Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1115 07.03.2017 (Ausgegeben am 07.03.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Marcus Spiegelberg (AfD) Bergbaualtlasten in Waldau/Burgenlandkreis Kleine Anfrage - KA 7/589 Vorbemerkung des Fragestellenden: Im Osterfelder Ortsteil Waldau im Burgenlandkreis hatte der Bergbau eine lange Tradition. Von den Anfängen kleiner Kohlegruben der örtlichen Bauern zum Eigenbedarf ab 1830, über die rasante Entwicklung der Kohleindustrie in Waldau mit über 250 Bergleuten, einer Schwelerei sowie einer Mineralölfabrik, bis zum Versiegen der Kohlequellen 1930 hatte der Bergbau dort einen herausragenden Anteil an der Entwicklung der Ortschaft. Seit dem Ende des Bergbaus durchziehen alte Tunnel und Schächte das Gelände rund um Waldau bis nahe der Autobahn 9. Zusätzlich sickerten chemische Überreste ins Grundwasser. Der Steinbach, der durch den Ort fließt und am beliebten Radweg entlangläuft, riecht, dampft und schäumt zum Teil noch. In der letzten Untersuchung im Jahr 2002 hieß es, dass der Kohlenwasserstoffgehalt des Grundwassers erhöhte Werte aufwies und empfahl eine ständige Überwachung des Areals. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung Vorbemerkung: In der Gemarkung Waldau und insbesondere im Umfeld des Ortsteils Bahnhof Waldau wurden in der Vergangenheit zahlreiche Braunkohlengruben betrieben. Der Abbau erfolgte im Tiefbau. Die wichtigsten, hier relevanten Gruben bei Waldau sind: „Bruno“ (Abbauzeitraum 1876 - 1930; Abbauteufe zwischen 10 und 50 m), „Antonie“ (Abbauzeitraum 1876 - 1929; Abbauteufe zwischen 10 und 30 m) sowie 2 im weiteren Umfeld unter anderem die Gruben 394, 383, 111, die etwa im gleichen Zeitraum betrieben wurden. Alle hier genannten Tiefbaugruben sind dem Bergbau ohne Rechtsnachfolger (Anlagen und Spätfolgen von bergbaulichen Erkundungs- und Gewinnungsbetrieben, die nicht der Bergaufsicht nach dem Bundesberggesetz unterliegen) zuzuordnen. Neben dem Altbergbau gehören zum ehemaligen Industriegebiet Waldau (Ortsteil Fabrik) auch mehrere Bodenschadensbereiche ehemaliger Kohleveredlungsstandorte (ehem. Fabrik Waldau, Schwelerei Antonie) und diverse Ablagerungsbereiche von Abfällen der Kohleveredlung, wie der Schmunzelteich und der Koksberg (Altlasten ohne Rechtsnachfolger). Bis in die 1930er Jahre produzierte hier die größte Mineralölveredlungsfabrik Europas. Frage 1: Welche aktuellen Erkenntnisse bezüglich des Altbergbaugebietes in Waldau sowie am Steinbach liegen der Landesregierung vor? Antwort zu Frage 1: Altbergbau In den Jahren 1993 - 1994 wurden durch das damalige Bergamt Halle (jetzt Landesamt für Geologie und Bergwesen - LAGB) Sicherungsarbeiten an fünf Schächten beauftragt und Schachtabdeckungen mittels massiver Betonplatten durchgeführt. Auf Grund des ehemaligen Abbaus kann nicht ausgeschlossen werden, dass es auch zukünftig noch zu Senkungen, Tagesbrüchen und anderen nachteiligen Beeinträchtigungen durch Bodenbewegungen an der Tagesoberfläche kommen kann. Steinbach Aus Messungen im Jahr 2014 im Oberflächengewässer Steinbach Nord im Bereich der Fabrik Waldau sind erhöhte Belastungen des Wassers mit Cyaniden und Sulfiden bekannt. Eine verringerte Sauerstoffsättigung lässt auf Oxidationsprozesse schließen, die von der Altlast herrühren können. Frage 2: Welche Unternehmungen hat die Landesregierung seit der letzten Untersuchung vor 14 Jahren angestrengt? Antwort zu Frage 2: Altbergbau Die letzten dem LAGB angezeigten Tagesbrüche stammen aus dem Jahr 2011. Durch Mitarbeiter des Landesamtes für Geologie und Bergwesen erfolgte zuletzt im Jahr 2014 eine Kontrollbegehung. Dabei wurde festgestellt, dass die Schächte ordnungsgemäß verschlossen und die Betonabdeckungen intakt waren. Siehe auch Antwort zu Frage 3. 