Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1061 27.02.2017 (Ausgegeben am 27.02.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Andreas Gehlmann (AfD) Entwicklung des Industriepark Mitteldeutschland in Sangerhausen Kleine Anfrage - KA 7/558 Vorbemerkung des Fragestellenden: Die in den letzten Wochen immer lauter werdende Diskussion über die Ansiedlung von Gewerbetreibenden im Industriepark Mitteldeutschland in Sangerhausen wirft einige Fragen auf. In der Presse wird immer wieder der streng geschützte Feldhamster als Hinderungsgrund für Neuansiedlungen im Industriepark Mitteldeutschland in Sangerhausen angegeben. Eine lebhafte Diskussion über die geschützten Feldhamster ist entstanden und die Zukunft des Industrieparks Mitteldeutschland ist gefährdet . Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie 1. Laut Mitteldeutscher Zeitung vom 9. Januar 2017 wurde 2014 ein Rechtsgutachten im Auftrag der Stadt Sangerhausen erstellt, dass die Hamster umgesiedelt werden können. Was ist ab 2014 bezüglich der Hamsterumsiedlung umgesetzt worden? Im Jahr 2014 wurde im Auftrag der Stadt Sangerhausen ein Rechtsgutachten durch die Rechtsanwälte Füßer & Kollegen erstellt. Es handelt sich dabei um eine Studie zur Machbarkeit des Inustrieparks auf der ursprünglichen Fläche unter Berücksichtigung der Alternativfläche westlich der L 221. Eine Hamsterumsiedlung war auf Grundlage dieser Studie nicht möglich. Hierzu wäre auf Antrag eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung gemäß § 45 Abs. 7 BNatSchG erforderlich gewesen . Da es sich zu diesem Zeitpunkt bei der Ausweisung des Industrieparks lediglich um eine Angebotsplanung gehandelt hat, wurde ein Ausnahmeantrag nicht gestellt. Eine Hamsterumsiedlung erfolgte nicht. 2 2. Im Oktober 2016 erteilt die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises Mansfeld-Südharz eine Ausnahmegenehmigung, bis Ende Januar die Hamster auf der Fläche des Industrieparks auszugraben und nach dem artgerechten Überwintern auf einer geeigneten Fläche auszusetzen. Warum erteilt der Landkreis Mansfeld-Südharz im Oktober 2016 eine Ausnahmegenehmigung ? Die Ausnahmegenehmigung wurde auf Antrag der Stadt Sangerhausen erteilt. Zum Zeitpunkt der Antragstellung lagen nach Auffassung des zuständigen Landkreises Mansfeld-Südharz unter Berücksichtigung der artenschutzrechtlich vorgesehenen Maßnahmen (z. B. artgerechtes Überwintern in einer entsprechenden Einrichtung; Aussetzung auf geeignete und rechtlich gesicherte Flächen; feldhamsterfreundliche Bewirtschaftung dieser Fläche) die Voraussetzungen des § 45 Abs. 7 BNatSchG vor, so dass der Landkreis aufgrund dieser Einschätzung die Ausnahmegenehmigung erteilt hat. 3. Gibt es bestätigte Zahlen über die Hamsterpopulation auf diesem Areal? Wenn ja, von wie vielen Hamstern ist tatsächlich auszugehen. Aktuelle Bestandzahlen zur Sangerhäuser Feldhamster-Lokalpopulation liegen der oberen Naturschutzbehörde ebenso wie der unteren Naturschutzbehörde nicht vor. Feldhamster weisen aber als Reproduktions-Strategen stets eine hohe Dynamik in der Bestandsgröße der jeweiligen Lokalpopulationen auf. Das Ingenieurbüro Myotis bestimmte in einem Gutachten aus dem Jahre 2012 in Auswertung mehrere Stichprobenuntersuchungen aus mehreren Jahren (2009 - 2012) die Größe der Sangerhäuser Lokalpopulation mit ca. 2 000 Tieren (Spätsommerbestand), woraus auf einen Frühjahrsbestand von ca. 1 000 Tiere geschlossen werden könnte. Hierunter würden aber auch alle z. T. isoliert vom Kernbestand der Lokalpopulation gelegene Vorkommen fallen. In seiner Stellungnahme vom 07.08.2015 zum B-Plan des Industrieparks Mitteldeutschland bei Sangerhausen hat sich das Landesamt für Umweltschutz (LAU) als Fachbehörde mit diesen Berechnung der Populationsgröße durch Myotis (2012) auseinander gesetzt. Das LAU geht von einer Überschätzung der Bestandszahlen im Myotis-Gutachten (2012) aus. Bei aller Unsicherheit der Schätzungen dürfte der Hamsterbestand der Lokalpopulation Sangerhausen nach Auffassung des LAU einer überlebensfähigen Minimalpopulation mit ca. 1 500 reproduzierenden Tieren entsprechen . 