Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1254 18.04.2017 (Ausgegeben am 18.04.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Sarah Sauermann (AfD) Erhalt Lohelandhaus/-garten in Bernburg Kleine Anfrage - KA 7/667 Vorbemerkung des Fragestellenden: Nach Plänen der Stadtverwaltung Bernburg sollen im Lohelandgarten ca. 25 bis 40 Stellflächen auf der Alten Bibel für Dauerparker entstehen. Gegen das Vorhaben im Stadtpark regt sich Widerstand. Zum einen haben hier Kaninchenzüchter seit 32 Jahren ihr Domizil, zum anderen verbindet sich mit dem Lohelandhaus eine gewachsene Geschichte, mit der viele Bernburger Erinnerungen verbinden. Perspektivisch besäße der Lohelandgarten das Potenzial, das IBA-Projekt „Aktivpark Alte Bibel“ mit dem Weltereignis Bauhaus-Jubiläum 2019 zu verbinden. Es besteht die Möglichkeit, Bezüge zwischen einem ganzheitlichen Sport- und Naturerleben in Bernburg und dem Weimarer Bauhaus-Umfeld des Jahres 1919 herzustellen. Antwort der Landesregierung erstellt von der Staatskanzlei und dem Ministerium für Kultur Frage 1 Inwieweit wird vor diesem Hintergrund das Konzept der Stadt Bernburg bezüglich des Lohelandhauses/-garten mit dem Land abgestimmt bzw. ist hier eine zukünftige Zusammenarbeit mit der Stadt Bernburg geplant? Beim Lohlandhaus handelt es sich um ein Kulturdenkmal i. S. v. § 2 Denkmalschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (DenkmSchG LSA); siehe hierzu auch Antwort auf Frage 4. Daher sind gem. § 8 Abs. 3 DenkmSchG LSA Vorhaben, die innerhalb von Gemeinde-, Gebiets-, Verkehrs- und anderen Planungen Kulturdenkmale berühren , dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in seiner Funktion als Denkmalfachamt zur Stellungnahme vorzulegen. Sofern das Vorhaben einer denkmalrechtlichen Genehmigung bedarf, wäre über diese gem. § 8 Abs. 1 DenkmSchG LSA im Benehmen bzw. nach Anhörung des Denkmalfachamtes zu entscheiden. 2 Bislang erfolgte noch keine offizielle Einbeziehung des Denkmalfachamtes. Frage 2 Könnte ein Projekt zum Erhalt des Lohelandhauses/-garten durch das Land durch Fördermittelbereitstellung bzw. im Rahmen des IBA-Projektes unterstützt werden? Erhaltungsmaßnahmen an Kulturdenkmalen sind grundsätzlich förderfähig. Landesseitig kämen hierfür die allgemeine Denkmalpflegeförderung über die Staatskanzlei und Ministerium für Kultur sowie das Förderprogramm Stadtumbau Ost über das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr in Betracht. Der „Aktivpark Alte Bibel“ (Stadtpark), in dem sich das Lohelandhaus befindet, war eines von mehreren Vorhaben der Internationalen Bauausstellung „Stadtumbau in Sachsen-Anhalt 2010“ (IBA) in Bernburg und wurde seinerzeit auch gefördert. Die IBA fand allerdings im Jahr 2010 ihren Abschluss. Insofern ist eine Verknüpfung mit dem Bauhausjubiläum 2019, zumindest was den „Aktivpark Alte Bibel“ und den damit verbundenen Status eines IBA-Projektes betrifft, nicht möglich. Frage 3 Wie bewertet die Landesregierung die Einzigartigkeit dieses Ortes in Bernburg ? Das Lohelandhaus und sein Garten sind einmalige Zeugnisse der Lebensreformbewegung der Zwischenkriegszeit im 20. Jahrhundert. Im Zentrum dieser Reformbewegung stand die Neubewertung der Körperlichkeit des Menschen. Die anthroposophisch orientierte „Lohelandschule für Körperbildung, Landbau und Handwerk“ in der Rhön war Deutschlands erste Reformsiedlung, die von Frauen für Frauen in der Zeit des gesellschaftlichen Umbruchs nach dem Ersten Weltkrieg gegründet wurde. Ziel war, Frauen durch eine qualifizierende breite Ausbildung eine selbstbestimmte Existenz zu ermöglichen. Gründerinnen waren Hedwig von Rohden und Louise Langgaard, die seit dem ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts Gymnastiklehrerinnen ausbildeten. Loheland wurde ein Ort kreativen künstlerischen Schaffens und bildete ein weites Netzwerk zu anderen Orten und Einrichtungen der Reformbewegung aus. Loheland beruhte auf drei Grundpfeilern der Lebensreform: Körperbildung, Alltagsund Lebensgestaltung mit selbstgefertigten handwerklichen Produkten sowie autarke Siedlung mit Selbstversorgung mit gesunder Nahrung durch biologisch-dynamischen Landbau. Die Loheländerinnen verwirklichten ein Lehr- und Lebenskonzept, das mit seinen Werkstätten und dem reformpädagogischen Ansatz erstaunliche Parallelen zum frühen Bauhaus aufwies. 