Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1287 21.04.2017 (Ausgegeben am 24.04.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Sarah Sauermann (AfD) Vollsperrung Fischerstraße in Alsleben Kleine Anfrage - KA 7/709 Vorbemerkung des Fragestellenden: Die Mitteldeutsche Zeitung (MZ) berichtete am 7. März 2017 von einer zu dem Zeitpunkt bereits bestehenden dreiwöchigen Vollsperrung der Fischerstraße am Saale- Ufer in Alsleben wegen eines einsturzgefährdeten Hauses. Das Haus ist seit ca. 30 Jahren unbewohnt und steht unter Denkmalschutz. Eine Sanierung sei aus diversen Gründen schwierig, wie aus einem Baugutachten hervorgeht. Der Bürgermeister der Stadt Alsleben sowie der Eigentümer des Grundstückes würden das Haus gern abreißen lassen. Aus Sicht der Kreisverwaltung stellt sich die Angelegenheit hingegen anders dar. Laut Auskunft des Sachgebietsleiters für Rechtliche Bauaufsicht wurde die Sperrung durch den Eigentümer des betroffenen Grundstückes veranlasst. Es seien im Rahmen einer geplanten Sanierung Bauschäden festgestellt worden. Da diese beseitigt werden müssen, wurde der öffentliche Bereich aus Sicherheitsgründen gesperrt. Ab dem 10. März 2017 soll die Straße wieder befahrbar sein.1 Am 15. März 2017 berichtete die MZ erneut von der weiterhin bestehenden Vollsperrung der Fischerstraße. Der Bürgermeister der Stadt Alsleben ist wenig überrascht davon, da die Sperrung wohl solange aktiv bleiben würde, bis kein Sicherheitsrisiko mehr besteht. Zudem teilte er mit, dass bereits vor vier Jahren ein Antrag zum Abriss des einsturzgefährdeten Hauses gestellt worden ist, bislang jedoch noch keine Entscheidung des Denkmalschutzes erfolgte.2 Im Sinne der betroffenen Bürger sollte hier zeitnah eine Einigung angestrebt werden. 1 Siehe http://www.mz-web.de/salzlandkreis/fischerstrasse-in-alsleben-wann-wird-ein-machtwortgesprochen --26152314 (abgerufen am 15. März 2017) 2 Siehe http://www.mz-web.de/bernburg/bauaufsicht-des-kreises-reagiert-nicht-fischerstrasse-inalsleben -bleibt-gesperrt-26194556 (abgerufen am 15. März 2017) 2 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr unter Beteiligung der Staatskanzlei und des Ministeriums für Kultur Frage 1 Warum erfolgte von der unteren Denkmalschutzbehörde innerhalb von vier Jahren keine Entscheidung über den Abriss und welche Zeitspanne umfassen durchschnittliche Entscheidungen dieser Art? Die Beseitigung bzw. Zerstörung eines Kulturdenkmals bedarf gem. § 14 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 10 Denkmalschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (DenkmSchG LSA) der Genehmigung durch das Landesverwaltungsamt als obere Denkmalschutzbehörde . Für das in Rede stehende Gebäude wurde am 4. März 2014 bei der zuständigen oberen Denkmalschutzbehörde erstmals ein Antrag auf denkmalrechtliche Genehmigung zum Abbruch gestellt. Trotz mehrfacher Aufforderung wurden seitens des Antragsstellers keine begründenden Unterlagen eingereicht, sodass der Antrag mit Bescheid vom 15. September 2014 abgelehnt worden ist. Ein erneuter Antrag wurde dann erst am 7. März 2017 gestellt, über den aufgrund fehlender, für die Entscheidung über den Antrag aber zwingend erforderlicher Unterlagen bis jetzt noch nicht entschieden werden konnte. Gemäß § 14 Abs. 11 DenkmSchG LSA hat die Denkmalschutzbehörde bei Vollständigkeit