Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1112 07.03.2017 (Ausgegeben am 07.03.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Hagen Kohl (AfD) Ausstattung des Spezialeinsatzkommandos mit Distanz-Elektroimpulswaffen (Taser) Kleine Anfrage - KA 7/572 Laut Koalitionsvertrag soll das Spezialeinsatzkommando der Landespolizei mit Distanz -Elektroimpulswaffen ausgestattet werden. Dazu sind im Entwurf des Haushaltsplanes , Einzelplan 03, für die Anschaffung von Taser im Jahr 2017 Ausgaben in Höhe von 26.000 Euro ausgewiesen. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wurden Distanz-Elektroimpulswaffen bereits von der Landespolizei Sachsen -Anhalt getestet? Falls ja, welche Fabrikate wurden getestet und zu welchem Ergebnis gelangte man hinsichtlich Zuverlässig- und Praxistauglichkeit ? Welche Modelle erwiesen sich als besonders geeignet für den polizeilichen Einsatz? In seiner 183. Sitzung am 3./4. April 2001 hat der Arbeitskreis II der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder zu Tagesordnungspunkt 27.2 den Ländern und dem Bund empfohlen, die probeweise Einführung des Elektroimpulsgerätes „Advanced Taser 26“ bei den Spezialeinheiten zu prüfen . Daraufhin wurden die Modelle „M26“ und „X26“ der Firma „Taser International “ bei den Spezialeinheiten der Landespolizei erprobt. Im Ergebnis der Tests stellte sich der „Taser X26“ als am besten geeignetes Distanz- Elektroimpulsgerät heraus. 2 2. Wie viele Distanz-Elektroimpulswaffen sollen im Jahr 2017 beschafft werden ? Im Jahr 2017 sollen zwölf Distanz-Elektroimpulsgeräte beschafft werden. 3. Soll damit ausschließlich das Spezialeinsatzkommando ausgestattet werden ? Falls nein, welche weiteren Einsatzeinheiten oder Dienstbereiche sollen mit diesen Geräten noch ausgestattet werden? Werden Distanz-Elektroimpulsgeräte beschafft, wird damit ausschließlich das Spezialeinsatzkommando ausgestattet. 4. Wie viele Stunden sind jährlich pro Beamten zur Schulung im Umgang mit dem Taser notwendig bzw. eingeplant? Eine Anwenderschulung für den sicheren Umgang mit einem Distanz- Elektroimpulsgerät wird aus einer grundlegenden und einer darauf aufbauenden , jährlichen Fortbildung bestehen. Die Fortbildung orientiert sich dabei unter anderem an den aktuell gültigen Trainings- und Sicherheitsregeln des Herstellers . Die grundlegende Fortbildung wird mit einem Stundensatz von 16 Stunden , die jährliche Fortbildung mit sechs Stunden als notwendig erachtet. 5. Einige Bundesländer sehen Distanz-Elektroimpulswaffen als Hilfsmittel der körperlichen Gewalt, andere Bundesländer als Waffe im Sinne ihrer Polizeigesetze an. In welche der vorgenannten Kategorien sollen Distanz- Elektroimpulswaffen in Sachsen-Anhalt eingestuft werden bzw. unter welchen Voraussetzungen soll der Einsatz der Distanz-Elektroimpulswaffen rechtlich möglich sein? Hierzu wird um eine entsprechende Begründung gebeten. Sofern die Distanz-Elektroimpulswaffe als Waffe im Sinne des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen -Anhalt (SOG LSA) eingestuft werden soll, wird um Erläuterung gebeten , unter welchen Voraussetzungen dieses Gerät eingesetzt werden darf. In Sachsen-Anhalt sind Distanz-Elektroimpulsgeräte als Waffen i. S. des Waffengesetzes eingestuft und können, sofern die Voraussetzungen für den Schusswaffengebrauch gemäß § 66 Abs. 1 SOG LSA vorliegen, eingesetzt werden. Distanz-Elektroimpulsgeräte sind tragbare Gegenstände, die unter