Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1309 27.04.2017 (Ausgegeben am 27.04.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Thomas Lippmann (DIE LINKE) Abgeordneter Hendrik Lange (DIE LINKE) Sicherung der Lehrerausbildung an der Martin-Luther-Universität Kleine Anfrage - KA 7/704 Vorbemerkung des Fragestellenden: Durch den Minister für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung, Herrn Prof. Willingmann , wurde auf Nachfrage im Ausschuss für Finanzen im Zusammenhang mit den Beratungen zum Landeshaushalt mit der Vorlage 184 zur Drs. 7/540 am 10. Februar 2017 schriftlich erklärt, dass die aktuelle Erhöhung der Studienanfängerzahl für die Lehramtsausbildung an der Martin-Luther-Universität von 550 Studienplätzen (gemäß Zielvereinbarung) auf 700 Studienplätze zum Wintersemester 2016/2017 zunächst nur einmalig und im Vorgriff auf noch zu erfolgende Planungen erfolgt sei. Grundlage war eine Initiative der Landesregierung, wobei die hierfür erforderliche zusätzliche Finanzierung mit dem Nachtragshaushalt 2016 in Höhe von 975.000 Euro für die Jahre 2017 bis 2019 gesichert wurde. Diese Haushaltsvorsorge sei aber nur ausreichend, um die Kohorte aus diesem einmalig erhöhten Studienplatzkontingent durch die Ausbildung zu führen. Ohne eine entsprechende weitere Erhöhung und Verstetigung der Zusatzfinanzierung müsse davon ausgegangen werden , dass die Martin-Luther-Universität ab dem Wintersemester 2017/2018 die Zahl der Studienplätze für die Lehramtsausbildung wieder auf das Niveau der Zielvereinbarung von 550 zurückführen wird. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung Frage 1: Wie wird in Ermangelung der notwendigen planerischen Grundlagen (fehlende Bedarfsplanung des Landes und keine zusätzliche Finanzierung im Haushaltsplan 2017/2018) gesichert, dass die Lehramtsausbildung an der Martin-Luther-Universität 2 auch zum Wintersemester 2017/2018 auf dem erhöhten Niveau von 700 Studienplätzen pro Immatrikulationsjahrgang weitergeführt wird? Antwort zu Frage 1: Um die notwendigen planerischen Grundlagen zu schaffen, beschloss der Landtag auf Initiative der Fraktion DIE LINKE am 2. September 2016 (Drs. 7/328), eine Expertenkommission einzusetzen, die unter breiter Beteiligung verschiedener mit der Lehrerbildung verbundener Interessenvertreter eine mittel- bis langfristige Bedarfsprognose erarbeiten soll. Die Kommission arbeitet unter Federführung des Bildungsministeriums und wird ihre Ergebnisse den betroffenen Landtagsausschüssen vorlegen. Die Finanzplanung des Landes und die davon mit abhängige Kapazitätsplanung für die Universitäten kann diesen Ergebnissen nicht vorgreifen. Frage 2: Wie wird bei der zumindest mittelfristig erforderlichen Erhöhung der Studienplätze in der Lehramtsausbildung auf 700 pro Immatrikulationsjahrgang der von der Martin- Luther-Universität angezeigte zusätzliche Bedarf im Hochschulbau für die Schaffung der benötigten Raumkapazitäten realisiert? Antwort zu Frage 2: Da bisher nicht bekannt ist, in welchem Umfang und für wie lange die Martin-Luther- Universität Halle-Wittenberg die Zahl der Studienplätze für die Lehramtsausbildung erhöhen soll, können auch die Auswirkungen auf den Raumbedarf und Optionen zur Deckung dieses Bedarfs zum jetzigen Zeitpunkt nicht konkretisiert werden. Klar ist allerdings , dass bei einer länger anhaltenden Erhöhung der Ausbildungskapazität die gegenwärtig zur Verfügung stehenden Flächen für die Lehrkräfte und für die Lehrveranstaltungen in den Bildungswissenschaften (am Standort Franckesche