1919/20 war der Begründer des Staatlichen Bauhauses in Weimar, Walter Gropius, mit den Lohelandgründerinnen in Kontakt gekommen . Magdalene Trenkel (1894 - 1967), eine Absolventin des Seminars für Klassische Gymnastik, unterrichtete im Winter 1919/20 dreißig Bauhäusler und war anlässlich einer Veranstaltung am Bauhaus vor Regierungsvertretern aufgetreten. Im Januar 1920 gastierten die Loheländerinnen am Deutschen Nationaltheater Weimar und am Bauhaus. 3 Magdalene Trenkel, die sich von 1914 bis 1918 in Loheland als Gymnastiklehrerin ausbilden ließ und schon 1916 Klassische Gymnastik in Weimar unterrichtete, ging 1923 wieder nach Bernburg zurück und wurde eine Protagonistin der Lebensreformbewegung in Anhalt. Sie pachtete den „Knabenhortgarten“ im Park „Alte Bibel“ und veranstaltete Spiel- und Bewegungsnachmittage für Kinder. Im Jahr 1935 kam das Gymnastikhaus (Lohelandhaus) dazu, welches stilistische Parallelen zu den Bauten in der Lohelandsiedlung bei Fulda aufweist. Magdalene Trenkel und ihr Lohelandhaus waren bis in die 1960er Jahre eine Institution der außerschulischen Bildung in Bernburg. Beide sind in der kollektiven Erinnerung der Stadtbevölkerung präsent. Das Wissen um diese einstige Bedeutung Lohelands in den 1920er Jahren war fast verloren gegangen, doch haben in den letzten Jahren die Loheland-Stiftung und das hessische Landesamt für Denkmalpflege durch Tagungen, Ausstellungen und Publikationen viel getan für die Rückbesinnung auf diesen Zweig der Lebensreformbewegung . Im Rahmen der Bestandsaufnahmen und Konzepte zum Projekt „Land der Moderne“ haben das Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie und die Stiftung Bauhaus Dessau diesen Ort von besonderer historischer Bedeutung in Bernburg gewissermaßen wiederentdeckt. Frage 4 Ist ein Denkmalschutzstatus für das Lohelandhaus vorgesehen? Das Lohelandhaus wird seit 2014 im nachrichtlichen Denkmalverzeichnis als Kulturdenkmal mit der Ausweisungsart Baudenkmal und den Ausweisungsmerkmalen geschichtlich , kulturell-künstlerisch geführt. Frage 5 Wie bewertet die Landesregierung die Pläne der Stadtverwaltung, solchen Ort in einer Stadt, nun als Stellflächen umzufunktionieren zu wollen? Grundsätzlich besteht gem. § 9 Abs. 2 DenkmSchG LSA für Kulturdenkmale eine Erhaltungspflicht sowie gem. § 10 Abs. 1 DenkmSchG LSA ein Minimierungsgebot bei Eingriffen in ein Kulturdenkmal. Das in der Frage genannte Vorhaben würde, in Abhängigkeit seiner konkreten Ausgestaltung , voraussichtlich einer denkmalrechtlichen Genehmigung bedürfen. Insofern wäre in einem denkmalrechtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen, ob einer der in § 10 Abs. 2 DenkmSchG LSA aufgeführten Gründe einen Eingriff in das Kulturdenkmal rechtfertigen würde und ob beim Vorliegen anderer öffentlicher Belange, die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege vorgehen. Das Ergebnis dieser Prüfung und im Verfahren zwingend vorzunehmenden Abwägung kann indes mangels hinreichender Kenntnisse über die Planungen derzeit nicht prognostiziert werden. Prinzipiell spricht sich das Land aufgrund der geschichtlichen und kulturell-künstlerischen Bedeutung des Kulturdenkmals aber für einen Erhalt des Lohelandhauses/- gartens aus und steht einer Unterstützung aufgeschlossen gegenüber.