4. Wann wurden die ersten Pläne zur Errichtung eines Industriepark Mitteldeutschland bzw. Industriepark Südharz (alt) in Sangerhausen beschlossen ? Der Planungsprozess gestaltete sich zeitlich wie folgt: Am 09.06.2008 hat die Investitionsbank Sachsen-Anhalt der Stadt Sangerhausen aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur die Durchführung einer Machbarkeitsstudie für den Industriepark Südharz - heutige Bezeichnung: Industriepark Mitteldeutschland - bewilligt. Am 11.11.2008 hat die Landesregierung die Konzeption des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit zur Erweiterung bzw. Neuausweisung strategisch wichtiger Industriegebiete beschlossen, die u. a. auch die Entwicklung eines solchen Standortes in Sangerhausen enthält. Am 16.10.2011 hat die Lan- 3 desregierung die Verordnung über den Landesentwicklungsplan 2010 beschlossen, die den Standort Sangerhausen als Vorranggebiet mit übergeordneter strategischer Bedeutung für neue Industrieansiedlungen beinhaltet. 5. Liegen Bauanträge von Investoren für den Industriepark Mitteldeutschland vor? Wenn ja, wann wurden diese eingereicht und um welche Industriebzw . Gewerbezweige handelt es sich? Nach den der Landesregierung zugänglichen Informationen sind mit Datum vom 01.02.2017 bzw. 02.02.2017 zwei Bauanträge zum Bau von zwei Gewächshäusern sowie zur Geländemodellierung gestellt worden. Antragsteller ist ein dem großflächigen Gartenbau zuzuordnendes Unternehmen. 6. Welche Infrastrukturen müssen noch umgesetzt werden, um die Ansiedlung von Industrie und Gewerbetreibenden schnellstmöglich zu gewährleisten? Bauleitplanung und Erschließung sind Selbstverwaltungsangelegenheit der Kommune . Die Landesregierung hat daher keine Kenntnisse, welche Infrastrukturen zur Ansiedlung von Industrie- und Gewerbebetrieben noch umgesetzt werden müssen. 7. Der sehr hohe Härtegrad des Trinkwassers kann zu Problemen (Kalkablagerungen ) führen. Kann das derzeit zur Verfügung stehende Wasser des Wasserversorgers für den industriellen Gartenbau kurz-, mittel- und langfristig verwendet werden? Das Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgung in Sangerhausen entspricht den Anforderungen der Trinkwasserverordnung. In der Regel kann es für den industriellen Gartenbau verwendet werden. Entscheidend ist die Toleranz der Pflanzen gegenüber dem Härtegrad des Wassers und damit welche Pflanzen dort erzeugt werden sollen. 8. Ist die geplante Wasserversorgung für den Industriepark Mitteldeutschland an bestimmte Wasserqualitäten geknüpft bzw. existieren Empfehlungen seitens der Landesregierung bezüglich der Wasserqualität? Der Wasserverband Südharz plant das gesamte Versorgungsgebiet Sangerhausen noch 2017 an die Fernwasserversorgung Elbaue-Ostharz anzuschließen. Das Land fördert dieses Vorhaben. Das Gebiet wird dann mit (weichem) Wasser aus der Rappbodetalsperre versorgt. 9. Sind Fördermittel vom Land Sachsen-Anhalt in das Projekt Industriepark Mitteldeutschland (neu) bzw. Industriepark Südharz (alt) geflossen? Falls ja, bitte alle Leistungen wie Fördermittel, Studien, Gutachten, Landzukäufe durch landeseigene Grundstückfonds Sachsen-Anhalt GmbH etc. auflisten und zuordnen. Die Investitionsbank Sachsen-Anhalt hat der Stadt Sangerhausen am 09.06.2008 für die Durchführung der Machbarkeitsstudie für den Industriepark Südharz aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur einen Zuschuss in Höhe von 67.566,17 € bewilligt. 4 Auf Grundlage eines mit der Stadt Sangerhausen abgeschlossenen öffentlichrechtlichen Erschließungsvertrages hat die landeseigene GSA Grundstücksfonds Sachsen-Anhalt GmbH Aufwendungen in Höhe von 4,153 Mio. € für die Entwicklung des Standortes geleistet. Am 28.09.2015 wurde eine sich gegenwärtig in der kommunalen Bebauungsplanung befindlichen Teilfläche des Industrieparks Mitteldeutschland im Umfang von 102 ha von der GSA an die Stadt Sangerhausen verkauft und ihre weitere Entwicklung in deren Hand gelegt. Die Aufwendungen der GSA werden nach Einschätzung der Geschäftsführung vollständig über die Einnahmen aus Flächenveräußerungen der noch im Eigentum der Gesellschaft am Standort verbliebenen Restflächen gedeckt werden können.