Ausnutzung einer anderen als mechanischer Energie Verletzungen beibringen.1 Tragbare Gegenstände nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a WaffG sind Waffen i. S. des Waffengesetzes. In § 58 Abs. 4 Satz 1 SOG LSA sind als Waffen i. S. des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt aufgeführt: Schlagstock (Hiebwaffe i. S. des § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchstabe a WaffG) sowie Pistole, Revolver, Gewehr und Maschinenpistole (Schusswaffen i. S. des Waffengesetzes). Gemäß § 58 Abs. 4 Satz 2 SOG LSA können zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben erforderlichenfalls auch andere Waffen, die eine geringere Wirkung als Schusswaffen haben, eingesetzt werden. In Einsatzlagen, bei denen eine gegenwärtige Gefahr für Leib 1 Vergleich A 1 U 2 Nr. 1.2.1 der Anlage 1 zum Waffengesetz (WaffG) 3 oder Leben besteht, kann demnach zur Abwehr dieser Gefahr auch das Distanz -Elektroimpulsgerät (als andere Waffe i. S. des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt) eingesetzt werden. 6. Welche Länderpolizeien haben Distanz-Elektroimpulswaffen bereits im Dienstbetrieb erprobt bzw. als Einsatzmittel eingeführt und welche Erfahrungen haben diese damit in der Praxis gemacht? Hierbei ist von besonderem Interesse: 6.1 Welche Einsatzeinheiten sind mit Distanz-Elektroimpulswaffen ausgestattet ? 6.2 Ist hinsichtlich der Verletzungsrate von Beamten oder Tätern eine relevante Veränderung feststellbar? 6.3 Wie häufig wurde der Taser gegen Personen insgesamt und dabei gegen Suizidenten eingesetzt? 6.4 Wie hoch war die Erfolgsrate, wenn die Anwendung zielführend zur Destabilisierung und Fesselung eines Störers erfolgte? Bitte Suizidenten gesondert aufführen. Der Unterausschuss Führung, Einsatz und Kriminalitätsbekämpfung (UA FEK) des AK II empfahl auf seiner 30. Sitzung im Februar 2006, Erfahrungen und Erkenntnisse zu Einsätzen mit Distanz-Elektroimpulsgeräten bundesweit weiterhin durch das Polizeitechnische Institut (PTI) der Polizeiführungsakademie (heute Deutsche Hochschule der Polizei) erfassen und auswerten zu lassen. Diese Statistik wird bis zum heutigen Tage geführt und das Ergebnis den Innenressorts des Bundes und der Länder jährlich auflaufend zur Verfügung gestellt. Nach Aussagen des PTI befinden sich derzeit - ausgenommen der Bundesländer Thüringen und Sachsen-Anhalt - in allen übrigen Ländern Distanz- Elektroimpulsgeräte ausschließlich bei den Spezialeinheiten im Einsatz. Die Antwort auf die Fragen 6.3 und 6.4 ergibt sich aus der von der Deutschen Hochschule der Polizei geführten Statistik. Für das Jahr 2014 sind dort insgesamt 52 Einsätze erfasst, 15 davon erfolgten in Suizidlagen. Im Durchschnitt führte der Einsatz in drei von vier Fällen zum Erfolg. Zur Frage 6.2 liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Die Statistiken für die Jahre 2015 und 2016 stehen derzeit noch nicht zur Verfügung . Nach Aussagen des PTI variieren diese Zahlen in den Jahren nur unwesentlich . 7. Bestehen seitens der Landesregierung Überlegungen, für Justizvollzugsanstalten Distanz-Elektroimpulswaffen anzuschaffen? Die technische Ausstattung und die Hilfsmittel zur Anwendung des unmittelbaren Zwangs in den Einrichtungen des Justizvollvollzuges werden ständig dahingehend überprüft, ob sie verbesserungsfähig und verbesserungsbedürftig sind. Regelmäßig werden technische Neuerungen in die dazu anzustellenden Überlegungen einbezogen.