der Unterlagen innerhalb von zwei Monaten zu entscheiden. Der Antrag gilt ansonsten als genehmigt. Die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen nach § 10 Abs. 2 Nr. 1 - 3 DenkmSchG LSA für eine Genehmigung zur Zerstörung eines Kulturdenkmals stellt regelmäßig eine komplexe Einzelfallprüfung dar, bei der es in erster Linie auf die Güte und Aussagekraft der vom Antragssteller eingereichten Unterlagen ankommt. Insofern wird die Dauer des denkmalrechtlichen Genehmigungsverfahrens vom Antragsteller maßgeblich beeinflusst. Frage 2 Wie beurteilt die untere Denkmalschutzbehörde den Wunsch des Eigentümers zum Abriss anstatt dieses laut eines Baugutachtens schwer zu sanierende Haus unter hohen Kosten wiederherzustellen? Das in Rede stehende Gebäude ist seit 1995 als Baudenkmal im nachrichtlichen Denkmalverzeichnis des Landes eingetragen. Darüber hinaus ist das Grundstück sowohl Bestandteil eines Denkmalbereiches als auch eines archäologischen Flächendenkmals. Die vorherige Eigentümerin, die Stadt Alsleben, wurde über die baudenkmalpflegerisch bedingten Denkmaleigenschaften des Objektes mit Schreiben des ehemaligen Landkreises Bernburg vom 25. Juli 1997 und 19. September 1997 informiert (Mitteilung zur Denkmaleigenschaft). Eine nochmalige Mitteilung des Salzlandkreises erfolgte am 9. September 1999 gegenüber der seitens der Stadt mit der Verwaltung der Liegenschaft beauftragten Gesellschaft. Der Eigentumswechsel im Jahr 2013 an den jetzigen Eigentümer wurde entgegen der Bestimmung des § 17 Abs. 1 Denkm SchG LSA der unteren Denkmalschutzbehörde nicht angezeigt. 3 Nach Einschätzung des Salzlandkreises als untere Denkmalschutzbehörde beabsichtigte der jetzige Eigentümer von Beginn an eine Beseitigung des Wohngebäudes. Parallel zum zeitnah nach dem Erwerb gestellten Abbruchantrag im Jahr 2014 hat die untere Denkmalschutzbehörde zudem festgestellt, dass der Eigentümer mehrfach ungenehmigte Eingriffe am Baudenkmal vorgenommen hat, die u. a. Anlass für eine Ordnungsverfügung waren. Basierend auf dem jahrelang unterlassenen Bauunterhalt durch die vorherige Eigentümerin und insbesondere aufgrund der vorgenannten ungenehmigten Eingriffe sowie der unterlassenen Sicherungs- und Substanzerhaltungsmaßnahmen des jetzigen Eigentümers verschlechterte sich der Zustand des Gebäudes kontinuierlich. Insofern sind die vom Eigentümer angeführten und seinen Abbruchwunsch begründenden hohen Sanierungskosten maßgeblich auf sein eigenes Handeln bzw. Unterlassen zurückzuführen . Frage 3: Wäre seitens der Landesregierung eine Einflussnahme auf die untere Denkmalschutzbehörde (z. B. durch obere Denkmalschutzbehörde) in diesem Fall möglich? Wenn ja, gibt es hierzu konkrete Überlegungen und welchen Inhalt haben diese? Gem. § 4 Abs. 2 DenkmSchG LSA übt die obere Denkmalschutzbehörde die Fachaufsicht über die unteren Denkmalschutzbehörden aus. Sie kann an deren Stelle tätig werden, wenn Gefahren für die Erhaltung eines Denkmals bestehen oder wenn eine Weisung innerhalb einer bestimmten Frist nicht befolgt wird. Ein solcher Tatbestand liegt hier nicht vor. Frage 4 Im Rahmen einer geplanten Sanierung seien Bauschäden festgestellt worden. Um welche Bauschäden handelt es sich und welche Teile des Grundstückes bzw. Gebäudes sollen saniert werden? Entsprechend den vorliegenden bautechnischen Stellungnahmen