3 Frage 3: In welcher Form, bezüglich der oben erläuterten Problematik, wurde die betroffene Verbandsgemeinde Wethautal von der Landesregierung seit 1990 unterstützt ? Antwort zu Frage 3: Altbergbau/Altlasten Auf Antrag des Umweltamtes des Burgenlandkreises wurde das Gebiet des ehemaligen Altstandortes Waldau in die Projektliste zu § 4 des Ergänzenden Verwaltungsabkommens zum Verwaltungsabkommen über die Regelung der Finanzierung der ökologischen Altlasten (VA-Altlastenfinanzierung) in der Fassung vom 10. Januar 1995 über die Finanzierung der Braunkohlesanierung in den Jahren 1998 - 2002 (VA- II Braunkohlesanierung eingeordnet - hier: Sicherung von Braunkohlenaltbergbau 1). Das Gebiet wurde in die von der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbauverwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) erstellte Prioritätenliste des § 4 VA II aufgenommen . In den Jahren 2001 und 2002 wurde in Projektträgerschaft der LMBV aus diesen Mitteln für den Veredlungsstandort – ab 1999 umbenannt in Altbergbauflächen Waldau – eine Gefährdungsabschätzung nebst Labor- und Feldarbeiten auf der Basis technischer Erkundungen des Altbergbaus und Errichtung einer Grundwassermessstelle mit Grundwasserprobenahme und Analytik zur Schließung von Kenntnislücken in Auftrag gegeben. Der vom betreffenden Ingenieurbüro im April 2002 vorgelegte Bericht zur Gefährdungsabschätzung wurde im September 2002 mit den zuständigen Behörden erörtert. Im Ergebnis der Gefährdungsabschätzung und aus Budgetgründen wurde die weitere Bearbeitung des Altstandortes Waldau mit „§ 4-Mitteln“ zurückgestellt und die Beantragung einer Förderung nach der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen im Rahmen der Bergbausanierung im Land Sachsen-Anhalt (MBl. LSA Nr. 5/2003 S. 39, RdErl. des MW vom 18. Dezember 2002) aus Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE III) angeregt. Ein solcher Antrag wurde jedoch nicht gestellt. Weitere altlastenbezogene Untersuchungen wurden seitens der Landesregierung nicht veranlasst. Steinbach Der Steinbach, ein Gewässer II. Ordnung mit einer Länge von ca. 11 km, soll im Zuge der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) bis zum Jahr 2027 soweit umgestaltet werden, dass ein guter ökologischer Zustand erreicht wird. Weitere Ziele sind der Erhalt und die Förderung von typspezifischen Lebensgemeinschaften sowie die Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit. Im Jahr 2011 hat der für die Unterhaltung zuständige Unterhaltungsverband (UHV) „Mittlere Saale - Weiße Elster“ beim Land Sachsen-Anhalt einen Förderantrag zur naturnahen Gewässerentwicklung gestellt. Der Förderantrag wurde bewilligt. Zur Umsetzung dieses Projek- 1 § 4 des VA II Braunkohlesanierung: Soweit das Budget für geeignete beschäftigungsintensive Maßnahmen im Sinne des § 1 Abs. 2 Unterabsatz 2 nicht im vorgesehenen Umfang ausgeschöpft werden kann, können auch Maßnahmen im Bereich des Braunkohlealtbergbaus, Maßnahmen zur Erreichung eines Folgenutzungsstandards über die Verpflichtung der LMBV hinaus entsprechend den Zielen der Raumordnung und Landesplanung , sowie Maßnahmen zur Abwehr von Gefährdungen bei Wiederanstieg des Grundwassers durchgeführt werden. Bei diesen Maßnahmen außerhalb des Verantwortungsbereiches der LMBV übernimmt die LMBV die Planung und Durchführung im Auftrag des entsprechenden Landes. 4 tes beauftragte der UHV ein Planungsbüro mit einer „Studie zur Wiederherstellung einer naturnahen Gewässerbettführung und von Uferrandstreifen im Steinbach-Nord (Burgenlandkreis), Altlasten im Bereich der ehemaligen Fabrik Waldau - Erfassung des Belastungspfades Oberflächenwasser (Schadstoffmonitoring Steinbach Nord)“. Frage 4: Welche Maßnahmen, insbesondere finanzieller Art, sind aktuell geplant, um die betroffene Verbandsgemeinde Wethautal bei dieser Altlastengefährdung effektiv zu unterstützen? Falls aktuell keine Maßnahmen geplant sind, aus welchen Gründen? Antwort zu Frage 4: Mit der Änderung des „Gesetzes über die Errichtung einer Landesanstalt für Altlastenfreistellung “ am 18. Dezember 2015 (GVBl. LSA S. 659) wurde durch die Ergänzung von § 1 Abs. 4 durch einen neuen Satz 2 klargestellt, dass die Aufgabenerfüllung der Landesanstalt für Altlastenfreistellung (LAF) auch die altlastenbedingte Sanierung von Böden und Wasserkörpern umfasst, welche zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie notwendig sind. In dieser Zuständigkeit wird die LAF in der Verbandsgemeinde Wethautal tätig. Der LAF wurden die Unterlagen zum Steinbach Nord durch den Unterhaltungsverband „Mittlere Saale - Weiße Elster“ mit Schreiben vom 24. November 2016 am 28. November 2016 übergeben. In Auswertung der vorgelegten Unterlagen und unter Berücksichtigung neuer Umweltqualitätsnormen (UQN vom Juni 2016) erachtet die LAF die Beauftragung weitergehender Untersuchungen unter Einbeziehung der Schadstoffquellen als erforderlich, um eine integrale Lösung erarbeiten zu können. Dazu wird die LAF die Projektbeteiligten zur Abstimmung des weiteren Vorgehens einladen.