Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/123 21.06.2016 (Ausgegeben am 22.06.2016) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Tobias Krull (CDU) Pflegebetrug in Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 7/20 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration Vorbemerkung: Der Begriff „Pflegebetrug“ ist kein gesetzlich normierter Straftatbestand, vielmehr werden darunter verschiedene Begehungsformen des Betruges zum Nachteil von Sozialversicherungsträgern verstanden. Bundesweit gerieten jüngst Betrugshandlungen im Zusammenhang mit der Erbringung von Sachleistungen der sozialen Pflegeversicherung (SGB XI) in den Fokus der Öffentlichkeit. Begrifflich kommen aber auch Betrugshandlungen im Zusammenhang mit der Erbringung von Sachleistungen der Sozialhilfe nach dem sechsten Kapitel SGB XII („Hilfe zur Pflege“) oder der gesetzlichen Krankenversicherung nach dem Fünften Buch des SGB V („Häusliche Krankenpflege“) in Betracht. Auch Betrugshandlungen zum Nachteil von Unternehmen, die privatversicherten Personen Pflegeoder Krankenversicherungsschutz gewähren, sind denkbar. 1. Wie viele strafrechtliche Ermittlungsverfahren und Gerichtsverfahren wurden wegen Pflegebetrugs seit 2015 in Sachsen-Anhalt eingeleitet? Wie gingen diese Verfahren aus? Unter Bezugnahme auf die Vorbemerkung der Landesregierung gibt es keine staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren wegen „Pflegebetrugs“. Eine Erhebung der Gesamtzahl aller in Betracht kommenden Verfahren ist in Sachsen Anhalt u. a. deswegen nicht möglich, weil es zum Stichtag 1. Januar 2016 z. B. 118 gesetzliche Kranken- und Ersatzkassen im Bundesgebiet gibt, die als potentielle Geschädigte in Betracht kommen könnten. 2 Genauere Angaben liegen hier allein aus dem örtlichen Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft Halle vor, denn dort ist zum 1. Januar 2015 ein Sonderdezernat eingerichtet worden, das unter anderem Ermittlungsverfahren gegen Inhaber/innen und Mitarbeiter/innen von Pflegediensten sowie sonst in diesem Bereich Tätige wegen des Tatvorwurfs des Betruges zum Nachteil von Kranken - und Pflegekassen bearbeitet. Seither wurden dort zehn derartige Ermittlungsverfahren bearbeitet. Davon wurde ein Verfahren nach Maßgabe des § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) eingestellt, weil der Tatnachweis nicht erbracht werden konnte. Neun Ermittlungserfahren sind noch nicht abgeschlossen. Seit dem 1. Januar 2015 wurden in dem Sonderdezernat weitere zwei vor diesem Zeitpunkt eingeleitete Ermittlungsverfahren durch Anklageerhebung abgeschlossen. Diese Strafverfahren sind noch nicht abgeschlossen. 2. Welcher Schaden ist den Kranken- und Pflegekassen, den Trägern und den Einrichtungen durch den Pflegebetrug entstanden? Der Landesregierung liegen dazu keine eigenen Erkenntnisse vor. Die Verbände der gesetzlichen Krankenkassen in Sachsen-Anhalt teilen mit, dass 10 bis 20 Fälle im Sinne der Abrechnungsmanipulation durch die jeweiligen Landesverbände der Pflegekassen weiter verfolgt wurden/werden. Teilweise konnten Regresszahlungen realisiert werden. Eine genaue Aufschlüsselung sowohl der Fälle als auch der Kosten sei aufgrund noch laufender staatsanwaltschaftlicher Ermittlungsverfahren nicht möglich. 3. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung darüber vor, ob es im Rahmen des Pflegebetrugs zu Schädigungen von Patientinnen und Patienten gekommen ist? Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. 4. Welche präventiven Maßnahmen wird die Landesregierung treffen, um Pflegebetrug künftig zu verhindern? Die Landesregierung wird sich auf Bundesebene dafür einsetzen, dass durch mehr Transparenz und Kontrollen Missbrauch verhindert wird. Bereits mit dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz ist die Regelprüfung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) in den Pflegeeinrichtungen (ambulant und stationär) gemäß § 114 SGB XI verpflichtend um die Prüfung der Abrechnung der erbrachten Leistungen erweitert worden. Im Zusammenhang mit dem Entwurf des Dritten Pflegestärkungsgesetzes wird diskutiert, auch bei der häuslichen Krankenpflege nach § 37 SGB V unangemeldete Abrechnungsprüfungen gesetzlich zu verankern. Auch dafür wird sich die Landesregierung stark machen . Im Rahmen einer Novellierung des Wohn- und Teilhabegesetzes kann auf Landesebene über zusätzliche Qualitätssicherungsmechanismen nachgedacht werden.