vom 18. Januar 2017 und 30. März 2017 ist das Mansarddach eingestürzt und hat die Deckenbalkenebene über der Decke des Obergeschosses mitgerissen. Die Giebeldreiecke haben sich infolge des Einsturzes geneigt und sind einsturzgefährdet. Die Holzkonstruktion im Erdgeschoss weist starken tierischen Befall, Würfelbruch und Braunfäule auf. Die Konstruktion verfügt nicht über die erforderliche Tragfähigkeit. Im Deckenbalkenlagerbereich wurden Merkmale des echten Hausschwamms gefunden. Für die Sanierung der Tragkonstruktion müssen umfangreiche Gebäudeteile rückgebaut werden. Das betrifft die Giebel und die hofseitigen Außenwände. Der Rückbau der straßenseitigen Konstruktion könnte bis Unterkante Erdgeschoss erforderlich sein. Frage 5 Aufgrund der Sanierung wurde der öffentliche Bereich aus Sicherheitsgründen gesperrt. Laut Auskunft der unteren Bauaufsichtsbehörde sollte die Straße bereits am 10. März 2017 wieder befahrbar sein. Zu welchen Komplikationen kam es und gibt es bereits einen aktualisierten Termin zur Freigabe der Straße? Der Eigentümer erklärte unter Vorlage einer bautechnischen Stellungnahme des Nachweisberechtigten für Standsicherheit, Herrn Klaus Eichhorn, gegenüber der un- 4 teren Bauaufsicht, dass er die Sicherung der baulichen Anlage selbstständig vornehmen werde. Hierfür hatte er die erforderliche verkehrsbehördliche Anordnung erhalten , welche ursprünglich bis zum 10. März 2017 ausgestellt war. Die Sicherungsarbeiten waren bis zum 10. März 2017 noch nicht abgeschlossen und eine Verlängerung der verkehrsbehördlichen Anordnung bis zum 13. April 2017 wurde von der zuständigen Gemeinde genehmigt. Nach Abschluss der Sicherungsarbeiten kann eine Freigabe der Straße unmittelbar erfolgen. Frage 6 Wäre seitens der Landesregierung eine Einflussnahme auf die untere Bauaufsichtsbehörde (z. B. durch obere Bauaufsichtsbehörde) in diesem Fall möglich ? Wenn ja, gibt es hierzu konkrete Überlegungen und welchen Inhalt haben diese? Die obere Bauaufsichtsbehörde übt gemäß § 57 Abs. 5 Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt die Fachaufsicht über die unteren Bauaufsichtsbehörden aus. Die obere Bauaufsichtsbehörde kann anstelle der unteren Bauaufsichtsbehörde tätig werden, wenn diese eine Weisung der oberen Bauaufsichtsbehörde innerhalb einer bestimmten Frist nicht befolgt oder wenn Gefahr im Verzug ist. Ein solcher, ein Eingreifen der oberen Bauaufsichtsbehörde rechtfertigender Tatbestand, liegt gegenwärtig nicht vor. Frage 7 Welche Maßnahmen stehen zur Verfügung, um die Sicherheit auf der Straße wiederherzustellen? Entsprechend der bautechnischen Stellungnahmen müssen die nicht standsicheren Gebäudeteile abgetragen werden. Da grundsätzlich die Gefahr besteht, dass bei der Durchführung der Sicherungsarbeiten Teile des Bauwerks einstürzen, muss die Straße gesperrt werden. Nach Abschluss der Sicherungsarbeiten kann die Straße wieder freigegeben werden. Bei dem Ortstermin am 11. April 2017 wurde durch die untere Bauaufsichtsbehörde festgestellt, dass das Gebäude vollständig abgebrochen wurde. Auf dem Grundstück und dem Gehweg lagern noch die Abbruchmassen. Die untere Bauaufsichtsbehörde teilte der Gemeinde nach o. g. Ortstermin mit, dass die bis zum 13. April 2017 erteilte verkehrsbehördliche Anordnung aus bauaufsichtlichen Gründen nicht mehr verlängert werden muss.