von Körperzellen bei Beschuldigten und Verurteilten zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmuster sind in § 81e und § 81g Strafprozessordnung (StPO) geregelt. Die entnommenen Körperzellen, die im Rahmen des § 81g StPO zur DNA-Identitätsfeststellung erhoben wurden, sind gemäß § 81g Abs. 2 Satz 1 StPO unverzüglich zu vernichten, sobald sie zur molekulargenetischen Untersuchung nicht mehr benötigt werden. Dementsprechend werden diese DNA-Proben nach Abschluss der DNA-Begutachtung vom LKA Sachsen-Anhalt an den Auftraggeber, der für die Vernichtung zuständig ist, zurückgesendet. Das DNA-Identifizierungsmuster wird nach Maßgabe des § 81g Abs. 5 StPO in der DNA-Analyse-Datei des Bundeskriminalamtes gespeichert. Die zugehörige Errichtungsanordnung enthält unter Ziffer 8 Prüffristen sowie Regelungen zur Datenberichtigung und -löschung. Danach dürfen Aussonderungsprüffristen bei erwachsenen Beschuldigten 10 Jahre und bei jugendlichen Beschuldigten 5 Jahre nicht überschreiten . Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das letzte Ereignis eingetreten ist, das zur Speicherung der Daten geführt hat, jedoch nicht vor Entlassung des Betroffenen aus einer Justizvollzugsanstalt oder Beendigung einer mit Freiheitsentziehung verbundenen Maßregel der Besserung und Sicherung (§ 32 Abs. 5 Satz 1 Bundeskriminalamtsgesetz - BKAG). Vergleichsmaterialien, die im Rahmen des § 81a Abs. 1 StPO beim Beschuldigten oder im Rahmen des § 81c StPO bei einem Dritten zur Beweisführung im anhängigen Strafverfahren (§ 81e Abs. 1 StPO) erhoben wurden, sind unverzüglich zu vernichten , sobald sie für Zwecke des der Entnahme zugrunde liegenden oder eines anderen anhängigen Strafverfahrens nicht mehr benötigt werden (§ 81a Abs. 3 StPO, § 81 c Abs. 5 Satz 2 i.V. m. § 81a Abs. 3 StPO). Die Vergleichsmaterialien werden nach Abschluss der DNA-Begutachtung vom LKA Sachsen-Anhalt an den Auftraggeber zurückgesendet. Die gesetzliche Regelung lässt regelmäßig eine Aufbewahrung bis zum rechtskräftigen Abschluss eines Verfahrens zu. 4 Die zur DNA-Untersuchung eingesendeten Spuren werden gemäß § 81e Abs. 2 StPO entsprechend der vom Auftraggeber formulierten Fragestellung begutachtet. Reste der Spuren bzw. beprobte Spuren werden nach Abschluss der DNA-Begutachtung vom LKA Sachsen-Anhalt an den Auftraggeber zurückgesendet. Für die in einer Tatortspur enthaltenen Körperzellen gilt kein gesetzliches Vernichtungsgebot (§81e Abs. 2 Satz 2 i.V. mit § 81a Abs. 3 erster Halbsatz StPO). Vergleichsmaterialien, die im Rahmen des § 81h StPO zur DNA-Reihenuntersuchung erhoben wurden, sind unverzüglich zu vernichten, sobald sie zur molekulargenetischen Untersuchung nicht mehr benötigt werden (§ 81h Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 81g Abs. 2 Satz 1 StPO). Diese DNA-Proben werden direkt nach Abschluss der DNA-Begutachtung vernichtet. 5 Anlage Übersicht über die Aufklärungsquoten der Straftaten gegen das Leben (vollendete und versuchte Delikte) für die Jahre von 2012 bis 2016 2012 erfasste Fälle aufgeklärte Fälle Aufklärungsquote1* Straftaten gegen das Leben (gesamt) 107 100 93,5% Mord 14 14 100,0% Totschlag 59 56 94,9% Tötung auf Verlangen 0 0 – Fahrlässige Tötung 33 29 87,9% Schwangerschaftsabbruch 1 1 100,0% 2013 erfasste Fälle aufgeklärte Fälle Aufklärungsquote Straftaten gegen das Leben (gesamt) 117 107 91,5% Mord 15 14 93,3% Totschlag 64 59 92,2% Tötung auf Verlangen 0 0 – Fahrlässige Tötung 37 33 89,2% Schwangerschaftsabbruch 1 1 100,0% 2014 erfasste Fälle aufgeklärte Fälle Aufklärungsquote* Straftaten gegen das Leben (gesamt) 97 93 95,9% Mord 18 16 88,9% Totschlag 48 49 102,1% Tötung auf Verlangen 1 1 100,0% Fahrlässige Tötung 26 23 88,5% Schwangerschaftsabbruch 4 4 100,0% 1 Die Aufklärungsquote kann über 100% liegen, wenn Taten aus den Vorjahren zusätzlich aufgeklärt werden und auf der Grundlage bundeseinheitlich vereinbarter Richtlinien für die Führung der PKS im aktuellen Berichtsjahr abgebildet werden. 6 Übersicht über die Aufklärungsquoten der Straftaten gegen das Leben (vollendete und versuchte Delikte) für die Jahre von 2012 bis 2016 2015 erfasste Fälle aufgeklärte Fälle Aufklärungsquote Straftaten gegen das Leben (gesamt) 97 81 83,2% Mord 15 12 80,0% Totschlag 55 48 87,1% Tötung auf Verlangen 0 0 – Fahrlässige Tötung 25 21 84,0% Schwangerschaftsabbruch 2 0 0,0% 2016 erfasste Fälle aufgeklärte Fälle Aufklärungsquote Straftaten gegen das Leben (gesamt) 106 94 88,7% Mord 8 7 87,5% Totschlag 67 61 91,0% Tötung auf Verlangen 0 0 – Fahrlässige Tötung 22 18 81,8% Schwangerschaftsabbruch 9 8 88,9%