Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1249 11.04.2017 (Ausgegeben am 11.04.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Kerstin Eisenreich (DIE LINKE) Jedermann-Konto Kleine Anfrage - KA 7/679 Vorbemerkung des Fragestellenden: Etwa 600 000 Menschen verfügen in Deutschland über kein eigenes Girokonto. Vor allem sozial benachteiligte Menschen, Obdachlose und Geflüchtete haben deshalb kaum die Möglichkeit, am Arbeits- oder Wohnungsmarkt teilzunehmen. In Umsetzung einer EU-Richtlinie gilt seit Juni 2016 in Deutschland das Zahlungskontengesetz, das ein Recht auf Eröffnung eines Girokontos für Jedermann festschreibt. Die Verbraucherzentralen haben jetzt Klage gegen verschiedene Banken wegen zu hoher Gebühren für diese Basiskonten eingereicht. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium der Finanzen Frage 1 Wie bewertet die Landesregierung das Zahlungskontengesetz hinsichtlich seiner Auswirkungen auf Verbraucherinnen und Verbraucher in Sachsen-Anhalt? Mit dem Zahlungskontengesetz (ZKG) wurde die Zahlungskontenrichtlinie der Europäischen Union (RL 2014/92/EU) in nationales Recht umgesetzt. Diese Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, bestimmte Regelungen 1. zur Transparenz und Vergleichbarkeit der Zahlungskontenentgelte, 2. zum Wechsel von Zahlungskonten sowie 3. zum Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen (Basiskonto) zu erlassen. 2 Mit der Verabschiedung des Zahlungskontengesetzes wurden für diese genannten Bereiche erstmals einheitliche und Bankensektor übergreifende Regelungen geschaffen , um die Situation für die Verbraucher nachhaltig zu verbessern. Entsprechend der gesetzlichen Regelungen müssen Zahlungsdienstleister nunmehr Verbraucher sowohl vor Vertragsabschluss als auch während der Vertragslaufzeit über die Entgelte informieren, die für die mit einem Zahlungskonto verbundenen Dienste verlangt werden. Für innerstaatliche Kontenwechsel ist nunmehr geregelt, dass der übertragende und der empfangende Zahlungsdienstleister zusammenarbeiten müssen. Sie sollen gemäß den Anweisungen des Verbrauchers Informationen zu ein- und ausgehenden Überweisungen sowie Lastschriftmandaten übertragen. Mit dem Basiskonto wird den berechtigten Verbrauchern zudem die Nutzung grundlegender Zahlungsdienste ermöglicht: Hierzu zählen das Ein- oder Auszahlungsgeschäft und das Zahlungsgeschäft ohne Kreditgeschäft, unter Einschluss des Lastschrift -, Überweisungs- und Zahlungskartengeschäfts. Diese Dienste sind Verbrauchern jeweils im gleichen Umfang zur Verfügung zu stellen, wie sie von dem kontoführenden Institut Verbrauchern als Inhabern von „normalen“ Zahlungskonten allgemein angeboten werden. Es dürfen im Rahmen eines Basiskontovertrags nur angemessene Entgelte vereinbart werden. Zudem sind die Kündigungsmöglichkeiten des kontoführenden Instituts deutlich eingeschränkt. Darüber hinaus wurde in den §§ 48 bis 51 ZKG ein neues Verwaltungsverfahren eingeführt . Um seine Rechte im Zusammenhang mit dem Basiskonto durchzusetzen, kann der Verbraucher die Durchführung dieses Verwaltungsverfahrens bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beantragen. Diese ist die zuständige Fachaufsichtsbehörde. Daneben kann der Verbraucher den ordentlichen Rechtsweg beschreiten oder sich für eine alternative Streitbeilegung entscheiden. Die geschaffenen Neuregelungen im ZKG bewertet die Landesregierung positiv. Die Position der Verbraucher in Sachsen-Anhalt wurde gestärkt. Bundesweit haben Bürgerinnen und Bürger