Stiftungen ) und in einigen der Fachwissenschaften nicht ausreichen würden. Je nachdem, ob es sich um einen zusätzlichen Bedarf für einen längeren oder kürzeren Zeitraum handelt, kämen befristete Anmietungen oder die Nutzung von landeseigenen Liegenschaften in Frage. Welcher Herrichtungsbedarf hiermit ggf. verbunden wäre, kann beim gegenwärtigen Sachstand nicht eingeschätzt werden. Frage 3: Wie wird sichergestellt, dass auch bei einer Erhöhung der Studierendenzahl im Lehramtsstudium die schulpraktischen Anteile des Studiums vollumfänglich realisiert werden ? Sind der Landesregierung Hinweise bekannt, dass mit einer Verstetigung der Immatrikulation von 700 Lehramtsstudierenden p. a. in der schulpraktischen Ausbildung Engpässe zu erwarten sind, die zu einer Reduzierung der schulpraktischen Anteile führen könnten? Antwort zu Frage 3: Bei einer Erhöhung der Studierendenzahl an der Universität Halle wären dann Engpässe zu erwarten, wenn die Studierenden vornehmlich am Studienort oder in der näheren Umgebung die Schulpraktika ableisten würden. Vor diesem Hintergrund wurde bereits vor zwei Jahren ein online-Portal entwickelt, das eine Verteilung der Studierenden für die beiden vierwöchigen Praktika auf das Land Sachsen-Anhalt ermöglicht und somit die Schulen in der Stadt Halle und näheren Umgebung entlastet. Die Praktikumsordnung der Universität Halle wird dementsprechend zum Wintersemester 2017/2018 geändert. Unter diesen Voraussetzungen ist das Ausbildungsfor- 3 mat der „Schulpraktischen Übungen - SPÜ“ (Praktika in Kleingruppen) am Studienort und in der Region Halle gewährleistet. Frage 4: Mit welcher Zahl von Absolventinnen und Absolventen aus den Immatrikulationsjahrgängen mit einer Studienanfängerzahl von 700 ist aufgrund der bisherigen Erfahrungen zu rechnen? Wie hoch ist erfahrungsgemäß der Anteil an dieser Zahl von Absolventinnen und Absolventen, die den Schuldienst in Sachsen-Anhalt antreten? Antwort auf Frage 4: Erfahrungsgemäß hängt die Abschlussquote von vielen Faktoren ab, die aufgrund des Datenschutzes von der Universität nicht quantifiziert werden, z. B.: - Belegung neuer Unterrichtsfächer, - Wechsel in ein anderes Lehramt, - Auslandsaufenthalt (z. B. Fremdsprachenassistenz), - Urlaubssemester aufgrund von Praktika, - Wechsel in einen anderen Studiengang ohne Lehramtsbezug, - Hochschulwechsel, - zusätzliches Arbeitsverhältnis, - Studienabbruch und berufliche Neuorientierung, - Familienzuwachs, - Unterbrechung aufgrund persönlicher Situation. Die Universität einschließlich des Zentrums für Lehrerbildung unternimmt diverse Aktivitäten, um die Studienerfolgsquote zu verbessern: - gezielte Studienberatung zu Lehrämtern und Fächern, - Beratung zur Berufswahlentscheidung, - Schaffung der Möglichkeit, frühe Praktikumserfahrungen zu erlangen und zu reflektieren, - Verbesserung von Studienbedingungen durch Organisation von Tutorien und Lehrveranstaltungen eigens für Lehramtsstudierende. Die ersten Absolventinnen und Absolventen aus dem Immatrikulationsjahrgang 2016/2017, Lehramt an Grundschulen, werden sich nach Absolvieren des Vorbereitungsdienstes ab 2021 für den Schuldienst in Sachsen-Anhalt bewerben können. Da in der Vergangenheit nie so viele Stellen für den Schuldienst zur Verfügung standen , wie es absehbar im Jahr 2021 sein werden und insofern keine Erfahrungswerte zur Bewerbersituation vorliegen können, sind bereits zum jetzigen Zeitpunkt die Maßnahmen des Bildungsministeriums darauf gerichtet, möglichst viele Lehramtsabsolventinnen und -absolventen im Land zu halten.