Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1268 18.04.2017 (Ausgegeben am 19.04.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Detlef Gürth (CDU) Wolf in Deutschland – Konflikte, Aufwand und Nutzen IV Kleine Anfrage - KA 7/613 Vorbemerkung des Fragestellenden: Teile der Landesregierung sprachen sich erfreut über die „Wiederansiedlung des ausgerotteten Wolfes“ aus. In der Wildtierforschung wird diesbezüglich hinterfragt, welcher Wolf aus Sicht der Landespolitik eigentlich ausgerottet galt und welcher Wolf denn wieder angesiedelt werden soll? Diesbezüglich werden anhand der genetischen Merkmale, aber auch nach Grundsätzen der Taxonomie gewonnene Erkenntnisse diskutiert. Es vermehren sich Stimmen , dass die durch Unterschutzstellung rasant wachsende „Wolfspopulation“ in Mittel - und Nordeuropa die Verbreitung von Hybriden sei, welche sich vom „echten Wolf“ in wesentlichen Merkmalen unterscheiden. Insofern wird nicht der Genpool der ursprünglichen Wolfsvorkommen wieder vermehrt, vielmehr der Zuwachs „wolfsähnlicher “ Arten betrieben. Es bestehe die Gefahr, dass aus falsch verstandener „Wolfsliebe “ der Wolf dadurch eher noch ausgerottet werde. Hund und Wolf sind sehr verschiedene Tiere trotz genetischer Ähnlichkeit. Die teilweise sichtbare Unkenntnis der Epigenetik und Taxonomie in einer Zahl von „Wolfslobby - oder Wolfsfreunde-Organisationen und Vereinen, welche teilweise auch mit öffentlichen Mitteln finanziell unterstützt werden und die bewusste Ausklammerung wissenschaftlich begründeten Handelns könne zu einem gefährlichen Irrweg führen. Siehe auch Dr. Oje Danell, Professor für Genetik, zu freigelassenen Wolf-Hundekreuzungen in Russland an der finnischen Grenze oder Geist, „how genes communicate with the environment – the biology of inequality“, in „Life Strategies, Human Evolution , Environmental Design“, New York. Springer-Verlag. 2 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie Vorbemerkung: Diskussionen über den Wolf und die Wiederbesiedlung erfolgen in vielerlei Hinsicht. Dabei werden unterschiedlich gelagerte, mal mehr, mal weniger wissenschaftliche Ebenen berührt. Die Landesregierung wird sich nicht an diesen Diskursen im Grenzbereich der wissenschaftlichen Grundlagenforschung beteiligen, sondern hält sich in ihrem Handeln an die belegten wissenschaftlichen Fakten, wie bereits in der Antwort zur Kleinen Anfrage 7/606 ausgeführt. Das schließt nicht aus, dass, wenn wissenschaftlich seriösen Grundsätzen gefolgt wird, Hypothesen durch Antithesen und Belege zu Fakten heranwachsen können. 1. Welcher Wolf galt Ihrer Meinung nach in Deutschland als ausgerottet? Belegt ist, dass Canis lupus L., 1758 in Deutschland ausgerottet wurde. 2. Ist der Landesregierung bekannt, dass es auf dem Staatsgebiet der DDR nachweislich regelmäßig zu Begegnungen mit Wölfen kam, welche die „Oder-Neiße-Friedensgrenze“ überquerten und dann vorrangig im Raum Brandenburg und Lausitz auch bejagt wurden, obwohl heute vielfach von einer völligen Ausrottung gesprochen wird? Ja. Die Fälle des sporadischen Auftretens einzelner Wölfe sind in der Literatur dokumentiert . Da diese Tiere umgehend zu Tode kamen, wurde der Status der Ausrottung in jedem Fall umgehend wiederhergestellt - es kam in diesem Zeitraum zu keiner Ansiedlung des Wolfes in Deutschland bzw. der ehemaligen DDR. 3. Welcher Wolf soll derzeit wieder im dicht besiedelten Deutschland und speziell in Sachsen-Anhalt angesiedelt und geschützt werden? Eine Ansiedlung von Wölfen in Deutschland ist nicht beabsichtigt. In Deutschland und anderen Ländern Europas im ehemaligen bzw. aktuellen Verbreitungsgebiet des Wolfes findet gegenwärtig ein selbständiger natürlicher Wiederbesiedlungsprozess im Zuge natürlicher Ausbreitung statt. Die Individuen des deutschen Wolfsbestandes gehören zur mitteleuropäischen Flachlandpopulation von Canis lupus L., 1758. In südlichen Bundesländern, zum Beispiel in Bayern, ist auch mit der Zuwanderung von Individuen aus der Alpenpopulation zu rechnen. Der Wolf ist bereits durch internationale Abkommen und die Gesetzgebung der EU sowie Deutschlands geschützt. Dieser Schutz galt bereits vor der natürlichen Wiederbesiedlung Deutschlands. Der Schutzstatus gilt selbstverständlich für jeden einzelnen Wolf. 3 4. Ist der Landesregierung bekannt, dass die in Deutschland registrierten eingewanderten Wölfe anhand ihrer Pfotenstrukturen als nachweisbare Bastarde aus Wölfen mit Schakalen und/oder Haushunden identifiziert wurden? Siehe u. a. Wernher Gerhards, „Unterschiede von Wolf und Hund anhand Trittsiegel“, Prof. Pjotr Danilov, Marion Klemp, Kaj Granlund. Nach den genetischen Analysen des Senckenberg-Instituts als dem Deutschen Referenzlabor für genetische Untersuchungen am Wolf gibt es im freilebenden Wolfsbestand in Deutschland keine Bastarde von „Wölfen mit Schakalen und/oder Haushunden “. Diese genetische Referenz gilt, nicht nur den Wolf betreffend, als die derzeit wissenschaftlich gesichertste und etablierte Methodik zum Nachweis von Verwandtschaftsverhältnissen . Eine vermeintliche Identifizierung derartiger in der Fragestellung vermuteter Bastarde im freilebenden Wolfsbestand in Deutschland anhand von „Pfotenstrukturen“ genügt diesen etablierten wissenschaftlichen Standards nicht.