nunmehr einklagbare Rechte in Bezug auf die Kontoführung. Dies ist ausdrücklich zu begrüßen. Spezielle Auswirkungen für Sachsen-Anhalt sind der Landesregierung nicht bekannt. Frage 2 Wie viele Menschen sind in Sachsen-Anhalt aus welchen Gründen ohne eigenes Bank- bzw. Girokonto? Die Landesregierung verfügt über keine Daten, die diesbezüglich eine Aussage ermöglichen würde. Die allgemeine Bankenaufsicht bzw. Fachaufsicht wird von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wahrgenommen. Die BaFin hat hierzu keine Daten veröffentlicht. 3 Frage 3 Wie viele Menschen haben in Sachsen-Anhalt ein Basiskonto eröffnet? Die Landesregierung verfügt über keine Banksektoren übergreifenden Daten, die diesbezüglich eine Aussage ermöglichen würde. Für die Banksektoren der Privatbanken und der Genossenschaftsbanken liegen der Landesregierung keinerlei Daten vor. Für den Banksektor der Sparkassen können die nachfolgenden Aussagen getätigt werden. 2016 wurden von den Sparkassen in Sachsen-Anhalt 35.243 derartige Konten geführt . Mit dem „Konto für Jedermann“ der Sparkassen besteht schon seit Jahren, aufgrund einer freiwilligen Selbstverpflichtung der Sparkassen, die Möglichkeit zur Eröffnung eines auf Guthabenbasis geführten Girokontos. Die Sparkassen kommen so ihrem gesetzlich definierten öffentlichen Auftrag, in ihrem Geschäftsgebiet die Versorgung mit geld- und kreditwirtschaftlichen Leistungen sicherzustellen, nach. Frage 4 Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über die Entgeltgestaltung für Basiskonten bei in Sachsen-Anhalt ansässigen Geldinstituten? Entsprechend der gesetzlichen Vorgaben vom Zahlungskontengesetz dürfen für die Kontoführung angemessene Entgelte von den Finanzdienstleistern erhoben werden. Basiskonten werden in Sachsen-Anhalt sowohl als Einzelpreis- als auch als Pauschalpreismodell angeboten. Über die bankinstitutsbezogene Preisgestaltung liegen der Landesregierung keine Informationen vor. Frage 5 Bewertet die Landesregierung die Gebührenhöhe für Basiskonten in Sachsen- Anhalt als angemessen im Sinne des § 41 Abs. 2 Zahlungskontengesetz? Bitte begründen. Es wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Frage 6 Welche Banken sind in Sachsen-Anhalt von Abmahnungen der Verbraucherzentralen wegen zu hoher Gebühren betroffen? Der Landesregierung sind keine sachsen-anhaltischen Banken und Sparkassen bekannt , die von Abmahnungen durch die Verbraucherzentralen im Hinblick auf die Preisgestaltung von Basiskonten betroffen sind. Frage 7 Welche Aktivitäten hat die Landesregierung in der Vergangenheit unternommen bzw. welche Aktivitäten plant Sie zur Verwirklichung des Grundrechts auf ein Bank- bzw. Girokonto bzw. die flächendeckende Einführung des „Jedermann -Kontos“? 4 Die Landesregierung hat sich im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur Verabschiedung des nicht zustimmungspflichtigen Zahlungskontengesetzes eingebracht. Zuletzt geschah dies in der Sitzung des Finanzausschusses des Bundesrates vom 3. März 2016. Der Gesetzentwurf wurde einstimmig zur Kenntnis genommen und es wurde beschlossen, dass der Vermittlungsausschuss nicht angerufen wird. Unter Beachtung der vom Zahlungskontengesetz (vgl. §§ 48-51 ZKG) festgelegten Zuständigkeiten plant die Landesregierung keine weiteren Maßnahmen. Es wird insoweit auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Die Zuständigkeit für die Kontrolle der Umsetzung der gesetzlichen Maßnahmen liegt bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht .