Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1275 19.04.2017 (Ausgegeben am 19.04.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Rüdiger Erben (SPD) Melderecht - Anmeldung Minderjähriger bei gemeinsamem Sorgerecht der Eltern Kleine Anfrage - KA 7/692 Vorbemerkung des Fragestellenden: Nach § 17 Abs. 3 Satz 1 des Bundesmeldegesetzes (BMG) obliegt die An- oder Abmeldung von Personen unter 16 Jahren denjenigen, in deren Wohnung die Personen unter 16 Jahren einziehen oder aus deren Wohnung sie ausziehen. Die allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Bundesmeldegesetzes (BMGVwV) führt hierzu aus, dass bei der Anmeldung einer minderjährigen Person bei einem gemeinsamen Sorgerecht der Eltern es auch dann nicht der Unterschriften beider Elternteile auf dem Meldeschein bedarf, wenn die Eltern getrennt leben. Die Meldebehörde ist danach nicht verpflichtet zu prüfen, welchem Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht obliegt. In der Verwaltungspraxis gestaltet sich die Umsetzung konfliktträchtig, wenn in diesen Fällen eine Ummeldung eigenmächtig durch den anderen Sorgeberechtigten erfolgt , zumal die Folgen weitreichend sein können. Dies ist zum einen der Tatsache geschuldet, dass die Anmeldung den Lebensmittelpunkt des Kindes verändert und somit die finanziellen Leistungen wie Kindergeld dem Elternteil, bei dem das Kind tatsächlich wohnhaft ist, nicht mehr zukommen können. Die Korrektur des Datensatzes im Melderegister ist für den betroffenen sorgeberechtigten Elternteil und auch für die zuständige Meldebehörde mit erheblichem Mehraufwand verbunden. Zudem wird aus Meldebehörden in Sachsen-Anhalt berichtet, dass die Meldebehörden derartige Sachverhalte höchst unterschiedlich bearbeiten. So werden teilweise weiterhin Zustimmungserklärungen des anderen sorgeberechtigten Elternteils verlangt , um die Anmeldung der minderjährigen Person mit alleiniger Wohnung durchzuführen . Dem steht entgegen, dass Nr. 17.3 der BMGVwV ausdrücklich klarstellt, dass es nicht die Aufgabe der Meldebehörde ist zu prüfen, welchem Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht obliegt. 2 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Ist der Landesregierung die oben beschriebene Problematik und der unterschiedliche Verwaltungsvollzug durch die Meldebehörden bekannt? Wie beurteilt die Landesregierung die Rechtslage? Ein unterschiedlicher Verwaltungsvollzug der Meldebehörden bei der Anmeldung des vorgenannten Personenkreises ist nicht bekannt. Maßgebend für das Entstehen der allgemeinen Meldepflicht nach § 17 BMG ist der tatsächliche Bezug einer Wohnung. Die Anmeldung einer Person unter 16 Jahren ist kein Gegenstand der elterlichen Sorge. Die Meldepflicht für ein Kind wird nicht in Vertretung des Kindes, sondern gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 BMG aus eigener Verpflichtung derjenigen Person wahrgenommen, in deren Wohnung die Person unter 16 Jahren einzieht . In Nr. 17.3 BMGVwV wird daher klargestellt, dass bei der Erfüllung der Meldepflicht nach § 17 Abs. 3 BMG personensorgeberechtigte Erwägungen unbeachtlich sind. Ein umziehender sorgeberechtigter Elternteil darf das Kind beispielsweise immer dann bei sich anmelden, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen - Bezug der Wohnung - auch für das Kind vorliegen. Bei einem gemeinsamen Sorgerecht ist daneben auch Nr. 22.2 BMGVwV zu beachten. Absatz 1 legt das Vorgehen zur Bestimmung von Haupt- und Nebenwohnung fest, wenn die Personensorgeberechtigten bereits getrennt leben und das Kind bei jedem Personensorgeberechtigten wohnt. Absatz 2 regelt die Statusbestimmung, wenn ein Personensorgeberechtigter eine Anmeldung vornimmt, die bei gewünschter Statusänderung oder Abmeldung einer anderen Wohnung das gemeinsame Sorgerecht verletzen könnte. Da die Entscheidung zur Verlegung des Lebensmittelpunktes des Kindes auch eine Frage der elterlichen Sorge ist, über die beide Eltern nach §§ 1627, 1687 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches Einigkeit erzielen müssen, weist Nr. 22.2 Abs. 2 BMGVwV darauf hin, dass sich die Meldebehörden das Einverständnis des anderen Elternteils auch dann vorlegen lassen sollen, „… wenn die alleinige oder Hauptwohnung des minderjährigen Einwohners von der Wohnung eines Elternteils in die Wohnung des anderen Elternteils umgemeldet wird.“. 3 2. Schließt sich die Landesregierung der Auffassung des Fragestellers an, dass eine Ummeldung durch den sorgeberechtigten Elternteil ohne Aufenthaltsbestimmungsrecht weitreichende finanzielle Folgen für den anderen Elternteil haben kann? Aufgabe der Meldebehörden ist es, die in ihrem Zuständigkeitsbereich wohnhaften Personen zu registrieren, um deren Identität und deren Wohnungen feststellen und nachweisen zu können. Maßgebend sind ausschließlich die tatsächlichen Wohnverhältnisse. Andere Erwägungen, z. B. personensorgeberechtigter oder finanzieller Natur, sind dabei unbeachtlich. 3. Welche Maßnahmen trifft die Landesregierung, um ein missbräuchliches Ummelden zu verhindern und wie wird ein einheitlicher Verwaltungsvollzug der Meldebehörden in Sachsen-Anhalt sichergestellt? Bestehen Zweifel an der Richtigkeit von bei der Anmeldung gemachten Angaben zum Bezug einer Wohnung, kann die Meldebehörde nach § 25 BMG von der meldepflichtigen Person - im Falle des § 17 Abs. 3 BMG der Person, in deren Wohnung die Person unter 16 Jahren einzieht - u. a. verlangen, dass diese zum Nachweis der Angaben erforderliche Unterlagen vorlegt. Durch die in § 25 BMG verankerten Mitwirkungspflichten der meldepflichtigen Person haben die Meldebehörden im Verwaltungsvollzug ein hinreichend geeignetes Instrumentarium zur Hand, um Scheinanmeldungen oder missbräuchlichen Ummeldungen entgegenwirken zu können. Im Übrigen liegen keine Erkenntnisse vor, dass die Regelungen der BMGVwV zur Anmeldung von Personen unter 16 Jahren im Verwaltungsvollzug nicht beachtet werden.